Die Bundeswehr und ihre Sanitätsoffiziere: Ausgeheuchelt.
Die gestrige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die auch Sanitätssoldaten der Bundeswehr das Recht zubilligt, einen Antrag als Kriegsdienstverweigerer zu stellen, ist hier in etlichen (OT-)Kommentaren mit Unverständnis aufgenommen worden. Ich drösele diese Entscheidung gerne noch mal auf – und sage gleich dazu: die war überfällig und ist genau richtig.
Über Jahrzehnte nämlich hat sich die Bundeswehr ihren Sanitätsoffizieren als gespaltene Persönlichkeit präsentiert. Oder, das trifft es vermutlich besser: ihnen etwas vorgeheuchelt. Auf der einen Seite wurden schon immer Sanitätsoffiziere gesucht, bei denen der Begriff Offizier nicht nur eine hohle Phrase war und die sich nicht nur als Ärzte zufällig in Uniform verstanden – sondern bewusst auch als Soldaten. Auf der anderen Seite hat eben diese Bundeswehr eben diesen Sanitätsoffizieren erklärt, sie leisteten doch gar keinen Dienst an der Waffe (und hätten deshalb auch kein Recht, den Dienst zu verweigern). Sie hätte auch gleich sagen können: Ihr seid ja gar keine richtigen Soldaten.
(Ja, mir ist schon klar, dass dieser Fiktion vom waffenlosen Sanitätsdienst nicht nur die Haltung der Bundeswehr, sondern ebenso auch Gerichtsentscheidungen und Ansichten des Bundesamtes für Zivildienst zu Grunde liegen. Und dass es Sanitätssoldaten gab und gibt, die genau mit diesem Ansatz angetreten sind. Aber so was entsteht ja nicht im luftleeren Raum – gehen wir mal davon aus, dass die Bundeswehr so was schon aktiv betrieben hat.)
Spätestens seit in Afghanistan auf dem ersten San-Fuchs das Rote Kreuz abgeklebt und ein Maschinengewehr aufmontiert wurde, weil die Aufständischen das Schutzzeichen gerne als Zielmarkierung benutzten und den Beweglichen Arzttrupp als Hochwertziel rausschießen wollen, dürfte sich die Vorstellung erledigt haben, dass der Soldat im Sanitätsdienst keinen Dienst an der Waffe leistet. Die Regeln der Genfer Konvention spielen am Hindukusch für den Gegner offensichtlich keine Rolle, und wenn die Bundeswehr selbst natürlich daran gebunden bleibt, hat es doch Konsequenzen für die Truppe.
Und diese Einsatzdynamik trifft nun auf Soldaten des Sanitätsdienstes, denen man immer was vom waffenlosen Dienst erzählt hat. (Dass das auf Dauer schief geht, war spätestens seit der – ebenfalls gerichtlich umstrittenen – Entscheidung vor einigen Jahren klar, die auch Sanitätssoldaten zum Wachdienst mit der Waffe in der Hand verpflichtete.) Die Heuchelei fällt so richtig auf – und deshalb ist es gut, dass das Bundesverwaltungsgericht dem nun ein Ende gesetzt hat.
Dass mich da keiner falsch versteht: Das Recht für einen Sanitätsoffizier, ebenso wie jeder andere Soldat einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu stellen, ist die eine, begrüßenswerte Seite. Was deren Verweigerung selbst angeht, kann man natürlich fragen, zum welchem Zeitpunkt sie kommt – nicht etwa zufällig, wenn ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst gut in die berufliche Laufbahn eines Mediziners passt?
Ja, jeder muss auch das Recht haben, seine Gewissensgründe zu erkennen, Jahre nachdem er einen Vertrag als Soldat unterschrieben hat. Ich wäre gerade aufgrund meiner Biographie der letzte, der einem Sanitätsoffizier dieses Recht absprechen würde. Aber ich verstehe auch, dass unter Umständen der gewählte Zeitpunkt mindestens für Stirnrunzeln sorgen kann. Andererseits: Diesen Leuten hat die Bundeswehr vielleicht besonders lang etwas vorheucheln können?
(Ich erlaube mir sozusagen als Disclosure den persönlichen Hinweis: Wie die meisten meiner Leser wissen, bin ich anerkannter Kriegsdienstverweigerer. Übrigens erst im zweiten Anlauf: mein erster Antrag wurde mangels Rechtsschutzinteresse abgelehnt – ich studierte damals Theologie und würde, so die damalige Argumentation, als Geistlicher ja ohnehin nicht zum Wehrdienst eingezogen. Erfolgreich war erst mein zweiter Antrag nach dem Studium.)
Ein wirklich hervorragender, weil differenzierender Kommentar Herr Wiegold.
