Demnächst im Programm: „Urban Warfare“ in der U-Bahn
Wegen anderer Verpflichtungen konnte ich mir das heute nicht anschauen, aber Andere waren da: Die Bundeswehr baut ein Trainingsgelände für Urban Warfare – den Kampf im städtischen, bewohnten Raum:
Spiegel Online* : Schöner schießen in „Schnöggersburg“
MDR*: Bundeswehr baut Kampfstadt in der Heide
Deutschlandradio*: Bundeswehr baut gigantische Übungsstadt
Von der Bundeswehr heißt es dazu:
Die Einsatzrealität der Bundeswehr zeigt, dass derzeitige und zukünftige Konflikte und Krisenherde dort entstehen, wo soziale und kulturelle Ballungsräume zu finden sind. Bereits heute kennzeichnen eine Vielzahl von unterschiedlichen Operationsarten die internationalen Missionen der Bundeswehr. (…) Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat das Bundesministerium der Verteidigung entschieden, einen „Urbanen Ballungsraum“ im Gefechtsübungszentrum Heer auf dem Truppenübungsplatz Altmark zu schaffen. Damit sollen zukünftige Einsatzverbände mit bis zu 1.500 Soldaten auf ihren Einsatz in Operationen in bebauten Gebieten bestmöglich vorbereitet werden. Der „Urbane Ballungsraum“ ist mit einer Gesamtgröße von 1,5 mal 2,5 Kilometer im nördlichen Teil des Übungsplatzes ausgeplant und umfasst 520 Gebäude sowie alle weiteren wichtigen Merkmale wie beispielsweise Straßen, Wege, Kanalisation, U-Bahn und Bahnhof.
(* Falls jemand fragt, warum ich trotz des Streits um das geplante Leistungsschutzrecht Spiegel Online und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten verlinke: Hier steht die Erklärung.)
Sehr gut …. bin etwas verwundert, das dass erst jetzt angegangen wird.
Na je nachdem wie lange das schon geplant wird, könnte man meinen, dass sich die Bundeswehr hierfür bei einem moderneren Videospiel die Umgebung abgeschaut hat.
Kann mich meinem Vorredner aber nur anschließen und die Meinung erweitern:
Die Bundeswehr hört den Schuss für Erneuerungen meistens viel zu spät.
Die Pressemeldung kommt erst jetzt, ja. Konkrete Pläne gibt es schon länger. BONNLAND steht unter Denkmalschutz, LEHNIN ist für den scharfen Schuss gedacht und nicht so umfangreich ausgestattet, SchÜbZ zu MUNSTER dito.
Also diese Pläne gibt es schon seit langem (2010). Damals wurde aber noch um die Finanzierung gekämpft. Ebenso wurde noch um den Umfang einer solchen Stadt gestritten. Es stand allerdings schon fest, dass es im GefÜbZ Heer realisiert werden soll.
Interessant, dass es erst jetzt öffentlich bekannt gegeben wird.
Wenn man jetzt doch bitte auch noch die Personalstärke und Ausrüstung der BW an den Kampf im städtischen, bewohnten Raum:entsprechend anpassend würde …
Einige Hundert Fanatiker schaffen es in Syrien ganze Städte zu kontrollieren und das einzige Gegenmittel sind entweder sehr hohe Verluste oder Artillerie und zerstörte Städte (siehe Falluja).
Was man braucht sind auch von oben sehr gut geschützte Fahrzeuge und darauf Waffen mit sehr hohem Richtwinkel und der Fähigkeit auch Mauern zu durchschlagen. Ansonsten kommt die RPG ohne mögliche Gegenmassnahmen durch das Dach. Dazu dann bitte noch viele Scharfschützen und viel Personal um erobertes Gebeite gegen (Wieder-)Einsickern sichern zu können. Haben wir leider alles nicht.
Warum hat man in der BW aus Grozny nichts gelernt?
@ Thomsen | 20. Juni 2012 – 20:51
Also, die Pressemeldung meinte ich nicht und das großstrategische-goldrand-Vorhaben mind. 35 Jahre Vorlauf haben müssen, war mir klar. Ich dachte jetzt wird auch gebaut … also, doch nur 1. Pressemeldung?
