Sexualdelikte bei der Truppe: Die nicht ganz so aussagekräftige Statistik

Die Überschrift klingt erst mal knackig: 520 Sexual-Delikte bei der Bundeswehr titelt die Bild-Zeitung heute (Link aus bekannten Gründen nicht). Das Verteidigungsministerium hat daraufhin schnell die Statistik veröffentlicht (die wohl auch in der Antwort auf eine Bundestagsanfrage enthalten ist). Schauen wir mal genauer drauf:

In den Jahren 2006 bis 2012 wurden folgende Verdachtsfälle auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in der Bundeswehr gemeldet:

Bw-Sexualverdacht_20130813

Im Zeitraum 2006 bis 2012 wurden im Rahmen von Disziplinarverfahren sowohl  Dienstvergehen im Zusammenhang mit sexuellen Fehlverhalten, die nicht den Tatbestand einer Straftat erfüllen, als auch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (StGB §§ 174 -184) disziplinar geahndet. Insgesamt wurden 465 Disziplinarmaßnahmen registriert.
Für den Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§174-184 g StGB) wurden 210 Strafverfahren abgeschlossen. Dabei kam es zu 169 Veurteilungen und 28 Freisprüchen. In 13 Fällen wurde das Verfahren eingestellt.
 
Folgende Übersicht zeigt, um welche Delikte es sich bei den zwischen 2006 und 2012 jeweils erfassten sexuellen Delikten genau handelt:

Bw-SexualVerurteilung_20130813

Da musste ich dann stutzen. Sexueller Missbrauch von Kindern – bei der Bundeswehr?

Meine Nachfrage ergab: Diese Statistik ist, nun, etwas unscharf. Denn erfasst werden alle Fälle, in denen Soldaten in Zusammenhang mit einem Sexualdelikt kamen. Das betrifft auch die Fälle, in denen ein Soldat außerhalb seiner Dienstzeit, also zum Beispiel am Wochenende daheim, ein solches Vergehen begeht. Aber auch (wenn auch in geringerem Umfang) die Fälle, in denen zum Beispiel eine Soldatin Opfer eines Sexualdelikts wird – wiederum sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dienstes.

Mit anderen Worten: Die Rede ist nicht von Sexualdelikten bei der Bundeswehr. Sondern von Sexualdelikten, bei der eine(r) der Beteiligten Soldat(in) ist.

Jeder dieser Fälle ist einer zu viel, und ich will das nicht kleinreden – aber so finde ich diese Statistik in Bezug auf die Bundeswehr nicht besonders aussagekräftig.

Nachtrag: Danke für den Leserhinweis auf die zu Grunde liegende Anfrage im Bundestag. Da steht (auf S. 56) unter anderem:

Bei allen gemeldeten Verdachtsfällen in den Jahren 2006 bis 2012 an Verstößen gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist festzustellen, dass zwischen 52 und 78 Prozent der Fälle außer Dienst stattfanden.