Vorbereitung auf den Bürgerkrieg: Die Rückkehr der Mujaheddin?
Archivbild: Ismail Khan im Dezember 2010 (Foto: U.S. Embassy Kabul via Wikimedia Commons)
Ismail Khan nach seinem derzeitigen Amt zu beurteilen, wäre ein grober Fehler. Der 66-jährige ist als Minister für Energie und Wasser nur scheinbar nicht einer der wichtigsten Männer Afghanistans: Als früherer Gouverneur von Herat und vor allem als Kommandeur der Mujaheddin im Kampf gegen die sowjetischen Truppen und später gegen die Taliban reicht sein Einfluss weit über das Ministeramt hinaus – und genießt offensichtlich große Popularität.
Deswegen sollte man sich sorgfältig anschauen, was Ismail Khan gestern verkündete (ich habe es gestern Abend nur getwittert, es lohnt aber einen eigenen Eintrag). Kurz gefasst: Die NATO hat nicht nur versagt, die fremden Truppen sind im Grunde der Gegner. Die NATO hat versagt, und die Afghanen müssen sich ihrer Gegner auch im benachbarten Ausland selbst erwehren. (War zuvor ein Missverständnis bei mir.) Die Mujaheddin müssen – und werden – sich deshalb kampfkräftig neu formieren:
Afghanistan’s Minister of Energy and Water Mohammad Ismail Khan on Thursday said that the process of creating a military unit made up of the former mujahedeen fighters is underway to protect and secure Afghanistan because Nato had failed to do so.
Ismail Khan said in a gathering with former regional Jihadi commanders in west and southwest Afghanistan that the Mujahedeen should also be given more roles in the government as the foreign armies – the Nato-led international security assistance force Isaf – had failed to ensure stability in the country.
He emphasised that just as the Mujahedeen had previously driven out the foreign invaders, the Soviets, so too there was now a need for the Mujahedeen to again rescue the country from „foreign conspiracies“.
„The foreigners sidelined those who had fought for ages,“ Ismail Khan said in western Herat province.
„They collected all our weapons, our artillery and tanks, and put them on the rubbish heap. Instead, they brought Dutch girls, French girls, girls from Holland, they armed American girls, they brought white-skinned Western soldiers, and black-skinned American soldiers, and they thought by doing all this they would bring security here but they failed,“ he added.
Für diese Position, behauptete Ismail Khan laut dem Bericht von TOLO News, habe er auch die Unterstützung von Präsident Hamid Karzai. Die Linien für einen möglichen Bürgerkrieg nach dem Ende der derzeitigen ISAF-Mission scheinen jetzt gezogen zu werden.
@Klabautermann:
Danke für den Hinweis zum Systempunkt (Germanismen muss man ja schon per se unterstützen).
Nach einigen Berichten übernehmen die Haqqanis – Dank des ISI – verstärkt die Lehren des Gen. Giap. Damit es am Ende wieder heißen kann:
„You know you never defeated us on the battlefield,“ said the American colonel.
The North Vietnamese colonel pondered this remark a moment. „That may be so,“ he replied, „but it is also irrelevant.“
Wenn man Kriege in der Praxis gewinnen will, dann sollte man sich eben zunächst intensiv mit der Theorie der selben beschäftigen. Aber unseren Apparaten genügt ja das Einüben selbstreferentieller Prozesse als Nachweis der Leistungsfähigkeit.
@Memoria
da kann ich Ihnen nur zustimmen. Das ist aber das Kernproblem aller institutionaler Systeme. Die institutionalisierte FDGDO taugt eben nur zur Steuerung des Systems Deutschland. Wenn ich damit versuche am System Afghanistan rumzuregeln, dann gehts eben in die Hose ;-)
@ Memoria | 03. November 2012 – 10:58
Ich will da mal auf einen Kommentar von vor über zwei Jahren verweisen. Die Giap- Hypothese ist ja keinesfalls neu. Die Notwendigkeit einer „Fulton-Rede“ hat sich auch eher gesteigert. Zwischenzeitlich hat sich die Lage für uns ja noch sehenden Auges verschlechtert.
http://augengeradeaus.net/2010/09/plan-b-fur-afghanistan-sud-vs-nord/#comment-802
Unsere Tendenz, alle Schlachten zu gewinnen aber den Krieg mangels Willenskraft zu verlieren, ist mal wieder enorm. Nur inzwischen haben wir es mit einer Entscheidergeneration zu tun, die noch nicht einmal was dabei findet.