Es erstaunt mich immer wieder, welch umfangreiches und realistisches Bild sie von der Truppe und vom Zustand der Truppe als Außenstehender haben.
Zum Thema:
Eine Klatsche für den Sanitätsdienst, für FüSan und für das dahinterliegende (Vettern)Netzwerk. Aber wer seine Mitarbeiter, nur durch Belügen(„Nein, nach dem Studium kommen Sie in Krankenhaus, dann sind sie mal 3 Jahre Truppenarzt und dann machen SIe Ihre Facharztausbildung, da ist ja gar keine Zeit für einen gefährlichen Auslandseinsatz und außerdem sind sie ja auch Nichtkombattant, das kann gar nicht gefährlich sein“), Erpressen (BAT-Pool), Unterdrücken („Sie wollen eine A15-Stelle, na dann sehen Sie mal zu, Sie wissen ja, wie das funktioniert“) und Bestechen (600Euro-Zulage) an sich binden kann, dem gehört die Wahrheit (mal wieder) vom von der deutschen Gerichtsbarkeit die Wahrheit auf die Nase gebunden.
In Persona auch noch eine schöne nachträgliche Ohrfeige für Käptn Kurt. Auch wenn er die Nakathanic nun schon eine Weile verlassen hat, konnte sein Nachfolger Käptn Ingo die Schlagseite bisher in keinster Weise wieder ausgleichen.
Ein Sanitätsoffizier ist auch nach meiner Betrachtungsweise eben nicht nur ein Arzt in Uniform, sondern in erster Linie ein Offizier.
Eine Beachtung des Kriegsvölkerrechts durch Taliban ist eher ausgeschlossen und zwingt die Sanität nun endlich im 10. Einsatzjahr in AFG zu der Erkenntnis, daß ein Rotes Kreuz, „das darf ich nicht abtarnen, das ist ein Schutzzeichen!“ als Ausrede für die Haltung bestimmter Kreise eben nicht mehr gilt. Bravo! Was für eine Leistung.
Willkommen in der Realität, spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre eine Grundsatzdiskussion zu den aus dieser Entscheidung resultierenden Handlungsmöglichkeiten erforderlich gewesen. Stichwort, kann der Sani auch das MG bedienen, sollte oder müsste er das können….
Das Schmoren im eigenen Saft als TSK hat aus meiner Perspektive nicht dazu beigetragen dieses und ähnliche Probleme zu lösen. Da die Trennung, wieder aus meiner Perspektive eher eine Abtrennung, aber weiter beibehalten wird, werden diese Fragen wohl eher nicht gestellt. Nochmal, durch die Zentralisierung des Sanitätsdienstes, entsteht ein Verständnisproblem. Angefangen beim SanTrp in der Kompanieebene der durch den KpChef früher mal auch taktisch ausgebildet wurde bis hin zum Arzt, der kein Sanitätsoffizier ist.
Über Wehrdienstverweigerer die nach absolviertem und bezahlten Studium ihre Haltung entdecken, möchte ich jetzt lieber nichts schreiben.
Ich begrüße das Urteil, denn es ist ein wesentlicher Schritt, in einem lange überfälligen Klärungsprozess. Zu diesem Prozess – und damit bin ich bei meinem aktuellen Lieblingsthema – gehört auch die Frage nach soldatischer Identität. Diese kann meines Erachtens bei Ärzten, die auf Bundeswehrkosten an zivilen Universitäten kaum ausgeprägt werden (im Unterschied zur Sanitätstruppe als solcher), was die längste Zeit auch nicht nötig war. Nun aber hat sich das Bild gewandelt. Die Truppe steht regelmäßig im Kampf, und mit ihr die Militärärzte.
Was könnte daraus folgen? Ein Ansatz wäre das konsequente „Outsourcing“ ärztlicher Aufgaben im Standortdienst. Hier braucht es den Mediziner, nicht den Offizier. Für diejenigen, die sich das Studium von der Bundeswehr finanzieren lassen wollen, könnte eine erweiterte militärische Ausbildung – bspw. mit den regulären Offizieranwärtern – ein gangbarer Weg und vor allem ein Filter sein. Wen dann später noch das Gewissen plagt, darf verweigern unter Erstattung der Ausbildungskosten – ganz unemotional, als Verwaltungsakt. Und vielleicht sollte die Bundeswehr auch konsequent der Finanzierung von Hochwertausbildungen „verweigern“. Ein Radiologe muss kein Offizier sein. Und ein Ohrenarzt muss nicht auf den BAT. Im Kern braucht die Truppe vor allem Notfallmediziner und gute Chirurgen – letztere vor allem in den Lazaretten und nicht auf dem Gefechtsfeld.
