Syrien hat nun angeblich modernisierte russische Anti-Schiff-Flugkörper
Während der Westen weiterhin keine Linie für den Umgang mit dem Bürgerkrieg in Syrien findet und auch die Haltung der USA zu einem Eingreifen – trotz der Berichte über den Einsatz chemischer Waffen – unklar bleibt, erhöht Syrien mit russischer Hilfe die Kosten für eine eventuelle militärische Aktion. In den vergangenen Tagen gab es bereits – hinreichend vage – Berichte über eine Lieferung moderner Flugabwehrraketen; jetzt berichtet die New York Times, aus Russland sei die modernste Version des Anti-Schiff-Flugkörpers Yakhont an die Regierung Assad geliefert worden:
Russia has sent advanced antiship cruise missiles to Syria, a move that illustrates the depth of its support for the Syrian government led by President Bashar al-Assad, American officials said Thursday. Russia has previously provided a version of the missiles, called Yakhonts, to Syria. But those delivered recently are outfitted with an advanced radar that makes them more effective, according to American officials who are familiar with classified intelligence reports and would only discuss the shipment on the basis of anonymity.
Die Yakhont, NATO-Name SS-N 26 Strobile, würde den syrischen Streitkräften die Kontrolle des Seeraums vor der Mittelmeerküste des Landes sichern. Und wäre, wenn die US-Geheimdienstberichte so zutreffen, nicht nur eine Gefahr für einen (bislang sehr hypothetischen) militärischen Angriff. Sondern auch für eventuelle Überwachungs- oder Evakuierungsmissionen von See aus.
Interessant ist das der NYT Artikel zu dem Zeitpunkt der Lieferung sehr wage ist. Wann wurden diese Waffen geliefert? Gestern? Letztes Jahr? Vor drei Jahren? Aus dem Artikel kann man das nicht entnehmen.
Die Angaben von anonymen „intelligence officials“ wurden hier gegenüber dem NYT Reporter Michael Gordon gemacht. Der war, zusammen mit Judith Miller, auch derjenige der vor zwölf Jahren solche Angaben über angebliche Irakische WMD erhalten und niedergeschrieben hat.
Was ist der Zweck dieses poltischen „Leaks“?
Dieses neue „Russland liefert Waffen an Syrien“ Gerücht wird sicherlich dazu benutzt werden weitere Waffenlieferungen an die internationalen Jihadisten in Syrien zu rechtfertigen. „Die andere Seite tun das ja auch.“
Noch eine Frage an T.W: zur Überschrift.
Wieso ist die Fähigkeit Syriens seine Küste zu verteidigen eine „Bedrohung“?
Hier geht es m.M. nach ganz klar darum, dass Israel die Möglichkeit genommen wird, ungestraft auf fremdem Territorium, mittels ihrer Luftwaffe, vermeidliche Syrien- Hisbollah Transaktionen zu unterbinden. Nun steht Israel mit dem Rücken zur Wand…
Wikipedia verlinkt auf einen Beitrag aus Defenceupdate, wonach die bestellung im Jahr 2008 und die Lieferung von 2 Batterien mit 72 LFK bereits im Jahr 2011 erfolgte.
Laut DE Wikipedia besitzt Syrien dieses System mindestens schon Sep. 2011.
(Steht da jetzt nicht so offentsichtlich, aber wenn man bei dem SS-N-26 Strobile (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=SS-N-26_Strobile) Eintrag oben rechts auf Versionsgeschichte geht und da die Version vom 11 Sep. 2011 auswählt wird Syrien schon dort aufgeführt.)
Der Bericht in der NYT hebt ja darauf ab, dass es nach der bereits bekannten früheren Lieferung weitere mit modernisierten Flugkörpern gab.
@b
re Überschrift: Stimmt. Ist journalistisch unsauber.
(Könnte jetzt argumentieren, dass angesichts der Reichweite damit auch unliebsame Aktivitäten wie ein, hust, deutsches Flottendienstboot außerhalb der Hoheitsgewässer in potenzieller Gefahr sind. Aber das ist natürlich eine argumentative Krücke, von meiner Wahrnehmung gefärbt. Denke mal über eine saubere Überschrift nach.)
Um mal den advocatus diaboli zu spielen: Objektiv könnte die syrische Regierung darauf hinweisen, dass diese Waffen nur dazu dienen (können), die äußere Sicherheit und Souveränität des Landes, welcher ja niemand grundsätzlich in Frage stellen will, zu verteidigen. In dem andauernden Bürgerkrieg selbst wird man diese Raketen kaum einsetzen.
