Mehr verweigernde Offiziere, 13 Prozent leere Offiziersdienstposten
Die Zahlen lagen mir gestern nicht vor, heute habe ich sie: Die Zahl der Offiziere, die einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt haben, ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Ebenso – wenn auch etwas weniger deutlich – die Anzahl der Offiziere, die nach Anerkennung aus der Bundeswehr ausgeschieden sind. Allerdings bewegen sich die Zahlen auf relativ niedrigem Niveau, gemessen an der Gesamtgröße der Truppe.
Im Einzelnen – zunächst die von der Bundeswehr (und nicht vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, BAFzA) erfassten Anträge von Offizieren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer:
2008 – 19
2009 – 13
2010 – 27
2011 – 40
2012 – 91
Da laut Bundeswehr beim BAFzA die anerkannten Kriegsdienstverweiger nicht nach Statusgruppen getrennt statistisch erfasst werden, gibt nur eine weitere Bundeswehr-interne Statistik indirekt Aufschluss über die Anerkennungen: nämlich die Zahl der Offiziere, die nach Anerkennung aus den Streitkräften ausgeschieden sind:
2008 – 14
2009 – 13
2010 – 24
2011 – 35
2012 – 62
Auffällig ist bei beiden Statistiken die sprunghafte Zunahme von 2011 auf 2012. Leider ist aus den Zahlen nicht ersichtlich, wie groß der Anteil der Sanitätsoffiziere ist – die ja erst seit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Anfang 2012 die Möglichkeit zur Verweigerung haben. Das könnte den plötzlichen Anstieg erklären; ohne genauere Zahlen ist das allerdings vorerst Spekulation.
Und noch eine Zahl, die gestern für Aufmerksamkeit gesorgt hatte:
Bei einer Stichtagsbetrachtung am 21. März 2013 waren nach Auswertung des Personalwirtschaftssystems der Bundeswehr insgesamt 4.252 (12,6 Prozent) der Offiziersdienstposten, die auch in der künftigen Struktur zu besetzen sind, nicht besetzt und ohne konkrete Nachbesetzungsplanung.
Für weitere 2.127 (6,3 Prozent) Dienstposten sind keine Nachbesetzungen geplant, da diese im Rahmen der organisatorischen Neuausrichtung künftig wegfallen.
Die prozentual hohe, absolut aber geringe Steigerung bei den Verweigererzahlen würde mir als Bundeswehr weit weniger Sorgen machen als ein Fehl von fast 13 Prozent bei den Offiziersdienstposten.
(Die Kommentare zu diesem Thema im gestrigen Thread verschiebe ich sinnvollerweise hierher.)
(Archiv- und Symbolbild: Offizieranwärter der Marineschule Mürwik in der sogenannten „Grünen Ausbildung“ auf dem Truppenübungsplatz Langsee – Bundeswehr/B.Wilke via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz. Und ja, ich habe auch gesehen, dass der rechte Soldat keine deutsche Flecktarn-Uniform trägt…)
„Auch hier sollte uns 1813 eine Mahnung sein.
Gneisenau, Scharnhorst, Clausewitz, Moltke d.Ä., Seeckt, Beck würden sich wundern wie unhistorisch, theorielos und technokratisch wir unsere Führer ausbilden.
2 Jahre Clausewitz-Kaserne ohne sich nur einen Tag mit Clausewitz beschäftigt zu haben ist ja nicht die Ausnahme, sondern die Regel.“
Genau so schaut es aus! Da kommen dann Kameraden aus einem Auslandstrimester aus Nordamerika zurück, und berichten freudig, dass sie nun endlich mal „Vom Kriege“ gelesen und auch sonst einiges über Strategie, Krieg und entsprechende historische Fallbeispiele gelernt hätten.
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Hier wird in der Diskussion zu 90% anscheinend der studierte Offz angenommen, der – entweder von langer Hand geplant oder doch eher kurz entschlossen – auf den Trichter gekommen ist, mit seiner ach so großartigen Uni Bw Ausbildung ja zivil viel besser dazustehen. Und natürlich geht es dabei vorwiegend ums liebe Geld.
DIe Fälle, die ich persönlich kenne, sind aber völlig anders gelagert.
a) Ein tatsächliches Gewissensproblem. Wieso wird eigentlich allgemein so getan, als wäre der Willen oder die Fähigkeit Dienst an der Waffe zu leisten und ultimativ mit Töten und Getötetwerden in Berührung zu kommen so etwas wie genetische Disposition?
Wollen wir uns vielleicht einen Moment darüber unterhalten, wie völlig absurd es ist, 18-jährige Verträge über 12 (mittlerweile 13) Jahre unterzeichnen zu lassen. Der durchschnittliche 18-jährige Abiturient kommt aus seinem kleinen behüteten Mikrokosmos aus Schule und Familie und könnte nicht mal realistisch einschätzen, was es für sein Leben bedeutete, ein Jahr lang hinter einem Tresen zu stehen und Brötchen zu verkaufen. Das ist doch einfach menschlich, es fehlt die Lebenserfahrung um bestimmte Dinge einzuschätzen. Und dabei müssen wir nichtmal von Tod und Verwundung reden, sondern einfach mal von einfachen Dingen wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Wahl des Wohnorts und dergleichen. Nochmal, der durchschnittliche 18-jährige versteht es überhaupt nicht, die Konsequenzen abzusehen, wenn er sich für das gute nächste Jahrzehnt in solchen Dingen dem PersAmt Bw anvertraut.
Nun kommt dieser weltfremde junge Mensch also nach Köln, schreibt nen netten kleinen Aufsatz über das Wort „Pflichterfüllung“, löst ein paar Rechenaufgaben, läuft 12min im Kreis und macht ein paar Situps, zeigt in einer 20minütigen Gruppenarbeit noch seine famosen Führungsfähigkeiten und wird nun als Offizieranwärter eingestellt.
Nun hampelt er 15 Monate bis zum Studium ein bisschen in Uniform durch die Gegend, ist ja auch alles erstmal neu und aufregend und ganz lustig soweit, man ist ja auch fast nur noch unter seinesgleichen (andere ahnungslose 18-jährige) und die Sprüche der Ausbilder sind auch irgendwie cool und lustig – wie ein unterhaltsames Feriencamp halt so sein sollte.
Nun kommt der mittlerweile 19-20 jährige Offizieranwärter an eine der UniBws und so langsam kommt er in das Alter, wo ein tatsächlicher Reifungs- und Charakterbildungsprozess einsetzt. Nur ist er auf einmal an der sehr langen Leine (für das Individuum fantastisch, personalplanerisch ein kommendes Desaster) und kann sich und das Leben mal so richtig ausprobieren. Die Uniform staubt schwerpunktmäßig im Schrank ein, ab und an wird sie für einen Vortrag, zu dem man befohlen wird, mal hervorgeholt, oder einmal im Jahr der Rucksack gepackt, um mal „zum Erhalt der soldatischen Grundfertigkeiten“ ein paar Pappkameraden auf der nächsten Standortschießanlage zu bezwingen oder einen kleinen Gepäcklauf zu machen.