Vorweg: Dieses Urteil begrüße ich sehr.
Möchte allerdings ein paar Punkte zum Thema „KdV“ loswerden:
Ja, es ist seltsam wenn (angehende) Offiziere (egal ob San oder andere) sich nach einem Studium entscheiden „KdV“ zustellen.
Ja ich kenne genug meinesgleichen, die sich für die Laufbahn eines Offiziers entschieden haben Aufgrund eines bezahlten Studiums. Und leider sind es oft genau jene , die einem das Tagesgeschäft durch ihre Arbeitseinstellung erschweren.
Aber: Sie tragen nur die eine Hälfte der Schuld. Die BW mit ihrer Personalwerbung die andere (Stichwort Radiowerbung: „ich dachte er ist Student, ich dachte er ist Pilot, ich dachte er ist Soldat“).
Gerade diejenigen , die direkt im Anschluss ans Abi als Offizier eingestellt werden, dann an die OSH, Oslw oder MSM gehen, bekommen kaum einen Einblick in die Truppe, da sie direkt im Anschluss ins Studium gehen.
Somit fehlt Ihnen die Möglichkeit objektiv zu beurteilen ob die Berufswahl die , für sie persönlich, richtige war.
Ich denke das wenn sich gerade zum Ende des Studiums jemand die Frage stellt ob die („blauäugige“?) Entscheidung in jungen Jahren die Richtige war,diese nur menschlich ist.
Deshalb meine persönliche Folgerung:
Lieber jemanden der aus Überzeugung seinen Dienst tut,
als jemanden der seine Zeit absitzt.
Klartext: Wer raus will, der sollte auch die Möglichkeit haben.
Die BW muss halt mit den Folgen ihrer Werbungspolitik leben.
MkG
Zunächst einmal muss an in eine Bewertung mit einbeziehen, wann die Verpflichtung stattgefunden hat. Vor 15 Jahren war das alles noch eine klare Sache: Waffe ja, aber nur zur Verteidigung … und eine Teilnahme Deutschlands an einem Krieg, eigentlich undenkbar, maximal an friedenssichernden Maßnahmen … nur die Welt hat sich verändert und mit ihr der Auftrag. Mann sollte hier wirklich jedem Einzelnen das Recht zugestehen, auf dem Boden dieser Veränderung eine ehemals getroffenen Entscheidung zu revidieren. Was die Rückzahlung von Ausbildungskosten angeht, die ist – vollkommen unemotional – zu entscheiden.
Außerdem gebe ich zu bedenken, dass wir die Entscheidung zu 18 Jahren Dienst von Menschen fordern, die gerade mal 18 Jahre alt sind. Dass sich Menschen auf der Zeitachse weiterentwickeln und somit auch andere Ansichten zu bestimmten Fragestellungen entwickeln (hoffe ich doch!) ist vollkommen legitim und kann durchaus dazu führen, dass das, was man mal für gut und richtig hielt nun als falsch empfindet. Natürlich wird es SanOffz geben, die hier ein „schlupfloch“ wittern, aber dies zu pauschalisieren ist ungerecht gegenüber denen, die wirklich ob der Entwicklung der letzten Jahre einen Gewissenskonflikt empfinden.
Sorry.
Aber das ist und bleibt Schwachsinn.
Jeder Offiziers und Unteroffiziersanwärter wird im PersAmtBw oder ZnWg auf mögliche Einsätze hingewiesen mit allen Konzequenzen.
Und das Waffen auch genutzt werden von SanPers, ist nicht erst seid Gestern so.
Das wird auch immer wieder betont.
Und von daher bin ich der Meinung, dass Diese Leute ohne irgendwelcher Bezüge rausgeworfen werden.
Tut mir echt leid aber solche Leute haben nichts bei der bundeswehr zu suchen.
Erst fett Geld und ne gute Ausbildung abgreifen und dann klagen, dass Sie was dürfen.
Da habe ich einfach kein Verständnis für.