@b und T.W.:
Ich fand „Bedrohung“ nicht zwingend problematisch, denn meine Verteidigung ist für jemand anderes eine Bedrohung – das ist ja Grundlage des Security dilemma. Man kann es also durchaus als Bedrohung sehen, aber neutraler formuliert wie jetzt ist dann doch nochmal besser
@ b … die addressaten könnten auch innerhalb der USA zu suchen sein. wenn klar wird, dass man über syrien nicht mal ebend so „drüber rutschen“ kann, dürften auch die „falken“ im us polit. establishment von all zu lauter kriegsrethorik abstand nehmen.
-> verschafft Obama, der offensichtlich kein großes interesse an diesem Abenteuer hat, etwas was luft an der heimatfront.
Russland lieferte vermutlich um den 12.12.2011 zwei Batterien vom Typ BASTION.
Jede Batterie besteht aus 18 mobilen Abschussfahrzeugen. Jedes Fahrzeug trägt zwei Flugkörper vom Typ P-800 BOLID, YAKHONT (NATO: SS-N-26).
Der Lieferumfang soll insgesamt 72 Flugkörper betragen haben.
Der Gesamtpreis soll 300.000.000 US $ betragen haben.
Der Verkaufsgespräche wurden in 2007 aufgenommen. Unterzeichnet wurde in 2008.
Die USA und Israel haben seit dem Russland mehrfach gebeten, von dem Geschäft Abstand zu nehmen. Russland hat die Lieferung trotzdem durchgeführt, da keine Gefahr gesehen wurde, dass die Systeme in die Hände von terroristischen Kräften fallen könnten. Quelle: Verschiedene Artikel aus RIA Novosti
Am 11.07.2012 veröffentlichte das syrische Staatsfernsehen Aufnahmen eines Marinemanövers. Neben weiteren Flugkörpersystemen wurde auch der YAKHONT beim Schuss gezeigt. Die Echtheit der Aufnahmen ist natürlich nicht belegt.
Ebenfalls großes Interesse findet die geplante Lieferung des S-300 Boden-Luft Systems.
Eine technische Frage: Können die Feuerleitradare der Batterien genau wie Luftabwehrbatterien im Rahmen von SEAD-Angriffen bekämpft werden? Wäre also das Mittel der Wahl um die Batterien auszuschalten ebenso HARM oder ALARM?
Zu einer Batterie gehört das Feuerleitradar 9S32ME. In den Grundzügen entspricht das S-300 dem PATRIOT System. Das Feuerleitradar ist generell wie jedes andere Radar auch, mit Anti-Radiation-Missiles bekämpfbar.
@dallisfaction: Das BASTION-System hat meines Wissens keinen eignen Feuerleitradar, daher zur Frage Bekämpfung durch SEAD-Mittel: Nein. Die Raketen werden wohl vor dem Start mit der ungefähren Lage der gegnerischen Schiffe gefüttert und fassen die Ziele dann selbstständig mit ihrem (bord)eigenen Radar auf.
@dallisfaction @ Uwe Sievert
Das Feuerleitradar 9S32M gehört zu den (alten) S-300 Systemen.
Zu dem Küstenschutzsystem das Syrien einsetzt gehört (wahrscheinlich) das Monolit-B Radar. Mit zwei dieser Systeme kann man auf 250km passiv triangulieren und hat damit die Feuerleitlösung für die Raketen. Aktiv schaffen die Systeme ca. 70 km.
Ob und wie das mit ARMs zu bekämpfen ist weiß ich nicht, kann mit aber vorstellen das das nicht trivial sein wird da die Russen solche Gegenmaßnahmen sicher bedacht haben werden.
Diese Küstenbatterien auszuschalten wäre eine sehr große Operation. Inzwischen schwimmen in der Gegend ja auch permanent einige russische Marineschiffe herum. Will man sich mit denen auch anlegen?
Interessant ist daß Rußland liefert ohne jemals mit Bezahlung rechnen zu können. Syrien war schon vor dem Bürgerkrieg finanziell klamm, jetzt mit einem Land in Ruinen kann Rußland die Lieferung gleich als finanzieller Totalverlust abschreiben. Es geht also nicht ums Geschäft sondern den Erhalt des Marinestützpunkt im levantischem Meer um jeden Preis. So gesehen zahlt Rußland für den Machterhalt Assads deutlich mehr als die Gegner für seinen Sturz (relativ zum BNP gehts hier wohl um Prozente vs. Parts per Million).
