Mehr verweigernde Offiziere, 13 Prozent leere Offiziersdienstposten
Die Zahlen lagen mir gestern nicht vor, heute habe ich sie: Die Zahl der Offiziere, die einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt haben, ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Ebenso – wenn auch etwas weniger deutlich – die Anzahl der Offiziere, die nach Anerkennung aus der Bundeswehr ausgeschieden sind. Allerdings bewegen sich die Zahlen auf relativ niedrigem Niveau, gemessen an der Gesamtgröße der Truppe.
Im Einzelnen – zunächst die von der Bundeswehr (und nicht vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, BAFzA) erfassten Anträge von Offizieren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer:
2008 – 19
2009 – 13
2010 – 27
2011 – 40
2012 – 91
Da laut Bundeswehr beim BAFzA die anerkannten Kriegsdienstverweiger nicht nach Statusgruppen getrennt statistisch erfasst werden, gibt nur eine weitere Bundeswehr-interne Statistik indirekt Aufschluss über die Anerkennungen: nämlich die Zahl der Offiziere, die nach Anerkennung aus den Streitkräften ausgeschieden sind:
2008 – 14
2009 – 13
2010 – 24
2011 – 35
2012 – 62
Auffällig ist bei beiden Statistiken die sprunghafte Zunahme von 2011 auf 2012. Leider ist aus den Zahlen nicht ersichtlich, wie groß der Anteil der Sanitätsoffiziere ist – die ja erst seit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Anfang 2012 die Möglichkeit zur Verweigerung haben. Das könnte den plötzlichen Anstieg erklären; ohne genauere Zahlen ist das allerdings vorerst Spekulation.
Und noch eine Zahl, die gestern für Aufmerksamkeit gesorgt hatte:
Bei einer Stichtagsbetrachtung am 21. März 2013 waren nach Auswertung des Personalwirtschaftssystems der Bundeswehr insgesamt 4.252 (12,6 Prozent) der Offiziersdienstposten, die auch in der künftigen Struktur zu besetzen sind, nicht besetzt und ohne konkrete Nachbesetzungsplanung.
Für weitere 2.127 (6,3 Prozent) Dienstposten sind keine Nachbesetzungen geplant, da diese im Rahmen der organisatorischen Neuausrichtung künftig wegfallen.
Die prozentual hohe, absolut aber geringe Steigerung bei den Verweigererzahlen würde mir als Bundeswehr weit weniger Sorgen machen als ein Fehl von fast 13 Prozent bei den Offiziersdienstposten.
(Die Kommentare zu diesem Thema im gestrigen Thread verschiebe ich sinnvollerweise hierher.)
(Archiv- und Symbolbild: Offizieranwärter der Marineschule Mürwik in der sogenannten „Grünen Ausbildung“ auf dem Truppenübungsplatz Langsee – Bundeswehr/B.Wilke via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz. Und ja, ich habe auch gesehen, dass der rechte Soldat keine deutsche Flecktarn-Uniform trägt…)
Man mag sich seine eigene Meinung dazu bilden, aber tatsächlich ist die Kriegsdienstverweigerung keine absolute Ausnahme, sondern kommt so häufig vor, dass zumindest jeder einen kennt der verweigert hat. Der beliebteste Zeitpunkt ist der i.d.R. erfolgreiche Abschluss des Masterstudiums.
Ohne Zweifel sind studierte Offiziere mit abgeschlossenem Ingenieurstudium überrepräsentiert, jedoch gibt es auch geisteswissenschaftlich ausgebildete KDV’er.. Sämtliche, weitergehenden, Behauptungen über einen Zusammenhang zwischen TSK’s, Truppengattungen usw. und der (auffälligen) Häufigkeit von KDV-Anträgen sind nach meiner Kenntnis bisher nichts als individuelle Vermutungen, weil nicht untersucht oder belegt.
Nochmal im Klartext: Ja, auch ehemals überzeugte Infateristen verweigern.
Der Umgang mit diesen Fällen erfolgt uneinheitlich. Manche Anträge werden zügig bearbeitet, postitiv beschieden und führen zum schnellen Ausscheiden dieser Soldaten. In anderen Fällen zieht sich das Verfahren teilweise über Monate in die Länge weil Anträge zunächst abgelehnt werden und dann durch die Instanzen gehen. In dieser Zeit werden die meisten Verweigerer irgendwo zum Kaffeekochen geparkt.
Wie es mit der Rückzahlung von irgendwelchen Geldern aussieht weiß ich nicht, da ich nicht zu dieser Gruppe gehöre.
Letzter Denkanstoß:
Jeder, der treu dient und sich 3-15 mal pro Woche anhören muss <> ärgert sich nachvollziehbar über Offiziere, die viel Geld vom Dienstherr erhalten haben und sich nach dem Studium davon machen, ohne etwas für die Truppe zu leisten.
Die Wurzel des Problems liegt aber meiner Meinung nach woanders, u.a:
– Zielgruppe und Konzept der Personalgewinnung: Man kann ganz schnell den Eindruck bekommen, die BW sucht vorrangig nach Ingenieruren und cleveren Geisteswissenschaftlern die teilweise aus traditionelllen Gründen lustige Kleider bei der Arbeit tragen und „Spaß“ an Teamleitung haben. Mit dem Offizier als Führer im Gefecht wird nicht groß geworben. Man könnte auf die Idee kommen, dass sich die BW auf diese Weise potenzielle Verweigerer schon an der OPZ ins Boot holt.
-Großkonzerne sollen heute auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen: Das heißt für mich auch, nicht (wie geschehen) den Industrie-Masteranden der beiden BW-Unis unmoralische Gehaltsangebote zu machen, getreu dem Motto: Fachlich gut und soft-skills auch vom Feinsten, was kostet uns der Mann/die Frau ?Großkonzerne sollten von ihren eigenen Traineeprogrammen leben können und nicht dem Staat den besonders aufwändig ausgebildeten Nachwuchs wegfischen.
[Ups, das scheint im falschen Thread gelandet – mit Zippos hat das nun nix zu tun. Ich verschiebe es mal in den richtigen. T.W.]
Die Zahlen bzgl. KDV Anträge von SanOffz wurden letzte Woche schon veröffentlicht. Ich glaube in einem Interview. Vom Handy kann ich es jetzt aber grad nicht finden.
Zur Frage der KDV Anträge wären weitere Statistiken wirklich interessant. (Anzahl Frauen, Verteilung auf Studiengänge bzw. Truppengattungen, sortiert nach Dienstjahren,…)
KDV – Zahlen incl.San Dienst
http://www.bundeswehr-monitoring.de/fileadmin/user_upload/media/BT1708958-Auszug.pdf
Bezüglich der KDV Anträge fände ich eine Analyse der Daten weit spannender, wie viel der Soldaten, die Anträge auf KDV eingereicht haben, zuvor andere Möglichkeiten ausprobiert haben – hier bspw. Dienstzeitverkürzung gemäß §40 SG oder §10 SKPersStruktAnpG
Aus Erfahrungen im eigenen Umfeld kenne ich endlose Fälle der letzten 60 Monate, bei denen junge Offiziere mit bestandenem Studium definitiv die Bundeswehr verlassen möchten. Gründe hierfür sind nicht im psychologischem Bereich zu finden. Wenn aber alle Anträge auf Verkürzung schlicht abgelehnt werden, gehen viele diesen Weg, weil er funktioniert.
Da die Verkürzung bei der PersBearb Stelle eingereicht wird, bescheidet der PersFührer des BaP in aller Regel negativ, da er selbst seinen Bedarf decken muss – auch hier beispielhaft für die NschTr – wir sind schon längst nicht mehr in der Lage den eigenen Bedarf zu decken.
