Langsam den Wirkbetrieb wieder aufnehmen…

Nach kurzer Blogpause (mit re:publica-Besuch und einigen unglaublich erholsamen Offline-Tagen) versuche ich, langsam wieder ins Geschäft zu kommen. Passiert ja eine Menge, wenn man ein paar Tage nicht hinschaut…

• Die SPD hat sich offensichtlich festgelegt, der Ausweitung des deutschen Mandats für die EU-Antipirateriemission Atalanta nicht zuzustimmen, über das der Bundestag am (morgigen) Donnerstag entscheidet. Mehr noch, die Sozialdemokraten werden sich wohl nicht nur enthalten, sondern dagegen stimmen. Wie erwartet, dürfte das eine Zäsur in der Geschichte der parlamentarischen Billigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr bedeuten. Ob das wirklich nur inhaltlich mit der Ausweitung der Atalanta-Möglichkeiten auf die Bekämpfung von Zielen am Strand zu tun hat? Da würde ich ein großes Fragezeichen dran machen. Und – ausnahmsweise – spekulativ zwei Beweggründe sehen: Zum einen denn, der Regierungskoalition mal Druck zu machen. Und zum anderen, auch nicht auszuschließen: Wer bei diesem Einsatz mal Nein sagt, steht nicht unter dem Zwang, bei einem nächsten – und vielleicht wichtigeren – Auslandseinsatz Nein zu sagen. (Übrigens steht morgen auch die Verlängerung des Kosovo-Einsatzes auf der Tagesordnung des Bundestags, da sind aber keine Probleme zu erwarten).

• Ein Thema, dass die Kollegen von Spiegel Online gestern meldeten, wird in nächster Zeit bestimmt noch interessant: Die Frage, ob sich die Bundeswehr an der (unbewaffneten) UN-Beobachtermission in Syrien beteiligt. Vor der Bundespressekonferenz waren die Sprecher Andreas Peschke (Auswärtiges Amt) und Stefan Paris (Verteidigungsministerium) heute noch recht schmallippig:

FRAGE: Es gab eine Meldung, dass bis zu zehn Experten/Beobachter an einer UNO-Mission in Syrien mitmachen könnten. Das ist ja nicht so ungewöhnlich, aber wie weit ist das gediehen?

PESCHKE: Vielen Dank für die Frage. Darauf kann ich erwidern, dass es mit den Vereinten Nationen in der Tat Gespräche darüber gibt, wie UNSMIS, die Beobachtermission der Vereinten Nationen in Syrien, unterstützt werden kann. Zuletzt hat Außenminister Westerwelle Ende letzter Woche, am vergangenen Freitag, mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon ein Gespräch diesbezüglich geführt. Die Bundesregierung hat technisch-materielle und logistische Unterstützung angeboten. Gestern konnte ein Transportflug der Vereinten Nationen für die Beobachtermission vom italienischen Brindisi nach Damaskus mit Gütern, die die Mission benötigt, durch die Bundesregierung finanziert werden, und zwar in Höhe von 400.000 US-Dollar. Das ist der Grad der Unterstützung, den es bisher gibt. Darüber hinaus gibt es keine Ankündigung und habe ich Ihnen nichts mitzuteilen.

Zur Frage, ob eventuell eine personelle Unterstützung geleistet werden kann, kann ich Ihnen nur sagen: Darüber wurde in der Bundesregierung bisher keine Entscheidung getroffen. Insofern gibt es auch keine Entscheidung über eine eventuelle Anzahl.

VORS.: Herr Paris, Sie waren auch angesprochen.

FRAGE PARIS: Keine Ergänzungen meinerseits.

• Ebenfalls von Spiegel Online kam heute die Meldung, dass der Bundestags-Haushaltsausschuss die Finanzierung des deutschen Anteils am geplanten Alliance Ground Surveillance System (AGS) kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt und damit faktisch erst mal gestoppt hat: Die Parlamentarier hätten die Erhöhung der deutschen Kosten von 400 auf 483 Millionen Euro nicht akzeptieren wollen. Damit hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière für den bevorstehenden NATO-Gipfel in Chicago nicht freie Hand, den Vertrag über das bündnis-gemeinsame Drohnensystem für Deutschland zu unterschreiben. Vielleicht sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Donnerstag eine Regierungserklärung unter anderem zu diesem Gipfel abgeben will, ja etwas dazu.

• Eine Leseempfehlung: The Taliban’s revenge – A new generation of militants is rising in Afghanistan, turning its sights on former allies

• Und zu guter Letzt: Die Bundeswehr betreibt auf ihrer Webseite ein paar Tagebücher mit Erlebnisberichten aus dem Einsatz (der Definition Blog mag ich mich nicht so einfach anschließen, da vor allem die Kommentarfunktion fehlt). Und bisweilen ist man ein wenig verblüfft. Zum Beispiel, wie lakonisch das Raus und Rein des ORF-Bataillons im Kosovo geschildert wird:

Als ich am 19. April am Flughafen in Pristina stand, war für uns alle eigentlich klar, dass unser Auslandseinsatz zu Ende war. Vorab wurden wir belehrt, dass nun die Bereitschaftsphase greife und wir bis Ende Juni in Deutschland wären – auf Abruf. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir allerdings nochmals in den Kosovo gehen müssten, sei allerdings sehr gering.
Gegen 15 Uhr landeten wir am Flughafen in Stuttgart, wo wir auch schon direkt von unseren Familien und den Kameraden der Stammeinheiten in Empfang genommen wurden. Die Freude war riesengroß!
Doch sie hielt nicht lange an, denn am Morgen des 20. April bekam ich einen Anruf von meinem Chef, der mir mitteilte, dass ich am Mittwoch den 25. April wieder in den Kosovo verlegen sollte. Ich war schockiert und meinen Kameraden ging es ähnlich.

Das steht ja für sich. Übrigens auch das Blog: Aus dem Atalanta-Einsatz:

Um dem tristen Bordalltag ein wenig entgegenzuwirken hat die Schiffsführung am 1. Mai eine kleine Olympiade austragen lassen. Hier „duellierten“ sich die verschiedenen Hauptabschnitte in Disziplinen wie Tauziehen oder Zielwerfen. (…)
Ein weiteres Highlight war der Vorbeiflug des deutschen Seeraumaufklärers P3C-Orion aus Dschibuti. Dieser kam pünktlich zur Siegerehrung vorbeigeflogen und hinterließ einen kleinen Stick mit wichtigen operativen Informationen im Wasser. Dieser wurde vom Speedboot gefischt.

Ja, Datenübertragung. Geht auch mit reitenden Boten.

Bestimmt habe ich noch was Wichtiges übersehen. Aber ich fange ja langsam an.

Nachtrag: Und das noch als kulturelle Entspannung – ein Video aus Kabul: