Nicht schießen können andere auch
Erinnert sich noch jemand an die Diskussion vor dem Einsatz der deutschen Tornado-Kampfflugzeuge in Afghanistan? Die wurden als Aufklärer an den Hindukusch geschickt, durften aber, so der Wille von Regierung und Parlament, nur zum Fotografieren eingesetzt werden. Als Eingreiftruppe mit Bordkanone durften die Jets noch nicht mal im Notfall eingreifen, wenn eigene Truppen in Gefahr waren. Das schien eine typisch deutsche Haltung, und die Tornados sind ja auch schon längst wieder abgezogen.
Doch jetzt zeigen die Niederlande, die in der Vergangenheit in Afghanistan auch durchaus robust auftraten und lange vor der Bundeswehr die Panzerhaubitze 2000 dort einsetzten, dass so was nicht exklusiv deutsch ist: Ihre vier F-16-Kampfjets, die in Masar-i-Scharif stationiert sind, dürfen zwar in Notfällen mit ihren Bordwaffen ISAF-Truppen unterstützen. Aber nur, so berichten die Kollegen vom niederländischen Telegraaf heute, wenn sie zufällig schon in der Luft sind, um ihre Aufklärungsfotos zu machen. Stehen die Maschinen noch am Boden, bekämen Verbündete bei der Anforderung von Luftnahunterstützung (Close Air Support, CAS) selbst in Notfällen ein Nein zu hören. Für Niederländer in einer Notsituation gelte das allerdings nicht.
Nun sind die Niederlande im Norden Afghanistans ausdrücklich nicht (mehr) in einer militärischen Mission unterwegs, sondern zur Polizeiausbildung – und die F-16 sollen mit ihren Luftbildern (und, unter den gegebenen Einschränkungen, im Notfall auch mit Waffeneinsatz) diese Polizeimission begleiten und schützen. Der Verteidigungsminister Hans Hillen macht, laut Telegraaf, für die Einschränkung die niederländischen Grünen verantwortlich – die wiederum bestreiten das und werfen dem Minister vor, sich selbst in diese Lage manövriert zu haben.
Da ist aber immer noch ein gewaltiger Unterschied erkennbar. Die niederländischen F-16 sind also keine dezidierten CAS-Kräfte aber wenn sie schonmal „zufällig“ in der Nähe sind, dann dürften sie doch. Und wenn niederländische Kräfte bedroht sind, dann gilt das eh alles nicht mehr. Da sind also mehr als genug Hintertürchen eingebaut um die F-16 doch zum Einsatz zu bringen.
Ganz anders dagegen der Einsatz der Tornados, dort gab es offensichtlich kein „Hintertürchen“. Und selbst wenn Mazar-e-Scharif von allen Aufständischen in Afghanistan gleichzeitig angegriffen worden wäre: Nein, kein Einsatz laut Mandat!
Weltfremdes Mandat, weltfremde Politiker…
Ob die Taliban intern ähnliche Diskussionen haben?
@ Lt d.R. | 15. März 2012 – 10:36 —
(…)Und selbst wenn Mazar-e-Scharif von allen Aufständischen in Afghanistan gleichzeitig angegriffen worden wäre: Nein, kein Einsatz laut Mandat!
Weltfremdes Mandat, weltfremde Politiker…(…)
Es stellt sich in diesem Zusammenhang mir immer etwas die Frage, ob man Nothilfe/ Notwehr mandatieren muss…ich meine nein. Ob man aus diesen Gründen es nicht ins Mandat explizit hineinschreibt, weiß ich nicht, versuche mich bei der Durchdringung immer an folgendem alten Lehrsatz zu halten:
Im Kommunismus ist alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist-in der Demokratie ist alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist.
Ich möchte damit lediglich illustrieren, dass sich kein deutscher -und auch kein niederländischer- Kdr/ Pilot Nothilfe/ Notwehr verbieten lassen muss. Sehr wohl aber das Cruisen und Handeln im afghanischen Luftraum limitiert wird und werden kann.
Oder anders: auch wenn man nicht ursächlich zum kämpfen dort ist -das sind eben andere- und andere luftraumgestützte Aufträge ausführt, kann eine entsprechende Lage das Kämpfen legalisieren-letztlich ist es das, was die Niederländer offensichtlich mit: „wenn man schonmal da ist, dann…“.
Ich finde es einfach albern, wie man den beschränkten Mitteln, die man im Einsatz hat auch noch die Möglichkeiten einschränkt.
Andreas Moser | 15. März 2012 – 10:42
Naja, die Taliban geht das Ganze doch gar nichts mehr an derzeit. Die sind in Pakistan und sorgen dafür, das auch die Bundeswehr zum Abzug durch Pakistan reisen darf. Die Taliban übernehmen dann wieder, wenn ISAF abgezogen ist.
Wurde eigentlich das bilaterale Abkommen DEU-PAK zur Terrorbekämpfung, das TdM letztens unterschreiben hat, hier schon diskutiert?
„Es stellt sich in diesem Zusammenhang mir immer etwas die Frage, ob man Nothilfe/ Notwehr mandatieren muss…ich meine nein“
In welchem Staat leben Sie?
@ Ziege | 15. März 2012 – 12:04
(…)In welchem Staat leben Sie?(…)
In meinem Heimatstaat.