Im Übrigen kann man hier auch keinen Unterschied erkennen zwischen den Offizieren der neu reformierten OffzAusbildung (also alles ab OffzAnwJg 76.) und der davor gültigen Ausbildung.
Bleibt letztendlich die Frage – wollen wir als Bundeswehr es uns überhaupt leisten, Soldaten, die lieber „draußen“ arbeiten wollen, zwangsweise zu behalten, um künstlich den Bedarf zu decken. Arbeitszufriedenheit schafft dies nicht und von moderner Personalgewinnung ist auch hier keine Spur.
@ Indianer
Allein die von Ihnen geschilderte Beobachtung, dass KDV-Anträge keine Seltenheit mehr bei Offizieren sind, sollte einem schon zu denken geben.
Mehrere Möglichkeiten kommen mir da unmittelbar in den Sinn:
1. Dem Offizier wird erst nach Jahren im Dienst klar, was der Dienst überhaupt bedeutet und entwickelt ein Gewissensproblem.
2. Dem Offizier wird erst nach dem Studium klar, was Truppenalltag wirklich bedeutet und er nutzt den KDV-Antrag als Alternative zur Kündigung.
3. Der Offizier hatte von vornherein nicht die Absicht seine volle Dienstzeit abzuleisten, sondern nach dem Studium auszuscheiden.
Diese drei Gründe sollen mitnichten vollständig sein oder eine Wertung über die betroffenen Individuen abgeben, allein überraschend wären sie nicht.
Bereits seit Jahren raten Offiziere aus der Truppe und der OPZ zu einer anderen Gewichtung bei der Nachwuchswerbung, die das Führen und Kämpfen mehr in den Vordergrund stellt und nicht wie ein ziviles Traineeprogramm erscheint. Aus politischen Gründen schien dies aber nicht opportun zu sein.
Bei der Umstellung der Offizierausbildung des Heeres wurden klar Bedenken erhoben, dass den Offizieranwärtern mit der Egalisierung in den OA-Bataillonen die Sozialisierung im militärischen Umfeld und die Identifikation mit der Truppengattung und dem Beruf vermindert würde, was sich an den Universitäten nur noch verschlimmern wprde. Von der Abnahme der Qualität der Ausbildung durch die Egalisierung und die Aufteilung des Offizierlehrgangs ganz zu schweigen. Aber aus Gründen der Rationalisierung mussten diese Maßnahmen hingenommen werden.
Ebenso meldet die OPZ seit Jahren, dass es keinen Sinn hat, OA einzustellen, die an der OPZ kein positives Ergebnis erzielten, aber das PersA muss ja seine Quoten erfüllen.
Menschen bilden Systeme, aber Systeme bilden Menschen aus und das Rekrutierungs- und Ausbildungssystem, welches in den letzten Jahren modifiziert wurde, hat zwangsläufig und mit ankündigung zu diesen Resultaten geführt.
Sollte die inzwischen erhöhte Rate von KDV-Anträgen von angeblich speziell ausgewählten, motivierten, von ihrem Auftrag überzeugten und gut ausgebildeten militärischen Führern also noch irgendjemanden in der militärischen oder politischen Führung überraschen: We told you so!
P.S.: Und führt man sich nun vor Augen, dass die Feldwebelrekrutierung und -ausbildung in Gliederung und Qualität ähnlich geartet sind und diese Feldwebel von solchen jungen Offizieren geführt werden sollen, möchte ich nicht wissen, wieviele auch dort KDV-Anträge stellten, hätten sie eine gute Absprungperspektive.
@Cynic2
Sie mögen sicher Recht haben. Aber ein Großteil der KDV Anträge ist im Bereich der Offiziere durch die des alten Ausbildungsganges gestellt worden.
Soll heißen – Umstellung der OffzAusbildung fand mit dem 76. OffzAnwJg statt. Dieser beendete das Studium (falls Master) im Herbst 2011 und begab sich dann in die Fachausbildung, so dass diese mit Beginn 2013 erstmals auf Dienstposten verwendet worden sind.
Nun sind aber in den letzten 2 Jahren zahlreiche Anträge durch Offiziere des 75./ 74./ 73. OffzAnwJg gestellt worden sind. Diese hatten drei Jahre Bw Sozialisierung vor dem Studium.
Und auch hier kann ich nur nochmals sagen – ich sehe kein Gewissensproblem bei den jungen Offizieren. Es ist nur der einzige Weg, der funktioniert – und Dienstzeitverkürzung eben leider nicht.
@ Soldat
„wollen wir als Bundeswehr es uns überhaupt leisten, Soldaten, die lieber “draußen” arbeiten wollen, zwangsweise zu behalten, um künstlich den Bedarf zu decken.“
Für mich ist das viel bedrohlichere Szenario hier, dass so wie heute nur ein außerordentlich leistungsfähiger A15 freiwillig die Bw verlassen würde, weil er weiß, dass er auch draußen eine Perspektive hat, auch nur gut qualifizierte A10 die Bundeswehr verlassen würden.
Gerade die weniger leistungsfähigen Offiziere werden aber immer bleiben.
Ich stimme Ihnen also dahingehend zu, dass niemand gehalten werden sollte, der nicht bleiben will. Um Quoten zu erfüllen, sollte aber auch niemand behalten werden, der nicht brauchbar ist – auch wenn dadurch Lücken entstehen.
@ Soldat
Das KDV-Anträge hier in vielen Fällen als letzter Ausweg genutzt werden, sehe ich genauso wie sie. Ich wollte auch nicht die ganze Entwicklung dem Rekrutierungs- und Ausbildungssystem anlasten, aber durch gute Personalrekrutierung und Ausbildung könnte der Entwicklung entgegengewirkt werden, anstatt sie auch noch zu katalysieren.
Wenn insbesondere bei den jungen Offizieren eine so geringe Motivation vorhanden ist, sollte sich die Führung einmal fragen, was so negativ auf ihre militärischen Führer wirkt und ob man dann vielleicht die Innere Führung mal wieder als tatsächliches Instrument der Truppenführung und -motivation einsetzen sollte.
… KDV: ein Fall für das Sozialwissenschaftliche Institut der Bw (oder wie das heute auch immer bezeichnet wird). Der Brain-Train der Bw ist auch nicht gerade neu. Schon 1989ff. haben viele von den Guten/Besten aller Dienstgradgruppen die Firma (West) verlassen.
Wer heute „zum Bund“ geht, der sollte sich spätestens seit Erhac (1991) seine Gedanken machen – nicht nur bunte Werbevideos angucken oder den Sprüchen der „Kopfgeldjäger“ glauben .
Und Aktionen wie TIGER und ähnliches Gerät nach Afghanistan stärken m.E. ebensowenig den Glauben „an die Sache“, wie Radarfallen in irgendwelchen Camps fern der Heimat. Wenn Männer/Frauen daraus Schlüsse ziehen – ja warum denn nicht?
Je mehr mit den KDV Anträgen durchkommen, desto mehr ziehen nach. Mal ehrlich, wer bindet sich heutzutage 12 Jahre an einen Arbeitgeber, den man nicht kennt? Und so wird dann halt gekündigt, egal wie man das eben macht.
@cynic 2
Die Entwicklung wird ja durch Beides verstärkt: Zuerst sucht man systematisch die falschen Leute aus und dann unterlässt man es, dies in der Ausbildung gerade zu rücken. Das Problem insbesondere bei Offizieren ist aus meiner Sicht aus „ansteckend“. Ich behaupte mal aus subjektiver Sicht und provozierend, die „Cleveren“ gehen diesen Weg. Wenn man dann z.B. sieht, dass einen Tag nach der Zeugnisverleihung der Antrag eingereicht wird und sich hinterher an der gleichen Uni noch kühn auf eine Promotionsstelle beworben wird, machen sich die Umstehenden so ihre Gedanken. Das wird ja auch diskutiert und einige Leute feiern sich, wie schlau sie sind und dann ist es in der peer group früher oder später auch sozial akzeptiert. Meine Prognose ist, dass die Zahlen noch deutlich nach oben gehen.
