Falsches Verfahren, richtiges Ergebnis: Kein Rücktrittsgrund für de Maizière (mit Audio)

Nach mehrstündiger – erneuter – Befragung im Bundestags-Verteidigungsausschuss hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière am (heutigen) Montag auch vor Journalisten in Berlin wiederholt seine Sicht des Themas EuroHawk dargestellt. Um ein aktuelles, wenn auch schräges Bild zu gebrauchen: Gegen das Hochwasser der Opposition (und auch der Medien) vertraut er auf die aktuelle Deichlinie, legt aber vorsorglich noch ein paar bekräftigende Sandsäcke oben drauf.
Kern der ministeriellen Betrachtung sind zwei Dinge: Zum einen bekräftigte de Maizière, Klarheit über das nötige Ende des Projekts, die berühmte Reißleine, habe er erst mit der ministeriellen Entscheidungsvorlage am 13. Mai dieses Jahres gehabt – ungeachtet vorheriger Informationen, die ihm auf verschiedenen Wegen zugegangen seien. Und zum zweiten: Auch wenn das Verfahren falsch war – die Entscheidung, das Projekt zu stoppen, sei nicht nur richtig gewesen, sondern auch zum richtigen Zeitpunkt gefallen. Einen Grund für einen Rücktritt gebe es deshalb nicht:
Ein richtiges Ergebnis, das mit einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen ist, ist für mich allerdings kein Rücktrittsgrund, sondern Anlass und Ansporn derartige Fehler in Zukunft zu vermeiden.
Von Problemen mit der Drohne, vor allem im Hinblick auf die Zulassung, habe er ein paar Informationen im Laufe der Zeit erhalten, sagte de Maizière – aber alle Probleme seien dabei als lösbar dargestellt worden. Die Entscheidungsvorlage am 13. Mai dagegen sei gut begründet gewesen, deshalb habe er noch am gleichen Tag über den Stopp entscheiden können.
Energisch wies der Minister den Vorwurf zurück, er habe Parlament oder Öffentlichkeit falsch informiert – es liege ihm fern, jemanden hinter die Fichte zu führen. Zugleich räumte er aber, auch das erneut, selbstkritisch Fehler er: so hätte er eher nachfragen müssen, wie sich die Probleme bei dem millionenschweren Projekt auswirkten.
Ein interessantes Detail noch am Rande: Für die vorgesehenen Testflüge mit dem EuroHawk bis September wird nicht nur weiter Geld fließen – es werden auch noch weitere Verträge mit der EuroHawk GmbH abgeschlossen werden müssen.
Für die Opposition bleibt natürlich angesichts dieser Verteidigungslinie des Ministers die Frage, welche Qualität die Informationen an de Maizière hatten, die er vor der Entscheidungsvorlage bekommen hatte. Zum Beispiel ein 38-seitiger Vermerk zur Vorbereitung eines Gesprächs mit Cassidian, der EADS-Tochter, die sowohl das in den EuroHawk integrierte Aufklärungssystem ISIS entwickelte als auch die Drohne zusammen mit der Herstellerfirma Northrop Grumman betreibt.
Aber all solche Detailfragen werden jetzt wohl in einem Untersuchungsausschuss geklärt: Den will inzwischen auch die SPD, und die Grünen ohnehin. Da wird es dann um alle diese Einzelheiten gehen.
Hier zum Nachhören die komplette Pressekonferenz mit dem Verteidigungsminister:
Ich stolpere irgendwie über die Aussage von TdM zu den höheren Kosten bei einem frühzeitigerem Abbruch.
Es kann durchaus sein, dass durch die technische Weiterentwicklung samt Test von ISIS mehr erwirtschaftet wurde, als dabei Kosten entstanden sind. Aber der Minister spricht davon, dass „es vermieden werden sollte“, dass durch ein zu zeitiges Einstellen des EuroHawk ISIS nicht mehr weiterentwickelt werden konnte.