@ Georg | 02. November 2012 – 22:08
Waren das bei diesem Berliner Treffen nicht Dostum, Ahmad Zia Massud und Hadschi Mohammed Mohaqiq?
Es wäre mir neu, dass Khan neuerdings relevant zur Nationalen Front gehört. Dostum und Kahn sollen ja nicht mehr so miteinander können.
@Sun Tzu
…..Die Größe der vorhandenen Mittel würde sich bestimmen lassen, da sie (wiewohl doch nicht ganz) auf Zahlen beruht, aber die Stärke der Willenskraft läßt sich viel weniger bestimmen und nur etwa nach der Stärke des Motivs schätzen…..
Der große Unterschied liegt in dem was sie in Klammern setzten! Kampfkraft und Durchhaltevermögen ist eben heute mehr als das Produkt aus Willen und der vorhanden Mittel! Wer Polizei oder GSG 9 in einem anderen Land spielen möchte, muss die Kulturkreise, das milieu kennen wie ein Kriminalist nur dann ist eine nachhaltige Änderung möglich, das Militär ist und bleibt der Vorschlaghammer alles andere ist Verschwendung von Mensch, Material und viel Geld.
@ Aeh Klabautermann
Black Swan Ereignisse werden weiße Schwäne, wenn sie zu oft auftreten……
Asymmetrie wird so zur Symetrie, ich würde im Moment auch behaupten, dass die meisten europäischen Armee einer herkömmlichen Auseindersetzung nicht mehr gewachsen sind,
Aufgrund ihrer Aufstellung hinzu COIN, oder was man dafür hält……
Was OODA und Spieltheorie anbelangt, würde ich behaupten, dass der eigentliche Originator Boyd (als absoluter autodidakt) aus der Philosophie und der Psychologie
Die robuste Kriminalistik mit all ihren Mitteln, Möglichkeiten und Methode der Bekämpfung einzelner Straftaten und auch des organisierten Verbrechertums durch vorbeugende und strafverfolgende Maßnahmen muss das Ziel in AFG sein. Eingeschlossen sind die dazu erforderlichen, am Einzelfall orientierten, rechtlich zulässigen, allgemeinen und besonderen Methoden, unter der Anwendung aller ergebnisorientierten Taktiken und Techniken.
Zielsetzung sollte das Beweisen von Straftaten bzw. die Abwehr von Verbrechensgefahren mit der Priorisierung des Verhindern von Straftaten sein. Der rechtliche Rahmen sollte der AFGs sein und nicht unserer! Gerechtigkeit und Sicherheit führt zu Sabilität, ist für viele Menschen ggf wichtiger als unser Recht und die freiheitliche Demokratie!
@Soenke Marahrens
Volle Zustimmung!
Was Europa benötigt, wenn sie solche Einsätze ernsthaft zum Erfolg führen möchte eine Truppe wie es die OMON ist aber nach unseren Rechtsmaßstäben!
Das Militär ist und bleibt das falsche Werkzeug und genau wie sie es beschreiben, führt es nun dazu, dass alle EU- Länder ihre reg Streitkräfte zu Anti Terror Truppen umbauen nach dem Motto Breite vor Tiefe und ihre eigentliche Aufgabe nicht mehr beherrschen.
@Soenke
Aeh, nicht ganz richtig ;-)
„Taleb states that a black swan event depends on the observer. For example, what may be a black swan surprise for a turkey is not a black swan surprise to its butcher; hence the objective should be to „avoid being the turkey“ by identifying areas of vulnerability in order to „turn the Black Swans white““ Und jetzt springen wir mal zum Observe-Orient-DA-loop und was stellen wir da fest ?? Ohne dichte, hoch-auflösende und validierte Observations- und Orientierungs(Einordung/Zuordnung)basis können die black swan events beliebig häufig auftreten, sie werden den OODA-looper immer wieder überraschen.
@ Elahan | 03. November 2012 – 12:49
Ich sehe jetzt keinen Widerspruch.
Was Sie schreiben, ist ja richtig, betrachtet nur eben die taktische-, nicht die strategische Ebene.