95% der Zeit hat man, sollte man nicht intrinsisch absolut motiviert sein, aber plötzlich seeehr wenig mit Militär zu tun und seeehr viel Gelegenheit, mal über sich und das Leben nachzudenken. Und mit Fortschreiten dieses Prozesses stellt man fest, dass es ja eigentlich gar nicht so sexy ist, alle 1,5 Jahre in ein anderes Hintertupfingen versetzt zu werden, nichts mehr mit den soeben erworbenen Qualifikationen anfangen zu können, jedes Wochenende 700km zu pendeln oder zuzusehen, dass die Freundin einem wegläuft, oder das eigene Kind einen kaum noch wiedererkennt und dass man dann auch sehr bald in einen Einsatz geschickt werden soll, den man dann seinen 40-50 Untergebenen in seiner Sinnhaftigkeit zu verklickern hat… nur hat man gerade erst aus akademischer Sicht im eigenen Studium festgestellt, dass die westlichen Militärinterventionen der letzten Jahre dermaßen dilettantisch sind, dass der einzige Grund dort unten rumzueiern die bummeligen 90,- Euro extra am Tag sind. Schonmal an den Gewissenskonflikt gedacht, dass man Verantwortung für 40-50 Menschenleben (!!) im Einsatz tragen soll, während man selber derart desillusioniert ist, dass man weder an den eigenen Auftrag glaubt, noch in der Lage ist, 110% dafür zu geben?
Und wie wir alle wissen ist Geld ein reiner Hygienefaktor. Und so kommt dann auch der nun 24 jährige unter Umständen mal auf den Ansatz, dass er so wenig Bock auf die folgenden sieben Jahre hat, dass er lieben gern die >40k Euro für seine „Hochwertausbildung“ abstottern wird – und dass obwohl er sich keine Illusionen darüber macht, wie wohl sein Einstiegsgehalt im zivilen ausschauen wird als Geisteswissenschaftler.
Den KDVer gibt es auch, er macht es, weil er anders aus der Nummer nicht mehr rauskommt. Aber klar, aus dem bequemen Sessel zuckt man dann die Schultern und redet von opportunistischen Schmarotzern. (Was fairerweise in diesem Forum hier kaum der Fall ist, aber das Thema wird ja derzeit auch an anderer Stelle behandelt.)
b) „Der Enttäuschte“ – und hier nur in aller Kürze (auch hier kenne ich Beispiele). Hochmotivierte, „brennende“ Anwärter auf Offzposten in der „grünen“ Truppe – nur leider geht das Feuer dann während des Studiums ganz schnell aus. Viele von denen wollten nichtmal studieren, und sehen das eher als lästigen Lehrgang. Aber P zwingt einen dann, mal eben noch nen Master in Pädagogik zu machen, obwohl man eigentlich bei Wind und Wetter draußen rödeln und „Krieger“ sein will. (An dieser Stelle darf natürlich gerne herzlich gelacht werden, und ob es sich hier nur um eine andere Gattung des verblendeten 18-jährigen handelt, lass ich mal dahingestellt.)
Nun kommt man an eine im Alltag faktisch „zivile“ Uni, und lässt sich von den mittlerweile weniger verblendeten, die die letzten drei Jahre eine gewisse Gemütlichkeit und nen dicken Bauch angesetzt haben, erstmal auslachen für seinen Eifer. Man lernt die nächsten vier Jahre mehr darüber, dass sich im System Bw Leistung nicht lohnt, dass „dabei sein“ alles ist. Dass man sich vor allem drücken kann, wenn man nur findig und willig ist. Dass manche Kameraden in ihrer Freizeit gerne Versicherungen verkaufen, und damit durchkommen. Dass man auch einfach GAR NIX für die körperliche Fitness tun und auch damit durchkommen kann. Dass Militär ganz weit weg ist, und man sich auch einfach viermal die Woche mit seinen neuen Kumpels im Bundeswehruniversitäts-Feriencamp die Hucke vollsaufen kann oder den ganzen Tag World of Warcraft spielen kann, statt in die Vorlesung zu gehen. Dass man sich nicht rasieren braucht, seine Schuhe nicht zu putzen und auch keinen korrekten Anzug tragen oder Vorgesetzte zu grüßen braucht.
Man kommt in Kontakt mit Kadetten aus der französischen Armee oder US Soldaten. Und ein bisschen neidisch denkt man sich, dass man in einer _richtigen_ Armee schon noch Lust hätte. Aber in einer richtigen Armee kann man doch hier nicht sein, wenn nur die Leistungen im Laufbahn-unrelevanten Studium wichtig zu sein scheinen und man den „Commander’s Coin“ seiner BUNDESWEHR Universität dafür bekommt, ein bisschen mit sozial benachteiligten Kindern in einer nahegelegenen Kita zu spielen.
Wir kehren zurück zu den Kameraden, die im Ausland endlich mal Clausewitz lesen durften/mussten, und unser „Enttäuschter“ fragt sich, warum er stattdessen an der Offizierschule des Heeres das Institutionendesign der Europäischen Union auswendig lernen und nun irgendein zivil verwertbares Fach studieren muss.
Das lächerliche bisschen bisher aufgebauter militärischer Sozialisation und Motivation erodiert so ganz ganz schnell. Und so taucht dann auch schnell die Frage im Kopf auf, was man denn stattdessen mit seinem Leben so anfangen könnte…
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Es mag sicher auch die Ingenieure geben, die unmoralische Angebote von Bosch bekommen, die eine Promotion wollen oder oder oder. Aber das sind die Fälle, die ICH kenne.
@Andreas Moser:
Abseits der Polemik empfehle ich folgendes Buch:
http://www.amazon.de/Command-Culture-Education-1901-1940-Consequences/dp/1574413031
Der entscheidende Nachtrag zu meinen beiden zugespitzten Fallbeispielen:
Es sind beides Überzeugungstäter, für welche die wirtschaftlichen Überlegungen lange nicht an erster Stelle stehen! Der KDV ist der einzige Weg, vorzeitig den Dienst zu beenden.
Daraus folgt, das wurde hier schon gesagt und ich möchte es aus meiner persönlichen Einschätzung bekräftigen, dass leider vielfach die in der Bw verbleibenden jungen Offze die bequemsten mit der geringsten Initiative und bestenfalls durchschnittlichen (Führungs)fähigkeiten verbleiben. Denn meckern und ihre absolute Demotivation raushängen lassen, das tun nicht nur die KDVer.
Und so gesehen mag sich im Kleinen durchaus ein gewisser „Sogeffekt“ einstellen, denn wer will mit lauter unwilligen und unfähigen arbeiten?
Das Problem ist hausgemacht.
Seit JAHREN wird an der OPZ ausschließlich auf „Studierfähigkeit“ geprüft. Das heisst im Klartext, dass der eingestellte Offiziernachwuchs nicht auf „Kompatibilität“ zum Soldatenberuf , sondern auf studentische Qualifikation gesiebt wird.
Diese Kriterien KÖNNEN natürlich Hand in Hand gehen, MÜSSEN sie aber nicht. Und bei den „brillianten“ Rahmenbedingungen, die die Truppe seit Jahren bietet, würde ich mich auch nicht darauf verlassen, dass dem Einzelnen im Zuge zunehmender Erkenntnis des Truppenalltags die „Soldaten-Profession“ automatisch „zuwächst“.
@ Andreas Moser | 18. April 2013 – 16:23
Wissen Sie, das Niveau der Diskussion stand eigentlich bisher über solchen Rundumschlägen. Und unhistorisch ist es zudem.