Jeder der zur Bundeswehr geht bekommt vorher gesagt, dass er auch in Kriegs- und Krisenregionen eingesetzt werden kann. Dies ist bereits seit mehr als einer Dekade der Fall. Bei Ärzten und Sanitätern ist dieser Einsatz natürlich besonders notwendig zur Kameradenrettung und -versorgung. Die Ausbildung an der Waffe erfolgt bei Sanitätssoldaten und -offizieren zum Selbst- und Kameradenschutz. Bin aber nicht der Meinung von Herrn Wiegold wie er die Problematik aufgearbeitet hat. Also ein Soldat der sich die teure Ausbildung zum Rettungssanitäter, Arzt und Facharzt bezahlen lässt und es Ihm dann nach Jahren einfällt, dass er eigentlich aus „Gewissensgründen“ nicht bei der Bundeswehr arbeiten möchte, ist ein Heuchler. Daher soll Ihm auch sein heucherlisches Tun in Rechnung gestellt werden, da er zum einem seine Kameraden im Stich lässt, Ihr Überleben gefährdet und sich zum anderen wie die Made im Speck seine Ausbildung zum Arzt bei der Bundeswehr „erschlichen“ hat. Da darf es kein Pardon geben, das ist aus meiner Sicht Wehrkraftzersetzung. Die Gewissenfrage hat heute bei Wegfall der Wehrpflicht auch nur noch eine geringe Bedeutung und die „alt“ Sanitätsärzte und -soldaten haben doch heute oft das Ziel in die berufliche Komfortzone der Krankenhäuser und Arztpraxen zu wechseln. Sorry, es ist gut das sie auch verweigern dürfen, aber das sollte halt dann auch finanzielle Konsequenzen für diese Personen haben.
@ACE: Ich bilde mir ein, dass sich jemand auch mit jungen 18 Jahren zumindest Gedanken darüber gemacht hat, ob er Soldat werden möchte oder nicht. Unabhängig von der späteren Verwendung. (Und auch ein Arzt bei der Bundeswehr ist Soldat.)
Natürlich ist das ein noch früher Zeitpunkt, sich über den weiteren Lebensweg Gedanken zu machen.
Auf der anderen Seite ist man aber rechtlich erwachsen, will Wählen, Trinken und Auto fahren, also kann man von diesen jungen Erwachsenen auch erwarten, dass sie reflektierte Entscheidungen treffen und vor dann auch die Konsequenzen tragen.
Die Zahl derjenigen, die sich nach etlichen Jahren Militärdienst dahingehend wandeln, dass sie einen KDV-Antrag stellen und das auch ernst meinen, dürfte verschwindend gering sein.
Und jeder, der (spätestens) ab der Jahrtausendwende die Bewerbung für die Bw abgegeben hat, kann sich kaum damit rausreden, nicht gewußt zu haben, dass die Bundeswehr im Einsatz steht.
Natürlich soll sich jeder weiter entwickeln, auch dürfen sich Ansichten ändern.
Aber als Erwachsener muss man mit den Konsequenzen seiner Handlungen leben. Und gerade bei den Ärzten steht die Mehrzahl nun wirklich nicht im Einsatz. Ganz im Gegenteil, die überwiegende Masse sitzt am Schreibtisch und muss sich nicht mal mehr mit dem gemeinen kranken Soldaten abgeben. Das halte ich für zumutbar.
Fragen:
Gilt das Kriegsdienstverweigerungsneuordnungsgesetz (KDVNG) auch weiterhin?
Wie und wo ist das Verfahren zur Anerkennung des antragstellenden Soldaten geregelt?
Gibt es für antragstellende Soldaten die Anerkennung nach (vollständiger) Aktenlagen oder sind Ausschüsse und Kammern vorgesehen?
Wie verhält es sich bei antragstellendern Soldaten im Einsatz, die den Gehorsam nicht verweigern, sondern mit Verweis auf Artikel 4/3 GG aus Gewissengründen einem Befehl nicht nachkommen?
Wie wird mit antragstellenden Soldaten (KDVNG) im Einsatz und in der Truppe umgegangen?
Was gesieht mit ihnen bis zur rechtskräftigen und abschließenden Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nach Artikel 4/3 GG?
Das Problem, das sich hier stellt, scheint mir doch wesentlich komplexer zu sein, als dass es mit der Spekulationen über das Vorschieben von Gewissensbedenken angemessen abgehandelt werden könnte.
Die Frage ist nicht alleine die, ob der einzelne Arzt aufgrund persönlicher Einstellungen zum Krieg ganz allgemein weiterhin Soldat sein will oder kann, sondern ob nicht zwischen beiden Aufträgen von der Sache her einen unüberbrückbaren Widerspruch liegt.
Zum ärztlichen Selbstverständnis gehört die strikte Orientierung des eigenen Handelns am Wohl des anvertrauten Patienten.
Im Genfer Glöbnis, der modernen Fassung des Hippokratischen Eides, verpflichtet sich der Arzt:
„Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein.
(…) Ich werde mich in meinen ärztlichen Pflichten meinem Patienten gegenüber nicht beeinflussen lassen durch (…) ethnische Herkunft, Geschlecht,Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung oder soziale Stellung.
Ich werde jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden.“
Der Soldat hat sich grundsätzlich ausschließlich am militärischen Ziel zu orientieren und muss sich über den Lebensanspruch des Einzelnen (auch den eigenen!) hinwegsetzt.