Das Verweigerungsrecht ist ein hohes Gut und muss geschützt werden aber eine Armee, die bestimmte Werte gerade bei Offizieren nicht durchsetzt, kriegt auf lange Sicht vielleicht ein Problem.
@ Hannes
Check!
Einem Offizier, der den Kriegsdienst verweigert, sollte man alle zivil verwertbaren Abschlüsse aberkennen und zur Zürückzahlung der Ausbildungskosten verpflichten. Zusätzlich sollte er dafür bestraft werden, dass er einem anderen Bewerber den Ausbildungsplatz weggenommen hat und die Sicherheit Deutschlands in Gefahr gebracht hat. Mögliche erhöhte Rentenansprüche sollten auf das Maß einer Mindestrente heruntergesetzt werden. Ein ziviler Student muß sein BAföG auch zurückzahlen. Wer sich für den Beruf eines Soldaten entscheidet muß davon ausgehen, dass er auch im Krieg eingesetzt wird.
Das ist wie ein Fleischergeselle, der plötzlich feststellt, dass er kein Blut sehen kann.
KDV – Spitze des Eisbergs!
Interessant ist doch erst die Frage wie viele Kameraden in den letzten Jahren gekündigt, verkürzt oder das SKPersStruktAnpG in Anspruch genommen haben. Alter und Dienstgrad sind dabei interessant, aber Ausbildung und erworbene ATN’s sind wirklich interessant.
Alleine bei denen die ich tatsächlich kenne, sind drei OTL dabei, davon einer i.G. Alle mit teurer Ausbildung.
Vielleicht kann ja ein mitlesender MdB weiterhelfen!
Ich wußte nicht, dass man in einer Freiwilligenarmee noch den Kriegsdienst (was ist das eigentlich, wo die BW doch keinen offiziellen Krieg führt?) verweigern darf. Oder betrifft das nur diejenigen, die noch zu Wehrpflichtzeiten eingetreten sind? Gibt es einen Stichtag, ab dem die KDV nicht mehr möglich ist? Im normalen Leben gibt es in Arbeitsverträgen Klauseln, nach denen ein Arbeitnehmer verpflichtet wird, Fortbildungskosten (oder besser Teile davon), die die Fa. bezahlt hat, zu erstatten, falls man innerhalb einer bestimmten Frist selbst kündigt.
Bevor hier wieder (unwissenderweise) ins Blaue hineininterpretiert wird:
1. Der Dienst in der Bundeswehr IST ein KRIEGSdienst-denn man verpflichtet sich, der BRD treu zu dienen und das Recht und die Freiheit (jedes Einzelnen) tapfer zu verteidigen (unter Einsatz seiner Gesundheit und/oder seines Lebens). Sogar die Sanitäter leisten „Dienst mit der Waffe“….
2. KDV bedeutet die „Verweigerung des Kriegsdienstes an/mit der Waffe“ (aus Gewissensgründen).
Ich habe gerüchteweise gehört, das es Menschen geben soll, die erst spät im Leben zum Glauben gefunden haben, andere können ihre Meinung durch Schicksalsschläge oder ähnlichen Erlebnissen ändern-jedem, der einem Soldaten das Recht zu verweigern verwehren will, den würde ich zwingen, sich mit 18 für einen Beruf zu entscheiden und diesen bis zur Rente auszuüben-ohne je den Arbeitgeber wechseln zu können….denn das wäre das Gleiche…Menschen ändern sich…
3. Ausbildungskosten sind-u.U.-zurückzuzahlen…und die Bundeswehr rechnet da nicht „billig“ ab, sondern lässt sich auch Unterkunft usw. „zurückerstatten“….
Ich stimme jedoch überein, das die Verweigerung des Kriegsdienstes KEIN Mittel sein darf, um „mal eben zu kündigen“.
MMn verstößt ein Soldat, welcher das Mittel der KDV missbraucht, massiv gegen seine Soldatenpflichten…..und ich wäre ein Befürworter eines „Eintrages“ in das Führungszeugnis, wenn jemand als KDV anerkannt wird-und damit automatisch für bestimmte Berufszweige „gesperrt“ wäre…
Mir kann niemand erzählen, das er den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigert, dann aber Mitglied eines Sondereinsatzkommandos werden will…
Auch der Blick der die Kündigungen einschliesst ist arg verkürzt. Es ist in einigen TSK und TG schon lange so dass vor allem die leistungsfähigen SaZ, besonders die mit „wertigen“ Studienabschluss bzw. -abschlüssen (Zweit-Master über BFD, Promotion), erst gar nicht ernsthaft einen BS-Antrag stellen. Ich selbst z.B. habe damals zwar einen gestellt, aber zu einem Zeitpunkt als ich wusste dass er nicht durchkommt. Ich wollte aber von „P“ einen weiteren „förderlichen“ Dienstposten und war noch nicht vollends entschlossen. Als dann die Phase lief in der sicher war das jeder Antrag im Jahrgang von Offizieren mit Studienabschluss und ohne „other issues“ angenommen wird habe ich mich zurückgehalten denn mittlerweile hatte ich mich gegen das „Drinbleiben“ entschieden. Trotzdem wirkt meine frühe Bewerbung in der Statistik als Argument für den Wettbewerb und die Auslese bei der BS-Auswahl.
Wenn bei der BS Auswahl der Offiziere eine ehrliche Statistik aufgemacht würde welche nur die „ehrlichen, ernstgemeinten“ Anträge geeigneter SaZ mit Leistungen im gewünschten Bereich (abgeschlossenes Studium und/oder Hochwertausbildung, mindestens durchschnittliche Beurteilungen) zählt käme man meinem Eindruck nach auf eine Bewerberquote von unter 80% der verfügbaren BS-Stellen in den Geburtsjahrgängen.So bekommen auch Studienabbrecher und Kameraden die schon mit 31 ihre Bord- und Auslandsverwendungsfähigkeit verloren haben eine Chance auf BS, zum Teil Jahre nachdem der Jahrgang eigentlich geschlossen sein sollte. Wenn man dann noch den Fokus auf die „Wertigkeit“ (Nachfrage auf dem zivilen Arbeitsmarkt) der Studienabschlüsse der „Gewünschten“ legt wird der Schrecken größer. Aber die Statistiken werden ja schon mit Erhebung so ausgelegt und dann ausgewertet dass die Köpfe im Sand bleiben.
Dies bitte nicht als generelle Geringschätzung der Kameraden die „drin“ geblieben sind verstehen. Ich weiss aus erster Hand dass da sehr gute und auch nach zivilen Maßstäben hochqualifizierte Kameraden als BS Dienst tun. Auch solche die sich ihres Werts bewusst sind, vom „System P“ nicht „gehätschelt“ werden und trotzdem mit Überzeugung und nicht mangels Alternativen weitermachen. Nur gilt das eben nicht für alle, vielleich nicht einmal für die Mehrheit in den Geburtsjahrgängen der BS.
@ huey
Man verpflichtet sich doch nicht für das ganze Leben, sondern für einen Mindestzeitraum, oder? Ich denke, es sollte ein normales Kündigungsrecht geben, mit einer relativ langen Frist. Was ist eine Verpflichtung wert, wenn man so einfach raus kommt?
Um die Thematik der ausscheidenden Masteranden mal aufzugreifen.
Wenn ein Absolvent unter den besten 5% seines Jahrgangs zählt und sich für die Promovierung an der Uni bewirbt an der er auch studiert hat, diesen Platz von der Uniseite zugesprochen bekommt, das Ganze aber an der Bw scheitert, weil er ja nur Master machen und anschließend die Truppe führen soll, dann kann man schon anfangen zu überlegen wie man doch promovieren könnte.