@chickenhawk:
Ich finde die Geschichte der Offiziersausbildung durchaus ein wichtiges Argument, denn möglicherweise ist es ein Gedanke hinter der langen anfänglichen theoretischen Ausbildung an den Bundeswehr-Unis, die Offiziere zu selbstbewußten und selbstdenkenden Menschen zu erziehen. Wer Fähigkeiten hat, die einen über die Bundeswehr hinaus befähigen, ist dadurch unabhängiger und hoffentlich kritischer gegenüber Befehlen. Ein Soldat, der nur Soldat ist, macht im Zweifel vielleicht mehr mit, was seinem Gewissen nicht entspricht, weil er außer der Bundeswehr keine Möglichkeiten zum Broterwerb hat.
@ claus.witz
volle Zustimmung!
@claus.witz
Beifall für Ihren Beitrag.
Übrigens gab es den ersten Fall eines weiblichen Sanitätsoffiziers, die den Kriegsdienst verweigerte, schon zu einer Zeit, als Frauen in der Bundeswehr überhaupt nur als Ärztinnen im Sanitätsdienst Dienst tun konnten.
Die Dame gehörte damals zu den ersten Frauen, die von der Bundeswehr direkt nach dem Abitur als Sanitätsoffizieranwärter eingestellt und dann zum Studium an die Uni abkommandiert wurden. Sie machte, wenn ich mich recht entsinne, ein überdurchschnittlich gutes Examen, absolvierte noch ihre Facharztausbildung bei der Bundeswehr und verweigerte dann (aus Gewissensgründen). Das muss so ca. Mitte, zweite Hälfte der 90er Jahre gewesen sein, ich entsinne mich noch an den einschlägigen Artikel in der Westdeutschen Zeitung.
@claus.witz
Dem kann ich nur zustimmen. Die Politik wird dies voraussichtlich aber nicht hören wollen und auf die angesprochene Entwicklung nur mit der Forderung nach noch mehr „Attraktivität des Dienstes“ in Form der weiteren Erosion militärischer und soldatischer Standards reagieren.
@Günther Mertens
In erster Linie will die militärische Führung das nicht hören.
Das andauernde verweisen auf die Politik ist eines der zentralen Probleme der Bw.
> Die prozentual hohe, absolut aber geringe Steigerung bei den Verweigererzahlen würde mir als Bundeswehr weit weniger Sorgen machen als ein Fehl von fast 13 Prozent bei den Offiziersdienstposten.
Wenn 500 Leute fehlen, dann gibt es m.E. nur eine Chance – Quereinsteiger. Allerdings: Wenn auch das Geld für die 500 fehlt, dann sieht es düster aus.
@Memoria
„Das andauernde verweisen auf die Politik ist eines der zentralen Probleme der Bw.“
Es gilt bekanntlich der Primat der Politik. Solange die Politik verantwortlich ist, wird sie sich auch Kritik gefallen lassen müssen. Übrigens wird die Politik von militärischer Seit von den höchsten Dienstgraden ausgesprochen wenig kritisiert.
@claus.witz
Klasse Beitrag, dem ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen.
tja, das Kennziffer-Erfüllungs-Syndrom hat schon Imperien ruiniert…..;-)
Ende der 60er hatte das Heer wg Vietnam und Woodstock ein echtes Regenerationsproblem bei den Offizieren und außerdem war den Akademikern der Elwein-Kommission natürlich der 18-19 jährige Student lieber als der 28-29 jährige mit 10 Dienstjahren im Gepäck – ergo: Studium früh gegen das Votum von Marine und Luftwaffe.
Nun, der Pfadeffekt ist eben so beschaffen, dass man erst dann ein Konzept über Bord wirft wenn es zur Havarie gekommen ist ;-)
Alles wird besser
@claus.witz
Danke für diese Analyse.
Ich habe Ihren Text sofort als Word-Dokument abgespeichert. Dieser Kommentar ist einfach zu Schade dafür in den nächsten Jahren in Vergessenheit zu geraten.
@ claus.witz | 18. April 2013 – 16:25
Uff, es wurde ja schon mehrfach erwähnt: Dieser Beitrag ist ja fast schon preisverdächtig.
Ihre Fälle a) und b) enthalten derart viel hochkomprimierte, sachlich korrekte Kritik, besser kann man es gar nicht auf den Punkt bringen.
Ergänezn möchte ich, dass es auch noch einen dritten Typus gibt. Nämlich den Hybrid aus a) und b)
@ tez | 18. April 2013 – 14:32
Die Anzahl der Offizierdienststellen in der Bundeswehr ist kein Geheimnis. Im Einzelplan 14 ist alles exakt definiert und veröffentlicht.
@T.W.
Jetzt habe ich die Zahlen bzgl. Sanitätsdienst und KdV doch noch gefunden.
Die Bundesregierung hatte es schon vor gut einem Monat als Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken veröffentlich.
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/126/1712632.pdf
Aber ich hatte es falsch in Erinnerung. Eine Aufschlüsselung nach SanOffz Arzt enthält dieses Dokument nicht.
@claus.witz
Ich fand ihre Ausführungen sehr schön, ich hätte gern noch ein überspitztes fallbesipiel für den OA ohne studium gelsen :) (dies ist keine Ironie ich hab ihren Text wirklich genossen, zumals ich letztes jahr selbst mitbekommen habe wie viele Anträge auf Dienstzeitverkürzung es bei Offizieren nach dem Studium gab)
MfG A.Fischer
Klasse Beiträge !
Zu allem Überfluss wurde von den „Hohen Herren“ in der Struktur dafür gesorgt, dass die wenigen „Aufpasser“ und Erfahrenen OStFw durch junge FD Posten Ersetzt werden !
Ein System scheitert und es wird auf den Ebenen der Entscheider und der Politik als Erfolg verkauft. Weil nicht sein kann was nicht sein darf !
„Ein Soldat, der nur Soldat ist, macht im Zweifel vielleicht mehr mit, was seinem Gewissen nicht entspricht, weil er außer der Bundeswehr keine Möglichkeiten zum Broterwerb hat.“
Der Staat braucht aber in erster Linie Soldaten und nicht noch mehr Pädagogen, um es mal überspitzt zu sagen. Broterwerb ist relativ, wenn viele Ex-Soldaten eh irgendwo bei der Rüstungsindustrie geparkt werden müssen.
„der langen anfänglichen theoretischen Ausbildung an den Bundeswehr-Unis, die Offiziere zu selbstbewußten und selbstdenkenden Menschen zu erziehen.“
Da fängt der Fehler schon an, wenn man Erwachsene erziehen will, damit sie auch ja das richtige Denken. Gabs in diversen Dikaturen auch. Ergebnis bekannt. Die Zeit kann man sinnvoller nutzen…
Mit „selbstbewußten und selbstdenkenden Menschen“ hat das nichts zu tun.
„Messen Sie die Qualität dieser Jahrgänge an Angriffskriegen, Kadavergehorsam, überzogenem Verhängen von Todesstrafen gegenüber Untergebenen und Kriegsverbrechen, oder wie?“
Mit diesem einem Satz haben sie gerade demonstriert was in dieser Gesellschaft so falsch läuft. Irgendwie ist alles Militärische verdächtig und böse. Soldaten dürfen daher irgendwie auch keine Soldaten sein. Pädagogen in Uniform…
Schade, wie gewöhnlich sehe ich hier wieder viel „Gemeckere“ über/gegen die Bundeswehr. Einzelfälle werden zur Beschreibung eines Gesamtsystems herangenommen. Indikatoren: ja, Generalisierung: nein.