Wenn etwas „vermieden werden sollte“, dann ist das für mich eine aktive vorausschauende Handlung und nicht etwas, was sich im Nachhinein als glückliche Fügung herausstellt.
Weiß er denn was entschieden wurde?
Wurde das Projekt eingestellt oder die Bestellung der Serien EH?
Wurde der Test des Prototypen eingestellt?
Wann wurde die Zahlen bekannt welches die bemannte Lösung kostet?
Wann wurden die reinen Mehrkosten gennant die nur durch die Zulassung entstehen?
Was sind denn nun die zukünftigen Kosten?
Was sagt die Industrie, außer wir machen weiter?
Also der TdM hat wirklich Humor, das kann man ihm nicht absprechen. Es hätte ja nun wirklich viele Formulierungsmöglichkeiten gegeben; aber von „handwerklichen Fehlern“ zu sprechen, da konnte ich mich kaum noch halten vor lachen.
Zur Erinnerung die Pressekonferenz von KTzG von vor etwas über 2 Jahren:
http://www.n-tv.de/politik/Guttenberg-verzichtet-auf-Doktor-article2663681.html
Das Ergebnis ist ja bekannt. Er konnte sich nach dieser Äußerung noch ganze 8 Tage im Amt halten (gehalten werden).
Der verhinderte Top Gun KTG hatte ja seinem Nachfolger auch ein „bestelltes Haus“ übergeben…und dabei eher seine eigenen ganzheitlichen Ansätze im Blick-man denke nur an die Bemühungen Mitflug EF. Davon ist der Aktentiger TdM weit entfernt. Und gerade jetzt sollte er auf Posten bleiben, um den devoten Jasagern und Schönrednern (siehe Mitflug EF) so richtig vor Augen zu führen, dass die Ministerialzulage eine Art Schmerzensgeld ist. Und zur BPK heute sei angemerkt, dass ich sie natürlich im TV verfolgt habe und es prima fand, dass die erste Frage an Thomas Wiegold ging. Und noch ein Nachbrenner zu TdM in der (echten) Flut: Seine leichte TAPSI-Art kommt besser an als die des verhinderten Akademikers aus Kulmbach-der hätte doch Sandsackwrestling mit dem Deich gespielt.
wenn ein Akademiker handwerliche Fehler macht, dann sind das keine Fehler sonder handwerkliches Unvermögen. Die Ursache des Kommunikationsproblems ist seine Mentalität und die Untertanenmentalität vieler Untergebener. Der Staatsbürger ist eben kein Untertan.
Jetzt noch in einen neuen Minister investieren, wenn doch alle Informationen auf dem Tisch liegen und voraussichtlich im September „die Reißleine gezogen“ werden muss? Man soll den gleichen Fehler nie zweimal machen…
@Sandman:
“ Seine leichte TAPSI-Art kommt besser an als die des verhinderten Akademikers aus Kulmbach-der hätte doch Sandsackwrestling mit dem Deich gespielt.“
Ich weiss ja nicht bei wem… die Masse der Soldaten, die ich kenne, ist auch mit diesem Minister durch… soll heissen er ist auf der untersten Stufe der Authorität angekommen (seine Position) – menschlich wie fachlich nimmt den keiner mehr ernst….
@ Kerveros
Kann ich auch bestätigen. Ich habe noch keinen kennengelernt der es in kürzester Zeit geschafft hat, das gesamte Personal gegen sich aufzubringen.
Mit seiner Sack ist zu Mentalität und den verschiedenen öffentlich getätigten Aussagen hat er jeden Kredit verspielt. Wenn man dann die Auswirkungen der Neuausrichtung täglich live miterlebt, kann man vieles nicht mal mehr ernst nehmen
@Kerveros
Der Brenner ist er ja nicht-aber wer den Blender aus Kulmbach mehrfach erlebt hat, schätzt diesen EPA-Keks-Charme. Auch wenn das hier einige nicht hören wollen, seit Peter Struck hatten wir halt keinen (vermeintlichen) Kameraden mehr. Und im Ranking mit Jung(der ja auch das Ehrenmal eigentlich gar nicht wollte) und dem Studenten mag ich ihn halt noch am ehesten.