Der Militärartzt hat – worauf auch die Bundeswehr ausdrücklich besteht! N die eigene Truppe, deren Tätigkeit auf die Vernichtung des Feindes gerichtet ist, und nur diese zu unterstützen. Er hat als solcher zudem unter dem Konzept des TCCC („Tactical Combat Casulty Care“) , das auch von der Bundeswehr übernommen worden ist, nach der Devise zu handeln, es sei – so wörtlich – „Feuerüberlegenheit die beste Medizin“ und daher zunächst an der Herstellung dieser Feuerüberlegenheit durch die aktive Teilnahme am Gefecht (!) mitzuwirken.
„Stirnrunzeln“ scheint mir da in eine andere Richtung angesagt, als zur Unterstellung unlauterer Motive einer Verweigerung:
Muss ein Arzt/eine Ärztin nicht die aktive Teilnahme am Gefecht verweigern?
Muss er/sie nicht darauf beharren, selbst und alleine nach medizinischen Gesichtspunkten zu entscheiden, wann er wen mit welchen Mitteln behandelt?
M.a.W.: Kann ein Arzt/eine Ärztin unter diesen veränderten Bedingungen Soldat bleiben, die bei seinem/ihrem Eintritt in den Dienst nicht nur nicht gegolten haben, sondern von der Sanität der Bundeswehr für absurd erklärt worden wären, wenn man danach gefragt hätte?
Kann er mit der einen Hand und Hirnhälfte das Maschinengewehr bedienen und töten, um dann mit der anderen die Verletzten der eigenen Seite nach Massgabe der militärischen Zweckmäßigkeit ärztlich zu versorgen?
Wer möchte von einem Arzt behandelt werden, der das Leben seines Patienten hinter die militärischen Prioritäten zurückstellt?
Die Frage richtet sich mithin nicht nur an die Ärzte, sondern auch an die Soldaten, denen vorgegaukelt wird, sie würden bestmöglich versorgt und es gehe alleine um die Erhaltung ihres Lebens, und die darauf auch vertrauen.
M.H.
Danke Thomas, somit kann ich es nun etwas Besser nachvollziehen warum weswegen! Das vorrausgegangene Verhalten der Bw ist keineswegs zu dulden und wurde hiermit auch Rechnung getragen.
Nur geht es mir auch um das Selbstverständnis als Soldat und es ist und erscheint Recht seltsam das immer dann geklagt wird nach einem Studium bzw. auch gegen was Alles geklagt wird wenn einem was nicht Konform ist!
@TomTom
Stimme Ihne zu, dass man sich auch schon mit 18 Jahren Gedanken gemacht haben kann (und bitte schön auch gemacht haben sollte) aber eben auch, dass mit steigendem Erfahrungsschatz Entscheidungen manchmal revidiert werden müssen. Natürlich muss man die Konsequenzen des Handelns dann auch akzeptieren.
Aber eine Sach möchte ich auch noch klarstellen: Dass die Mehrzahl der Ärzte in der Bundeswehr am Schreibtisch sitzen und sich eben nicht um PAtienten kümmern, ist und bleibt eine „urban legend“.
@ACE: Ich bin mir mit der Urban Legend nicht so sicher.
Zuvor: ich habe eine Menge SanStOffze erlebt, die sich tatsächlich mit der Institution Bundeswehr wie auch ihrem Verständnis als Soldat absolut identifiziert haben, nicht zuletzt mein Vater, der lange in verschiedenen BWK und im SAR-Dienst tätig war.
Aber: sowohl (bis auf eine Ausnahme) alle Truppenärzte, die mir in meiner eigenen Dienstzeit begegneten, als auch ausnahmslos alle Bekannten, Schulkameraden, sonstige Menschen, denen ich mal begegnete, gehörten dieser Gruppe nicht an. Im Gegenteil, alle jene, mit denen ich etwas besser ins Gespräch kam, sagten sehr offen, daß der einzige Grund ihrer Verpflichtung das bezahlte Studium mit Studienplatzgarantie sei.
Dazu kommt meine eigene Beobachtung, daß bei den meisten der Genannten keinerlei Interesse (und dementsprechend auch keinerlei Kenntnis) soldatischer Inhalte sowie sicherlich keine körperliche Eignung im Sinne dessen, was sonst sogar von GWDL verlangt wird, bestand. Zitat (sinngemäß:) „Ich hatte ja letzte Woche Prüfung in VVO und Wehrrecht, habe ich alles schon wieder vergessen. Ist aber auch nicht so wichtig, im Praktikum im Sanbereich war das eher so kollegial und mir ist auch die Teamatmosphäre viel wichtiger als Kommandoton.“
Nicht gefehlt hat natürlich jeweils auch der Hinweis, daß, sobald etwas passierte oder ein Einsatz bei ISAF/KFOR bevorstünde, „die gar nicht so schnell gucken können, wie ich weg bin“.