Gegenbeispiel Typus c: Der Weltfremde(re)
Soldaten, die meinen, die Welt außerhalb der Bundeswehr würde nur auf sie warten und sie seien überqualifiziert für die Bundeswehr. Sie erwarten von der „vernünftigen“ zivilen Wirtschaft feste Arbeitszeiten, feste und planbare Wohnsitze (wieso muss ich da gerade an Bochum denken), ein Gehalt, dass ihrer Befähigung entspricht („Draußen bekäme ich das Dreifache! Mindestens!“) und sowieso sei alles besser. Als letztes Argument die Vereinbarkeit von Familie und Job (statt eben Dienst).
Bisherige Rückmeldungen dieser Einzelfälle aus meinem Umfeld sahen eher verdammt traurig und trist aus. Tendenzen bei den Ex-Kameraden: „I wanna go back!“. Meine persönliche Meinung: Diese Erwartungen entsprechen nicht der gegenwärtigen Arbeitswelt.
Meine kurze Meinung zum Gesamtsystem: 13% leere Dienststellen bei den Offizieren finde ich noch relativ vertretbar in Anbetracht eines Systems, dass von der Anzahl der Mitarbeiter zu den größten Arbeitgebern gehört. Dieses Monster planbar zu machen ist einfach schwer. Beispiel eines ach so tollen zivilen Unternehmens: Lufthansa hat nun zig Lehrer in Bremen rumsitzen, weil sie ca. 1 Jahr lang keine neuen Schüler einstellen. Das ist das gleiche Problem in die andere Richtung.
@claus.witz:
Ein Beitrag, der leider bis ins Letzte die Realität des Systems beschreibt. Zu viele scheinen sich jedoch der Wahrheit zu verwehren. Traurig…
@ HAns Tonnenkäse
Wenn dem überhaupt so sein sollte hat das schon seinen Grund. Ich kenne nur sehr wenige noch Einsatztaugliche OStFw. Und ein FD mit seiner Erfahrung ist mir tausendmal lieber als ein Offz TrD!
@ Andreas Moser
Der selbstdenkende und kritische Offizier ist doch gar nicht mehr erwünscht, denn er könnte seine Vorgesetzten ja mit der Realität konfrontieren, und die will man nicht sehen.
Es gäbe da noch den Typus d: der Desillusionierte.
Er kommt nach seiner Uni-Zeit und seiner Ausbildung in die Truppe und stellt dort fest: Vergiss alles was du bisher gelernt hast, hier läuft eh alles anders. Nachdem er diesen Schock überwunden hat, versucht er das Beste aus der Situation zu machen, nur um zu erkennen, das heute nicht mehr die Leistung zählt, um weiter zukommen, sondern eher wie gut man sich seinen Vorgesetzten anbiedert. Dazu kommt noch der tägliche Kampf mit dem seit Jahren verfehlten Personalwesen und einer in Sachen zeitgemäßer Menschenführung ignoranten Führung, die bei jedem noch so überzeugten Soldaten Zweifel kommen lässt, ob die Bw noch das ‚Richtige‘ für ihn sei.
Die meisten der KDV‘ler und Dienstzeitverkürzer fallen meiner Meinung nach in diese Kategorie.
@NX1701:
Naja Gemeckere ist doch selbstverständlich!
Aber ich würde ihnen widersprechen – denn die Einzelfälle wurden herangezogen um ein systematisches Problem zu erörtern. Auch wenn nicht alle deswegen versuchen sich verfrüht aus der Truppe zu verabschieden, ist es ja wohl doch ein Punkt der in der ein oder anderen Form schon oft auf Augengeradeaus angesprochen wurde.
Mit ihrem anderen Punkt haben sie wiederum recht, denn das Gras ist auf der anderen Seite des Zauns (i.e. freien Wirtschaft, Streitkräfte andere Länder) natürlich immer grüner bis man mal auf der anderen Seite war und feststellt dass man es doch nicht so schlimm war. Sie nehmen das Beispiel der freien Wirtschaft und es wurde schon angedeutet das andere Ausbildungssysteme (z.B. USA) andere Möglichkeiten haben aber gleichzeitig doch einiges besser in der BW ist.
Summa Summarum würde ich aber dennoch behaupten dass sich was ändern kann. Leute mit Studiumsabschluss sind heute jünger und wenn sie motiviert sind nach ihrem Bsc zur Bw zu kommen dürfte die Motivation auch tendenziell länger gereift haben als in einem 18jährigen. Da könnte man was machen, sowohl hinsichtlich neue Karrierepfade als auch Richtung Werbung.
Gleichzeitig muss bestimmt auch nicht jeder Soldat studieren und zum gebildet Rilke-Leser werden (um es überspitzt auszudrücken), gleichzeitig bildet ein Studium durchaus ‚abstrakte‘ Fähigkeiten heraus (sei es kritisches Denken, generell zu verstehen wie man sich Wissen richtig erarbeitet (Ich konnte das zumindest nach dem Gymnasium noch nicht richtig), oder schlicht den sprichwörtlichen Horizont zu erweitern – neue Dinge für sich als wichtig lernen)..hier allerdings ein Gleichgewicht zu finden dürfte schwierig werden.
Wie Chickenhawk bereits gesagt hat ist es (scheinbar) in Ländern wie den USA wo man noch früher mit dem College fertig als hier Bsc (das erste Jahr College aber wahrscheinlich eher mit Abitur-niveau gleichzusetzen ist) einfach Studium und Offz-Gewinnung zu verbinden. Aber dann kommt halt wieder die oben erwähnte Zaun-Regel zum Zug….
Was ich aber gerne sehen würde (wie ich in meinem vorherigen Post schon geschrieben hatte) wäre:
a) z.B. Msc an zivilen Unis machen zu dürfen und dann auch durchaus teilweise im Außland. Zwischen Bsc und Msc könnte auch ruhig Zeit vergehen. Gerade wenn man z.B. nicht-konsekutive Master macht ist das kein Problem. Weiß nicht wie verbreitet die in Deutschland sind aber im angelsächsischen Raum gibt es durchaus einige. Da kann man dann halt mal einfach International Relations oder Int. Security z.B. studieren…..das wäre ja für einen längeren Verbleib als Offizier gar nicht schlecht.
b) Ruhig auch darüber hinaus Promotionen etc. versuchen einzubinden und da kann man ja es auch wie bei a) halten
Das macht nicht gleich alles schlagartig attraktiv aber wäre schon mal was. Ich glaube mehr noch als irgendwie das Studium in Olivgrün schönzureden sollte man versuchen etwas flexibler zu werden was den Karrierepfad angeht (das gilt explizit nicht nur für Offiziere). Und da wirds dann halt schwierig…
„Der selbstdenkende und kritische Offizier ist doch gar nicht mehr erwünscht, denn er könnte seine Vorgesetzten ja mit der Realität konfrontieren, und die will man nicht sehen.“
Das ist das nächste, wenns dem Arbeitgeber gerade nicht in den Kram passt, dann hat der Staatsbürger in Uniform eben den Mund zu halten. Bestes Beispiel war die Mölders-Angelegenheit, da kam der Maulkorberlass aus einem SPD geführten Verteidigungsministerium. Dabei ist es gerade die SPD, die den Staatsbürger in Uniform bei jeder Gelegenheit hervorhebt, um ja nicht des Militarismus verdächtig zu sein.
Weiteres Beispiel ist der Fähigkeitstransfer…. Sollte noch bekannt sein.
