Kurzer Blick auf Mali: Islamisten suchen Verstärkung
Das Vorgehen der afrikanischen Staaten, der internationalen Gemeinschaft (und letztlich auch: gegebenenfalls der Bundeswehr) gegen die faktische Besetzung des Norteils von Mali durch Islamisten ist noch ziemlich unklar. Die Gegenseite schafft schon mal Fakten, wie die Nachrichtenagenturen heute berichten:
HUNDREDS of jihadist fighters have poured into Mali over the weekend to support the Islamists who have controlled the north for seven months, ahead of a threatened regional intervention to seize back power.
Residents of the cities of Timbuktu and Gao, Malian security officials and Islamist commanders all confirmed on Sunday that there had been a huge influx of foreign fighters over the past two days.
It comes as the Economic Community of West African States (ECOWAS), a regional bloc of 15 countries including Mali, prepares for military action in the north.
„In the Timbuktu region and around Gao, hundreds of jihadists, mostly Sudanese and Sahrawis, have arrived as reinforcements to face an offensive by Malian forces and their allies,“ a Malian security official said.
One resident of Timbuktu said „more than 150 Sudanese Islamists arrived in 48 hours“.
„They are armed and explained that they had come to help their Muslim brothers against the infidels,“ he said.
Dabei gibt’s noch nicht mal einen Plan für eine militärische Intervention (außer bei den Franzosen, vermutlich).
Man kann eine solche Konzentration von Zielen auch als Chance verstehen. Ein Kenner solcher Situationen argumentierte einmal, dass diese Bewegungen von Kämpfern prinzipiell stabilisierend auf ein regionales Umfeld wirken können, solange sichergestellt sei, dass nicht allzuviele dieser Kämpfer mit der gewonnen Erfahrung den Schauplatz des Konflikts wieder verlassen. Der Irak sei ein Beispiel dafür gewesen: Er hätte zehntausende Personen angezogen, die ansonsten woanders Probleme erzeugt hätten, und die mit Masse nicht zurückgegekehrt seien. Die ursprünglich befürchtete Wirkung, dass die Irak-Intervention ähnlich verstärkend auf militanten Islamismus weltweit wirken würde wie der sowjetische Afghanistaneinsatz, habe sich deshalb nicht bestätigt.
Dass die islamistischen Kämpfer in Mali offenbar in konventionellen Rollen eingesetzt werden sollen, macht sie im Vergleich zum Irak zudem ansprechbarer für militärisches Vorgehen als es diese Kämpfer im Irak meist waren.
@ orontes
wir sind uns nicht oft einig, aber so zynisch ihre interpretation des ganzen ist, so sehr sehe ich mich gezwungen hier zuzustimmen ;)
@Orontes: „zehntausende“? Sicher nicht. Tausende, ja, da kann man drüber diskutieren, aber nicht „zehntausende“.
@ Orontes: „Man kann eine solche Konzentration von Zielen auch als Chance verstehen.“
Für eine B52?
Atomziel!
Ich denke hier ist eher ein konventioneller Einsatz gemeint wie im Irakkrieg, nur dass die Republikanischen Garden hier malische und nicht-malische AK-Träger etc sind.
@ Orontes
Der Irak sei ein Beispiel dafür gewesen: Er hätte zehntausende Personen angezogen, die ansonsten woanders Probleme erzeugt hätten
Ja, er hatte ein paar ausländische Kämpfern einen Nährboden geboten, auf dem sie mit dem Entfachen eines die ganze Region destabilisierenden schiitisch-sunnitischen Bürgerkriegs und jahrelanger westlicher Ohnmacht mit Zehntausenden Gefallen (und hunderttausenden toten Zivilisten) ein enormes Vielfaches an Schaden anrichten konnten als ihnen das irgendwo sonst möglich gewesen wäre. (Von dem ganzen Rattenschwanz an weiteren Folgen dieses dämlichen Kriegs mal ganz abgesehen.)
Nach der Logik wäre auch 9/11 ein Erfolg gewesen: Alle Takfiristen hats erwischt, und sonst hätte man die vielleicht nie gekriegt…
Kurzer Nachtrag zu Mali:
Das vermehrte Eingreifen ausländischer Islamisten ist aber tatsächlich ne Chance. Immerhin kann man dann womöglich die „Die Islamisten sind noch fremder als wir“-Karte spielen. (Die vielzitierten Beispiele wo das geklappt hat wären ja Ost-Timor und letztlich Irak. Und Afghanistan der Fall, wo man es trotz guter Ausgangslage leider oft nicht hinbekommen hat, was wenig optimistisch stimmt.)
@J.R.
Ich wollte nicht den Irak-Einsatz als Erfolg darstellen, sondern nur darauf verweisen, dass die Folgen außerhalb des Iraks nicht ganz so schlimm waren wie von manchen erwartet bzw. von militanten Salafisten z.T. erhofft. Da in Nordmali bereits Krieg herrscht, ist die Ausgangslage ja hier eine andere, aber wenn der Konflikt jetzt Kämpfer aus der Region anzieht, dann stellt dies eben auch eine Chance dar. Nutzt man diese nicht, hat man es aber ggf. am Ende mit einer entsprechenden Zahl kampferfahrener militanter Islamisten zu tun, die vor Ort transnationale Netzwerke aufgebaut oder verfestigt haben und dann nach Rückkehr in ihre Heimat (vielleicht auch nach Europa/in Syrien und Somalia scheint gerade eine gewisse Zahl von Muslimen aus Europa zu kämpfen) eine umso größere Gefahr darstellt.
@zog
Sie haben Recht, die Zahl war eher als Metapher gemeint.