U-Bahn Warfare? ;)
N 24 Bericht , der leo
Da wird zum schluß am Teil 2 erwähnt das der leo auch gedacht währe
Hmm aber was macht man in Afg dann wo er zu schwer sein soll warum wird nicht auf Puma oder den Flenburger Fahrzeugbau Prototyp G5 so was auch angedacht
So richtig großstädtisch-urban hört sich Schnöggersburg irgendwie nicht an.
@chickenhawk
Schnöggersburg ist eines der Dörfer, die 1936 dem Truppenübungsplatz weichen mussten und in dessen Bereich die Ortskampfanlage entsteht.
@ Franz S.
Ja, stimmt, Sie haben recht. Ganz dunkel erinnere ich mich wieder.
Man möge bitte einmal „Stullenstadt“ googlen-unter anderem erhält man auch einen ZEIT-Artikel.
Schnöggersburg ist also wenn: das neue, größere, für geeigneter befundende und folglich zu realisierende „Trainingsgelände für Urban Warfare“.
Frei aus meinem Kopf möchte ich noch bemerken, dass mdr info und mdr sachsen-anhalt schon känger (ca. seit 4 Jahren) konkret über diese und andere Erweiterungen berichteten und auch heuer ist SPON mit seiner Polemik sehr spät dran: mdr info brachte schon vor Wochen einen entsprechenden Beitrag und konnte dabei sogar auf Polemik verzichten.
Neben Finanzierungsgeschichten, sei auch die Bausteine Umweltschutz, daraus folgend: Immissionschutzgesetzgebung, Nutzungsvereinbarungen, usw. genannt…alles Dinge, die eben Projekte verzögern können….alles Dinge, die in einem Land, wo Exekutive nicht Schalten und Walten dürfen, wie sie es „wollen-womit nicht unterstellt sei, die Kommandatur würde keine Rücksicht auf bestehende Gesetze bzw. auf die Interessen der Bevölkerung nehmen wollen!
Die Vornutzer hätten das Ding wohl in ca. 3 Monaten hochgezogen. Man kann das „bewundern“, man kann aber auch erinnern: Dafür nämlich hätte niemand seitens der Bürger Mitsprache gehabt, die Umwelt keine Rolle gespielt und die fehlenden Handwerker/ wie Materialien dem seinerzeitigen Bezirk Magdeburg den Wohnungsbauplan nicht realisieren lassen und ein SPON hätte einen Bericht mit Gefängnis bzw. Sibirien bezahlt.
Bleiben wir also bitte sachlich: Die Frauen und Männer brauchen das zum Training, also soll das gebaut werden. Die Frage, warum es erst 2017 fertig sein soll und nicht nächstes Jahr hielte ich für spannender, aber ich denke, dafür gibt es eben sachliche Gründe, nach denen eben nur niemand fragt, warum auch immer.
Und etwas Ironie:
@chickenhawk | 20. Juni 2012 – 23:12
[…]So richtig großstädtisch-urban hört sich Schnöggersburg irgendwie nicht an.[…]
Man wollte es auch Metropolis nennen. Aber das Leistungschutzrecht…Sie verstehen. Apropos: Ville cosmopolite Schnögger konnte nicht einmal der frz. Verbindungsoffizier aussprechen…und Schnogowka am Don wollte man nicht, warum auch immer.
Man könnte ja auch in Unterfrankens schönstem Dorf die Tunnels zwischen einigen Häusern erweitern …
eine Frage an die älteren Semester …
Unser schönes Land ist ja nun nicht eben dünn besiedelt und agglomerationen verschiedenen umfangs gab es bereits in der Nachkriegszeit…
Hat man es von seiten der „obersten Heeresleitung“ niemals auch nur in Erwägung gezogen, dass ein Abwehrkampf gegen die einfallenden mongolischen Horden des Warschauer Paktes auch in unseren schönen Städten stattfinden könnte? die gerade wegsterbende Großelterngeneration dürfte sich ja auch noch an die spannende Zeit im Stalingrader Kessel erinnern können…
Wieso hat es bis zur Gegenwart gedauert, bis da entsprechende Trainingseinrichtungen geschaffen wurden (ok, werden )? (von vereinzeklten Häuserkampfbahnen einmal abgesehen…)
Es dürfte schon realistisch gewesen sein davon auszugehen, dass sich der Landkrieg in Deutschland bei einem Angriff der Streitkräfte des Warschauer Paktes in erster Linie in Dörfern und kleinen Städten abgespielt hätte („Fulda Gap“).