Natürlich gehören Aufklärung und Lagebild dazu. Selbstverständlich sind hier kulturelle Fazilitäten ein Bestandteil. Und leider sind wir dort schlecht aufgestellt, weil sich bei uns ein „was nicht sein darf, das nicht sein kann“ durchgesetzt hat. Man verschließt ja immer noch den Blick darauf, wer/was überhaupt der Feind ist. Solange es hier an Willenskraft fehlt, der Realität ins Auge zu blicken, wird man verlieren. Es wäre ja nicht das erste Mal, das Degeneration eine Gesellschaftsform verschwinden lässt.
@Elahan
Ihrer Logik folgend sollten also wir bei der saudischen Religionspolizei erst mal in die Lehre gehen, bevor wir dann in Afghanistan und Mali law enforcement training und assistance betreiben ???…..etwas spitz formuliert…. ;-))
@klabautermann
„Ihrer Logik folgend sollten also wir bei der saudischen Religionspolizei erst mal in die Lehre gehen, bevor wir dann in Afghanistan und Mali law enforcement training und ……“
Fast richtig! Nur nicht wir bei ihnen, sondern die bei uns!
In jedem Fall wäre ein militärisches Eingreifen in SA falsch, auch wenn wohlhabende und einflussreiche Bürger aus SA den Terror finanzieren :-)
@Elahan
aber das ist doch genau unser Problem: wir muessten zur nachhaltigen Unterstützung eines Demokratieaufbaus in der 3.Welt unser ultra-liberalistisches, abstrakt-idealistisches und main stream modernistisches Demokratie- und Rechtsmodell dem aktuellen, historisch-kulturellen hearts- and mind-set der zu stabilisierenden Länder anpassen und nicht umgekehrt – customer orientation sozusagen. Und dazu sind wir institutionell nicht fähig und politisch zu schwach.
Exakt, die Verantwortlichen für das Militär suchen Aufgaben für ihren Verantwortungsbereich und Politiker versuchen sich durch scheinbaren internationalen Aktionismus zu proflilieren!
@Klabautermann
Unter der Annahme, dass Sie Implizit OODA mit dem deutschen Fuhrungsprozessmodell gleich setzen gebe ich Ihnen recht… Unter der Annahme, dass wir von Boyd’s OODA Loop reden, widerspreche ich Ihnen, da Boyd Feedbackschleifen vorsieht, und damit das Auftreten von Black Swan als Abweichung erkennen…. Weil er lernt…..
http://en.wikipedia.org/wiki/OODA_loop
@Soenke
„….als Abweichung erkennen…“ von was, bitte ? In institutionalen OODA-loops haben sie eben immer den blach swan blindness effect (siehe meinen Kommentar oben über BSB). Der idealtypische OODA-loop ist deshalb nicht herstellbar, weil militärische C2 Strukturen immer durch politischen bias (soll ich sagen ideologischen bias) manipuliert sind…..theoretisch hatte Boyd Recht, praktisch allerdings wenig relevant….
@Klabauterman
ComIsaf hat sich extra ein Alternative Analysis Team geschaffen….. Aber gegen Betriebsblindheit ist kein Kraut gewachsen….. lesen Sie mal Martin Werle Ich arbeite in einem Irrenhaus…..
lol @Soenke, welche JWC Division ist wohl der ghostwriter des NATO alternative analysis handbook (editorial licence by ACT – versteht sich,-) ???
Bei der Lektüre der Kommentare zu diesem Beitrag fühle ich mich irgendwie hoffnungslos überfordert.
;-)
@chickenhawk
A black swan is an event, positive or negative, that is deemed improbable yet causes massive consequences.
Es steht entscheidungstheoretisch für die Situation. Es kann nicht sein, was nicht sein kann….. ,
historisch für die Aussage, dass es in Europa nur weiße Schwaene gab bis man 1697 in Australien eine Schwarze Schwanart fand…..
Damit ist die Aussage es gibt nur weiße Schwäne nicht mehr zu 100% richtig, da aber bis zu dem Zeitpunkt der Entdeckung es als 100% gegolten hat, sind sämtliche Annahmen damit zwar nicht grundsätzlich falsch, lassen aber das Erkennen der Ausnahme nicht zu….
