Die „Hamburg“ im US-Trägerverband: Bitte kein Krieg

Die (Übungs)Mission der deutschen Fregatte Hamburg in einem US-Trägerverband hatte ich schon mal als das spannendste Vorhaben der Deutschen Marine in diesem Jahr bezeichnet: Zusammen mit dem Flugzeugträger Dwight D. Eisenhower und anderen Begleitschiffen ist die Hamburg (Foto oben im Hintergrund) im Persischen Golf unterwegs, um die Flugabwehr der Trägergruppe in einer weltpolitisch heiklen Mission zu sichern.

Spannend ist dabei nicht nur, wie sich die politische und militärische Lage am Golf, vor der Küste Irans, entwickelt. Auch im Normalbetrieb unterscheidet nämlich die U.S. Navy, in deren Operation die Hamburg eingebunden ist, weit weniger streng als Deutschland zwischen Übung und Einsatz. Das Verteidigungsministerium hat deshalb Vorsorge getroffen, wie dessen Staatssekretär Rüdiger Wolf in dieser Woche den Obleuten der Fraktionen im Verteidigungsausschuss des Bundestages mitteilte:

Wie Ihnen bekannt ist, haben die Trägerkampfgruppen der USA strategische Bedeutung und nehmen neben dem reinen Übungs- und Ausbildungsbetrieb gleichzeitig auch Einsatzaufgaben für die Bereichsbefehlshaber der USA wahr. Vor diesem Hintergrund wurde eine planerische Vorsorge dahingehend getroffen, dass in der zugrunde liegenden „Mutual Declaration of Intent (MDoI)“ die Möglichkeit einer sofortigen Herauslösung der HAMBURG aus dem Verband ohne Angabe von Gründen vereinbart wurde. Dies wäre regelmäßig erforderlich, wenn infolge eines Einsatzes der Carrier Strike Group (CSG) eine Einbeziehung der HAMBURG in bewaffnete Unternehmungen gegeben oder zu erwarten wäre.

Rein rechtlich bleibt dem deutschen Ministerium nicht viel anderes übrig. Denn eine Teilnahme der deutschen Fregatte an Kampfhandlungen (Selbstverteidigung mal ausgenommen) müsste zuvor vom Bundestag mandatiert werden – und auf diese Entscheidung, selbst wenn sie sehr schnell fiele, würde der Kommandeur einer US-Trägergruppe kaum warten wollen. Ein klein wenig steht das allerdings im Gegensatz zu dem Anspruch, mit dem die Marineführung an diese Mission herangegangen ist. Den Verbündeten sei zugesichert worden, dass die Hamburg in einer heiklen Situation nicht das Ruder auf Backbord zehn legen und sich davon machen würde, hatte ich vor Beginn dieser Mission gehört. Vermutlich war das politisch und/oder rechtlich nicht durchsetzbar.

Interessant ist, dass der Trägerverband jetzt in eine bewaffnete Auseinandersetzung einbezogen ist – nein, nicht gegen Iran, sondern als schwimmender Flugplatz für die Einsätze über Afghanistan. Aus Wolfs Schreiben:

Die USA Trägergruppe wird vom 24. März bis 23. April 2013 für die Operation ENDURING FREEDOM (OEF) Unterstützungseinsätze in Afghanistan mit Trägerflugzeugen durchführen. Die Fregatte HAMBURG verbleibt in ihrem gesonderten Unterstellungsverhältnis gemäß des MDoI und wird in diesem Zeitraum im Rahmen ihrer Übungskooperation die Aufgabe eines sog. „Force Marshaller“ wahrnehmen.
Diese Aufgabe ist eine reine Flugsicherheitstätigkeit im Nahbereich der CSG (ca. 100 nm) und ist mit der Funktion eines Kontrollturmes an einem Flughafen vergleichbar. Neben der Koordination sämlicher (auch ziviler) Flugbewegungen im Umfeld des Flugzeugträgers zur Vermeidung von gefährlichen Nahbereichssituationen oder gar Kollisionen zählen dazu die Höhen- und Abstandsseparierung von Flugbewegungen in dem kontrollierten Luftraum sowie die Koordination möglicher Luft-SAR-Fälle. In das unmittelbar einsatzbezogene „Mission Tasking“ OEF der eingesetzten USA Luftfahrzeuge ist die HAMBURG als Force Marshaller nicht involviert. Dies übernimmt jeweils der zuständige US-amerikanische „Forward Air Controller“ in Afghanistan.

Rechtlich ist das so sauber wie zwingend geboten: Deutschland hat seine Beteiligung an der Operation Enduring Freedom mit einem letzten Überwachungsflug im Golf von Aden am 28. Juni 2010 beendet; ein Bundestagsmandat für OEF gibt es nicht mehr.

Auf der anderen Seite ist das paradox. Denn die Kampfjets, die von der Eisenhower zum Flug nach und über Afghanistan starten, sind aus US-Sicht Teil der Operation Enduring Freedom – aber dann nehmen die USA nicht die scharfe Trennung zwischen OEF und der ISAF-Mission am Hindukusch vor. Diese Maschinen sind dann diejenigen, die als Close Air Support in Afghanistan angefordert werden, auch für deutsche Soldaten.

Das kann zu dem – nicht unwahrscheinlichen – Fall führen, dass eine Bundeswehreinheit in Nordafghanistan Luftunterstützung anfordert und ein US-Kampfjet zu Hilfe kommt. Am Startplatz dieses Kampfjets darf allerdings ein Kriegsschiff der Bundeswehr nicht daran beteiligt sein, diese Mission des Flugzeugs zu steuern. Rechtlich alles sehr sauber und sehr deutsch. Aber irgendwie bipolar.

(Foto: MEDITERRANEAN SEA, March 11, 2013 – An F/A-18F Super Hornet assigned to the Rampagers of Strike Fighter Squadron (VFA) 83 lands on the flight deck of the Nimitz-class Aircraft carrier USS Dwight D. Eisenhower (CVN 69) as the German navy frigate FGS Hamburg (F220) transits alongside. – U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist Seaman Andrew Schneider)