Selbst im Zweiten Weltkrieg stellte der Häuserkampf in großen Städten eher die Ausnahme dar. Im Dritten Weltkrieg wären diese ohnehin die bevorzugten Ziele für atomare Angriffe gewesen. Da hätte man dann keine Mietskasernen mehr von Etage zu Etage durchkämmen müssen.
Vergessen habe ich natürlich die norddeutsche Tiefebene. Das wäre das andere große Einfallstor gewesen – und außerdem der Bereich, wo die Bundeswehr schwerpunktmäßig gekämpft hätte.
@markus
„Hat man es von seiten der “obersten Heeresleitung” niemals auch nur in Erwägung gezogen, dass ein Abwehrkampf gegen die einfallenden mongolischen Horden des Warschauer Paktes auch in unseren schönen Städten stattfinden könnte?“
Das hielt man tatsächlich für unwahrscheinlich. Wie sich später bestätigte und damals korrekt angenommen wurde, wollte der Ostblock sich im geplanten Angriffskrieg nicht mit den Städten aufhalten, sondern möglichst rasch über für ihn günstigeres Gelände bis zum Rhein vorstoßen: http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/poland/1504008/World-War-Three-seen-through-Soviet-eyes.html
Die Bundeswehr hätte davon abgesehen auch damals kaum über die Masse an Infanterie verfügt, die für die Verteidigung auch nur einer einzigen Großstadt gegen konventionellen Feind erforderlich gewesen wäre. Unter heutigen Bedingungen bzw. im Angriff gegen irregulären Feind brauchten die Amerikaner im mittelgroßen Falluja Infanterie in Divisionsstärke, was die Bundeswehr ebenfalls überfordern würde.
Ob nun „Schnöggersburg“ oder „Ober-Schnaizlreuth“ ist doch mal egal. Für nicht deutsch-muttersprachliche Verbündete stellten Düsseldorf, Duisburg oder Mönchengladbach seit mehr als 70 Jahren auch linguistische Hürden dar – die kamen und kommen damit schon klar. Im Zweifel wird’s halt Snoogersburgh (NL), Snoggsburg (UK/US), Sneaubourg (FRA/BE) oder wie auch immer benannt.
Zum Projekt an sich: Das Gefecht im urbanen Raum fokussiert insbesondere asymmetrische Taktiken, da alle Beteiligten (Kombattanten regulärer oder irregulärer Kräfte, einheimische Zivilbevölkerung und ggf. zivile ausländische Personen – zB NGO-
Personal) auf engem und weitestgehend unüberschaubarem Raum verdichtet und teils ineinander verzahnt miteinander konfrontiert sind.
Die Gefährdung der eigenen Kräfte und Operationen durch sämtliche IED-Varianten, konventionelle (überwachte) Sperren, Ambushs in jeglicher Form und unter Ausnutzung baulicher Strukturen, Hemmung oder Sperrung der Bewegungen von Fahrzeugen jeglicher Kategorien und insbesondere die Herausforderungen, die teils massiv ausgebaute und geschützte Stellungen in zivilen Gebäuden darstellen, ist nicht nur aus der zeitgenössischen Militärgeschichte (2. WK) bekannt. Beirut, Mogadischu, Tschetschenien, Irak oder punktuell auch AFG (Kabul) – sind weitere aktuelle Beispiele für das anspruchsvollste und gefährlichste Terrain, in dem sich militärische Einsätze ab“spielen“ können. Egal ob im Rahmen mittelfristiger oder äusserst befristeter Interventionen.
MilEvakOp könnte im ungünstigsten Fall – den die jeweilige Lage bzw. etwaige OpFor diktieren – in urbane Räume führen. Wobei gerade hier der Übergang von relativ übersichtlichem Gelände (zB Flughafen vor der Stadt oder temporäre LZ) durch zusehends baulich verdichtete Bezirke bis hinein in dichteste städtische Bebauung fliessend ist.
