Deutsche Waffen in Taliban-Hand?

Das klingt bedrohlich: Die Bundeswehr wird von den Taliban in Afghanistan auch mit deutschen Waffen angegriffen, berichtet dpa unter Berufung auf eine Pseudo-Exklusivmeldung der Kölner Zeitung Express, und in manchen Medien gibt’s noch einen Dreh dazu: In Afghanistan müssen Bundeswehrsoldaten immer öfter gegen Taliban kämpfen, die mit deutschen Waffen ausgerüstet sind.

Nun ja. Die zugrunde liegenden Fakten sind ganz exklusiv in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei (BT-Drucksache 17/10413) zu lesen, auf die der Bundestag heute in seinem RSS-Feed hingewiesen hat. Und beim Blick auf die Antworten relativiert sich das ein klein wenig.

Folgende nachvollziehbare Waffenfunde aus deutscher oder im Ausland unter deutscher Lizenz hergestellter Produktion sind dokumentiert:
06.04.2009
Zwei deutsche Repetiergewehre (vermutlichKarabiner 98k aus der Zeit des 2.Weltkrieges, Standard-Infanteriewaffe der deutschen Wehrmacht) mit Munition.
23.12.2009
Ein Mörser MOSER (unbekannte Bezeichnung) aus deutscher Produktion. Keine weiteren Angaben.
06.08.2010
Eine Maschinenpistole (MP), deutsch. Keine weiteren Angaben.
27.10.2010
Zwei deutsche Pistolen mit Schalldämpfer. Keine weiteren Angaben.
27.11.2010
Ein deutsches Maschinengewehr. Keine weiteren Angaben.
08.02.2011
Eine Maschinenpistole (MP), Fabrikat GREASEGUN. Der entsprechende Eintrag in der Datenbank CIDNE ist widersprüchlich, da zunächst der Fund einer MP deutschen Fabrikats eingetragen ist, die Waffe dann jedoch als „GREASE GUN“bezeichnet wird, die bis etwa 1950 in den USA hergestellt wurde (Hersteller ist Guide Lamp Division).
13.11.2011
Ein deutsches Sturmgewehr G3, ohne Munition. DieseWaffe wurde bis 1995 als Standardwaffe bei der Bundeswehr genutzt. Hersteller ist die FirmaHeckler und Koch in Oberndorf am Neckar.

sowie bei Sprengmitteln vor allem Handgranaten des Typs RDG5, ein DDR-Nachbau einer russischen Handgranate.

Auch wenn jede einzelne deutsche Waffe in den falschen Händen eine zu viel ist: Die genannten belastbaren Zahlen (auch wenn die Statistik nur bis 2009 zurückreicht) klingt nicht danach, als ob die Aufständischen flächendeckend mit deutschen Waffen ausgerüstet wären. Aber die genannten zahlen, auch bei den Sprengmitteln, können Experten vielleicht besser bewerten.

Nachtrag: Ein Leser weist mich auf dieses Video bei LiveLeak hin. Jenseits der Frage, ob hier unterschiedliche Aufnahmen/Orte zusammengeschnitten wurden – es scheint, so der Hinweis, als würde (bei 0:12 auf dem Motorrad) eine Waffe transportiert, bei der es sich um eine Granatmaschinenwaffe handeln könnte? Das wäre in der Tat eine ganz andere Qualität als die oben genannten Handfeuerwaffen.