Hmm, das stellt sich hier vor Ort aber alles ganz anders da…
Beim Vormittagsflug hängt der RECCE Pod drunter, beim Nachmittagsflug die GBU-12…
@PapaBear
Sehe ich keinen Widerspruch: Wenn die in der Luft sind, ist alles drin. Nur wenn sie am Boden stehen, steigen Sie nicht für CAS auf, auch nicht im Notfall – so lange keine Holländer unter Feuer sind. So verstehe ich jedenfalls die Meldung.
Artikel 87a ist gut und reicht für unsere Sicherheit alle anderen Missionen sind Geldverschwenung uund könnten mit anderen Mitteln aus dem Werkzeugkasten der SiPo besser bekämpft werden. Es ist gut, dass die Regierung nicht eigenmächtig über die Streitkäfte verfügen kann. Welcher Konflikt wurde durch ein Votum des Bundestages zu einer Gefahr für Deutschland? Warum soll die Sicherheit für die BRD durch den Parlamentsvorbehalt nicht gewährleistet sein! Warum soll man Jagdbomber in einem Innerstaatlichenkonflikt gegen Aufständische einsetzen? Wie groß ist die Streuwirkung der Tornadobewaffnung? Im Kampf gegen den Terror sind diese Werkzeuge die falschen! Sonst hätten die USA und GB im Süden doch schon längst gewonnen und eine friedliche Region geschaffen! Es war gut, dass wir nicht wie die US-Kräfte im Norden agiert hatten. Der Auftrag durch den BT war klar, nur die Regierung stand nicht dahinter und hat nur das getan was nicht zu vermeiden war und alles was am Anfang benötigt wurde (massive Polizeiausbildung, Hilfen für die Bauern, Unterbindung des Drogenhandels uvm) hatte man nicht getan! Was soll besser werden wenn wir keinen Parlamentsvorbehalt hätten?
Hatten die Tornados überhaupt 30mm Munition dabei?
Ich denke, aus „Sicherheit“ wohl nicht.
@Ziege
Nie, sind 27mm :-) 2×180 Schuß völlig ungeeignet für den Einsatz gegen Einzelpersonen/klein Gruppen in bebautem Gebiet. Das Lfz muss seine Längsachse ins Ziel bringen, auf das Ziel zufliegen und das in geringer Flughöhe bei geringer Geschwindigkeit. Der Tornado ist kein CAS Lfz und selbst die A-10 ist da zu grob (außer man schert sich nicht um Kollateralschäden). Die A-10 ist ein Schlachtflugzeug für das Schlachtfeld, dort wo Panzer rollen und nicht für Städten oder Gebirge! Deshalb werden für solche Einsätze Hubschrauber verwendet oder CAS Flächenflugzeuge wie die Hawker Beechcraft AT-6, oder der Air Tractor AT-802U . Für Polizeieinsätze ist ein Jet nicht geeignet!
@Elahn
Alles klar, es geht ja nicht um CAS sondern um Notfall Situationen und Show of Force. Wobei ich ironisch Anmerken wollte, das andere Staaten deshlab aus Sicherheit wohl wenigstens dieses Wirkmittel mitführen um im Notfall, wenigstens irgendwie reagieren zu können. Die BW wird aber wohl zu „Sicherung“ des Mandates die Mitnahme von Munition von vorne herein vermeiden, damit man bloß nicht in Versuchung kommen kann.
@Elahan
Die USAF hat sowohl A-10 wie auch 20mm BK von F-15 und F-16 in Afghanistan verwendet.
Letzteres in 2001 (in Mazar glaube ich) teilweise bis zu 50 meter vor eigenen Kräften.
Die Ziele am Boden auf die in Deci regelmäßig geschossen wird sind auch nicht viel größer und ein guter FAC kann sehr wohl einen Piloten so einweisen daß ein „strafing run“ ein adäquates Mittel darstellt.
Schön das andere Staaten auch Auflagen haben. Das macht aber die Situation nicht besser, das wir uns dabei selbst in unserem Handeln einschränken… Wieso setzen wir den überhaupt Militär ein, wenn wir doch nicht militärisch Handeln dürfen? Ahso, zu der Polizeiausbildung und unserem Engagement im Norden… Versprechen und Ausbildung von Polizei kostete Geld und Personal. Beides wurde nicht in dem Umfang umgesetzt wie angekündigt.. Die Region wurde so instabil, das die Amerikaner für ruhe gesorgt haben.. Sagt nur keiner in den deutschen Nachrichten.. So toll war das nicht…
@JCR
Ja, die USAF hat sowohl A-10 in Afghanistan verwendet mit Betonung auf „hat“!
Da hatten die USA auch kein Problem mit zivilen Opfern und „friendly fire“
>Die Ziele am Boden auf die in Deci regelmäßig geschossen wird sind auch nicht viel größer und ein guter FAC kann sehr wohl einen Piloten so einweisen daß ein “strafing run”<
Wer die Ziele in mal Deci mit einem Zivilisten in einem Dorf in AFG vergleicht vergleicht Äpfel mit Birnen. Die Ziele sind freistehend und heben sich in Form und Farbe von der Umgebung ab auch schießen diese Ziele in Deci nicht zurück.
Notwehr, ja dochj ist die Bewaffnung im Tornado zur Beruhigung der Piloten eingebaut worden! Eigentlich waren nur Sidewinder vorgesehen.