Da das in der Disziplin CQB bestausgebildete KSK zweifellos nicht den einzigen Kräftepool für Operationen in urbanen Räumen darstellen kann (und sollte), wird mit der Schaffung eines Trainingsgelände für „urban warfare“ eine maßgebliche Lücke für die Befähigungserweiterung auch „normaler“ Kräfte geschlossen.
Soweit mir bekannt trainieren Soldaten der Bundeswehr im Rahmen der deutsch-französischen Brigade im französischen „Centre d’entraînement aux actions en zone urbaine“ (CENZUB) in der Picardie beim Reims, in dem seit 2006 für künftige Einsatzsszenarien in dicht bebauten und bewohnten Räumen ausgebildet wird.
http://www.df-brigade.de/mitteilung1711.htm
http://www.defense.gouv.fr/terre/presentation/directions-commandements-et-centres/centre-d-entrainement-aux-actions-en-zone-urbaine
Da nach dem Willen der Politik die Bundeswehr künftig neben ihren grundgesetzlich definierten Aufgaben für Operationen im Rahmen der NATO bzw. multinationaler (zB VN-) Einsätze befähigt werden soll, ist ein solches deutsches Zentrum unerlässlich. Analog zur NATO-Doktrin der „smart defense“ könnte die Nutzung der „Schnöggersburg Range“ durch verbündete Kräfte ausserdem künftig durchaus einen (vermutlich eher bescheidenen) Teil der Investitionskosten refinanzieren.
Auf die Ausschreibungen zur Realisierung des opulenten Bauvorhabens wird man gespannt sein dürfen. Und es ist zu hoffen, dass nicht wieder best-lobbyierte Konzerne hier zum Schuss (sic!) kommen…sondern dass an diesem Infrastrukturprojekt des Bundes viele mittelständische Unternehmen beteiligt werden. Aber das nur am Rande bemerkt.
Ansonsten: Schnöggersburg lieber heute als morgen – und bitte, liebe Beamten, sorgt dafür, dass dieses Vorhaben nicht „vox soldati“ irgendwann „Schneckenburg“ oder „Phantasiaburg“ heisst…
@ Etienne Rheindahlen
Zitat:“Da nach dem Willen der Politik die Bundeswehr künftig neben ihren grundgesetzlich definierten Aufgaben für Operationen im Rahmen der NATO bzw. multinationaler (zB VN-) Einsätze befähigt werden soll, ist ein solches deutsches Zentrum unerlässlich. “
Ich hoffe, dass ich Ihren Satz falsch interpretiere und er soo nicht gemeint war.
Die Bw wird ausschließlich für Aufgaben nach dem Grundgesetz eingesetzt und für sonst nichts !
markus | 21. Juni 2012 – 13:31 – –
Ich bin zwar jüngeren Semesters, aber ich möchte drei Antworten geben:
1. Orts- und Häuserkampf wurde durchaus geübt: freilaufend, Bonnland, etc.
2. Wie bereits erwähnt wurde postuliert, dass die wichtigsten Industriezentren nicht mehr da sein hätten können (Stichwort A-Schlag)
3. Oder: In der Regel hätte man Städte zur „offenen Stadt“ erklärt und die Warschauer Vertragsstaaten in der Rolle der Übernehmenden hätten die völkerrechtlichen Regularien diesbezüglich zu beachten gewusst-im übrigen es im umgekehrten Fall genauso im Planungsprozess abgebildet war.
Alles andere ist ausgeführt worden.
Noch etwas zum umgekehrten Fall: Das Stichwort „Betriebskampftruppe“ sagt Ihnen sicher etwas. Evtl. wären diese auch zum Einsatz gekommen im Falle eines NATO-Angriffes auf das Gebiet der ehemaligen DDR, evtl. auch im urbanen Umfeld. Kurz: Schauen Sie sich das erste Jahr nach der Kapitulation des Hussein-Regimes an und Sie können ungefähr erahnen (ohne das religiöse Beiwerk), wie sich das hätte darstellen sollen: nur noch koordinierter. Vulgo: Truppen in gar nicht so schlechtem Zustand, mit sehr hoher Ortskenntnis und solider Ausbildung im „Kampf hinter den feindlichen Linien“.
@Etienne Rheindahlen | 21. Juni 2012 – 17:16 – – –
Sneaubourg ist eindeutig mein Favorit. Danke für Ihren Post.