@Sandmann
Deshalb wäre es gut, wenn die Bw Führung ihre Mentalität ändert, unabhängig von der Person. Inner Führung und Fehlerkultur muss man voleben und zwar beginnend ganz oben ohne personenabhängig zu sein.
Das werden wir alle wohl nicht mehr erleben….
Eine Armee, die z.B. Traditionsrichtlinien festsetzt und sich anschließend nicht traut, auch danach zu handeln, die wird es erst recht niemals schaffen, Veränderungen im mind set von der Spitze aus durchzusetzen.
@Voodoo
Und all das beschreibt das Problem mehr als wer hat wann, was gewusst. Auch die Opposition geht nicht an die Ursachenvorschung der Probleme.
Hätte man wärend der Starfighter-Krise nur nach Schuldigen gesucht, würden die Kisten noch heute vom Himmel fallen. Sie tun es wohl nicht, weil sie kaum noch fliegen. Hätten wir die Flugstunden, Flughöhen und LFZ Anzahl von früher, würden wir ständig welche verlieren.
Das Ministerium hat kein Informationsproblem, sondern ein Kommunikationsproblem.
A u s z u g aus Intranet Bw – geschrieben von Oliver Frei
(…) Während in der Presse aus Halbwissen, Spekulation und Stimmungsmache ein Horrorszenario zusammengebraut wurde, wussten die Angehörigen der fliegenden Verbände es in der Regel besser. Aus den Untersuchungen und Analysen der Abstürze ließen sich nachvollziehbare Ursachen und Zusammenhänge rekapitulieren. Ein Flugzeug fällt nicht einfach vom Himmel, es gibt immer Gründe dafür. Diese Gründe galt es zu verstehen, um aus den Fehlern der abgestürzten Kameraden zu lernen. (…)
Wer die Stimmung in der Truppe ignoriert und den Flurfunk nicht ernst nimmt, hat ein Führungsproblem.
Da kam man eben zu einem ähnlichen Ergebnis
http://augengeradeaus.net/2013/06/verteidigungsausschuss-soll-zum-untersuchungsausschuss-eurohawk-werden/comment-page-1/#comment-68087
@Kerveros: http://augengeradeaus.net/2013/06/falsches-verfahren-richtiges-ergebnis-kein-rucktrittsgrund-fur-de-maiziere-mit-audio/#comment-68066.
Nagel – Kopf – Hammer!
Es wird ja schon seit Monaten offenbar versucht, Kameraden, die sich hier kritisch, aber sachlich und fundiert geäußert haben, disziplinar und über die Abt. R ans „Bein zu p……n“! Das bewegt sich für mich auf dem selben Niveau, „wie Alle sind schuld, nur ich nicht“!
Da muß ich als a.D. schon einmal eine Lanze für die Aktiven brechen.
Der mann hat sein Charisma verspielt, es ist weder Amts- noch Persnonalauthorität übrig geblieben und der Rest sind m.N.n. die Hohlheiten eines „hochgeschossenen politischen Opportunisten“ samt seiner Lobby!
TdM hat durchgeschossen! Wenn man jetzt mal die von ihm in jüngster Vergangenheit getätigten Aussagen gegen ihn verwendet, dann muss es lauten: „Wir wollen Sie nicht mehr, Sie können gehen!“
Diesen Minister nimmt in der Truppe keiner mehr für voll und die Zahl derer, die sich über seinen Fall freuen würde ist ganz sicher nicht klein.
Die Leute, die den Mist der ach so tollen Reform ausbaden müssen haben ohnehin resigniert und die Frauen und Männer im BMVg gehen auch auf Distanz. Klar, manche sind sich für nichts zu schade aber die würden für jeden bloggern und reflektieren nie – zu busy!