@NX1701
Bei den von claus.witz angesprochenen Beispielen handelt es sich um Leute, die mit ihrem Austritt aus der BW Schadensbegrenzung betreiben wollen. Und genau das hat er doch durch die Blume auch angesprochen. Es wird viel in Kauf genommen, um der BW zu entfliehen. Sie tun hier so, als würde man in der freien Wirtschaft genauso willkürlich und häufig versetzt werden, wie in der BW. Mit Verlaub, aber das ist einfach gelogen. Versetzungen in der freien Wirtschaft kommen vor, in der BW gehören sie zum Beruf unweigerlich dazu.
Die Leute, von denen sie Reden, die glauben sie würden „draußen“ das 3fache bekämen, unterliegen einem einfachen Denkfehler: Bundeswehr Unis haben einen miserablen Ruf. Sie studieren an dieser Uni, kommen dann nach draußen und wundern sich, wenn es nichts wird. Aber wie denn auch, das Kind ist ja schon längst in den Brunnen gefallen, weil das Studium beim Bund ist schon längst absolviert wurde. Dass der Dienst bei der BW, der überhaupt nichts mit den im Studium erworbenen Kenntnissen zu tun hat, nicht mit einem zivilen Praktikum zu tun hat, brauch man wohl nicht zu erwähnen. Dass zt aus diesen Offz draußen nichts wird, ist doch nicht weiter verwunderlich, bei dem Mangel an Qualifikation, den sie gegen über zivilen Studenten besitzen.
Da ist es auch nicht erstaunlich, dass viele zurückwollen. Denn auf einmal wird Leistung gefordert. Von 07:00-16.15 im Büro rumpimmeln, sich den Arsch wundsitzen und dafür A11 zu kassieren ist selbstverständlich einfacher, als sich dem Wettbewerb der freien Wirtschaft zu stellen.
Sie sagen, dass sich viele Offz zu überqualifiziert für den Bund empfinden? Aber das ist doch auch einfach nur wahr. Jeder Soldat, der auch nur ein Mindestmaß an Anspruch an sich selbst hat, merkt innerhalb der ersten Jahre, dass man entweder Karriere beim Bund macht und irgendwann zu den 100 führenden Generälen gehört, oder eben aufhört. Jeder General beim Bund ist zu qualifiziert für diesen Laden. Einfach, weil die Arbeit der Offz intelektuell überhaupt nicht fordernd ist. Ich als GWDLer hätte unsere Kompanie besser geführt, als der Chef auf Lehrgang war und ein Ersatz kam, so eine Flasche war das. Und davon gibts beim Bund einfach zu viele. Leider auch in Positionen von Stabsoffizieren. Wer das realisiert hält sich völlig zurecht für überqualifiziert.
Die BW tut mir in ihrer jetzigen Entwicklung einfach nur Leid. Es gibt eine große Unzufriedenheit innerhalb der Offz und die Politik realisiert es nicht. Die Leute, die die Eier haben und sagen „diesen scheiss tue ich mir nicht länger an“, haben es schwer, weil sie aufgrund eines miserablen Studiums verhunzt wurden.
Aber stattdessen werden Lieber Prämien in Höhe von mehreren 1000€ an saz4 Mannschafter vergeben, damit es ja nicht soweit kommt, dass der Herr FW oder gar der Offz sich den Kaffee selber kocht oder selber zum Kopierer rennen muss. Anstatt Geld in die anständige Ausbildung der Offz zu verweden.
Als ich aus der BW ausschied, wurde grade die Wehrpflicht ausgesetzt. Bei den Leuten, die da noch freiwillig hinkamen, kann einem der Bund nur leid tun. Und der Steuerzahler. Die langfristige Entwicklung der BW läuft auf ein soziales Auffangbecken für Nichtskönner hinaus. Die fähigen Leute, die der Bund noch hat und die das erkennen, nehmen Reisaus.
Schließen möchte meinen Beitrag mit 3 Zitaten. Alles Berufssoldaten. Davon 2 OStFW mit mehr als 34 Dienstjahren und ein Stabsoffizier mit mehr als 20.
„Es wird in der BW so einiges getan. Allerdings immer nur für die Gäste(SAZler), nie was für die Stammkunden(BSler)“
„Wenn es in der Wirtschaft gut läuft, will keiner zum Bund, denn fast alle finden Arbeit. Und diejenigen, die selbst bei guter Wirtschaftslage draußen keine Arbeit finden, die wollen wir hier beim Bund auch nicht. Aber genau die kriegen wir“.
„Die BW ist nicht mehr das, was sie mal war. Leute mit 29 BS und HFw, sowas hat es zu meiner Zeit nicht gegeben. Da musste man noch was für die Beförderung tun. Ein sehr sehr trauriger Verein.“
Für einige ist der Bund sicherlich das non plus ultra, weil sie sonst gar keine Arbeit hätten. Die meisten bleiben dort unter ihren Möglichkeiten. Und diejenigen, die das realisieren gehen und das völlig zurecht.
http://ricks.foreignpolicy.com/posts/2013/04/18/lt_gen_caldwell_what_the_army_needs_now_most_of_all_is_to_develop_leaders
Es greift in Teilen das auf, was Claus.witz geschrieben hat, aber ohne einen Gesuden Mix von STUDIERTEN Offizieren, PRAXISERFAHRENENN FD, SELBSTBEWUSSTEN Portepeetraegern sowie jeder Kombination (Aufstieg, Querstieg USW) wird das alles nicht…. Führung beginnt von vorne, und jungen Offizieren (und Unteroffizieren) es vorzuwerfen „Sie könnten es ja noch nicht“ wirft m.E eher ein Bild auf den Sprecher als auf die „Betroffenen“, Führung beginnt m.E immer an der eigenen Nase und nicht bei den Untergebenen….
Was KDV anbelangt, bin ich persönlich vorsichtig, es ist ein in der Verfassung verbrieftes Grundrecht und mein Eid ist da für mich sehr deutlich, Das Recht und die Feiheit…. Und ich würde es persönlich verwerflich erachten, es in unserer pluralistischem auf freiheitlichen Grundwerten beruhenden Gesellschaft es auch nur einem, der sich und sein Gewissen geprüft, dieses Recht zu verweigern..
Das wird bald alles besser, schließlich lässt die Bundeswehr sich vom Herausgeber der Schriftenreihe „Kitamanagement konkret“ in Sachen Personalgewinnung beraten. Klingt das nach Realsatire. Ist es aber nicht: http://bendler-blog.de/2013/02/19/was-berater-so-raten/
Was ich sagen will: Viele Kommentare hier sind – wissenschaftlich betrachtet – zwar nur anekdotische Evidenz, sie zeigen aber das Muster. Andererseits klingt häufig auch eine Anspruchshaltung ggü. dem Dienstherren durch, wo eigentlich Eigeninitiave helfen könnte. Ich hatte eine wirklich gute Zeit, bin sehr naiv gestartet und habe mich während der Reifung immer mehr zum Beruf hingezogen gefühlt. Studium im Ausland, Kurse an zivilen Unis, coole Lehrgänge (Freifall, yeah!), Auslandseinsatz, TrG-Wechsel, Aufbau EKT. Vieles davon durchgesetzt gegen institutionelle Widerstände oder durch geschicktes Ausnutzen von Lücken. So viel Freiheit war nie, und ich war definitiv nicht der Supersoldat, sondern am Ende des Tages sogar eher faul (Hammerstein, yeah, yeah!).
Also: Wer will, kann, trotz aller Idiotien.
@Arno Nym: wow, ein profunder Kenner der BW, nach seinen 9 Monaten alles super durchdrungen und „draussen“ sicher bereits in führender Position. Hoffe dass Sie bald mal als externer Berater vorbeischauen und dem Laden auf die Sprünge helfen für ein 5 stelliges Honorar.