Dafür wird das Geld verschleudert, aber wenns drauf ankommt, dann darf die bundeswehr sowieso nicht schiessen! oder höchstens Nebel, bei dem sich die taliban immer so beömmeln (show of hilflosigkeit)
@ Georg
Der Definitionsrahmen für über die Landesverteidigung hinausgehende Einsätze der Bundeswehr ist in Art. 87 GG notwendigerweise sehr allgemein gehalten. Man könnte auch sagen – schwammig.
Auch der Art. 24 GG ist relativ diffus formuliert, so dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12.07.1994 schliesslich das Parlamentsbeteiligungsgesetz (in Kraft getreten zum 24.03.2005) entwickelt und beschlossen wurde. In diesem wurde u.a. der Parlamentsvorbehalt geregelt, der allerdings auch Raum für unterschiedliche Auslegungen bietet.
Bestes Beispiel: die „Operation Pegasus“ im Februar letzten Jahres. Während die Bundesregierung die MilEvak deutscher und anderer Staatsbürger aus der libyschen Wüste als „gesicherten Evakuierungseinsatz mit humanitärer Zielsetzung“ bezeichnet, sehen Teile der parlamentarischen Opposition die Operation als „bewaffneten Einsatz“ an. Zwar regelt § 5 des ParlBG bei „Gefahr im Verzug“ unter Geheimhaltung geplante und durchgeführte Einsätze die nachträgliche und unverzüglich einzuholende Zustimmung des Parlaments, lässt aber auch im Fall von kleineren Auslandseinsätzen mit wenigen Soldaten (ziemlich relativ) auch ein vereinfachtes Verfahren zu. Danach genügt es, wenn die Regierung die Fraktionsvorsitzenden, die Vorsitzenden und Obleute der Fraktionen des Auswärtigen und des Verteidigungs-Ausschusses informiert werden. Sofern binnen sieben Tagen nicht eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten eine Plenardebatte verlangen, gilt der Einsatz als genehmigt. Im Fall von „OP Pegasus“ sahen sich u.a. grüne Abgeordnete als umgangen an.
Wir lernen: die Voraussetzungen der vom Grundgesetz gedeckten Auslandseinsätze sind – bezogen auf den Einzelfall – nicht immer eindeutig und klar definiert und erlauben bzw. bedingen Raum für zum Teil eventuell sogar rechtsphilosophische und staatsrechtliche Diskussionen und Diskurse.
Zurück zu den durch die Bundeswehr abzubildenden Befähigungen, die zunächst grundsätzlich den machbaren und damit der Regierung und dem Parlament zur Verfügung zu stellenden Beteiligungs- bzw. Einsatzrahmen AUCH für Einsätze im Ausland bzw. ausserhalb des Bündnisgebiets (des Bündnisfalls) gestalten sollten. Aus diesen Befähigungen leitet sich die Daseinsberechtigung der Bundeswehr ab – nicht nur heute und morgen, sondern ohne Frage auch schon vor 1990.
Und hier gehört selbstverständlich das Beherrschen von bewaffneten Aktionen jedweder Art in bebauten und bewohntem Terrain zu den Grundlagen militärischer Operationen. Egal, ob es sich dabei um Weiler mit ein paar ummauerten Lehmhütten handelt oder um – sagen wir, ein komplex gestaltetes Areal mit Hochhäusern, Hinterhöfen, Gassen, Bahnhofsgebäuden, Brücken und einem Labyrinth aus Tunneln und U-Bahnschächten handelt. D e n k e n Sie mal die Evakuierung von 250 Zivilpersonen aus dem Berliner U-Bahnhof Friedrichstraße an… Das verantwortlich nicht nur zu planen, sondern auch erfolgsversprechend und mit maximalem Schutz für die Zivilisten und auch die eingesetzten Soldaten durchführen zu können, erfordert Training Training Training.
@ kzh 12 jahre
Selten so einen sinnlosen Post gesehen. Wären Sie nicht 12 Jahre KzH gewesen, hätten sie sich in einem EinsL vom Gegenteil überzeugen können.
@Etienne Rheindahlen
[…] Das verantwortlich nicht nur zu planen, sondern auch erfolgsversprechend und mit maximalem Schutz für die Zivilisten und auch die eingesetzten Soldaten durchführen zu können, erfordert Training Training Training.