Taleb hat dieses Phenomän als erster beschrieben, das Buch gilt als Innovationsbibel…
Im Übertrag auf die Diskussion zwischen Klabautermann und mir, sagt K. Dass wir, das Militär, nicht in der Lage sind, solche Ereignisse zu erkennen, und damit durch einen black swan konstruierenden , ergo asymmetrisch agierenden Gegner quasi gesteuert werden können, während ich behaupte, dass wir im Militär ( und auch inden westlichen Gesellschaften) Tools besitzen, um der Black Swan Falle entgehen zu können…. Wenn wir akzeptieren, dass es Black Swan gibt.
@Soenke
Moin, super Zusammenfassung
@Soenke Marahrens:
Der deutsche Fuehrungsprozess sieht – nach meinem Verstaendnis – ebenfalls kontinuierliche Feedbackschleifen vor (siehe Moltke 1870).
Nur weil eine gute Idee heutzutage unzureichend gelehrt und mangelhaft umgesetzt wird, sollte man nach meiner Ueberzeugung die gerechtfertigte Kritik auf die Umsetzung beschraenken und nicht auf die urspruengliche Idee.
Moltke und Boyd sind sich dem dynamischen und friktionalen Charakter von Kriegen bewusst und plaedieren, daher fuer dezentrale Entscheidungsfindung.
Aber die USAF war eben seit Neugruendung unserer Luftwaffe stets das grosse Vorbild.
Hier eine ganz interesante Darstellung der Gemeinsamkeiten:
https://ulix.es/dateien/digitale-dokumente/john-boyd-kompendium/john_boyd_-_organic_design_for_command_and_control_pdf_of_ppt.pdf
(Fuer Sie wahrscheinlich nichts Neues, aber es scheint ja mehrere hier zu interessieren).
Ein radikal anderer Ansatz als die mechanistisch-deterministischen Planungsvorstellungen in der NATO. Dort ist man ja mittlerweile stolz darauf Management-Methoden der oeffentlichen Verwaltung zu nutzen (RBM in operational assesment handbook)
Noch eine Frage zu Taleb:
Ist sein Buch nicht eine Weiterentwicklung der Popper’schen Falsifikation?
In der Tat eine schöne Zusammenfassung.
Jetzt sollte man meiner Meinung die Frage betrachten, was die Parameter sind für:
a) Wir haben keine relevante Anpassungsfähigkeit und können durch singuläre Ereignisse fremdgesteuert werden. Hier wird gern das Bild vom Dinosaurier bemüht, der mangels Anpassungsfähigkeit ausstarb. Wurde uns mit 9/11 ein schwarzer Schwan untergejubelt, der uns zerstört, weil wir unsere Reaktionsmechanismen nicht angemessen reflektieren?
b) Wir erkennen, was da mit uns gespielt wird und regieren angemessen, entwickeln eine dominante Strategie und setzen diese um.
Hierbei kann durchaus die Frage gestellt werden, ob Unterwerfung unter den Willen, der einem aufgezwungen werden soll, nicht auch eine dominante Strategie ist. Herr Polenz scheint dieser Denkschule beispielsweise sehr aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Hätten wir also Frieden, indem wir einfach weltweit die Ideologie des politischen Islams übernehmen? So nach dem Motto: Lieber Muslim als tot! Müssen wir unserer Bevölkerung so lange den „Dialog mit dem Islam“ schmackhaft machen, bis wir unsere Werte durch die des politischen Islams ersetzen?
Was sind die Konsequenzen, wenn wir dies für den falschen Weg halten?
@ Memoria | 04. November 2012 – 11:24
Zitat: „Der deutsche Fuehrungsprozess sieht – nach meinem Verstaendnis – ebenfalls kontinuierliche Feedbackschleifen vor (siehe Moltke 1870).“
Was bringen Feedbackschleifen etc. innerhalb der Sicherheitsorgane, wenn das Problem nicht innerhalb der „Black Box-Organisationseinheit Sicherheitsorgane“ gelöst werden kann?
@Sun Tzu
Und wieder wird der Islam mit dem Islamismus vermischt!