Offensichtlich haben wir trotzdem genügend Ärztinnen und Ärzte im Einsatz (vor denen ich ausdrücklich meinen Hut ziehe), es können also nicht alle so denken. Aber wenn ich die Penetranz betrachte, mit der diverse Res-Stellen bei meinem Vater anklingeln, ob über sein Engagement hier nicht doch eine „verlängerte Wehrübung mit neuen Herausforderungen“ interessant wäre, scheint die Versorgung doch nicht allzu dick zu sein.
@ACE: Aus eigenem Erleben sehe ich es anders. Meiner Meinung nach (und der Wehrbeauftragte sieht es sehr ähnlich) befindet sich die Mehrzahl der studierten Mediziner in nicht-kurativer Verwendung.
Spätestens mit der Ernennung zum BS und der Beförderung zum A13/14 muss eine Stabsverwendung kommen, somit fehlt der Bezug zum Patienten.
@ ACE
Wir haben Ärzte als Chefs, Kommandeure alle Stufen, Stabsabteilungsleiter in allen Ebenen und letztendlich ganze Abteilungen im BMVg und Co, wo sie als Sachbearbeiter eingesetzt sind… Was meinen sie denn, warum man sich im ZSanDBw so mit Händen und Füssen gegen die Öffnung der Struktur für Truppendienstoffiziere wehrt? Genau, da gehen ja Stellen für die Ärzteschar bei drauf – das geht nun wirklich nicht. Wenn nun seit langem geklagt wird, es wären zuwenig am Patienten, dann sage ich: Selbst Schuld, wenn man den OrgBereich selber wurschteln lässt. Schneiderhahn hätte seine Drohung wahrmachen sollen: Wer sich nicht organisieren kann, wird organisiert.
Man versteckt sich im ZSanDBw ausschließlich hinter der „fachlichen Qualifikation“, weswegen man Ärzte in Führungsverantwortung bräuchte, weiss selber aber ganz genau, das mindestens 80% der Entscheidungen in Stabstätigkeiten nichts, aber auch gar nichts damit zu tun haben.
Und was die „genügenden Ärzte im Einsatz“ betrifft: Viele sind mehrmals im Jahr im Einsatz, spätestens i.d.R. jedoch jedes Jahr einen Split. Nichts selten bekommt man im Einsatz seine Vororientierung für den nächsten, bzw. auch schon mal gleich die Einplanung. Ohrenärzte&Co auf BATs sind keine Seltenheit, denn es zählt die Fachkunde Rettungsmedizin. Die muss jetzt jeder machen, aber was heisst das? Genau, sie bekommen den „Volkssturm“, Leute die gerade erst frisch aus der ersten Verwendung kommen und überhaupt nicht wissen, wie ihnen geschieht – und meistens genau da, wo es weh tut, nämlich auf den BAT der ASB MeS oder KDZ. Fragen sie mal, wieviel alteingesessene Ärzte hier in Deutschland Auslandsverwendungsfähig sind – da wird ihnen aber schwindelig…
Zurück zum Thema: Ich finde, die Entscheidung war überfällig. Wobei ich das bei den beiden Klägern aber eher heuchlerisch finde, denn soooo lange sind die anscheinend noch kein Soldat, als das sie nicht gewusst hätten, was Phase ist. Nach einer Rückerstattung der Kosten fürs Studium würde ich sie daher gerne ziehen lassen.
@m.hofferbert: „…Spekulationen über das Vorschieben von Gewissensbedenken…“
In meinem Berufsleben sind mir etliche Vorgänge mit Sanitätsoffizieren begegnet, beginnend mit einem Fall aus den 80ern, der es bis zum BVerfG gebracht hat, fortgesetzt bis neulich, in denen die Motivlage für den KDV-Antrag mir doch recht eindeutig erschien: „Ihr befördert mich nicht so, wie ich mir das vorstelle, draußen rechnet sich das besser für mich.“ Das mindert nicht den Gehalt Ihrer grundsätzlichen ethischen Überlegungen, und ihre Bedeutung in jedem Einzelfall. Die Lebenswirklichkeit für die Bundeswehr heißt aber: Zu wenig Ärzte, teure Ausbildungen sind in den Sand gesetzt (wie Sie ja wissen, gibt es zudem vor Gericht bei den Rückforderungsprozessen satte Billigkeitsabschläge).