Man im Training gar nicht oft genug sterben um den wirklichen Einsatz zu überleben.
@ BausC
check!
@ Etienne Rheindahlen
Art. 87a(2) GG
„Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit es dieses Grundgesetz ausdrücklich zulässt“
Damit bleiben nach GG zwei Alternativen :
Art. 24 (2) Kollektive übernationale Sicherheitssysteme und
Art. 35 Amtshilfe
So einfach ist das.
Zitat: „Auch der Art. 24 GG ist relativ diffus formuliert, so dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12.07.1994 schliesslich das Parlamentsbeteiligungsgesetz (in Kraft getreten zum 24.03.2005) entwickelt und beschlossen wurde. In diesem wurde u.a. der Parlamentsvorbehalt geregelt, der allerdings auch Raum für unterschiedliche Auslegungen bietet.“
Auch der Art. 24 GG ist nicht „relativ“ diffus formuliert, sondern glasklar in seiner Aussage. Danach erfordert der Einsatz der Bw einen Grundlagenbeschluss eines kollektiven Sicherheitssystems (UN, Nato oder EU) und einen Beschlusses des Bundestages (gemäß Parlamentbeteiligungsgesetz bzw. nach dem Urteil BVerfG 1994 für „Out of area“ Einsätze).
Die Operation „Pegasus“ war der Versuchsballon der jetzigen Bundesregierung, ob die Opposition wegen möglicher Verletzung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes vor das BVerfG ziehen würde. Interessant wäre es geworden wenn ein Bw-Soldat bei dieser Operation verletzt, getötet, gefallen wäre und ob dann das Einsatzversorgungsgesetz gegriffen hätte (denn es war ja nach Ansicht der Regierung kein Einsatz).
Zitat: „Zurück zu den durch die Bundeswehr abzubildenden Befähigungen, die zunächst grundsätzlich den machbaren und damit der Regierung und dem Parlament zur Verfügung zu stellenden Beteiligungs- bzw. Einsatzrahmen AUCH für Einsätze im Ausland bzw. ausserhalb des Bündnisgebiets (des Bündnisfalls) gestalten sollten. Aus diesen Befähigungen leitet sich die Daseinsberechtigung der Bundeswehr ab – nicht nur heute und morgen, sondern ohne Frage auch schon vor 1990.“
Sollte sich diese Aussage auch auf den Teil des Satzes „AUCH für Einsätze im Ausland bzw. ausserhalb des Bündnisgebietes“…“ohne Frage auch schon vor 1990“ beziehen, so ist er meiner Meinung nach falsch, oder er wurde uns falsch gelehrt.
In meiner Offiziersprüfung 1987 bezog sich das Einsatzgebiet der Bundeswehr klipp und klar auf die Bundesrepublik Deutschland, das Nato-Gebiet nördlich des Wendekreis des Krebses (oder so ähnlich).
Alle anderen Aussagen, dass vor 1990 die Bundeswehr auch schon für bewaffnete Einsätze im Ausland zur Verfügung stand und entsprechend ausgebildet wurde sind ebenfalls falsch. Ansonsten hätte es das BVerfG Urteil von 1994 zum „Out of Area“-Einsatz ja gar nicht bedurft.
Ich fasse zusammen, die Bundeswehr wird nach dem deutschen Grundgesetz eingesetzt oder legal gar nicht eingesetzt !
Dass das Thema auch früher schon von der erlauchten „OHL“ behandelt wurde, macht dieser Lehrfilm über den Kampf in und um Ortschaften deutlich:
http://www.youtube.com/watch?v=2bugWXzfjUo
Sind insgesamt drei Teile und ich denke der Link stellt kein Problem dar?
[Der Link ist kein Problem, ist ja kein „Verlegerprodukt“. T.W.]
@Georg
1. Sie resümieren in ihrem ersten Absatz: „So einfach ist das.“
Um dann auf Art. 24GG (richtig) und Art. 35GG (regelt den Einsatz der Bw im Inneren, steht nicht im Zusammenhang mit „out-of-area“-Einsätzen) zu verweisen.