Es macht nämlich null Sinn erstmal paar Jahre in die Truppe zu gehen und dann nach seinem Ausscheiden aus der Bw zu promovieren. Bis dahin ist man längst aus der Thematik wieder raus und müsste von vorn beginnen. Dabei wäre es durchaus möglich diesem die dafür nötige Zeit hinten dranzuhängen an seine Dienstzeit.
Anderes Beispiel: Frischer Absolvent in BWL, bester seines Jahrgangs bewirbt sich auf den Posten für Beschaffung und Verteilung von Material (keine Ahnung wie der Dienstposten wirklich heisst). Er ist quasi prädestiniert dafür. Durch sein gutes Abschneiden an der Uni werden ihm allerdings auch gute Führungsqualitäten bescheinigt in seiner Beurteilung, obwohl das eher wenig miteinander zu tun hat. So bekommt er einen ganz anderen Posten den dieser natürlich nur ungern ausübt und vll auch gar nicht gut ausüben kann, weil ihm die Fähigkeiten dafür fehlen.
Wer sich jetzt fragt wer stattdessen den Beschaffung und Verteilungsdienstposten bekommt: darauf wird einer geparkt der in absehbarer Zeit ausscheidet und nur noch den normalen Bürostuhl beheizt.
Da wunderts mich nicht, dass nie was vom Versorger zu bekommen ist, mal plump ausgedrückt.
-Invisible
@ autostaedterin
Das Recht auf KDV ist eine durchaus notwendige Sonderregelung für Härtefälle, wenn sie so wollen. Es stellt eine Ausnahme dar, um einen gangbaren Ausweg aus dem ansonsten sehr rigide formulierten Soldatengesetz und der Dienstverpflichtung zu bieten. Das beunruhigende an der aktuellen Entwicklung ist ja gerade die Beobachtung, dass die Ausnahmeregelung plötzlich unter militärischen Vorgesetzten so häufig Anwendung findet, dass sie zu einem akzeptierten Normalfall zu werden droht.
In der Reaktion darauf auch dem Zeitsoldaten eine reguläre Kündigung zu erlauben, wäre meiner Ansicht nach nicht sinnvoll, weil dies die Planbarkeit der Streitkräfte und die Zuverlässigkeit des Personalkörpers deutlich einschränkte. Im derzeit unrealisitischen Extremfall wäre vorstellbar, dass nach Erhalt von unliebsamen oder gefährlichen Aufträgen, große Zahlen an Soldaten einfach kündigten, weil sie sich ja nur für Friedensdienst im Standort gemeldet hätten („Du willst Zukunft“). Bei ausreichender Zahl an bestimmten Verwendungen gefährdete dies die Einsatzbereitschaft einzelner Fähigkeiten der Streitkräfte, die aufgrund langer Ausbildungszeiten spezieller militärischer Ausbildung nicht so schnell und einfach zu ersetzen wären, wie in der Wirtschaft.
Während man dem BS zubilligt, dass er die Entscheidung der Kündigung überlegt und nicht unverantwortlich träfe, wird der Zeitsoldat zum Dienst verpflichtet und per Soldatengesetz dazu verpflichtet zuverlässig und für den Dienstherren planbar seine Pflicht zu tun.
Die notwendige Reaktion, um der derzeitigen Entwicklung entegegenzuwirken wäre meiner Ansicht nach, die finanziellen und praktischen Hürden bei einer KDV-Entlassung so hoch zu setzen, dass es wirtschaftlich für den Einzelnen nicht rentabel wäre, dies zu tun und es wirklich ernsthafter Gewissensprobleme bedürfte, sich dafür zu entscheiden. Andererseits dürfte es für denjenigen, der tatsächlich ein solcher Härtefall ist, nicht existenzvernichtend sein.
@ Invisible
Die „hervorragende“ Personalplanung des PersA ist hier mit Sicherheit ein Faktor. Ob die Verweigerung eines Dienstpostens, für den der Einzelne prädestiniert und motiviert wäre, denn gleich die Menschenwürde verletzt oder zu Gewissenskonflikten führt, lasse ich mal dahingestellt. Im Einzelfall mag man sich da sogar gemobbt fühlen.
Meine Theorie ist, dass die unterschiedlichen Personalführer jeweils ihre Quoten und Ziele erfüllen und dabei die fachliche Qualifikation des Einzelnen meist außen vor bleibt. Das Studium des Offiziers wird durch das PersA wohl auch maßgeblich ob der Note eingerechnet und eher als Rekrutierungsargument gesehen, anstatt es dann tatsächlich für den Werdegangsaufbau zu nutzen.
@cynic2
Ihre Argumentation ist sehr gut nachvollziehbar, passt aber genauso gut zu einem Unternehmen (z.B. Personalplanbarkeit, längere Ausbildungs-/Einarbeitungszeiten). Ich arbeite in der Automobilzuliefererindustrie, wo die Projekte (z.B. Passat B8) auch über mehrere Jahre laufen und gut ausgebildetes Personal, das möglichst die gesamte Laufzeit an Bord ist, sehr wünschenswert wäre. Trotzdem käme da niemand auf die Idee, eine Kündigung unmöglich zu machen (natürlich teilweise mit relativ langen Fristen). Wo bleibt sonst das Recht auf freie Berufswahl?
@cynic 2
„Die notwendige Reaktion, um der derzeitigen Entwicklung entegegenzuwirken wäre meiner Ansicht nach, die finanziellen und praktischen Hürden bei einer KDV-Entlassung so hoch zu setzen, dass es wirtschaftlich für den Einzelnen nicht rentabel wäre, dies zu tun und es wirklich ernsthafter Gewissensprobleme bedürfte, sich dafür zu entscheiden. Andererseits dürfte es für denjenigen, der tatsächlich ein solcher Härtefall ist, nicht existenzvernichtend sein.“
Das sehe ich exakt genauso. Die richtige Höhe zu treffen ist wohl die Schwierigkeit.
Das Ganze könnte man sich jedoch ersparen, wenn man ein Kündigungsrecht einführen würde und da gebe ich autostaedterin recht. Das Thema sehe ich mittlerweile anders und bin für die Einführung. Verpflichtungen sind einfach nicht mehr zeitgemäß und haben entscheidende Nachteile: Erstens führen sie zum „Verfall der Sitten“ um sie zu umgehen und zweitens verhindern sie Strukturreformen. Das Bsp. Unternehmen macht dies deutlich: Laufen denen die Leute weg, müssen sie sich Gedanken machen und im Zweifel heilige Kühe schlachten.
Die Behauptung, man könne in Unternehmen Personal einfacher ersetzten als beim Bund sehe ich auch nicht recht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sowas sehr lange dauern kann und mit erheblichen Suchkosten verbunden ist. Umso eher kümmert man sich um die Leute, weil man eben nicht will, dass sie wieder gehen. Der Bund hat das nicht nötig. Sie müssen ja bleiben. Jedenfalls physisch…
Für mich als Wissenschaftler im Forschungsbetriebstellt sich die grundsätzliche Frage, ob ein frühes Studium für die Masse der Offiziere überhaupt sinnvoll ist. Wissen im naturwissschaftlich technischen Bereich ist deutlich mehr Wert, wenn es frisch ist.
Die Qualität der deutschen Offiziersausbildung zwischen 1929 und 1932 war sehr hoch, warum nicht dieses Templat verwenden und modifizieren?
Warum nicht ein Studium in den Jahren 10-12, damit erhalten Kandidaten, die „nur“ zwölf Jahre dienen wollen, ein aktuelle Studium -muss nicht einmal auf einer BW-Einrichtung sein.
