DroneWatch: Europäische Rüstungsfirmen wollen neues Drohnen-Programm

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Wenige Tage, nachdem EADS-Chef Tom Enders publikumswirksam ankündigte, keine Konzerngelder mehr für die Entwicklung von Drohnen auszugeben, verlangen mehrere europäische Rüstungsfirmen (einschließlich EADS) ein europäisches Programm für die Entwicklung von Drohnen der MALE-Klasse (Medium Altitude, Long Endurance). Am (heutigen) Sonntag gab es dazu eine gemeinsame Erklärung der (deutsch-französischen) EADS Cassidian, (französischen) Dassault Aviation and (italienischen) Finmeccanica Alenia Aermacchi:

Munich/Paris/Turin, 16 June 2013 – EADS Cassidian, Dassault Aviation and Finmeccanica Alenia Aermacchi, having a common view on the current situation in Europe regarding MALE drones, call for the launch of a European MALE program.
Such a joint program would support the capability needs of European armed forces while optimizing the difficult budgetary situation through pooling of research and development funding.
With a new development, critical requirements around the certification of drones, allowing their safe passage and operation in European air space, would inherently be built into the program from the onset.
European sovereignty and independence in the management of information and intelligence would be guaranteed while at the same time delivering a robust system resilient against cyber attacks.
The program would be orientated to foster the development of high technologies and contribute to sustaining key competencies and jobs within Europe.
EADS Cassidian, Dassault Aviation and Finmeccanica Alenia Aermacchi declare their readiness to coordinate on such a program supporting the security needs of our European governments and armed forces.

Kern der Argumentation: Mit der Neuentwicklung der Europäer könnten die Probleme der Zulassung und des sicheren Einsatzes im europäischen Luftraum von Anfang an in das Programm eingebaut werden.

Interessanterweise deckt sich diese Absichtserklärung ziemlich mit einer Studie zu einem European UAS (Unmanned Air System), die Cassidian im vergangenen Jahr auf seiner Webseite anpries – und in der ausdrücklich von der Integration in den Luftverkehr mit dem letztendlichen Ziel der Zulassung ist:

The result of a risk-reduction study undertaken to analyse and elaborate requirements for the German, Spanish and French armed forces, European UAS is a long-endurance aerial drone system designed for surveillance, reconnaissance and target acquisition.
Equipped with high-tech payloads, what makes this approach a breakthrough is the modular design of the drone (broad payload bay, ground control station), its integration in a network-centric environment and in air traffic generally with the ultimate goal of certification. The main purpose of the European UAS is to provide wide-area ground and maritime surveillance along with reconnaissance of specific areas to assist commanders in the theatre of operations.

Der Name Talarion, den Cassidian für eine solche Drohne verwendete, taucht inzwischen nur noch im Bildtitel des dort (und hier oben auf der Seite) verwendeten Fotos auf.

Es geht bei diesem von den drei Unternehmen geforderten Programm (um Verwirrung zu vermeiden) nicht um Drohnen der Größenklasse EuroHawk. Sondern um unbemannte Fluggeräte von der Größe des US-amerikanischen Predator, die dann natürlich auch bewaffnet sein können. Da wollen die europäischen Hersteller natürlich den Fuß in der Tür behalten – und, wenn man die heutige Forderung und Enders‘ Ankündigung zusammen nimmt, eine aus öffentlichen Geldern geförderte Entwicklung.

Völlig unabhängig davon laufen übrigens bei der Bundeswehr die Planungen für die Beschaffung einer Hubschrauberdrohne für die Marine wieder an. Für die Marine werde jetzt der Vertrag über Hubschrauberdrohnen vom Typ Schiebel Camcompter vorbereitet, berichtet Spiegel Online. Überraschend ist das nicht, weil diese unbemannten Beobachtungsdrohnen für die Korvetten der Marine schon lange geplant waren – allerdings war die Beschaffung wegen fehlendem Geldes im Haushalt deutlich nach hinten geschoben worden (für die Kenner: Das Vorhaben rutschte aus Teil I der geheimen Erläuterungen zum Verteidigungshaushalt in Teil II). Wenn es jetzt wirklich kurzfristig zu einer Beschaffung kommen sollte, ist die Frage interessant,  woher das Geld dafür kommt – also: welche eigentlich für andere Projekte vorgesehenen Mittel jetzt dafür zur Verfügung stehen.

(Foto: Cassidian)