@Sönke Marahrens:
Danke für den link.
Der letzte Absatz trifft auch unsere Lage.
Aber was machen wir um die individuellen Erfahrungen für die Gesamtorganisation „erlernbar“ zu machen?
Wie gut bilden wir unsere Führer wirklich noch im Sinne der Auftragstaktik aus?
Auf beides habe ich keine positiven Antworten.
Man ist sich bei uns noch nicht einmal des Problems bewusst.
@ Arno Nym
Es ist ja schön zu sehen, dass das Argument des „Zivilversager“, das wahrscheinlich so alt ist wie das stehende Heer selbst, sich weiterhin bester Gesundheit und Beliebtheit erfreut. Und sicherlich gebe ich Ihnen recht, dass es leider genügend Beispiele für Personen gibt, die diesem Vorurteil entsprechen.
Nichtsdestotrotz gibt es trotz aller Unzulänglichkeiten der zentralen Systeme und Entscheidungen der Bw weiterhin eine große Anzahl sehr fähiger und motivierter Soldaten aller Dienstgradgruppen, die ihre Einheiten am Laufen halten. Denn zum Argument des grüneren Rasens auf der anderen Seite vom Zaun, kann ich Ihnen aus persönlichem Erleben sagen, dass auch viele Selbstverständlichkeiten bei der Bw außerhalb derselben plötzlich als unvorstellbare Leistung gesehen werden.
Die Realität der deutschen Wirtschaft sieht nämlich auch so aus, dass dort auch nur mit Wasser gekocht wird – und das teilweise nur lauwarm. Der ständige Leistungsdruck, den sie skizzierten relativiert sich dann plötzlich am Arbeitsrecht und der Arbeitnehmervertretung und der hochgradig qualifizierte zivile Manager der mittleren Führungsebene entpuppt sich als BWL-Experte ohne Kenntnisse in Kommunikation, Führung oder Planung, den ein gut ausgebildeter Truppenoffizier in die Tasche steckt.
Nach eigenem Erleben beider Seiten, komme ich zu dem nicht-repräsentativen Urteil, dass im Vergleich der Bw mit einem erfolgreichen deutschen Konzern beide zwar unterschiedlich arbeiten, sich an Desorganistaion, Leistungsfähigkeit, hervorragenden wie unfähigen Mitarbeitern aber nichts geben. Da muss die Bw sich noch nicht verstecken und ich hoffe das bleibt so.
@ Cyinc2
Danke für diesen Kommentar! Denn genau diesen Punkt sieht niemand, dass eben auch auf der anderen Seite nicht alles Gold ist, was glänzt.
Bspw. das Studium an einer zivilen Uni:
Ich bin derzeit in der Situation und darf feststellen, dass hier mehr der Geist „Komm ich heut nicht, komm ich morgen“ vorherrscht – ebenso baut sich kein wirklicher Leistungsdruck auf – obwohl die Leistungen bei mäßiger Arbeitsleistung mehr als stimmen.
Zum Thema Praktika und Auslandsaufenthalte – bei der UniBw meines Wissens fest eingeplant im Sommertrimester – bei der zivilen Uni meist eine Privatangelegenheit die selbst bezahlt werden muss (Auslandsaufenthalt ist bei meinem Studium Pflicht ebenso ein Praktikum – aber wer bezahlt das?!). Das Problem hat der Lt. im Studium nicht.
Auch stellt sich mir die Frage (egal wie schlecht angeblich manche hier das Studium der UniBw empfinden), wer wohl am Arbeitsmarkt besser aufgestellt ist:
Ein Masterabsolvent mit einem Auslandsaufenthalt und ein paar Praktika – oder dann doch der reife, studierte Offzier mit Führungserfahrung?
@Memoria
Von meinem damaligen Studentenfachbereichsleiter habe ich folgenden Satz gelernt
„Herr Marahrens, ändern können Sie nur Dinge unter sich, nach oben können Sie nur wirken „…..
Das beherzige ich bis heute….
Und daher
„Wie gut bilden wir unsere Führer wirklich noch im Sinne der Auftragstaktik aus?“
Meine LT bekommen bei mir eine 3 (manchmal auch 4.5 stündige hüstel) Einführung in das Themengebiet Führung, ich habe mit den sehr hilfsbereiten Damen in meiner Bibliothek ein Bücherregal mit Literatur für „Professionelles Lesen“ eingerichtet und ich betreibe intern einen Blog über aus meiner Sicht relevante Führungsthemen…. und lade Referenten aus allen möglichen Bereichen (inkl T.W. ) für Abendvorträge ein….
Es geht…..
und wenn man die Offiziere und Unteroffiziere mit den Worten „Zitat eines US Generals -Ich behandele Sie solange wie Erwachsene bis Sie mich vom Gegenteil überzeugen“ begrüßt und danach handelt, dann glauben die einem das auch…
Da können sich einem die Nackenhaare aufstellen. Ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, dass ein paar der hier anwesenden aus der Offizierskaste mit aller Gewalt darstellen wollen/ müssen, wie toll doch der Offizier als solches ist.
Dass aber gerade die „altgedienten“ Feldwebel das Rückrat sind, geht völlig unter. Als ich Mitte der 80er Jahre eintrat, hatte ich noch Offiziere (UND Feldwebel !!!) als Vorgesetzte, die führen konnten. Was heute abläuft in Kreisen der hohen Herren, ist teilweise an Standesdünkel nicht zu überbieten. Um nur ein Beispiel zu nennen: der junge Oberleutnant XY – frisch aus dem Studium zurück – befiehlt einem Stabsunteroffizier, einen Stuhl in den Besprechungsraum zu tragen, weil er noch seinen Kaffee austrinken wolle. Die anderen Offz (KpChefs) haben ihre Stühle selbst getragen. Das nenne ich Pädagogik pur.
Übrigens: Ich denke, dass wir einfach mehr Indiander brauchen und nicht so viele Häuptlinge. Dann können mehr Stühle getragen werden…
@Arno Nym
Zu behaupten das Studium der Bundeswehr Universitäten sei grundsätzlich qualitativ schlechter als das einer zivilen Uni halte ich für ignorant oder unwissend (wenn nicht sogar schon dumm). Ich selbst hatte die Möglichkeit als Geisteswissenschaftler an verschiedenen ausländischen Universitäten ein Auslandssemester zu belegen und diese somit kennenzulernen und Studenten aus ALLER Herren Länder zu vergleichen. Aus dieser Erfahrung kann ich letztlich sagen, dass es dort mich Sicherheit nicht mehr klügere oder viel besser ausgebildete Leute gibt als bei uns, selbst wenn sie von den Elite Unis aus den USA oder Frankreich stammen. Diese mögen den Vorteil haben, dass deren Unis einen besseren Ruf haben, aber grundsätzlich würde ich behaupten gibts es nur wenige Universitäten, die so gute Rahmenbedingungen haben wie die UniBw, da z.B. ein oder mehrere Auslandssemester für den zivilen Durchschnittsstudenten einfach auch schwierig zu finanzieren sind. Was man aus den (Pflicht-)Praktika macht ist letztlich jedem seine Sache, sowie im zivilen auch, aber mit Sicherheit haben die studierenden Offz auch hier keine Nachteile gegenüber zivilen Studenten. Ich habe sogar eher die gegenteilige Erfahrung gemacht. Letzten Ende ist halt jeder seines eigenen Glückes Schmied, auch in der BW, denn man mehr Gestaltungsmöglichkeiten als die meisten denken oder einfach wollen, denn am letzteren scheitert es den meisten!