Nebeneffekt eines späten Studiums wäre natürlich, dass OAs problemlos ihre ersten Jahre in normalen Einheiten verbringen und ausreichend mit der Realität konfrontiert werden.
@ autostaedterin, Hannes
Meiner Ansicht nach ist der Unterschied zwischen dem Personalersatz bei den Streitkräften und der Wirtschaft der, dass die Wirtschaft üblicherweise aus einem Arbeitsmarkt mit ausgebildetem Personal schöpfen kann, sei es, dass diese zur Verfügung stehen oder abgeworben werden. Die Streitkräfte können dies nur eingeschränkt. Ich gestehe Ihnen sicher zu, dass es Positionen in der Wirtschaft gibt, die schwer zu besetzen sind und Positionen in den Streitkräften, die einfach mit Personal von außen zu besetzen wären (SanDst, Logistik, IT), weil die Qualifikationen zu den zivilen sehr ähnelich oder sogar identisch sind.
Wenn aber der A oder B-wertige KpChef oder EinsOffz, der eigentlich Chef werden sollte, seinen Hut nimmt, wo bekommen sie den Ersatz her, der die fachliche und charakterliche Qualifikation, jahrelange Erfahrung in dieser einen Organisation und das notwendige Leistungsbild hat? Die Zeitarbeitsfirma hilft ihnen da nicht weiter, dieses Personal muss selbst generiert werden.
Ich gebe Ihnen Recht, dass der Dienstherr seiner Fürsorgepflicht mehr nachkommen sollte, dies aber weniger in Form der Angleichung an zivile Arbeitsverhältnisse tun sollte. Wenn die normalen Dienstbedingungen a la Bürokratie, Verfügbarkeit von Kräften, Mitteln und Ressourcen in Relation zum Auftrag verbessert würden, ginge dies meiner Ansicht nach deutlich weiter zur Erhöhung der Zufridenheit, als z.B. die Anhebung von Dienstgraden als Ersatz für eine Solderhöhung.
Das Recht auf freie Berufswahl haben diese Soldaten ja wahrgenommen, als sie sich freiwillig gemeldet haben und dann wurde es mit den anderen Grundrechten wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, etc. aus dienstlichen Gründen eingeschränkt.
@ ulenspiegel
Aus Sicht der militärischen Sozialisierung des OA und der Verhinderung seines frühzeitigen Ausscheidens stimme ich Ihnen bei diesem Model zu. Ebenso wäre die Anhebung der Anzahl von Stellen für Offiziere ohne Studium meiner Ansicht nach wünschenswert, da in der Tat nicht jeder Offizier studiert haben muss.
Andererseits hieße ein Studium in den letzten Dienstjahren, dass der Offizier dann 10 Jahre aus der Schule ist und, überspitzt gesagt „0300 Infanterie“ gemacht hat, was sich insbesondere auf seine Fähigkeiten zu einem technischen Studium negativ auswirken könnte. Viel gravierender finde ich allerdings das die Streitkräfte damit den Anspruch, dass das Studium integraler Teil der OffzAusb ist, aufgäben oder zumindest zurückstellten und für die Mehrheit der A-wertigen Offiziere das Studium nur mehr Rekrutierungsanreiz und BfD-Maßnahme wäre, aber für die Truppe gar nicht mehr nutzbar wäre. Die Problematik würde für SanOffz Arzt und Dipl. Ing. nicht gelöst, denn die bilden die Streitkräfte ja zumindest teilweise aus, um sie im Dienst einzusetzen.
Sicher werden viele Offiziere ihre Studieninhalte nicht jeden Tag in der Truppe einsetzen, aus persönlicher Erfahrung weiß ich aber, dass sie einem auch im Truppenalltag regelmäßig wieder zugute kommen.
Ihr Vorschlag ist natürlich denkbar, je nachdem welche Prioritäten der Dienstherr setzt. Aber üblicherweise weiß er meist nicht, was er genau will, braucht lange, sich das zu überlegen und kommt dann zu einem Kompromiss der nach einigen Jahren wieder komplett geändert wird. :-)
@ ulenspiegel @ Cynic2
Ein weiteres Argument gegen das Verschieben eines Studiums an das Ende der Verpflichtungszeit wurde noch nicht angeführt:
Es soll auch der Charakterbildung dienen. Der Offizier/OA soll lernen und in die Lage versetzt werden, kritisch und reflektiert Probleme zu betrachten und Lösungen zu erarbeiten, und zwar auf einem soliden intellektuellen Fundament. Inwieweit dies in allen Studiengängen gelingt/vermittelt wird, ist ein anderes Thema.
@ jungchen
Da sehe ich quasi den Inspekteur OA-Ausbildung, wie er sagt:
„Haste Recht, jungchen!“ :-)
Danke für die Ergänzung.
Ich persönlich kenne nur einen Fall wo (wegen der schon aufgeführten Promotion) ein Soldat KDV eingereicht hat.
MMn ist es ganz einfach: Der Soldat unterschreibt einen Arbeitsvertrag über X Jahre (wie bei einem zivilen Unternehmen auch). Das „Sonderkündigungsrecht“ KDV sollte nur bei psychischen Problemen greifen, die von einem Experten festgestellt werden müssen (und danach für den Arbeitnehmer die Konsequenz hat das er dem zivilen Arbeitsmarkt nur eingeschränkt zur Verfügung steht). Es gibt schließlich ein halbes Jahr „Probezeit“ bei der Verpflichtung, wer da krank war ist selber schuld.
ALLE anderen HABEN UNTERSCHRIEBEN und müssen ihre Verpflichtungszeit, egal wie das Ergebnis des Studiums lautet, ableisten. Ich kenne ein weiteres Beispiel wo auch dass prima funktioniert und der Soldat eben danach promoviert hat (erfordert natürlich einiges an Eigeninitiative).
Zum Fehl an Offizieren:
Zumindest im Heer ist das Gegenteil der Fall: man hat viel zu viele und passt die Strukturen an (ZgFhr II, KEO, etc).
Der Kdr eines InfBtl erzählte mir vor einigen Wochen, er habe sogar einen Offz zu viel.
@T.W.
Der Bundeswehr sollte sich vorallem Sorgen um den Fehl an Mannschaften machen. Selbst die bleiben wollen, will man – trotz Einsatzerfahrung nicht.
Aber das ignoriert der GI ja stur.
Siehe sein Besuch bei der PzLehrBrig 9 vor wenigen Tagen.
Ich selbst werde die BW im Sommer verlassen und konnte mich nicht mit der Personalführung auf eine Weiterbeschäftigung einigen. Und dies nur weil man es nicht schaffte auf meine Bedürfnisse einzugehen, sondern mir einen Werdegang nach Schema F anbot.
Ich bin gern und bewusst Soldat … nun gut, in der freien Wirtschaft wird man auch gern genommen.
@ Memoria
Grundsätzlich haben sie natürlich Recht mit dem Hinweis auf die Problematik bei den Mannschaften. Andererseits sehe ich das Problem bei den Offizieren als gravierender an, da die Besetzung und Qualität der militärischen Führer vorrangig zur Truppe zu betrachten ist und auch schwieriger und langwieriger zu korrigieren ist, als bei den Mannschaften.
Sprich, wenn heute die Rekrutierung und Ausbildung der Mannschaften umgestellt wird, haben sie in circa einem bis anderthalb Jahren die neu rekrutierten Mannschaften ausgebildet und einsatzbereit. Dasselbe dauerte bei den Offizieren ein paar Jahre länger.
Und eine demotivierte oder qualitativ schlechte Führung verleidet denn auch dem letzten Mannschaftssoldaten das Verbleiben im Dienst, aber das kennen sie sicher auch. :-)
Ich habe jetzt nicht bis ganz nach unten alle Kommentare gelesen, deswegen Entschuldigung falls jemand sich in diese Richtung schon geäußert hat.
