Karzai stoppt Gespräche mit den USA über Sicherheitsabkommen
Angesichts der deutschen Konzentration auf den Besuch von US-Präsident Obama in Berlin geht so was derzeit gerne unter – obwohl es auch auf die NATO und die Bundeswehr in Afghanistan Auswirkungen haben kann: Der afghanische nationale Sicherheitsrat, also faktisch Präsident Hamid Karzai, hat die Gespräche mit den USA über ein beiderseitiges Sicherheitsabkommen nach Ende der derzeitigen US- und ISAF-Mission am Hindukusch erst einmal gestoppt.
Karzai-Sprecher Aimal Faizi verkündete das am (heutigen) Mittwoch zuerst via Twitter:
Afghanistan Suspends Afghan-US Talks on Bilateral Security Agreement: NSC
Der Grund dafür, so berichten verschiedene Medien aus Afghanistan, soll die Verärgerung Karzais über geplante direkte Friedensgespräche der USA mit den Taliban sein – ohne dass sich die Regierung in Kabul genügend eingebunden fühlt.
Ohne ein solches Abkommen zwischen den beiden Ländern steht wieder infrage, was in Afghanistan nach dem Ende der ISAF-Mission im Dezember 2014 passiert. Denn die USA, aber auch alle anderen Nationen werden ohne entsprechende Vereinbarungen dann keine Truppen mehr in Afghanistan stationieren und einsetzen können und wollen. Je länger sich ein solches Abkommen mit den USA hinzieht, um so größer ist auch die Gefahr, dass die übrigen Länder – einschließlich Deutschland – eine Vereinbarung nicht mehr rechtzeitig hinbekommen.
Die Nachrichtenagentur Reuters erinnert daran, dass das Scheitern eines solchen Abkommens im Irak zum Totalabzug der US-Truppen führte:
In Iraq, a collapse in negotiations regarding a similar pact saw the U.S. pull all troops out of the country.
Nachtrag:Die offizielle Mitteilung des afghanischen Präsidentenpalastes:
Afghanistan Suspends Current Afghan-US Talks on Bilateral Security Agreement
June 19, 2013
In view of the contradiction between acts and the statements made by the United States of America in regard to the Peace Process, the Afghan government suspended the negotiations, currently underway in Kabul between Afghan and US delegations on the Bilateral Security Agreement
(Archivbild März 2011 – U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 2nd Class John R. Fischer)
Also bei aller Liebe zu den neuen und modernen Kommunikationsmöglichkeiten, aber eine Meldung dieser Wichtigkeit über Twitter zu verbreiten kommt mir irgendwie merkwürdig vor, aber vielleicht bin auch nur zu altmodisch dafür.
@Werferfehler
Es gab ja recht schnell die offizielle Mitteilung – aber als ersten Warnschuss finde ich das nicht schlecht…
nun, das könnte durchaus auch abgestimmt sein. Kommt mir so vor, als wären wohl doch ernsthafte Bemühungen in die Gänge gekommen möglichst gesichtswahrend für alle die Gespräche in Dohar offiziell aufzunehmen……wenn die Nachrichten aus Oslo stimmen, dass der afghanische Hohe Friedensrat dann die Verhandlungen mit der Taliban Delegation führen soll.
Ob mit oder ohne Abkommen mit Karzai, US-Truppen werden in jedem Fall in Afghanistan bleiben. Schon um die Chinesen und die Russen dort draußen zu halten. Man will ja mit den Taliban direkt verhandeln, die sowieso bald die Macht dort erneut übernehmen werden. Dann macht man halt mit den Taliban einen Vertrag. Notfalls geht es auch gänzlich ohne Vertrag und ohne Völkerrecht.
@Stefan
Sind damit die Taliban nun als Kombatanten offiziell anerkannt? Müssen diese nun auch gem. Völkerrecht behandelt werden? Dies wäre ja die Schlußfolgerung aus den Gesprächsbekundungen.
@HG Butte | 19. Juni 2013 – 14:07
Vermutlich ja, denn die USA sind bereit mit den Taliban offiziell zu verhandeln. Ganz im Gegensatz zu Assad, einem legitimen und gewählten Staatsoberhaupt, der von allen Verhandlungen ausgeschlossen werden soll. Sie werden ja derzeit medial aufgebaut. Und dabei schieben sie den „Bürgermeister von Kabul“ Karzai schon einmal beiseite.
Der Herr Karzai hat sicher ein Bild seines Vorgängers in seinem Dienstzimmer hängen…
Mohammed Nadschibullāh
Nach seinem Sturz im April 1992 versuchte Nadschibullāh, Kabul zu verlassen, wurde aber von Einheiten Raschid Dostums daran gehindert. Er suchte Schutz im UN-Hauptquartier von Kabul. Dort blieb er bis zur Eroberung Kabuls durch die fundamentalistischen Taliban, die ihn am 27. September 1996 ermordeten und den Leichnam aufgehängt an einer Betonplattform für Verkehrspolizisten vor dem Präsidentenpalast zur Schau stellten.
Quelle Wiki:
so etwas motiviert ungemein…
END
@HG Butte
Die Unterscheidung in „Kombattant“ und nicht-Kombattant ist eine völkerrechtliche Entscheidung. Kombattanten müssen sich vor allem äußerlich von der Zivilbevölkerung abheben. Für regulären Streitkräfte bedeutet dies das Tragen der Uniform ihrer Konfliktpartei, nichtuniformierten Kombattanten können z.B. Armbinden tragen.
Das ganze hat aber nichts mit den Gesprächen zu tun. Gespräche können die USA mit jeder beliebigen Gruppierung führen.
@St.Michael
Sachlich korrekt, ich beantworte auch gleich mal die unvermeidliche Transferfrage seiten Butte: Die Taliban werden vom Westen seit jeher meistens als reguläre Kombattanten mit allen Schutzrechten und Pflichten betrachtet, Al-Kaida-Truppen erhalten diese Stellung nie. Dazwischen gibts natürlich Grauzonen, z.B. Tagesöldner oder dritte Parteien.