Ischinger für Abzug der US-Atombomben aus Büchel
Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, ist für einen Abzug der US-Atombomben, die – nie offiziell bestätigt – sehr wahrscheinlich auch auf dem deutschen Fliegerhorst Büchel lagern. Das ist jetzt ein wenig verkürzt und dennoch richtig: Ischinger und etliche andere einstmals hochrangige Funktionsträger (Ischinger selbst ist nicht mehr aktiver Botschafter) haben die USA wie Russland dazu aufgerufen, ihre taktischen Atomwaffen aus Basen auf dem europäischen Kontinent abzuziehen und in ihre nationalen Depots zurückzuführen.
Der Aufruf ist Teil der Initiative Global Zero und wurde heute am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz veröffentlicht. Zusammen mit den (Google)Luftbildern vermutlicher Nuklearstandorte. Zu den Trägern des Aufrufs gehört auch der frühere amerikanische Botschafter und Abrüstungs-Chefunterhändler Richard Burt – es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass er diese Daten mit veröffentlicht und ihnen damit auch eine gewissen Authentizität verleiht. Auch wenn dieser Aufruf in der aktuellen Nachrichtenlage nicht so ganz die große Aufmerksamkeit findet…
Ich hoffe ernsthaft, dass die US-Atomwaffen nicht abgezogen werden, und dass man den Eurofighter bis zur Ausphasung des Tornados dazu befähigt, Nuklearwaffen einzusetzen. Das ist nämlich alles, was der deutschen Sicherheitspolitik an Ernsthaftigkeit verblieben ist.
Es besitzt schon eine gewisse Komik, das man gerade die konventionelle Verteidigungsfähigkeit Deutschlands quasi abschafft und dann auch noch das einzigste Werkzeug aus der Hand geben möchte, welches diesen Mangel zu kompensieren vermag.
Im 21Jh. wird es durch die weite Verbreitung von Atomwaffen in unberechenbare Staaten vielleicht zu einer wesentlich höheren Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes kommen, als dies im Kalten Krieg der Fall war. Der Raketenschild ist da ehr eine Beruhigungspille für Politiker, die sich vor der Verantwortung eines Atomwaffeneinsatzes drücken wollen. Ob der Raketenschild im Ernstfall funktioniert, wage ich zu bezweifeln.
Ein Argument könnte es vielleicht für den Abzug geben. Die B61 sind freifallende Nuklearwaffen deren Einsatz sich im 21Jh schwierig gestalten dürfte. Hier wäre es vielleicht mit den Amerikanern zu erörtern ob man die B61 nicht modifizieren kann, um sie durch Taurus verbringen zu können (Von den Maßen und dem Gewicht müsste sie passen). Diese Möglichkeit wurde ich glaube ich schon mal von den Amerikanern erörtert.
Das würde zwar Sinn machen, aber Atom ist Pfui!
Der Eurofighter ist eh nicht für Atomwaffen zugelassen.
Waffenintegration ist zwar heute normalerweise kein Problem mehr, aber US-Vorschriften verlangen (ohne mich jetzt da wirklich genau auszukennen) komplett seperate Systeme für die Freigabe der Waffe. Da müßte extra Hardware eingebaut werden.
Also entweder man holt das nach oder man muß nur für die nuclear strike role, deren Einsatzprofil ein Relikt aus den 60ern ist und mit der man mit Ach und Krach vielleicht nach Warschau kommt oder wenn man richtig gut ist nach Kaliningrad, den Tornado IDS ad infinitum im Einsatz halten.
@ JCR
Ich denke für dien Einsatzfall werden die US-Vorschriften egal sein. Diese beruhen ja uch dem Konzept der „ready-action groups“. Dies wäre ja in Zukunft nicht der Fall, denn die Dinger holen wir nur raus, wenn wir sie denn auch einsetzen werden. Aber Taurus als Waffenträger hat schon was. Im Gegensatz zum Tornado müsste man ja nicht bis in die unmittelbare Nähe des Ziels fliegen. Zumal ich vermute, dass der EF 2000 nicht so EMP-gehärtet ist, oder?
In diesem Zusammenhang wäre es interessant wie sich die amerikanischen Vorschriften auf nukleare Marschflugkörper auswirken. Ein Marschflugkörper ist schließlich ein autonomes System, welches selbstständig die Zündung einleitet (die Mission wird vor dem Start programmiert). Nur die Freigabe vom Trägersystem geschieht auf Befehl des Piloten.
Wenn Deutschland an der nuklearen Teilhabe festhalten wird, wird es sich wohl Gedanken machen müssen über den zukünftigen Träger. Den wie hier bereits gesagt, wird die Integration in den Eurofighter schon aus Kostengründen nicht machbar sein.
Die US-Vorschriften scheinen so zu sein, daß der Pilot eines atomar bewaffneten Flugzeuges die Bombe/Flugkörper im Flug scharf machen muß.
Dafür gibt es separate Bordsysteme, über die verständlicherweise nicht viel bekannt ist.