„Lieber Muslim als tot! Müssen wir unserer Bevölkerung so lange den “Dialog mit dem Islam” schmackhaft machen, bis wir unsere Werte durch die des politischen Islams ersetzen?“
Nein, müssen wir nicht und der Islam ist in Deutschland auch keine relevante sicherheitspolitische Frage! Es gibt in der BRD keine Glaubenskonflikte, der über einzelne Straftaten hinausgeht! Der politische radikale Islam wird durch den BND erfolgreich beobachtet und die erforderlichen Maßnahmen getroffen! Das Spiel der türkischen Regierung sollte angesprochen werden und anstelle der Kuschelpolitik zur türkischen Rgierung, sollte Position bezogen werden aber, dann müssen auch die, welche sich zum deutschen Staat bekennen endlich als deutsche Staatsbürger respektiert werden (auch hier wäre wichtig, dass anatolischstämmige Bürger ein recht auf ihre Kultur haben, wie es die Friesen, Sorben und Roma auch haben) jedoch sind sie eben keine Türkischen Staatsbürger!
„Was sind die Konsequenzen, wenn wir dies für den falschen Weg halten?“
Ihn für den falschen Weg halten und den richtigen gehen!
Glaube ist Glaube, Politik ist Politik und Kriminelle sind Kriminelle!
@ Elahan | 04. November 2012 – 12:11
Nur zur Klarstellung: Der anatolischstämmige Facharbeiter muslimischen Glaubens ist in der Regel nicht das Problem und hier nicht das Thema (wenn ich mir allerdings ansehe, dass hier viele sich nach wie vor der Türkei eher verbunden fühlen als ihrem heutigen Heimatland, dann könnte das ein Problem sein, dessen Dimension aber eher mit nationaler Identität/Rassismus gegenüber Nicht-Türken zu tun hat, als mit Religion). Wir reden hier vom politischen Islam, oft auch als Islamismus bezeichnet.
Schauen wir mal auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Wie viele davon haben unmittelbar/mittelbar mit den vom politischen Islam verursachten Problemen/Konflikten zu tun? Selbst Jugoslawien gehört weitgehend dazu …
Was ist die Aufgabe der Bundeswehr? Warum kämpfen wir dann in diesen Konflikten? Was ist unser sicherheitspolitisches Interesse? Warum denkt man jetzt über eine Intervention in Mali nach? Worin liegt die Ursache für die Notwendigkeit einer solchen Intervention? Ob in Nordafrika Menschen verhungern oder ermordet werden, ist für uns erst einmal nicht sicherheitspolitisch relevant.
Wir sollten langsam zum Kern der Fragestellung vordringen und eine angemessene Antwort finden.
Zitat: „Glaube ist Glaube, Politik ist Politik und Kriminelle sind Kriminelle!“
Der politische Islam sieht das grundlegend anders. In einem islamischen Gottesstaat ist selbst der Umgang mit kriminellen eine religiöse Fragestellung.
@ SunTzu
Sie haben es auf den Punkt gebracht ! Moltke und auch Boyd heben immer noch ab auf ein auf Linearitäten (mono-Ursache/mono-Wirkung) reduziertes Modell der Beherrschung komplexer Strukturen (Centerofgravity-Denke).
Taleb und Co denken an ein Modell der Beherrschung komplexer Systeme (Systempunkt-Denke – keine Linearitäten, Kausalitäten, etc…sondern nichtlineare Varianzen in allen System-Parametern).
Mathematisch ist das der Unterschied zwischen Vektor und Tensor. Um es mal plakativ zu formulieren: solange CIA, DOD,StateDp und White House ihre jeweiligen OODA-loops nicht rein kybernetisch (rückkopplungs-axiomatisch, ohne PC-bias) vernetzen, wird das eben nix mit „vernetzter Sicherheit“…..
Anders ausgedrückt: es geht strategisch-operativ in erster Linie um failure/risk Minimierung und nicht um expected performance/profit assessment.
und zur Ergänzung meines o.a. Kommentars:
Was ist der Unterschied zwischen operational design und operational engineering? Nun, operational design berücksichtig immer Sicherheits-Margins, funktionale Redundanzen und echte Reserven.
Operational engineering folgt immer dem „just in time and budget“-Ansatz und schaut in erster Linie auf Minimierung, bzw. Eliminierung von Kosten in Sachen Sicherheitsaufschläge, Reserven und funktionalen Redundanzen sowie systemisch-bedingten overheads (z.B.:Beruf und Familie, haha), die ja gerne mit dem Totschlagargument „unnötige Duplizierung, bzw. ponyhof-Mentalität“ sofort raus fliegen aus jeder operativen Planung.