Ein interessanter Nebenaspekt, durch die Überlassung von kritischen Waffensystemen an Assad erzwingt man eine stärkere Kontrolle der Assadgegner sobald diese die Macht übernehmen.
Vor den Russen als Kampfteilnehmer muß man nicht die geringste Angst haben, die werden die Füsse brav still halten und die Drecksarbeit Assad überlassen. Alles andere würde schlicht die komplette russische Aussenpolitik samt levantischer Flotte versenken inklusive einem Durchfahrtverbote bei Gibraltar und Bosporus auf Jahrzehnte.
Ja, ein schon lange geplanter Militäreinsatz des Westens gegen Syrien wäre ein in jeder Hinsicht teures Unternehmen, darum der mediale Lärm. Es sind mit hohen Verlusten zu rechnen.
@Crass Spektakel | 17. Mai 2013 – 16:10
Laut Medienmeldungen hat Assad erst kürzlich über 900 Mill. Dollar, für die S-300 gezahlt und die Seezielraketenlieferung wurde schon vor 2 Jahren, zu Beginn des Bürgerkrieges, abgeschlossen. Syrien hat damals bereits einen Übung durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen. Die Syrer hätten also schon lange auf unsere Flottendiestboote schießen können, wenn sie es wollten.
Dass die Russen stillhalten, davon würde ich nicht in jedem Fall ausgehen. Putin ist nicht Medwedew und Syrien nicht Libyen. Man denke nur an Putins Reaktion gegen Georgien. Der fackelt nicht lange. Putin soll im vorigen Jahr gesagt haben, er würde Syrien sogar noch in den Straßen von Moskau verteidigen. Wohlgemerkt Syrien und nicht Assad. Also gegen äußere Angriffe. Hoffen wir aber, dass es nie dazu kommt. Auch Deutschland würde dann erhebliche Beulen bekommen. Ihre Überheblichkeit gegenüber den Russen hatten die Nazis auch. Wir alle wissen wie es ausgegangen ist. Und heute haben die Russen engste strategische Partnerschaft und militärische Zusammenarbeit mit China.
naja in georgien sind die russen direkt angegriffen worden. da hätte auch ein medwedew nicht die andere wange hingehalten.
auf eine offene Konfrontation wird es keine der beiden seiten (Nato vs Russland) ankommen lassen, aber assad hat nun die kapazitäten trägerverbänden vor der eigenen haustür auf die finger klopfen zu können. gleiches gilt auch für landgestütze versuche eine Flugverbotszone durchzusetzen.
@Stefan:
Überheblichkeit ist jedem professionellen Militär fremd. Jeder Einsatz birgt Risiken. Dennoch fällt es mir schwer aus jüngster Vergangenheit Beispiele zu finde, in denen von Russland ausgestattete Streitkräfte als Gewinner hervorgingen. Auch wenn einzelne Systeme sicher bemerkenswerte technische Daten aufweisen – gerade im Zusammenspiel (Vernetzung) vieler Waffensysteme ist in der Vergangenheit die westliche Überlegenheit deutlich geworden. Und von Personal, Ausbildung und Einsatzerfahrung rede ich hier noch gar nicht.
Wenn in dieser Angelegenheit Zurückhaltung geboten ist, dann wohl eher weil die Frage nicht beantwortet werden kann, was nach einem militärischen Sieg und einem Eingreifen denn bitte folgen soll.
@markus, d.Ä.:
Die Wirkung von Flugkörpern gegen Trägerverbände würde ich nicht überbewerten. Torpedos, U-Boote und Minen sind das, was amerikanischen Marineverbänden am ehesten Sorgen macht.
@Seestratege | 17. Mai 2013 – 18:33
Das Zusammenspiel (Vernetzung) vieler Waffensysteme, gab es schon im Warschauer Pakt. Man nannte dies Zusammenwirken.
Das Wall Street Jorunal hat heute einen interessanten Artikel zu dem Thema. Jetzt ohne Paywall: Russia Raises Stakes in Syria
Das ist kein kleiner Einsatz den die Russen da haben. Es geht denen auch nicht um den Hafen in Syrien. Zwei andere Gründe sind vielmehr ausschlaggebend.
– Wenn dieser „westliche“ islamistische Proxy-Angriff auf Syrien gelingt dann ist als nächstes ein ähnlicher Angriff in Tschetschenien zu befürchten
– Die konservativen orthodoxen Unterstützer Putins haben tiefe Verbindungen zu den Orthodoxen in Syrien. Putin hat dem Patriarchen in Moskau versprochen diese zu schützen. Das ist bindender als man sich hier vorstellt.