M.M. nach sollte man jeden Offz aus der BW rauslassen der raus will, aber er sollte halt die kompletten Kosten des Studium zurückerstatten müssen. Denn was der ein oder andere ab und zu vergisst, ist dass man sich anfangs mal dazu entschlossen hat einer ARMEE beizutreten und dafür auch einen Vertrag unterschrieben hat, für welchen man dann jeden Monat 2000 Euro überwiesen bekommt. Das Ganze sollte also Leistungsverhältnis in beide Richtungen sein und nicht nur ein einseitiges Nehmen.
Luftwebel
Da Ist es Ihnen ja als alter gestandener Feldwebel Super gelungen, dem jungen Kameraden was bei zu bringen …. Das wäre meinem Spieß in Freising nicht passiert…..
Was ist denn die Offizierskaste? ;-)
@Claus.witz: Hervorragender Beitrag, dem ich nichts mehr hinzufügen kann!
Die hier angesprochenen Probleme sind fast ausschließlich hausgemacht. Wie Vodoo schon vollkommen richtig geschrieben hat, hat das Studium für Hauptleute und Leutnante, von Spezialverwendungen einmal gesehen, keinerlei praktische Relevanz. Erfahrungsberichte aus dem RÜZ hingegen zeigen sogar, dass das Studium die Führungsfähigkeit der Offiziere beeinträchtigen (Kompromissdenken und Diskussion statt Entscheidungsfreudigkeit etc.). Die Lösung ist jedoch eindeutig: Das Studium wird ans Ende der Verpflichtungszeit verlegt und gleichzeitig für alle Laufbahnen geöffnet. Das Erhöht die Attraktivität letzterer erheblich, führt zu einer Selbstselektion der Bewerber und die Abgänger gehen mit frischem Wissen in die freie Wirtschaft.
Wenn man sich mal das Menschenmaterial an der OSH ansieht, das dort als OAs umherbummelt, wundern die hier beschriebenen Probleme nicht mehr….
@boots
Wenn das richtig wäre was Sie da schreiben, dann , dürfte es (altersmaessig) vor Ihnen keinen Offizier geben, der was kann, und wenn sie die jungen OA als Menschenmaterial bezeichnen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn es so bleibt!
Mein menschenbild ist da anders, es liegt nicht an den anderen, es liegt an uns….daher musste ich oben zur Selbstbeweihraecherung greifen, (@Luftwebel ;-), wussten sie eigentlich, dass es im Englischen das Wort Streber nicht gibt, so dass man dort seine Leistungen aufzählen kann, ohne das man gleich beschimpft wird? Das ist auch klassisch deutsch…. Neben dem mittlerweile üblichen ständigen Kritisieren)
Hab‘ mal wieder nicht die Zeit gehabt alle Kommentare zu lesen. Nur soviel:
@claus.witz
Ihr Name ist Programm und ich mag Ihre zwei polemischen Fallbeispiele. Sie wurden ja auch ein paar Mal dafür beklatscht.
Ich habe aber pro Jahr über 100 Fallbeispiele junger Offiziere, die nach dem Studium bei mir in Ausbildung sind. (EIngebettet in ein schönes ‚Rahmenprogramm‘ von Sönke Marahrens ;-)
Sie haben tatsächlich Recht claus.witz, Ihre beiden Beispiele waren auch dabei. Die anderen 98% werden überwiegend gute (Heeres)Offiziere werden. Das erlaube ich mir nach 25 Dienstjahren einfach mal einzuschätzen.
@Luftwebel
1% (oder auch mal mehr) Vollpfosten gibt es in jeder Dienstgradgruppe, das ist hinlänglich bekannt. Ihr Beispiel ist zwar zum Schmunzeln aber wenig repräsentativ.
Für solchen ‚Blödsinn‘ hat man übrigens an Bord eines Bootes keine Zeit. 12 Mann auf 20qm gemeinsamer (Offz und PUO gemeinsam, ja ja) Messe haben andere Herausforderungen.
@ExKaleu:
Ergo alles gut in der OffzAusb???
Soweit mir bekannt soll das Programm generell nicht so toll sein.
Eine sehr interessante Diskussion die ich hier finde,
ich möchte mich als außenstehender (weil ehemaliger Offizier ohne Studium) mal einschalten:
1: Der Anreiz Studium war bei den OA-Jahrgängen die ich erlebt oder begleitet habe weit vorne .
2: Zwischen den OA ohne oder mit Studium gab es in den ersten drei Jahren (bis zum Beginn des Studiums, ich bin seit 2005 raus) keinen Unterschied, alle waren motiviert und gaben alles (mit den normalen Unterschieden).
3: Nach Rückkehr meiner Jahrgangskameraden oder der von mir ausgebildeten Offizieren mit Studium konnte ich kaum einen Unterschied zwischen vorher und nachher entdecken.
4: Der Unterschied kam, als meine studierten Kameraden länger Dienst taten, also nach etwa einem halben Jahr.
Mir ging es als Offizier ohne Studium in der Zwischenzeit gut, ich habe als Leutnant und Oberleutnant in der Truppe gelernt, und irgendwann kamen meine Jahrgangskameraden, und da wurde es schwierig:
Was hat der, der doch 3 Jahre von der Truppe weg war was ich nicht habe, und warum wird er mir bevorzugt?
Mit anderen Worten:
Warum sollen Offiziere eine Hochschulausbildung haben?
Meines Wissens war die Einführung damals ein Instrument der Personalrekrutierung.
Die Anzahl der Offiziere die wirklich aus ihrem Studium Wissen schöpfen für den täglichen Dienst ist wohl sehr gering.
Werferfehler
OK, dann auch meine Erfahrungen / Eindrücke:
– Offz mit Studium habe ich nur gewählt, weil ich mich ungern unter Wert verkaufe und das Studium als Sicherheit falls kein BS in der Hinterhand haben wollte,
– im Studium entstanden dann prägende Eindrücke zwischen Heer (nach 39 Monaten zum Studium) und dem Rest (nach 15 Monaten zum Studium) = Abgründe hinsichtlich militärischer und persönlicher Reife (natürlich mit Abweichungen hier wie da),
– nach dem Studium fühlte ich mich wie ein Schwamm voller Wissen und Kenntnisse, der dann ohne Rücksicht auf Verluste bis zum letzten Tropfen ausgewrungen wird,
– der kritische Zeitpunkt war ca. Studiumende (= Rückkehr in die Truppe) plus ein Jahr, dann muss die Entscheidung „BS-Antrag oder nicht“ fallen,
– Nutzen des (geisteswissenschaftlichen) Studiums danach? Hmm, empirische Methoden, Selbstorganisation ja, weitere fachliche Kenntnisse? Null.
– Vergleich zu Kameraden ohne Studium (mit ähnlicher Einstellung zum Beruf? Welten dazwischen, du fällst (wenn keine entsprechende Anleitung / Führung vorhanden) gnadenlos auf die Schnauze, und es wird aber schöngeredet/-beurteilt, weil ja der studierte Offizier als BS bevorzugt wird,
– es ist aber – in meinem Fall – bezeichnend, dass von den ehemals 22 OA in der AGA EINER BS geworden ist (weil er wollte), und ausgerechnet der Einzge, der kein Studium hatte,
– auf der SaZ-Zielgeraden habe ich mich dann immer mehr von den studierten Offz, die nach mir gekommen sind, entfremdet: absolute Theoretiker, teilweise beratungsresistent in einer Ausprägung die Angst macht, charakterlich teilweise unter aller Kanone. Und die internen Meldungen, wenn wieder einer dieser „Power Point-Ranger“ wegen Nichteignung seines DP entbunden wird reissen nicht ab. Ist aber auch nix Neues, das gab´s vor 10 – 12 Jahren auch schon.