@Klabautermann
Wir hätten ja die Tools
http://www.dailymail.co.uk/news/article-1269463/Afghanistan-PowerPoint-slide-Generals-left-baffled-PowerPoint-slide.html
Solange wir aber glauben, , dass man Komplexität im Sinne von Alexander des Großen wie dieser den Gordischen Knoten „einfach“ mit dem Schwert lösen kann……
@Memoria…. Ich muss bei der Quelle zu Moltke passen, die muss ich mir erst besorgen, ich habe bisher immer nur gesehen, dass man im deutschen Führungsprozess (bis 2008) gemaess HDV die Kontrolle nur als letzte Stufe gesehen hat, um von dort aus nachzusteuern, wäre ihre Aussage richtig (Konjunktiv, weil ich es nicht weiß) waere damit die Änderung von 2008 eine Verschlimmbesserung…… Bzw Ueberfluessig….
Ich sehe bei Boyd aber (im Gegensatz zu Klabautermann) ständige Feedbackschleifen in allen Phasen und auf allen Ebenen…..kulturell (damit gegen pc) , enviromental damit gegen eine ich mache die Welt, wie Sie mir gefällt, (Pippi Langstrumpf lässt gruessen) aber auch kognitiv ich weiß, dass ich nichts weiß), ich gebe Klabautermann aber recht, wenn er kritisiert, dass Militaer eben nur wie Militär denken kann….(dagegen haben unsere Altvorderen aber die Pflicht zur Bildung gesehen, also lesen, lesen, lesen und Studienreisen….
Darauf aufbauend wuerde ich das Militär aber a la Boyd als für lernfähig halten.. Setzt aber den Willen dazu heraus…
Und im Rahmen dieser Bildungsdebatte würde ich dann behaupten, dass ein Offizier sehr wohl studiert haben sollte…… Das gehört dann aber in einen anderen Thread….
Ich habe mal in Hamburg böse Schiffbruch erlitten ;-) als ich in Umkehrung von Sun Tzu im Unterrichtsfach Kulturelle Kompetenz die Frage gestellt habe, wie ich eigentlich im Einsatzgebiet die deutsche (westliche) Kultur glaubhaft vertreten soll…..um glaubwürdig zu bleiben, schließlich will ich ja nicht der bessere Einheimische werden ;-)
Wann schreiben wir alle mal zusammen ein Buch zur Entscheidungstheorie im 21. Jahrhundert?
Bzw wäre das jawohl mal die Augabe unseres Gastgebers T.W.;-)
@Sun Tzu
Genau der politische Islam sieht das anders als wir (und deshalb mach ich mir seine Sichtweise nicht zu eigen) und wenn sich seine Anhänger und Unterstützer gegen uns und unsere Verbündete richten, dann müssen diese mit den entsprechenden Werkzeugen bekämpft werden!
Aber was machen wir (NATO/ UN)? Wir schicken das Militär in ferne Länder und gehen nicht an die Ursachen (SA, PAK, respektlosigkeit und Mißachtung anderer Kulturen, zerstörung wirtschaftliche Grundlagen uvm) anstelle mit ernstgemeinter vernetzter Sicherheit und dem ganzen Werkzeugkasten zu arbeiten!
@Soenke
Als ich in der Wiener Strasse 12 meinen Dienstsitz hatte, hab ich alle Besucher immer gefragt: wieso heißt die Wiener Strasse, Wiener Strasse ? Nur einer von ca. 200 kam auf Norbert Wiener ;-)) So viel zum wissenschaftstheoretischen Bildungsstand unserer teutonischen Elite !
@Soenke Marahrens
Richtig und im Gegensatz zu unserem Kulturkreis (welcher von den hunderten in der EU und BRD sind gemeint:-)) ist jedem Bergbauern in der Türkei und in AFG klar, dass ein Gast, Gast ist und seine eigene Kultur hat nur der westliche Tourist und Soldat (natürlich nicht jeder) respektiert andere Kulturen nicht, sondern glaubt eine höherwertigen anzugehören und anderen seien nur noch nicht entwickelt!