@Stefan
Nein wirklich? Das gab es da? Unfassbar. Und jetzt seien sie nicht überrascht, das gab es auch auf Seiten der NATO damals schon. Wird sogar weiterhin so unterrichtet, ausgebildet und geübt…
Und was bringt uns das gegeneinander aufwiegen jetzt? Überhaupt nichts.
Es bleibt alles eine Frage der Fähigkeiten der jeweiligen Operateure auf beiden Seiten.
Und trotzdem hat @Seestratege Recht mit seinem Hinweis auf die wirklichen Bedrohungen. Weil eben diese einfach so schwer zu bekämpfen sind. Und aufgrund der technischen Entwicklngen ist die Lage dort nicht besser geworden.
Das ist doch ’ne Debatte im luftleeren Raum: Die USA und Russland werden den Teufel tun, und wegen Syrien eine gegenseitige Konfrontation riskieren.
Tatsächlich können die USA über die russische Blockade doch sehr froh sein. Das Schlimmste was Obama passieren könnte, wäre doch wenn ihm die Russen freie Bahn einräumen würden – am besten noch gleich mit ein paar weitere Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen.
Auch wenn es zynisch klingen mag: So ist die Situation doch für beide Win-Win: Amerika kann sich aus der Verantwortung stehlen, und Russland hat eine Bühne um sich als Global Player zu präsentieren.
@J.R. | 17. Mai 2013 – 20:18
Genau so ist es. Es ist wiklich unbedeutend, was Westerwelle & Co. schwätzen. Wenn die USA und Russland reden, dann sitzt der Rest der Welt am Katzentisch.
Fest steht, Obama will keinen Syrieneinsatz. Die Medien helfen Ihm, inden sie Seezielraketen, die schon vor Jahren geliefert wurden und Flugabwehrraketen, die vermutlich schon in Syrien sind, zum Thema machen. Nach dem Motto ich würde ja gern, aber es geht nicht. Die Realität ist, Russland ist ein Globalplayer und die USA sind nicht mehr die Supermach Nr. 1. Deutschland ist in diesem Spiel nur ein Niemand. Genau wie Frankreich und GB.
Frankreich ist gegen die Teinahme des Iran an einer Syrienkonferenz. O.K. Aber wer ist für eine Teilnahme Frankreichs, das 1000 km entfernt vom Kofliktgebiet liegt.
Probleme in dieser Welt können nicht durch Deutschland und Co.. gelöst werden. Dazu bedarf es der Welt – und Regionalmächte.
Viele Schwätzer verderben nur den Brei. Deutschland, Frankreich und GB sind doch nur in diesem Spiel die Kläffer und Wadenbeiser.
Kommen wir auf den Boden der Realität. Was in Syrien passiert entscheiden allein die USA und Russland (und in dessen Hintergrund China). Es geht und ging auch nie um Menschenrechte, sondern nur um Macht und Geld.
@ Stefan
Gut, dass Sie das alles durchschaut haben. Mich hätten diese finsteren Mächte doch glatt hereingelegt.
Das das Märchen von den Chemiewaffen (wie im Irak) eine wirkliche rote Linie sein könnte, war doch schon von Anfang an ein Witz. Die UN untersucht nicht, trotz Einladung der Syrer, nur weil sie das ganze Land inspizieren wollen. Den Fehler haben schon die Iraker gemacht und mit der Aufklärung wichtiger Kriegsziele bezahlt.
@chickenhawk | 18. Mai 2013 – 0:21
Welche finsteren Mächte? Ich rede von einem Spiel, welches schon seit Jahrtausenden betrieben wird.
… da wird einer am bein gezogen und merkts netmal … ;)
p.s.: absätze kann man auch mit der Entertaste einfügen. dazu muss man nicht immer neu kommentieren.
Eine Fugverbotszone war von Anfang an das Ziel des Westens, auch unzutreffend und irreführend „Intenationale Gemeinschaft“ genannt. Nur ist dies leider nicht mehr möglich, es sei denn, es handelt sich um eine Flugverbotszone für z. B. NATO-Luftstreitkräfte über syrischem Staatsterritorium. Ganz im Sinne der UN-Charta.
„Russlands Sicherheitsrat tagt operativ unter Vorsitz Putins“
Regierungschef Dmitri Medwedew und die Vorsitzende des Föderationsrates, Valentina Matwijenk haben nicht teilgenommen. Wer hat die wohl ausgeladen?
Was könnte wohl das Hauptthema sein? Dreimal dürfen wir raten.