Ich darf nochmal den Absatz (2) des Artikels 24GG zitieren:
„Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.“
Was darf man unter den von Ihnen angeführten „Kollektive(n) übernationale(n) Sicherheitssysteme(n)“ verstehen? Die von Ihnen in Folge zitierten Organisationen UN, NATO, EU…? Vergessen Sie da nicht eine Organisation wie die Afrikanische Union (AU) ? So zB die AU einen Grundlagenbeschluss für eine friedensschaffende oder -sichernde AU-Mission in zB Mali oder Nigeria trifft und Deutschland um eine Beteiligung mittels der Entsendung von Pionier-, Logistik- und Sanitätskräften ersucht…wäre das dann wohl auch entsprechend vom GG gedeckt. Natürlich unter Berücksichtigung des parlamentarischen Vorbehalts.
So einfach ist das…oder?
2. Warum die „Operation Pegasus“ ein – ich zitiere Sie – „Versuchsballon der jetzigen Bundesregierung“ gewesen sein soll, mit dessen Hilfe man erfahren wollte ob Teile der Opposition Klage beim BVerfG einreichen würden…ist mir nicht klar. Jedem mit der (politischen und/oder militärischen) Planung dieser Operation Befassten dürfte aufgrund realpolitischer Einschätzungen klar gewesen sein, dass sich mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ein oder mehrere Parlamentarier bestimmter Oppositionsfraktionen (mindestens) zum Protest gegen die von ihm / ihnen so interpretierte Nichtbeteiligung des Parlaments erheben würde(n).
Die Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktionen wurden zwar vor Beginn der Operation informiert – nicht aber die Vorsitzenden bzw. Obleute der Fraktionen in den Fachausschüssen. Aber hier regelt bei „Gefahr im Verzug“ (ist in diesem Fall gegeben gewesen) das ParlBG die nachträgliche Information bzw. Zustimmung auch dieser Gremien. Aber das habe ich ja bereits zuvor schon ausgeführt…
3. Da Sie lesen UND verstehen können (Sie haben ja 1987 die Offiziersprüfung absolviert – ergo setze ich das mal voraus…), werden Sie meine Anmerkungen hinsichtlich der durch die Bundeswehr abzubildenden Befähigungen und des daraus resultierenden der Regierung wie dem Parlament zur Verfügung gestellten Beteiligungs- und Einsatzrahmens richtig verstehen KÖNNEN. Die Daseinsberechtigung der Bundeswehr (und jeder Armee) ist eng mit dem von ihr abgebildeten Befähigungsspektrum verknüpft. Heute, morgen und auch schon vor 1990. Was hat denn diese Feststellung mit Auslandseinsätzen zu tun…???
Und 4. wo lesen Sie bei mir eine Aussage, die Sie zu nachfolgendem Zitat motiviert ??
„Alle anderen Aussagen, dass vor 1990 die Bundeswehr auch schon für bewaffnete Einsätze im Ausland zur Verfügung stand und entsprechend ausgebildet wurde sind ebenfalls falsch“ Bitte belegen Sie das freundlicherweise mit einem Verweis auf einen meiner Kommentare (oder einen Kommentar der anderen Herren)…
Abschliessend und somit 5.: da ich für Sie hoffe, dass Sie Ihre Offiziersprüfung 1987 auch mit gutem Erfolg bestanden haben und sofern Sie sich auch heute noch für die gegenwärtige und zukünftige deutsche (und internationale) Sicherheitspolitik freundlich interessieren, möchten Sie doch bitte zur Kenntnis nehmen, dass die Bundeswehr mit jeweiliger Zustimmung des Parlaments seit August 1990 in mehr als 30 Auslandseinsätzen (also klar ausserhalb des von Ihnen seit 1987 erinnerlichen „Einsatzgebiets“) engagiert war bzw. ist. Wir schreiben das Jahr 2012 – und es tut sicherlich auch Ihnen gut, in der Gegenwart mit all ihren Realitäten und Herausforderungen anzukommen.
Im Übrigen möchte ich hier in diesem Thread nicht über den mandatorisch legalen Einsatz der Bundeswehr diskutieren. Denn diesbezüglich gibt es nichts zu diskutieren und da das Thema (und meine Einlassungen) sich auf die Notwendigkeit der Ausbildung zum Kampf in bebauten und bewohnten Räumen beziehen, möchten Sie doch bitte von Ihrer Off Topic-Rechthuberei absehen.
@ Etienne Rheindahlen
Ist Deutschland Mitglied der Afrikanischen Union ?