@Soenke
Der McCrystal-Satz war von ihm ironisch gemeint. Allerdings ist dieser Mann intelligent und klug, und deswegen hat er die ‚alternativlose‘ bail-out-option gewählt. Allen hatte nicht genug ‚balls and guts‘ mit seinem 60-minutes-Interview. Also muß er die mission-impossible-Pille weiter schlucken.
@klabautermann
Als ich mal bei Türkheim wohnte, hatten mich alle Besucher gefragt…….soviel zum Bildungsstand unser u.a. slawisch stämmigen Elite:-)
@ Soenke Marahrens | 04. November 2012 – 13:22
@ Elahan | 04. November 2012 – 13:23
Jetzt kommen wir dem Kern der Sache schon näher.
Dann landen wir aber zwangsläufig bei so Fragen wie:
Was/Wer sind wir? Was/Wer sind die „Anderen“, mit denen es Probleme gibt? Was wollen wir sein? Was wollen „die“ sein? Wofür stehen wir? Was sind unsere Normen und Werte? Wann lohnt es sich, für dieses Selbstverständnis einzutreten? Wann muss man für dieses Selbstverständnis kämpfen? Was ist kompatibel zu unseren Normen und Werten? Was ist inkompatibel? Wie gehen wir mit Inkompatibilitäten um (Abschottung? Wir machen uns anderen gegenüber kompatibel, d.h. unterwerfen uns? Wir machen andere kompatibel, d. h. unterwerfen sie? Wir bauen ein Interface, was trotz Abschottung gewisse Interaktion möglich macht? …)? …
Die Grundfrage nachdem, was unsere Entscheidungsfindungsmechanismen sind und welches Fundament/welche Theorie dem zugrunde liegt, geht genau in die richtige Richtung.
@SunTzu
Zustimmung, aber dann sollten wir Demokratie nicht als Selbstzweck, bzw. bussiness-Modell verstehen. Könnte es sein, dass wir selbst eine Aufklärung 2.0 brauchen ?
Einfache militärische Lösung!
1. Verteidigung bei Angriff und zwar mit allen Mitteln die zur erreichung des Zieles nötig sind und aufgebracht werden können!
2. Nicht mili Einmischung in Innerstaatliche Angelegenheiten anderer Staaten!
3. Für den Rest sind Organisationen auszubauen oder zu schaffen ( ggf Frontex-Spezialtruppen) welche dann vernetzt agieren!
In den USA tobt zZt in gewissen intellektuellen Kreisen die Diskussion, ob durch diesen ‚engineering‘ Wahnsinn wir nicht alle in die Eloi-Falle getrieben werden…. siehe: H.G.Wells.
Eloi: Eine durch social engineering gezielt entmündigte und degenerierte Ethnie in der Zukunft, die nicht mal mehr in der Lage ist, ihre individuelles und kollektives Überleben zu organisieren.
@ Elahan | 04. November 2012 – 13:33
Na ja, aber gerade der deutsche ISAF-Ansatz in Afghanistan war ja, den „hinterwäldlerischen“ Afghanen die Segnungen von unseren modernen Brunnen, Mädchenschulen, Gender- Politik und Demokratie mit Waffengewalt in die Köpfe zu bomben.
Faktisch wurde mit 9/11 festgestellt, dass es Inkompatibilitäten zwischen unserer Art des Lebens und der der Taliban gibt. Der OEF- Ansatz war Abschottung (hier kommt keiner raus, der uns was will). Der ISAF-Ansatz war dann: Wir unterwerfen die Afghanen der Lebensweise, die wir für richtig halten … was die Afghanen dann nicht wollen … war wir dann irgendwie gar nicht verstehen wollten, weil doch angeblich unsere Sicht auf die Welt die einzig wahre fortschrittliche Form des Lebens sei …
PS: Manch ein Türke lacht sich aber auch Schrott, wie einfach es nach 1529 und 1683 im 21. Jahrhundert geworden ist, den Job zu Ende zu führen. Man hat halt im (Neo-)Osmanischen Reich von Theodor Herzl gelernt, wie man es anfangen muss …
@Klabautermann
Das mit dem Ironisch haben diesmal die Medien daraus gemacht….
Mccrystal ist bei seiner EinweIsung für Afghanistan bei dem Deskofficer, der die Folie (plus den Rest des Foliensatzes und das zugehörige Dokument) als einzigem in DC uebrer 6h geblieben…., betrachten Sie mal sein Händeln (ex Post Cathedra ) unter der Prämisse, dass er die Spaghetti slide als „wahr“ angenommen hat….
