Deutsche Rüstungsindustrie erwartet keine Einschränkungen von UN-Waffenhandelsvertrag


Von dem weltweiten Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty, ATT), den die Vollversammlung der Vereinten Nationen am (gestrigen) Dienstag in New York beschlossen hat, erwartet die deutsche Rüstungsindustrie keine Auswirkungen auf ihre Produktion und den Export. Aus der Stellungnahme von Georg Wilhelm Adamowitsch, dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV):

Nach einer ersten Analyse des vorliegenden Vertrages stellt der BDSV fest, dass das bisher in Deutschland gesetzlich festgelegte hohe Kontrollniveau für Rüstungsexporte sich in dem ATT Vertrag wiederfindet. Auswirkungen auf die sorgfältige Entscheidungspraxis der Bundesregierung, bei der ohnehin die Abwägung auch menschenrechtlicher Aspekte intensiv berücksichtigt werden, wird das jetzt beschlossene Vertragswerk nicht haben. Es ist deswegen davon auszugehen, dass sich für die deutsche Genehmigungspraxis keine Änderungen ergeben.

Die UN-Vollversammlung hatte den Vertragsentwurf mit 154 Stimmen, darunter Deutschland, bei Gegenstimmen von Nordkorea, Iran und Syrien angenommen; 23 Staaten hatten sich der Stimme enthalten. Damit das Vertragswerk, das erstmals bindende Regelungen für den Waffenexport vorsieht, in Kraft treten kann, müssen es zunächst 50 Staaten ratifizieren. 90 Tage nach der Billigung im 50. Staat werden die Regeln wirksam.

Die entscheidenden Bestimmungen des Vertrags:

Article 6
Prohibitions

1. A State Party shall not authorize any transfer of conventional arms covered under Article 2 (1) or of items covered under Article 3 or Article 4, if the transfer would violate its obligations under measures adopted by the United Nations Security Council acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations, in particular arms embargoes.
2. A State Party shall not authorize any transfer of conventional arms covered under Article 2 (1) or of items covered under Article 3 or Article 4, if the transfer would violate its relevant international obligations under international agreements to which it is a Party, in particular those relating to the transfer of, or illicit trafficking in, conventional arms.
3. A State Party shall not authorize any transfer of conventional arms covered under Article 2 (1) or of items covered under Article 3 or Article 4, if it has knowledge at the time of authorization that the arms or items would be used in the commission of genocide, crimes against humanity, grave breaches of the Geneva Conventions of 1949, attacks directed against civilian objects or civilians protected as such, or other war crimes as defined by international agreements to which it is a Party.

Article 7
Export and Export Assessment

1. If the export is not prohibited under Article 6, each exporting State Party, prior to authorization of the export of conventional arms covered under Article 2 (1) or of items covered under Article 3 or Article 4, under its jurisdiction and pursuant to its national control system, shall, in an objective and non-discriminatory manner, taking into account relevant factors, including information provided by the importing State in accordance with Article 8 (1), assess the potential that the conventional arms or items:
(a) would contribute to or undermine peace and security;
(b) could be used to:
(i) commit or facilitate a serious violation of international humanitarian law;
(ii) commit or facilitate a serious violation of international human rights law;

Damit werden erstmals auch die Menschenrechte als Kriterium für die Genehmigung von Rüstungsexporten festgeschrieben. Der Vertrag wurde deshalb auch von vielen Menschenrechtsorganisationen begrüßt, zum Beispiel von der UN-Unterorganisation UNICEF. Für den BDSV und damit für die deutsche Industrie lobte auch Adamowitsch den Vertrag: Der BDSV befürwortet die Initiative der UN, einen globalen Waffenhandelsvertrag (ATT)  zu erhalten, der zukünftig für alle UN-Mitglieder rechtlich bindend ist und einen einheitlichen Kontrollstandard für den Handel mit Rüstungsgütern einführt. Die Schaffung eines Regelwerks für den internationalen Waffenhandel, in dem sich die Aspekte Sicherheit, wirtschaftliche Realitäten und die Prinzipien der Menschenrechte wiederfinden, werden zur Förderung der internationalen Initiativen für den Frieden beitragen.

Das wird allerdings ein Knackpunkt für NGOS werden: die Aspekte Sicherheit, wirtschaftliche Realitäten und die Prinzipien der Menschenrechte in Verbindung zu bringen. Bereits vor einigen Wochen hatte ich mit dem Vertreter einer Menschenrechtsorganisation über den Vertragsentwurf gesprochen – und wir waren uns einig: Dieser Vertrag bedeutet zum Beispiel nicht, dass Deutschland von der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an Saudi-Arabien Abstand nehmen müsste. Bei (Klein)Waffen, die viel eher für Menschenrechtsverletzungen geeignet wären, sähe das schon anders aus – aber das steht ja derzeit nicht an.

(Undatiertes Archivfoto: Der erste Leopard rollt im Beisein des Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Ulrich de Maizière, und dem Bundesminister der Verteidigung, Kai-Uwe von Hassel, in München vom Band – Bundeswehr/Munker via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)