Zollfrei Einkaufen in Afghanistan
Aus gutem Grund bin ich hier im Blog bislang nicht auf die Geschichte mit Entwicklungsminister Dirk Niebel und seinem afghanischen Teppich eingestiegen. Eine aktuelle Meldung der Nachrichtenagentur Reuters muss ich aber aufgreifen:
Der von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel aus Afghanistan eingeführte Teppich für seine Wohnung war nach Darstellung des FDP-Politikers zollfrei. Afghanistan unterliege als eines der „am wenigsten entwickelten Länder“ einer Sonderregelung der Europäischen Union, sagte Niebel am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur. Demnach dürften auch Privatpersonen Gegenstände wie Teppiche zollfrei nach Deutschland einführen. Der in Kabul gekaufte Teppich sei daher nicht zollpflichtig gewesen.
Niebels Ministerium legte dazu die Passage einer EG-Verordnung des Europäischen Rates vom 22. Juli 2008 vor (EG-VO Nr. 732/2008). Damit wurden die Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Afghanistan vollständig ausgesetzt. Die eigentlich bis Ende 2011 vorgesehene Regelung wurde im Mai vergangenen Jahres auf unbegrenzte Zeit verlängert.
Interessante Verordnung. Ich nehme an, das Bundesministerium der Verteidigung und der Zoll kennen diese Regelung und wenden sie auf die Mitbringsel von deutschen Soldaten bei Rückkehr aus dem Afghanistan-Einsatz auch an.
Ich glaube nicht das diese Regelung im BMVg oder beim Zoll bekannt sein sollte. Denn, wenn doch, würde dies einer eklatanten Verletzung der Fürsorgepflicht des Diestherren gegenüber seinen Unterstellten bedeuten. Oder kurz und knapp: Es wäre schlicht weg Betrug! Egal, der Sachverhalt wird sich sicher in den kommenden Tagen (schon allein durch seine Medienpräsenz) aufklären lassen. In jedem Fall bleibt schon jetzt der bittere Nachgeschmack, einer Vorteilnahme durch Politiker in ihren Ämtern.
Zoll und Einfuhrumsatzsteuer von 19 Prozent des Kaufwerts sind nicht das selbe.
Zollfrei ja, Einfuhrsteuerfrei nein.
Er hätte den Teppich in jedem Fall bei der Einfuhr deklarieren müssen, da dessen Wert den Einfuhrsteuerfreibetrag übersteigt und das weiß jeder Mallorcaurlauber.
Vollpfosten.
Meines Wissen dürfen doch nur Waren bis zu einem Gesamtwert von 430€ von Soldaten eingeführt werden.
Hallo.
Ja, diese Verordnung gibt es. Diese besagt die ZOLLfreiheit von Waren aus bestimmten Ländern. Allerdings liegt der Zollsatz bei seidenteppichen (kenne das gute Stück ja nicht) bei ca. 8€ pro qm, wenn es hochkommt.
Trotzdem gibt es ja noch die Einfuhrumsatzsteuer, die 19% beträgt.
Und im Umsatzsteuergesetz steht nicht, dass diese Waren Umsatzsteuerfrei eingeführt werden dürfen.
Ob das BMF natürlich hier Erlasse, Regelungen etc. hat, ist nicht bekannt.
Und zum Thema Soldaten:
Die Masse der Soldaten kauft im Einsatz nicht allzuviel ein. Und wenn der Einsatz beendet ist, müsste der Soldat ja auch eine Steuererklärung abgeben, zumindest war das bei meinen Flügen bei Y-Air so.
Wenn natürlich gewissen Outdoorshops Umsatzsteuerfrei an die Feldpostadresse liefern, bedeuet das, dass nach Einsatzende die Waren komplett angemeldet und Verzollt werden müssten.
Ob die Kameraden das durchführen ist aber eine andere Sache.
Waren, die Soldaten mit sich führen, unterliegen der Reisendenregelung mit der Freigrenze von 430€.
Summa sumarum: Zollfrei oder nicht, die Umsatzsteuer mit den Transport und Beförderungskosten macht das ganze schon etwas happig.
Und ich frage mich was denn gewesen wäre, wenn aus dem Dunstkreis des BND der Sachverhalt NICHT an die Presse gekommen wäre…
Zum Thema Staatsgeschenke jibbet es auch klare Regelungen:
Wenn ich die in meinem dienstlichen Umfeld auf den Boden legen oder an die Wand hängen will, dann gehen die in das Inventar des Bundes, des Landes oder der Gemeinde über und wenn ich die privat nutzen will, dann muß ich daran „Eigentum erwerben“ in Abhängigkeit von Besoldungsstufe und Schätzwert.
Alles geregelt in diesem unserem Lande ;-)
@ Insider
Die 430 € sind die Regelung für Waren, die „Reisende“ aus dem EU Ausland in die EU Einführen. Zwingend erforderlich ist hierbei, das die Ware körperlich beim Reisenden sein muss.
„Mitbringsel“ und Geschänke die per Post, Feldpost oder im Gepäck sind, haben keinerlei Freigrenze
@Fnu Snu
völlig richtig, deshalb lass ich mir von Mutti auch keine Weinbrandbohnen mehr nach Norwegen schicken mit der Post, sondern kauf die auf der Fähre ;-))
Mitnehmen was geht und dann noch rechtfertigen………hat inzwischen Tradition :-)
also der letzte Teppich den ich in Afghanistan gekauft habe ;) war sauber deklariert und wurde demzufolge vom Zoll erst nach Zahlung der Steuer in Höhe von 19% des Wertes freigegeben…
Aber schon interessant wie kurz man auch im Ministerium auf der Suche nach Ausreden springt …ähm… stolpert… abgesehen davon, dass der gute Mann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht von allein auf diese Verordnung verfallen ist… (sonst hätte er sie vielleicht auch bis zum Ende gelesen)
@Kerveros
…war sein Anwalt, siehe FTD
ich sage nur Dienstpost…mit der haben manche Kommandeure schon ganze Wohnungseinrichtungen verschickt…!!!!!!!
350 Euro Warenwert bei der Heimreise, 50 Zigaretten per Post pro Woche.
Die Regelung wäre mir nur und würde den ein oder anderen Kameraden bestimmt freuen, der nun in Revision gehen würde ;D
@Djung
50 Zigaretten pro Woche sind aber regelmäßig.
Und der Begriff Geschenksendung spricht explizit von „unregelmäßig“.
;-)
Auch Herr Niebel reiht sich in die lange Schlange der „armen, völlig unterbezahlten“ zum Beispiel Bundestagsabgeordneten ein, die mit ein paar Stangen mitgenommener Zigaretten aus dem PX in den Flieger steigen und davon ihren bescheidenen Lebensunterhalt finanzieren müssen.
“ schluchz“
So helft ihm doch,
Teppiche, am besten fliegende, für alle!
@FNU SNU
Jede Woche Montags wäre regelmäßig, aber an unterschiedlichen Tagen.. ;)
Gut zu wissen, dann kann ich ja meine nächste Kalaschnikow aus Afganistan mitbringen