Ich könnte mir vorstellen dass man vielleicht zwischen Bachelor und Master ein bisschen Zeit lässt. Bachelor als Teil der Ausbildung, dann zur Truppe und später dann einen Master obendrauf. Oder man lässt Bsc Msc wie sie sind und eröffnet Promotionsmöglichkeiten gegen Ende. Das kann natürlich bei einigen (gerade technischen) Fächern Probleme bereiten da man dann schon länger aus dem Studium raus ist bevor man was oben drauf sattelt, aber dennoch wäre es eine Möglichkeit Leute länger zu binden.
Alternativ, warum nicht die Altersgrenze für Soldaten erhöhen. Ich glaube im Moment ist sie bei 25, aber wenn jemand fertig studiert zur Truppe kommt und schon gereift ist, i.e. sich das wahrscheinlich besser überlegt hat als jemand der mit 18 gekommen ist. Die physischen Kriterien bestehen ja nach wie vor, aber es gibt durchaus Leute drüber die das erfüllen würden. Gut man braucht nicht unbedingt die Grenze erhöhen, aber Leute die von der Uni kommen (gerade jetzt mit kürzerem Abi und kürzerem Studium sind dann eh unter 25) wären eine Überlegung wert. Wie gesagt wenn jemand nach dem er „normales“ Unileben durchgemacht hat und sich das überlegt ist vielleicht ein sehr brauchbarer Kandidat bzw. brauchbare Kandidatin.
Insgesamt ist glaube ich einfach mehr Flexibilität gefragt – obwohl das in die Kategorie leichter gesagt als getan fällt. Studium würde ich nicht ganz ans Ende verschieben, aber vielleicht aufbauende Elemente in diesem Bereich anbieten die ein Bleiben in der Truppe attraktiver machen. Ich finde man sollte Richtung Msc und evtl Promotion auch a) mehr Anbieten und b) vielleicht die Möglichkeit Anbieten dies an zivilen Universitäten zu tun und da vielleicht dann auch zumindest Teilweise im Ausland. In den USA wird dies sowieso praktiziert und ich meine gehört zu haben in anderen Ländern auch.
Das nicht jeder in einer Verwendung endet die maßgeschneidert ist,ist klar. Dennoch sollte man da auch auf lange Sicht Möglichkeiten aufzeigen. Wenn der gewünschte Posten vielleicht nicht gleich frei ist sollte eine Möglichkeit aufgezeigt werden wie man dann schließlich in der gewünschten oder einen ähnlichen Verwendung endet.
In Großbritannien und den USA ist es ja so, dass man (in der Regel) sich überhaupt erst dann für die Offizierslaufbahn bewerben kann, wenn man zuvor ein Studium (Bachelor) an einer zivilen Universität abgeschlossen hat. Die Aspiranten sind in diesen Ländern auch seit jeher jung genug, weil dort das Studium traditionell stark verschult ist.
Auf jeden Fall entfällt der Anreiz, nur deswegen zum Militär zu gehen, weil man das Studium nicht nur finanziert bekommt sondern obendrein noch gutes Geld verdient.
Vielleicht sollte man das System der Bundeswehrhochschulen generell überdenken.
@chickenhawk
Ich fürchte, da liegen Sie nicht ganz richtig.
Ich kam mit 1,8er Abi zum Bund, machte mein Sportabzeichen und mein Leistungsabzeichen direkt in der Grundausbildung, aber als Offizieranwärter wollte man mich nicht, man hat mich nicht mal zum Test an der OPZ zugelassen. Begründung: Zu alt. Mit 25.
Jetzt, wo das Kind personalstrukturmäßig in den Brunnen gefallen ist, hat man hektisch die Altersgrenzen für Laufbahnwechsel auf- und das Einstellungsalter auf 32 angehoben. Mit geringem Effekt, weil das viele gar nicht mehr wollen. Auch ich verabschiede mich dieses Jahr nach zehn Dienstjahren und zwei Einsätzen als Hauptfeldwebel in den BFD. Auch weil ich derartige Flickschusterei (auch in anderen Bereichen) einfach leid bin.
Schade, Bundeswehr, es hätte für immer sein können . . . ;-)
@Cynic2:
Keine Sorge, ich bin mir der Bedeutung guter Führung bewußt. Hier haben wir aber weniger ein quantitatives, sondern ein quaitatives Problem (Fw- und Offz-Ausbildung).
Zu den Mannschaften: Dieses Thema ist nicht in 1 bis 1 1/2 Jahren ausgeglichenn da derzeit einsatz- und gefechtserfahrene Mannschafter die Bw verlassen. Ich kenne hier mehrere gravierende Fälle aus struktursicheren Einheiten bzw. Verbänden.
Dieser Wissensverlust ist erheblich.
Zudem verwehrt man diesen Leuten einen Laufnahnwechsel – trotz positivem Votum der Vorgesetzten.
Die Bundeswehr vertut gerade eine einmalige Chance: Die Einsatzerfahrung von motivierten (!) Soldaten weiter zu nutzen.
Ein solches Maß an Ignoranz ist eben typisch für grosse Bürokratien.
Es läuft also bei Häuptlingen und Indianern falsch.
GI und Inspekteure werden hierauf laufend hingewiesen. Das Problem wird aber nur abgewiegelt.
Beispiel:
„Ein großes Problem für die Brigade: Es fehlt an Mannschaftssoldaten. Ohne die Lage zu beschönigen, erläuterte Wieker dazu, dass nur kurze Weiterverpflichtungen keine Lösungen seien, so verständlich dieser Wunsch von den Betroffenen auch sein mag. Denn planerisch dürfen nur die neuen Strukturen befüllt werden. Jede Regeneration muss zugleich nachhaltig sein, so Wieker.“
http://www.bmvg.de:80/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYuxDsIgFEX_6D0YbKKbtYtxawdbNygEMQWa10e7-PHC4L3JGe7JxReWRrV7p9inqBYccZr9RR-gw-7gkzKVFXSOxm6HfRM-68VYmFO0XMk2si90pDgRrIl4qSYTFQPe4CRk1wop_pHfczPcHn0jTt297XEN4foDDxlvMA!!/
Die Argumentation ist in sich schon nicht schlüssig.
Der Fachmann staunt, der Laie wundert sich.
Aufbauend auf dem was Memoria schrieb:
Aus dem letztjährigem OL3 der Nachschubtruppe ist ein großer Teil der Offz erstmal auf DPäK gesetzt worden (die geäußerten Zahlen schwanken zwischen 50-80%) und es gibt wohl auch einige Kameraden die sich noch immer nicht auf entsprechenden DP´s befinden. Ähnliches höre ich auch von Kameraden aus anderen TrpGtg. Auch dem aktuellem ÓL3 an der LogSBw wird nicht viel Hoffnung auf eine schnelle Besetzung eines DP gemacht.
Da stellt sich mir doch die Frage warum das Personalmanagement diese beiden Punkte nicht ausgleichen kann?
@ T.Wiegold
In den USA ist das System insgesamt etwas komplizierter, es gibt mehrere, alternative Pfade zum Offiziersberuf.
Aber abgesehen von den Militärakademien (z. B. West Point) ist es so, dass die in die Streitkräfte eintretenden Offiziersanwärter mit abgeschlossenem Studium entweder vorher reine Zivilisten war, oder aber Reservist bzw. Teilzeitsoldat (ROTC). Es gibt freilich auch die Variante, dass die Streitkräfte an einer bestimmten Studienrichtung ein solches Interesse haben, dass sie Stipendien vergeben. Auf jeden Fall werden die Offiziersanwärter erst nach nach (zivilem) Studienabschluss »richtig« Soldat. Das ist der Unterschied zur Bundeswehr.
