Atempause zwischen den Einsätzen – nach der Neuausrichtung
Die Truppe wird das nicht überraschen: Gerade mal in der Hälfte der Fälle haben Bundeswehrsoldaten nach einem vier Monate oder länger dauernden Auslandseinsatz ihre, wie sie genannt wird, Regenerationszeit von 20 Monaten in der Heimat bekommen. Das geht als Grundtendenz aus einem Bericht des Verteidigungsministeriums an den Verteidigungsausschuss des Bundestages hervor. Auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour gab es dazu eine ministerielle Erhebung und als Folge eine rund 100 Seiten lange detaillierte Antwort, nach Teilstreitkräften und Truppengattungen aufgeschlüsselt (die Süddeutsche Zeitung hat darüber als erste am heutigen Freitag ausführlich berichtet; Link aus bekannten Gründen nicht).
Hintergrund ist die angestrebte Systematik, dass Soldatinnen und Soldaten in der Regel nicht länger als vier Monate in einen Einsatz gehen und danach 20 Monate Regenrationszeit in der Heimat haben sollen. Allerdings ist schon die Vier-Monats-Regel aufgeweicht, da es etliche Funktionsposten zum Beispiel in Stäben gibt, die länger mit einer Person besetzt werden. Zudem können in manchen Fällen Auslandseinsätze gesplittet werden, das bedeutet, dass sich zwei oder auch mehr Soldaten einen Einsatzzeitraum teilen. Solche Regelungen betreffen vor allem Ärzte oder Piloten, die zwar kürzer, dafür aber auch öfter in den Einsatz gehen.
Am aussagekräftigsten dürfte deshalb die Feststellung sein, wie viele Soldaten nach einem mindestens viermonatigen Einsatz tatsächlich danach 20 Monate in der Heimat blieben. Das hat das Ministerium für den Zeitraum vom 1. Januar bis 7. Dezember 2012 untersucht:
Im o.a. Zeitraum waren 14.091 Soldatinnen und Soldaten mehr als einmal in ihrer aktiven Dienstzeit im Einsatz und wiesen gleichzeitig in ihrem vorletzten Einsatz eine Stehzeit von mindestens 120 Tagen auf. In 6.953 Fällen (49,34 Prozent) wurde die Regeneration von 600 Tagen, d.h. ca. 20 Monaten zwischen den Einsätzen, unterschritten, in 7.138 Fällen (50,66 %) realisiert.
Allerdings, das macht das ausführliche Zahlenmaterial für jede Truppengattung deutlich, gibt es gravierende Unterschiede – bei den Heeresuniformträgern zum Beispiel hatten 96 Prozent der Apotheker ihre 20-monatige Regenerationszeit, aber nur 30 Prozent der Gebirgsjägertruppe. Was um so problematischer scheint, als die Gebirgsjäger zu denen gehören, die vor allem in Afghanistan draußen am scharfen Ende des Berufs tätig sind.
Jenseits der Details: Nur gut die Hälfte mit der angestrebten Regenerationszeit – da scheint die Truppe von einer regelmäßigen Vier Monate/20 Monate-Systematik noch weit entfernt. Mit allen Problemen, die eine zu kurze Zeit zwischen den Einsätzen in der Heimat für den einzelnen Soldaten bedeutet.
Aber es wird alles gut, sagt das Ministerium:
Die im Artikel verwendeten Zahlen zur Einsatzbelastung beziehen sich auf einen Berichtszeitraum von Januar 2010 bis Dezember 2012. Somit werden die Auswirkungen der erst Mitte 2012 tatsächlich begonnenen Neuausrichtung der Bundeswehr nur unzureichend erfasst. Deshalb lassen sich daraus keine belastbaren Folgerungen der Auswirkungen der Neuausrichtung ableiten.
Wesentliche Säule der Neuausrichtung der Bundeswehr ist es, die individuellen Einsatzbelastungen unserer Soldatinnen und Soldaten zu reduzieren und die Anzahl verfügbarer Kräfte für den Einsatz zu erhöhen. Mit der Ausplanung der neuen Truppenstrukturen und deren Realisierung im Zeitfenster 2014 bis 2016 wird erst dann die Anzahl verfügbarer Kräfte für den Einsatz erhöht und die Durchhaltefähigkeit spürbar gesteigert werden. Damit wird sich die Einhaltung der Einsatzsystematik weiter verbessern.
Die Neuausrichtung wird sich zunehmend positiv bis 2016 auf die Einsatzbelastung unserer Soldaten auswirken.
Frühestens im kommenden Jahr, lese ich daraus, wird sich die Lage bessern. Bis dahin können wohl auch die besonders belasteten Truppengattungen nicht darauf hoffen, ihre 600 Heimattage nach dem Einsatz zu bekommen.