Ich halte die gerichtliche Entscheidung aus ethischen Gründen ebenfalls für überfällig. Die Leistung der Sanitätsoffiziere im Einsatz ist bewundernswert. Allerdings lässt sich die Befürchtung von Herrn Königshaus im Hinblick auf den Ärztemangel auch nicht von der Hand weisen. Ich möchte allerdings den Ärzten in der Bundeswehr nicht pauschal unterstellen, sie suchten sich eine einfache Ausstiegsklausel.
Danke für die ausführliche Einordnung. Hab gestern lange darüber nachgedacht und fand das jetzt sehr hilfreich.
@ ACE | 23. Februar 2012 – 10:16
[…]Zunächst einmal muss an in eine Bewertung mit einbeziehen, wann die Verpflichtung stattgefunden hat. Vor 15 Jahren war das alles noch eine klare Sache: Waffe ja, aber nur zur Verteidigung … […]
Mit Verlaub, definieren Sie bitte Verteidigung und definieren Sie bitte, was sich grundsätzlich am Erwartbaren dabei änderte.
@Wetzelsgrün | 23. Februar 2012 – 9:01
[…]Ein Sanitätsoffizier ist auch nach meiner Betrachtungsweise eben nicht nur ein Arzt in Uniform, sondern in erster Linie ein Offizier.[…]
Ja, so ist es. Dennoch möchte ich meinen, dass die Sanität in den Einsätzen der Bw mehr denn leistet und viele Ihrer Kritikpunkte quasi eigenerkannt abgestellt hat. Im übrigen ein deutscher Offizier seine Rechte und Pflichten bzgl. des HVR so kennen und anwenden können sollte, dass er seine Absicht wie und wozu er das SanPers einsetzt diesem Personenkreis einsichtig erläutert-zumindest im Nachgang, lässt die Situation es nicht unmittelbar zu.
Zum Funktionsbereich/ Orgbereich Sanität: Es ging einfach nicht mehr anders, als den Personaleinsatz für Aus- und Inland aus einer Hand heraus organisieren zu lassen. Dass es dabei offensichtlich bis auf wenige Ausnahmen mißlang tragfähige Coleurverhältnisse aufzubauen, die dann im Einsatz/ Krieg aufleben können, stand in mindestens 3 Berichten des WB als Kritikpunkt (übrigens aus beiderlei Sicht) und stellt wohl schlichtweg eine der großen Herausforderungen dar, die es anzugehen gälte-wenn man es denn personell unterlegen könnte, oder?
@Hr Wiegold: […]Die Regeln der Genfer Konvention spielen am Hindukusch für den Gegner offensichtlich keine Rolle, und wenn die Bundeswehr selbst natürlich daran gebunden bleibt, hat es doch Konsequenzen für die Truppe.[…]
Und genau hier fängt es eben an: Angehörige des SanDst d Bw sind erstmal Soldaten. Punkt. Zu Nichtkombattanten, zu schonende, ja zu schützende Personen werden sie auschließlich durch ihre Funktion auf dem Gefechtsfeld. Wir sollten mit dem Märchen aufhören -im übrigen tut das BVerwG mit diesem Urteil auch genau das- Angehörige des deutschen SanDst wären ein von vornherein durch das HVR losgelöst von Aufgabenwahrnehmungen geschützter Personenkreis, der SanDst Bw-von seiner „Tätigkeit im Amt“ als SanOrg- eine solche SubOrganisation der Bundeswehr. Das ist nicht der Fall. Und ganz konkret: Natürlich hätte ein SanSdt, egal welcher Dienstgradebene, keinerlei verwaltungsrechtliche Handhabe -eben außer dem KDV Antrag bzw. die Kündigung bei Vorhandensein der Voraussetzung- sich gegen eine Versetzung in einen anderen OrgBer der Bw versetzen zu lassen, wohl aber Anspruch darauf im Anschluss bzw. im Zuge dieser Versetzung eine adäquate Ausbildung zu erhalten. Welche sollten das auch sein? -Anmerkungen: Frauen hatten sie bis 2001.
Zur Illustration: Versuchen Sie es sich bitte anders herum zu erschließen. Ein deutscher approbierter Arzt, der als Hauptgefreiter, nun ja: als Hauptmann und KpChef einer Einsatzkompanie bei den Fallschirmjägern dient und kein völkerrechtliches Schutzzeichen trägt-was er als solcher auch kaum dürfte, es sei denn er wäre als SanPers von seinem Kdr gekennzeichnet worden und zum Einsatz als solcher vorgesehen, was wohl beim Dienstposteninhaber KpChef auszuschließen wäre-würde ganz „normal mitkämpfen“, oder? Warum nun sollte es ein ungekennzeichneter, allgemeiner: vom HVR ungeschützter, Sanitäter nicht dürfen?