Seit Gert Fröbe wissen wir: „Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann“
Insofern möchte ich einen möglichen Grund für die „Fahnenflucht“ anbringen.
Die Qualität der akademischen Ausbildung, in der Bundeswehr, ist sicherlich nicht zu verachten. Wenn also ein Offizier den Studiengang seines Lebens gefunden hat und diesen bei ordentlicher Bezahlung auch studieren darf, ist das schon mal auf der Habenseite. Natürlich gibt es auch Karrierewege die ihn möglicherweise sehr nahe an seine Passion bringen. Sehr wahrscheinlich ist das aber nicht. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, wird er irgendwann alles mögliche machen aber sicher nicht das worauf er sich vorbereitet hat. Alles was ihn noch daran erinnert, ist der akademische Grad auf seinem Türschild. Wenn das nicht frustrierend ist. Da frage ich mich schon manchmal, welcher Betrieb bildet einen Mitarbeiter teuer aus und wenn er auf der Spitze seines Schaffens ist, wird er aus Gründen der Verwendungsbreite komplett aus seiner Expertise herausgerissen. Sicher mag es auch mal richtig sein über den Tellerrand zu schauen. Allerdings bleibt es oft bei diesem Ausblick. Breite vor Tiefe ist in der Personalführung schon lange usus. Dazu kommt noch, dass eine akademische Ausbildung in der ureigensten Profession, die eines Soldaten, gar nicht vorgesehen ist. Warum eigentlich nicht?
Wenn 4.252 Stellen 12,6 Prozent der Offiziersposten sind, dann haben wir 4200/12,6*100 = fast 34000 Offiziere?? Bei 190.000 Gesamtstärke ist also jeder 6. Offizier. Das scheint mir erstaunlich viel.
Hier ist, vielleicht tangentiell doch relevant zum Thema, noch ein sehr anschaulicher, knapper Überblick über die (vier) verschiedenen Wege zum Offizier bei der US Army.
http://www.goarmy.com/careers-and-jobs/become-an-officer.html
Den Weg mit Studium bei der Armee gibt es dort auch (vierte Option, West Point), die „Ring Knocker“ genießen in der Truppe aber einen recht gemischten Ruf. Optionen 1 und 3 haben natürlich auch Schwächen, der „Butterbar“, der nach ein paar Wochen Training zur Truppe kommt und von Tuten und Blasen keine Ahnung hat ist ja zentraler Bestandteil des mythischen Inventars der US Army.
@BausC
„Dazu kommt noch, dass eine akademische Ausbildung in der ureigensten Profession, die eines Soldaten, gar nicht vorgesehen ist. Warum eigentlich nicht?“
Und genau hier mangelt es im Vergleich zu anderen Ländern. Derlei wäre ja auch als Zweitstudium oder Promotion denkbar – auch international.
Wurde dem GI bei ner Podiumsdiskussionn vor einigen Wochen vorgeschlagen.
Er hatte die Anregung nicht mal richtig verstanden, sondern lobte nur das tolle Studium an der UniBw.
Eine wirklich kriegstheoretische Ausbildung gibt es nicht, braucht man als Armee ohne Anspruch wohl auch nicht.
Man schau dagegen mal auf Lebensläufe ameriknischer, britischer oder französischer Generale (Petreaus, McRaven, McMaster, Smith, etc.).
Auch hier sollte uns 1813 eine Mahnung sein.
Gneisenau, Scharnhorst, Clausewitz, Moltke d.Ä., Seeckt, Beck würden sich wundern wie unhistorisch, theorielos und technokratisch wir unsere Führer ausbilden.
2 Jahre Clausewitz-Kaserne ohne sich nur einen Tag mit Clausewitz beschäftigt zu haben ist ja nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Damals lag in Deutschland der Anteil derjenigen eines Geburtsjahrganges, der Abitur machte, im einstelligen Bereich. Und ohne jetzt großartig über den Verfall der Bildungs-Standards in Deutschland lamentieren zu wollen wird man schon sagen dürfen, dass dem Abitur damals ein deutlich höherer Stellenwert zukam als heute, wo es teilweise schon den Regelfall eines allgemeinbildenden Schulabschlusses darstellt. Man hatte 1930 eine gewisse Gewähr dafür, dass die Anwärter sich auf einem bestimmten intellektuellen Niveau befanden (und eine damals gewünschte soziale Auslese gab es obendrein).
Die Zugangsvoraussetzung zum Offiziersberuf war im angelsächsischen Bereich traditionell der erste Hochschulabschluss (Bachelor), welcher dort aber noch eine eher allgemeinbildende Komponente hatte (und bis heute hat).
Erst Jahrzehnte später stieß sich Helmut Schmidt daran, dass die deutschen Offiziere im Gegensatz zu den NATO-Kollegen in der Regel keine Akademiker waren. Deswegen gründete er die Bundeswehr-Hochschulen (eine davon trägt heute seine Namen).
Der Grund für deren Entstehung war (meiner Meinung nach) die Inkongruenz des deutschen und des angelsächsischen Bildungssystems.
tl;dr
Der Dienstherr wird den modernen Anforderungen nicht gerecht, deshalb laufen ihm die High Pontentials davon.
Die Hintergründe sind vielschichtig und diese Zahlen sind sicherlich nicht nur der mangelnde Charakter einiger junger Offiziere (wenn das sicherlich auch manchmal ein Faktor ist).
@SchmidtM: Völlig richtig, ein sehr spannender Punkt sind die gekündigten bzw. zurückgestuften Berufsoffiziere, davon kenn ich alleine persönlich fünf (!!!), und davon war nur ein einer Pilot bei der Flugbereitschaft. Alle waren mal hochmotiviert, und bei allen war der Hintergrund die Enttäuschung über den Dienstherren, der immer noch glaubt er könne High Potentials sinnlos versetzen und behandeln wie Vieh. Keiner hat sich aus finanziellen Gründen oder aus Bequemlichkeit dazu entschieden, allerdings haben alle davon jetzt Spitzenjobs in der freien Wirtschaft.
Bei den jungen (verweigernden) Offizieren sieht es mMn ähnlich aus, die kommen nach einer Spitzenausbildung an OffzSchule, Uni, Auslandssemestern o. ä. in die Truppe und kommen auf einen Dienstposten (wenn überhaupt), der vor 10 Jahren noch A6-kodiert war (leider kaum übertrieben). Ich habe viele kennengelernt, die ihr Potenzial einsetzen wollten und „heiß“ waren, einsatzbereit, hochmotiver und innerhalb kürzester Zeit von Bürokratie, Vorgesetzten und dem System dermaßen frustriert und enttäuscht, dass Sie nur noch raus wollten. Und dass sind keine Infanterie- oder Artillerie-Zugführer, denn diese haben meist genug Verantwortung und sind recht zufrieden.
Der Dienstherr sollte mal drüber nachdenken, ob sein Personalführungssystem aus den 50er Jahren für die Generation Y auch nur im Ansatz noch passend ist und ob die ständige Raufdotierung der richtige Weg ist. Außerdem sollte man mal drüber nachdenken, dass die Frau/Freundin eines Offiziers heute Ärztin/Informatikerin/Sales Expert ist und nicht mehr Friseurin/Schneiderin/Sekretärin wie früher (nichts gegen diese tollen Berufe).
Wenn der Dienstherr nicht bald eine moderne Personalführung installiert, wird dieser Trend noch viel weiter gehen. Interessant ist dabei weniger die Quote der paar Verweigerer, viel spannender ist die Frage, wer noch Berufsoffizer werden will. Kleine Zahl aus dem Jahr 2008 vom PersABw: Übernahme BS in der Luftwaffe (Offiziere): 12 % aus dem oberen Leistungsdrittel, 38 % aus dem mittleren, 50 % aus dem unteren.
