Noch eine Wende im Hamburger Piratenprozess: Weiteres Verfahren wegen Kaperung möglich
Der an überraschenden Wendungen nicht arme Prozess gegen mutmaßliche Piraten vor dem Hamburger Landgericht könnte jetzt eine neue Folge haben: Nach einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks droht den Somalis, die wegen der Entführung des deutschen Frachters Taipan im April 2010 angeklagt sind, ein weiterer Prozess wegen der Entführung anderer Handelsschiffe vor Somalia.
Konkret soll es um die Kaperung der indischen Dhau Hud Hud gehen, die am 23. März 2010 um 08:51 GMT mit ihrer elfköpfigen Mannschaft im Somali-Becken entführt und anschließend als Piraten-Mutterschiff genutzt wurde. So weit bekannt, diente die Hud Hud als Basis für den Angriff auf den griechischen Massengutfrachter Eleni P am 12. Mai. Am gleichen Tag wurde die Dhau wieder frei gelassen; die Eleni P blieb bis Dezember jenes Jahres in der Hand der Piraten.
Laut NDR soll einer der Angeklagten in Hamburg zugegeben haben, an dem Angriff auf die Hud Hud beteiligt gewesen zu sein. Allerdings müssten die Richter in der Hansestadt das ganz komplizierte Geflecht des Pirateriesystems angehen – denn der Angriff auf die Taipan war am 5. April, also mehr als einen Monat vor der Entführung der Eleni P. Die Piraten, die an Bord der Taipan festgenommen wurden, können dann kaum danach den griechischen Frachter überfallen haben…
Der griechische Frachter Eleni P (Foto: EUNAVFOR)
Während die Hamburger Juristen mit deutscher Gründlichkeit die Hintergründe der somalischen Piraterie erforschen und die sich mittlerweile auf freiem Fuß befindenden Beschuldigten ( http://augengeradeaus.net/2012/04/somalias-piraten-und-der-rechtsstaat ) mit einem leckeren Eis in der Hand an der Alster flanieren meinte es das Schicksal mit einem anderen somalischen Piraten nicht so gut:
Die Geschworenen des US Bundesgerichts für den östlichen Bezirk von Virginia mit Sitz in Norfolk, VA, befanden am Freitag Mohammad Saaili Shibin der Piraterie, der Entführung und der Geiselnahme für schuldig.
Shibin fungierte wiederholt als Unterhändler für die Piraten, so etwa bei der Entführung der in Deutschland registrierten MV Marida Marguerite im Jahr 2010.
Im Vordergrund stand indes die Beteiligung an der Entführung einer Yacht, in deren Verlauf 4 amerikanische Staatsbürger ermordet wurden.
Über das Strafmaß wird zwar erst am 13. August entschieden, es handelt sich dabei aber nur um eine Formsache, denn für die Delikte ist eine lebenslange Freiheitsstrafe zwingend vorgeschrieben.
http://www.bbc.co.uk/news/world-us-canada-17875710?ns_source=PublicRSS20-sa
http://www.fbi.gov/newyork/press-releases/2012/somali-hostage-negotiator-in-s-v-quest-piracy-and-pirating-of-m-v-marida-marguerite-found-guilty-on-all-counts?utm_campaign=email-Immediate&utm_medium=email&utm_source=new-york-press-releases&utm_content=92920