(Foto: Patrouille in Afghanistan – Bundeswehr/ISAF via Flickr)
@Kerveros | 23. Juni 2013 – 13:40
Da scheinen Sie einen wichtigen Punkt gefunden zu haben, ich hätte einen Major eher auf der Höhe eines Projektleiters gesehen (es gibt übrigens keinen Bonus für Mobilität, ich habe mich da mißverständlich ausgedrückt, es ist anders herum, mangelnde Mobilität kann dazu führen, dass man halt nicht 100% Bonus erhält oder den Job gar nicht ausüben kann). Ein Projektingenieur hat (wie ich es kenne) abhängig von seinem Dienstalter, Erfahrung etc. und seiner tatsächlichen Verwendung (z.B. Projektunterstützung, Qualitätsmanagement, CAD) irgendwo zwischen 40.000 und 60.000 Euro p.a. (inkl.Bonus), klingt vielleicht viel, aber die Beträge sind 100% lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. Interessant sind ja auch die Gehaltsbestandteile, die frei sind (also brutto = netto), bei dem schon erwähnten Bandarbeiter also viele Zuschläge (Nacht-, Feiertags-). Man sollte dann auch nur netto vergleichen, weil es die Beträge sind, mit denen man am Ende arbeiten, d.h. seine Kosten bestreiten, kann. (Wenn ich also jetzt A12 google, gibt das evt. nicht das korrekte Bild wider.).
@Autostädterin:
machen wir es doch ganz einfach… nehmen wir Stellvertretend für die Gruppe der Soldaten einfach mal in die vollen gegriffen:
Hauptfeldwebel A8, 38 Jahre alt (ich nehme mal eine realistische Erfahrungsstufe.. nicht die idealtypische), verheiratet, 2 Kinder, Lohnsteuerklasse 3
Ergibt beim Gehaltsrechner mit Kinderfreibeträgen, Familienzulage etc netto grob 2700 €
Davon müsste man dann noch Dinge wie Pflichtversichtung, Anwartschaft etc rausrechnen, aber sagen wir mal er hat günstig 2500 Euro netto im Monat.
Bei besagter Flexibilität, versetzung, Einsätzen, Übungen etc etc. Ggf bekommt er noch ein paar kleine Zulagen…
Zufällig mitlesende Hauptfeldwebel mit zwei Kindern mögen mich korrigieren ;)
Das in einem realistischen Verhältnis zu einem Projektingenieur, dann aber auch mit so Dinge wie ggf. Auto über die Firma ggf Pauschalbetrag etc.
@Kerveros | 23. Juni 2013 – 15:00
Mhh, das einfachste wäre die Abrechnungen nebeneinander zu legen (ich habe nie öffentlichen Dienst o.ä. abgerechnet); Ein Projektingenieur erhält (bei uns jedenfalls) keinen Dienstwagen zur privaten Nutzung, der wäre auch, soweit man die Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung nicht deutlich überschreitet, relativ teuer. Die Firmen-PKW gibt’s für Projektleiter, Abteilungsleiter etc. Evt. kann der Arbeitgeber den Weg zur Arbeit teilweise pauschal versteuern (dann kann man diesen Teil aber auch nicht bei der Steuererklärung angeben). Andere Pauschalbeträge (ich weiß nicht genau, welche Sie gemeint haben) gibt es da nicht. Und dann ist noch die Frage, auf welche Wochenstundenzahl sich das Gehalt bezieht (also in meinem Fall auf 40) und wie realistisch es ist, dass diese Stundenzahl im Durchschnitt auch halbwegs eingehalten wird.
@Autostädterin:
Soldaten dienen über 41 Stunden die Woche, unter 46 Stunde gilt Dienst nicht als Überstunden…. hilft das?
Und ja, im Durchschnitt wird das eingehalten, wenn nicht gerade Einsatzvorbereitung oder Übung ansteht… wie die angedahcten Ruhezeiten wirklich eingehalten werden kann man früher im Thread nachlesen…
@Kerveros | 23. Juni 2013 – 15:44
Das würde ungefähr übereinstimmen, schon durch die vielen Dienstreisen sind manche weit davon entfernt, nur 40 Stunden einzubringen. Dabei gilt, Reisezeit ist keine Arbeitszeit, obwohl jeder davon ausgeht, dass man während der Reise trotzdem erreichbar ist und Stellung nehmen kann (was der klare Nachteil von Firmenhandys ist). Das heißt, die 47. + Stunde wird i.d.R. auch nicht bezahlt oder es gibt Sonderregelungen für einzelne Gruppen (z.B. Bereitschaft der IT für Einsätze nacht halb zwei für die dreischichtigen Werke). Ich habe immer wieder Leute, die es kaum schaffen auch nur die Hälfte ihres Jahresurlaubes zu nehmen.
Das Gras auf der anderen Seite scheint wohl genauso kurz und teilweise braun zu sein …
danke für die Kommentare und Einsichten, das wird dem einen oder anderen wohl die Illusion nehmen, dass im „Zivilen“ höhere Gehälter bezahlt werden oder alle arbeitsrechtlichen Vorgaben/Abmachungen uneingeschränkt eingehalten werden.
Gemeinsam ist es auf beiden Seiten, dass das nur deshalb funktioniert, weil es die Arbeitnehmer (ziv/mil) mit sich machen lassen. Und es findet sich eben auch immer einer, der einspringt, weil er sich einen Vorteil daraus verspricht.
Ich lass mich nicht mehr mit der Mohrrübe locken, darf mich im Gegenzug allerdings dann auch nicht beklagen, dass die Förderungswürdigkeit nicht mehr voll bescheinigt wird. Muss jeder für sich entscheiden und dann mit den jeweiligen Folgen leben.
@diba:
“dass die Förderungswürdigkeit nicht mehr voll bescheinigt wird.”
Wo keine Förderungsmöglichkeiten sind tut das dann aber auch nicht mehr weh ;)