Ich präferiere den hier bereits angesprochenen Ansatz:
erst Ausbildung und Einsatz, dann Entscheidung BS oder nicht, dann entsprechende Förderung durch entsprechendes Studium. Wer raus will –> BFD, entsprechendes Studium (weil dann aktuell), wer BS amcht entsprechendes Studium gemäß AVR etc.
Es gab vor vier, fünf Jahren mal im DBWV-Propagandablatt einen Artikel, der das Ganze sehr gut auf den Punkt gebracht hat: als Nicht-BS-Williger bist du eigentlich Soldat zweiter Klasse, da du dich so früh wie´s geht um deinen BFD kümmern musst und der Tag bekanntlich nur 24h hat. Als BS-Aspirant musst du stets militärisch Vollgas geben, um dem theoretischen Bild zu entsprechen und den theoretischen Vorgaben von Eignung, Leistung und Befähigung zu entsprechen. Und dann richtest du dich danach aus und wirst vom System verarscht.
Für mich auffällig ist die ungewöhnlich hohe Zahl von studierten Offizieren, die als Praktikanten oder Lückenbüßer ducrh die Truppe geistern, weil kein Dp bzw. kein Fachausbildungsplatz oder -gerät vorhanden ist, Hubschrauber- oder Lfz-Piloten oder Techniker….Systemtechniker, Da kommt Frust auf…..
Andreas Moser hat geschrieben „Messen Sie die Qualität dieser Jahrgänge an Angriffskriegen, Kadavergehorsam, überzogenem Verhängen von Todesstrafen gegenüber Untergebenen und Kriegsverbrechen, oder wie?“
Dummes Argument. AOs aus den Jahren 1920-30 haben i.a. nicht Divisonen 1941 geführt.
Die Mehrzahl der effektiven und effizienten Täter waren aus der WWI Generation, viele auch mit kuk Hintergrund. Frontverwendung (Ost vs. West) hat hier wohl mehr beigtragen als dei nationale Herkunft. Dazu gibts ernsthafte Arbeiten.
Minor issue: Nur dürftige Korrelationen aufstellen ohne Argument, warum das Curriculum von 1920 zu Verbrechen führt, während moderne diese angeblich verhindern, ist wenig stichhaltig.
Kleine Ergänzung für A. Moser:
Vielleicht mit der Dissertation aus Marburg anfangen :
http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2005/0100/pdf/ddr.pdf
und das dann mit Jörg Muths „Command Culture“ kombinieren.
Grüße aus Graz!
„Einen Anspruch auf Offiziersstellen sollen von nun an in Friedenszeiten nur Kenntnisse und Bildung gewähren, in Kriegszeiten ausgezeichnete Tapferkeit und Überblick. Aus der ganzen Nation können daher alle Individuen, die diese Eigenschaft besitzen, auf die höchsten Ehrenstellen im Militär Anspruch machen. Aller bisher stattgehabte Vorzug des Standes hört beim Militär ganz auf und jeder hat gleiche Pflichten und gleiche Rechte.“
Das stammt von 1804 ……
Um es einfach mal logisch fortzusetzen, sind die Feldwebel die Meister des Faches im ehrenwertesten Sinne des deutschen Handwerks und die Offiziere deren Vorgesetzte….
Damit sollte er dann aber auch den entsprechenden Horizont mitbringen…. Damit wird wohl eine Ausbildung an einer Offizierschule allein nicht ausreichen.
Wer glaubt, dass Offiziersein früher ohne Büffeln abging, dem empfehle ich einen Blick an die FueAk ins Lw Gebäude…..( ich hoffe das haengt da noch….. Da mussten Integrale gelöst werden….. Und im Festungswesen und Artillerie Schiesslehre war es noch schlimmer, da musste man nicht nur Karte und GPS beherrschen, sondern das ganze mit einem Rechenschieber von Hand berechnet werden….
Einen Clausewitz kann man nicht nur einfach lesen…. Den muss man studieren…..kurzer Anhalt, der Wendepunkt einer Schlacht heißt Wendepunkt weil Clausewitz ein mathematisches Modell von Leibnitz seinen Überlegungen zu Grunde legte, damit legt der Wendepunkt stets vor oder nach dem Höhepunkt einer Schlacht ;-)
Und man findet auch noch ganz andere Schmankerl deutscher humanistischer Bildung in der Tiefe des Werkes…..
Um ein modernere Beispiele anzuführen wären da noch Douhet oder Boyd zu nennen, auch Rommels Infantrie greift an, lebt davon dass der Autor nicht nur Kriegs bzw Gefechtsgeschichten erzählt, sondern jedem Kapitel seine ERKENNTNISSE und Reflektionen hinten anhaengt…..
Menschenfuehrung im Militär ist kein Selbstzweck…. Und damit kann es auch nicht allein sinnstiftend für eine Laufbahn sein….. im übrigen gibt es auch ausgezeichnete ( und auch weniger ausgezeichnete) ZgFhr in der Portepeelaufbahn…
Und der Einwurf des Klabautermannes sollte man auch nicht missachten….. Wir haben gar nicht mehr genügend ZgFhr Stellen, um jeden jungen Offizier „auszutesten“.
Nun sagt man frueher sei alles besser gewesen…… Die Berichte des Wehrbeauftragten über die Zeiten zeigen da eigentlich was anderes…. Zu allen Zeiten wurde um moderne Menschenführung gerungen und zu allen Zeiten haben Unteroffiziere und Offiziere daneben gegriffen….
Für das Gefecht an sich mag es ohne Studium gehen, aber bereits auf der operativen Ebene wird es dann wohl nichts…
Sönke Marahrens | 20. April 2013 – 13:18
Deshalb schrieb ich ja oben: Für Hauptleute und Leutnante hat das Studium keinerlei praktische Relevanz, dementsprechend bildet das Studium in den Dienstjahren 10-12 für die einen den BFD, für die BS die ZAW auf dem Weg zum Stabsoffizier – dann aber auch mit den entsprechenden Ausrichtung, z.B. Militärgeschichte, Internationale Beziehungen, Völkerrecht etc.
Darüber hinaus sollte das intellektuelle Niveau des OL1/2 (früher OL) an der OSH ohnehin erheblich angehoben werden. Statt der HsLtr und InspChef sollten nicht-taktische Themen von Dozenten (zivil oder militärisch) mit einem entsprechenden fachlichen Hintergrund – d.h. Internationale Beziehungen, Militärgeschichte etc. – unterrichtet werden und die Leistungen durch selbstständiges Arbeiten, d.h. Hausarbeiten, geprüft werden. An der OSLw wird dies meines Wissens bereits so durchgeführt…?
Das ist für OAs, die im alten Modell 2-3 Jahre nach dem Abitur nur in der Truppe befanden, nicht einfach. Aber erstens sind das OAs, von denen damit auch einiges verlangt werden können sollte, und zweitens existieren für die (intellektuelle) Weiterbildung der OAs die Fähnrichsoffziere.
Der OL sollte aus meiner Sicht das sein, was den Lt/OLt vom OFw/HptFw als ZgFhr und in allen weiteren Verwendungen unterscheidet. Dementsprechend sollte der Anspruch sein.