Dann bekommen die Afgahn Mission Network Initiative und die von ihm geänderten Rules of engagement eine völlig andere Dimension….. Der Mann kam von SoCom…..der wusste bereits was COIN ist bevor die Army mit Kicullens (einem Australier) Hilfe das FM geschaffen hatte……ob man damit auch seine für ihn verhängnisvollen Interviews erklären kann….. Soweit möchte ich mich jetzt nicht aus dem Fenster legen….
@Soenke
schon klar……seine spontane Äusserung war natürlich nicht ironisch gemeint, sondern PC-konform. However, der Bursche eben kein Marine ;-)
@Sun Tzu
„Na ja, aber gerade der deutsche ISAF-Ansatz in Afghanistan war ja, den „hinterwäldlerischen“ Afghanen die Segnungen von unseren modernen Brunnen, Mädchenschulen, Gender- Politik und Demokratie mit Waffengewalt in die Köpfe zu bomben.“
Wurde uns gesagt, aber der Grund war ja ein anderer! BRD wollte dabei sein,
„Faktisch wurde mit 9/11 festgestellt, dass es Inkompatibilitäten zwischen unserer Art des Lebens und der der Taliban gibt.“
Auch das ist nicht war und jedem ist bekannt, dass die Taliban nichts mit 9/11 zu tun haben!
“ Manch ein Türke lacht sich aber auch Schrott, wie einfach es nach 1529 und 1683 im 21. Jahrhundert geworden ist, den Job zu Ende zu führen. Man hat halt im (Neo-)Osmanischen Reich von Theodor Herzl gelernt, wie man es anfangen muss …“
Sie unterstellen, dass das die Absicht des Zuzuges in die BRD eine Politik des besetzen ist!
Aber das ist falsch! Auch hat die türk Politik nicht die Absicht ihr Staatsgebiet auf DEU auszuweiten! Das Gegenteil ist der Fall, Erdoğan hätte seine Landsleute und auch die welche hier geboren sind in seinem Land (natürlich nicht die Kriminellen). Aber auch wir werben ja um unsere Deutschstämmigen in Israel, USA, Rumänien, Russland uvm. deren Vorfahren stammen meist noch nichteinmal aus den Gebieten der Vorläufer der BRD!
Aber das hat nu mit Mali eher weniger gemein und Herzl auch nicht :-)
@Klabautermann
Er hätte die Folie ja nicht zeigen müssen…… EBO war zu dem Zeitpunkt Bereits schon durch einen Marine getötet….. Aber nicht weil er-Mattis- es nicht verstanden hatte, sondern weil er anders das overengeneering in der Etappe nicht mehr stoppen konnte…. Mit TEBO USW……. Aber wer je seine Stunden in Kolibri erfasst hat, weiß um was es geht…
Tun Sie mir mal den Gefallen, un folgen Sie meiner Idee :-)
Erdoğan selbst stammt vom Volksstamm der Lasen ab, der schon im 16. Jahrhundert vom georgisch-orthodoxen Glauben zum Islam übertrat und heute überwiegend in das türkische Staatsgefüge integriert ist. Ist also im ethnischen sinn kein Türke!
@ Elahan | 04. November 2012 – 14:18
Ich zitiere in diesem Zusammenhang mal einen gewissen Recep Tayyip Erdoğan. Der soll ja kein ganz unbedeutendes Amt innehaben:
„Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.“
Also ich finde das recht deutlich. Aber das meint er wahrscheinlich nicht so … Hitler hat man ja auch nicht abgenommen, das der „Mein Kampf“ ernst meint.
Während die Diskussion ein ganz klein wenig ausfasert… mal was aus Afghanistan zu Ismail Khan, erneut von TOLONews:
@Sun
Ja, für seinen Glauben setzt er sich ein und ist somit ein typischer Europäer der westlichen Welt. Auch Politiker mit christlichem Glauben haben z.T. missionarischen Eifer, ich denke da mal an die Debatte um die jüdisch-christliche Leitkultur oder unsere östlichen Nachbarn mit slawischen Wurzeln!
Aber wir sollten T.W. beim Wort nehmen und nicht OT fasern :-)