Die Hochqualifizierten sind woh lleider eher in der Minderheit!
Bei all den Kommentaren und Analysen wird immer wieder auf die gute akademisch Ausbildung durch die Bundeswehr hingewiesen, die beruflichen Perspektiven, die sich dadurch im Zivilen eröffnen und auf die geringe militärische Sozialisation nach der Umstellung der Ausbildung der Offiziere im Heer.
Ich finde es überaus interessant, dass andere Aspekte, die ihrem Wesen nach viel näher bei einem Antrag auf KDV liegen, überhaupt nicht – oder nur stark verkürzt – beachtet werden.
Vielleicht sollten man auch darüber nachdenken, dass viele Offiziere tatsächlich aus Gewissensgründen einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen. Das klingt banal – wirft aber ein paar Grundsatzfragen auf:
Seit Jahren wird die Bundeswehr zu einer Einsatzarmee umgebaut. Gleichzeitig fehlt ein schlüssiges politisches Konzept, wann, wo und wie sich die Bundeswehr an Auslandseinsätzen beteiligt. Abgedroschene Phrasen von der Sicherheit Deutschlands am Hindukusch mögen vielleicht viele einfach nicht mehr überzeugen. Gerade bei jungen Offizieren, die vielleicht noch mit einem verklärten – oder einfachen zu ideellen – Bild der Bundeswehr beigetreten sind und sich im Laufe des Studiums über den Sinn ihres Handelns Gedanken machen und darauf keine befriedigenden Antworten finden.
Ein Offizieranwärter leistet mit 18 oder 19 Jahren einen Eid auf das Grundgesetz, dessen zentrale Idee die Würde des Menschen ist. Wo aber findet sich der Wertekompass in den politischen Entscheidungen im Bezug auf die Auslandseinsätze? Was genau, wo, wann und wie verteidigt den die Bundeswehr? Was wollen wir mit unserem „Engagement“ in der Welt? Und falls wir wissen, was wir wollen, sind wir damit überhaupt erfolgreich? Und sollten wir nicht erfolgreich sein: wie rechtfertigen wir dann militärisches (!) Handeln?
Findet darüber überhaupt ein Dialog statt? Wird die Bundeswehr daran beteiligt? Wird mit (jungen) Offizieren darüber gesprochen? Gibt es darüber wirklich eine Auseinandersetzung (damit meine ich keine schlechte Veranstaltungen „politischer Bildung“) – und vor allem: wird die Armee damit alleingelassen, oder kann die Politik – die ja für die Einsätze verantwortlich ist – dafür wirklich Antworten liefern? Sollte das nämlich nicht der Fall sein, ist es gerade die Verantwortung von zukünftigen militärischen Führern, politische Entscheidungen, Einsätze der Bundeswehr und ihren eigenen Beitrag innerhalb dieses Systems zu Hinterfragen und auf den Prüfstand zu stellen. Und wenn Sie dabei zu der Feststellung kommen, dass es keinen Wertekompass gibt, nach dem Einsätze beschlossen werden, dann ist es sogar ihre Pflicht den Dienst an der Waffe zu verweigern. Bei all der gerechtfertigten Kritik an KDV-Stellenden – die Bundeswehr ist eine Armee unter anderem in der Tradition des 20. Juli. Und Unrecht beginnt nicht erst, wenn Millionen von Menschen Leid geschieht.
Nimmt man das zur Prämisse, ist es auch leicht zu erklären – wobei ich keinen falls einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe – warum viele junge Offiziere nach Beendigung des Studiums einen KDV stellen. Sie hatten schlicht und ergreifend die Zeit und die nötigen Informationen sich während des Studiums darüber Gedanken zu machen. Aber niemand wird während des Studiums den Antrag stellen – auch wenn das in dem von mir unterstellten Szenario der ehrlichste Weg wäre. Man wird das Studium beenden, da man so oder so das Studium zurückzahlen muss, gleich wann man im Studium KDV stellt. Beendet man das Studium, muss man zwar mehr zurückzahlen, schafft aber gleichzeitig die Voraussetzung im zivilen eine Stelle zu bekommen – und damit wiederum die Grundlage die Rückzahlung überhaupt leisten zu können.
Ich behaupte nicht, dass diese Erklärung auf jeden zutrifft, der KDV stellt. Aber ich finde es schade, dass in der Diskussion um KDV`ler die moralische Komponente außer Acht gelassen wird und überwiegend wirtschaftliche Motive unterstellt werden. Oder immer wieder die Behauptung aufgeworfen wird, die Ursache für die KDVs wäre in der mangelnden militärischen Sozialisation zu suchen. Wäre das der Fall, hätten junge Marine- und Luftwaffenoffiziere schon immer eine hohe KDV-Quote aufgewiesen. Ich denke, dass diese Argumente auch ihre Berechtigung haben, allerdings sollten man in der Diskussion über Kriegsdienstverweigerer vielleicht etwas grundsätzlicher werden.
„Die Qualität der akademischen Ausbildung, in der Bundeswehr, ist sicherlich nicht zu verachten.“
Ist sie das? Ich sehe das anders – denn man kapselt sich komplett ab und verschanzt sich an eigenen (Privat-)Universitäten, statt offen und konflikt-/diskussionsbereit als Staatsbürger in Uniform an zivilen Unis zu studieren. Anstatt diese einmalige Chance des Dialoges zu nutzen, igelt man sich bewusst ein und belässt es bei ein paar versprengten SanOA, die Truppe (abseits von Praktika) noch nie bewusst von Innen erlebt haben. Erfolgreicher kann man eine Armee nicht aus der Öffentlichkeit fernhalten, congrats.
Ferner studiert man beim Bund (unverändert auch im Bachelor und Master) nur ein Fach und redet sich das als begnadete Idee ein; ein Fremdsprachenstudium entfällt vollständig, da nicht als Studiengänge angeboten. Zivile Studenten haben in der breiten Masse hingegen einen 2-Fach B.A. und M.A., jedenfalls nach mehreren Umfrageergebnissen meiner Uni. Dabei studieren sie mit fest vorgeschriebenen Praktika, Auslandsaufenthalten usw. (und brauchen dabei nach Regelstudienzeit lediglich „nur“ ein Jahr länger) – ein weiterer Aspekt, der den Bw-Unis komplett abgeht, bzw. nur unter größtem persönlichen Engagement möglich ist, da nicht vorgesehen.
Nach meinem Geschmack, basierend auf meinen eigenen Erlebnissen, sollte der Schwerpunkt der Dienstzeit eines Offz in der Truppe liegen. Nach Ende der Verpflichtungszeit sollte danach das Studium anschließen, bzw. den nächste Abschnitt der angehenden oder schon frisch angenommenen BerufsOffz darstellen. Denn: Als ZgFhr, EinsOffz oder KpChef brauche ich keine „akademischen Problemlösungsskills“ sondern Führungserfahrung; als StOffz in entsprechender Verwendung allerdings sehr wohl. Auch bringt ein Studium nichts, wenn der tatsächliche Wechsel in das zivile Berufsleben erst fast 10 Jahre später erfolgt.
Lustig finde ich vor allem, wenn jemand aus „Gewissensgründen“ den Dienst an der Waffe verweigert und dann nach dem Ingenieursstudium an der BW-Uni bei einem Rüstungskonzern anheuert.
@ulenspiegel: “ Die Qualität der deutschen Offiziersausbildung zwischen 1929 und 1932 war sehr hoch, warum nicht dieses Templat verwenden und modifizieren?“
Messen Sie die Qualität dieser Jahrgänge an Angriffskriegen, Kadavergehorsam, überzogenem Verhängen von Todesstrafen gegenüber Untergebenen und Kriegsverbrechen, oder wie?