Wohl nicht, und damit ist dies von Ihnen angeführte Beispiel nicht zutreffend.
zu 4. Auftrag Bw vor 1990
Ihr Zitat von 22.06. 09:47 Uhr
„Zurück zu den durch die Bundeswehr abzubildenden Befähigungen, die zunächst grundsätzlich den machbaren und damit der Regierung und dem Parlament zur Verfügung zu stellenden Beteiligungs- bzw. Einsatzrahmen AUCH für Einsätze im Ausland bzw. ausserhalb des Bündnisgebiets (des Bündnisfalls) gestalten sollten. Aus diesen Befähigungen leitet sich die Daseinsberechtigung der Bundeswehr ab – nicht nur heute und morgen, sondern ohne Frage auch schon vor 1990.“
Also aus diesem, Ihrem Zitat kann man schon herauslesen, dass die Bw auch schon vor 1990 für Einsätze außerhalb des Bündnisgebietes der Nato vorgesehen war ! (Das AUCH haben sie ja noch freundlicherweise groß geschrieben um den besonderen Umstand zu betonen).
Zitat: „möchten Sie doch bitte zur Kenntnis nehmen, dass die Bundeswehr mit jeweiliger Zustimmung des Parlaments seit August 1990 in mehr als 30 Auslandseinsätzen (also klar ausserhalb des von Ihnen seit 1987 erinnerlichen “Einsatzgebiets”) engagiert war bzw. ist. Wir schreiben das Jahr 2012 – und es tut sicherlich auch Ihnen gut, in der Gegenwart mit all ihren Realitäten und Herausforderungen anzukommen.“
Sehen Sie, genau das was sie in diesem Absatz schreiben ist das Problem !
Die grundgesetzlichen Grundlagen für den Einsatz der Bw haben sich seit 1987 nicht verändert ! Bei der Frage nach dem zulässigen Einsatzgebiet der Bw in der Offiziersprüfung 1987 (Innere Führung) war meine Antwort richtig. Wenn jetzt ohne Änderung der Verfassung 30 Einsätze meist außerhalb des Bündnisgebietes der Nato stattgefunden haben, dann ist entweder damals 1987 Recht gebeugt worden oder heute wird es gemacht !
Also Somalia, Minenräumen vor dem Irak 1991, Unterstützung Operation Desert Strom in Kuwait 1991, Luftbrücke nach Sarajewo war alles rechtsfreier Raum. Erst mit der Entscheidung des BVerfG 1994 ist nachträglich eine Rechtsgrundlage für diese Einsätze geschaffen worden. Dann hat sich der Gesetzgeber bis 2005, also 11 Jahre lang, Zeit gelassen um den Spruch des BVerfG in das Parlamentsbeteiligungsgesetz umzusetzen.
Dies alles war aber nicht der Ausgangspunkt meines Einspruches auf ihren Kommentar, sondern Ihr Kommentar vom 21.06. 17:16 Uhr
Zitat:“Da nach dem Willen der Politik die Bundeswehr künftig neben ihren grundgesetzlich definierten Aufgaben für Operationen im Rahmen der NATO bzw. multinationaler (zB VN-) Einsätze befähigt werden soll, ist ein solches deutsches Zentrum unerlässlich.“
In diesem Nebensatz deuten sie an, als hätte die Bw Aufgaben die nicht vom Grundgesetz abgedeckt werden. Gegen diese schleichende Umdefinition der Aufgabe der Bw wehre ich mich, denn nicht die gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz der Bw haben sich geändert, sondern nur deren Interpretation durch Juristen.
Leider sind Sie auf diesen von mir erhobenen Vorwurf in ihrem Beitrag nicht eingegangen. Mir geht es nicht um Rechthaberei wie Sie vermuten, sondern gegen die schleichenden Veränderungen der Einsatzgrundlagen der Bw, ohne dass es gesetzliche Änderungen gibt.
Wenn Sie außer den von mir zitierten 3 Artikeln unserer Verfassung ( 87a, 24(2), 35 ) noch andere Einsatzgründe, die nicht vom GG abgedeckt sind, also „neben den grundgesätzlich abgedeckten Aufgaben“ wie Sie schreiben, kennen, dann nennen Sie sie bitte !