Die meisten freien Informationen über solche Einsätze stammen aus den 60er/70er Jahren, aber die Sicherheitsbestimmungen dürften im Vergleich zu damals eher schärfer geworden sein.
Das System beim Tornado heißt offensichtlich SWC (Special Weapons Console). Hoffentlich krieg ich keinen Besuch vom MAD nachdem ich das gegoogled habe…
Wie ist das eigentlich mit all den Starfightern in Museumsbesitz, die müßten (zumindest wenn als Jabo im Einsatz) doch auch eine solche SWC haben. Wird die vorher ausgebaut oder ist das System selbst nicht so geheim?
Bei jedem Tag der Offenen Tür knipst doch jemand den Arbeitsplatz des WSO, decken die das immer ab?
Ich verstehe die Diskussionen um den Einsatz von taktischen Atomwaffen zur Verteidigung Deutschlands nicht so ganz.
Wir besitzen gar keine Atomwaffen und haben somit auch keine Moeglichkeiten, A-Waffen national einzusetzen. Die sogenannte „nukleare Teilhabe“ soll nach meinem Verstaendnis auch beibehalten werden und ich habe noch keine politischen Anstrengungen notiert, die N-Teilhabe abzuschaffen.
Und, warum sollte man eine taktisch-nukleare Waffe praezise ins Ziel bringen koennen?
Ähem das thema hier ist daß eine politische Stimme (Ischinger) genau das fordert;)
Was Präzision angeht, wie stehts mit „nuclear bunker busting“?
Die B-61 kann dafür konfiguriert werden.
@JCR
Nicht nur „eine“ politische Stimme. Auch Westerwelle, Grüne, Linke, SPD und bestimmt auch ein paar aus der Union, die sich einfach keine Gedanken darüber machen, dass es ein ziemlich deutliches politisches Statement ist, im äußersten Notfall (verbündete) Nuklearwaffen einsetzen zu können.
Ja… geredet haben darueber schon einige, aber politische Anstrengungen die N-Teilhabe aufzugeben… eher nicht!
Ich denke mir, dass sich auch die Bundesregierung im klaren darueber ist, was die N-Teilhabe bedeutet.
Ich denke, es böte sich einmal ein Interview mit Herrn GenLt Plöger (Deputy Commander of NATO’s Allied Air Command Ramstein) an. Neben dem Kapitel „Kommando für Raketenschild“, könnte er als ehemaliger deutscher Vertreter (1997 – 1999 Chief of the Nuclear Planning, Nuclear Policy, Nuclear Strategy Section with the German Delegation to NATO, Brussels) in Brüssel sicher auch etwas dazu beitragen, was es auf dem internationalen politischen Parkett bedeutete, zöge sich Deutschland aus der „nationalen Teilhabe“ zurück.
Ist das nicht ein wenig unsinnig? Im falle eines Atomkriegs mit einer neu entstehenden kleinen Nuklearmacht irgendwo auf der Welt werden die Amerikaner warten bis die BW ihre Jagdbomber dorthinverlegt um mit Freifallbomben tatkische Nuklearwaffen zu verbringen?
Ich bin mir auch garnicht so sicher ob es so eine nennenswerte Proliferation von Nuklearwaffen geben wird. Die Laender die den Anspruch haben regionale Hegemonialmaechte zu werden und das von der NATO unbeheligt tun wollen, die wirtschaftliche Grundlage haben und noch keine Atomwaffen haben kann man doch an einer Hand abzaehlen.
Fuer die Tuerkei waere eine Nukleare Teilhabe interessanter sobald der Iran seine Bombe baut. Nordkorea ist (hier) nicht ernstzunehmen. Indien hat die Bombe. Brazil, Argentina und Chile haben keine ausreichende Autonomie von den USA (siehe Bariloche). Venezuela wuerde einen konventionellen Krieg mit Brazil und Columbia riskieren. Suedafrika braucht es nicht, es kann das suedliche Afrika wirtschaftlich dominieren. Deutschland und Japan wollen (und duerfen) nicht.
Bleiben Iran und Indonesia uebrig. Bei ersterem ist es unklar ob es ein Waffenprogramm gibt, von letzterem weiss ich zu wenig um ihn auszuschliessen.
Der Weg im 21 jhd sind Biowaffen, solche Programme lassen sich billiger, viel kleiner und unauffaelliger aufziehen. Haben groesseres Vergeltungs- und Angstpotential als Nuklearwaffen. Bald ist so etwas moeglicherweise auch von Privatleuten durchfuehrbar. Dazu kann man sie statt mit unzuverlaessigen ballistischen Raketen mit UPS weltweit verbringen.
Wenn man Ernsthaft in sinnvolle Landesverteidigung investieren will, sollte man sich um haeufige und gewohnheitsmaessige Hand-Desinfektion in der Oeffentlichkeit, Kupferbeschichtung an Haltegriffen, Isolierstationen in Krankenhaeusern und eine bessere Ausbildung zu Infektionskrankheiten kuemmern. Die Verbreitung von multiresistenten Krankenhauskeimen zeigt wie schlecht es in D steht.