Also worauf ich hinaus will: Natürlich ist das SanPers eine Hochwertressource, gerade auf dem Gefechtsfeld, was man wohl kaum ohne äußerst driftigem Grund zum Kämpfen einsetzen würde-ja aufgrund der fehlenden Ausbildungstiefe und -breite im Vergleich zu anderen es sich mehr noch verböte bzw. verboten hat.
Aber das ist eine Frage der Organisation und letzteres der Fürsorge, aber keinesfalls eine juristische. Und für die Angehörigen des SanDst natürlich auch eine Frage des Gewissens-aber auch das gilt dann bitte ebenfalls für alle, auch hier gibt es -bei allem gebotenen Respekt für diese doch sehr harte Tätigkeit des Gefechtsfeldsanitäters-keine Exklusivität.
@ J. Koenig | 23. Februar 2012 – 10:38
Zu Ihren Fragen:
[…l]Gilt das Kriegsdienstverweigerungsneuordnungsgesetz (KDVNG) auch weiterhin?[…]
Ja, vollumfänglich.
[…]Wie und wo ist das Verfahren zur Anerkennung des antragstellenden Soldaten geregelt?[…]
Wie bisher: Antrag an das KWEA-wie auch immer das nun heißen wird, wird es eine Dienststelle mit dieser Funktionalität geben-, am besten, muss aber nicht, auf dem Dienstweg über den nächsten Disziplinarvorgesetzten. Das Verfahren hat seit 2003 „erstinstanzlich“ rein schriftlich zu erfolgen. Das BAZ heißt seit 2011 Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das Referat 208 Kriegsdienstverweigerung/Zivildienst ist zuständig.
[…]Gibt es für antragstellende Soldaten die Anerkennung nach (vollständiger) Aktenlagen oder sind Ausschüsse und Kammern vorgesehen?[…]
Wie geschrieben: Schon seit 2003 gibt es ein „erstinstanzlich“ rein schriftliches Verfahren, FF Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das Referat 208 Kriegsdienstverweigerung/Zivildienst. Bei FWDL sind 2-4 Wochen vorzusehen, bei SaZ 2-6 Monate.
[…]Wie verhält es sich bei antragstellendern Soldaten im Einsatz, die den Gehorsam nicht verweigern, sondern mit Verweis auf Artikel 4/3 GG aus Gewissengründen einem Befehl nicht nachkommen?[…]
Das war und ist schon immer unzulässig gewesen. Bisd zur Anerkennung und der Übermittlung dieser Anerkennung an die Diensstelle/ der, den Betreffenden unterliegt ein Soldat der Gehorsamspflicht-juristisch ist das in der Tat so, dass man genau bis zum Lesen des Faxbescheids/ der Brieföffnung dieser unterliegt. Ein Telefonanruf ist kein rechtswirsamer Bescheid, kann aber vom Disziplinarvorgesetzten als Anlass für Maßnahmen genommen werden. Ebenso ein weit verbreiteter Irrtum: Der Dienst an der Waffe sei unverzüglich zu befreien. Auch dies eine KANN-Bestimmung des nächsten Disziplinarvorgesetzten! Was dieser muss ist das aktenkundigmachen der Befragung auf Zumutbarkeit und seine Entscheidung dazu.
[…]Wie wird mit antragstellenden Soldaten (KDVNG) im Einsatz und in der Truppe umgegangen?[…]
Gemäß Wehrbeauftragten Robbe und Königshaus: mit Augenmaß und entsprechend der Gesetzes- und Erlaßlage, in der Regel wird diesen Quellen nach unverzüglich vom Dienst an der Waffe befreit. Darüber hinaus habe ich keine Kenntnisse.
[…]Was gesieht mit ihnen bis zur rechtskräftigen und abschließenden Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nach Artikel 4/3 GG?[…]
Es ist Angelegenheit des nächsten Disziplinarvorgesetzten die, den Betreffende(n) einzusetzen oder im Rahmen seiner Möglichkeiten zu befreien. Konkret hier: eine humanmedizinischg approbierte Person kann selbstverständlich bis zur Anerkennung (dem „Brief öffnen“) als soclher eingesetzt werden. Daran ist auch nichts unlogisch, es sei denn es ginge eine Dienstunfähigkeit mit dem Antrag einher.
Ansponsten gilt gemäß Fü S I 1 – Az 24-11-01, „Behandlung von Soldatinnen und Soldaten, die ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin bzw. als Kriegsdienstverweigerer beantragt haben“, und in Entsprechung für StOffz/ Offz/ ROA/ OA sowie Angehörige der Laufbahn der Fachunteroffiziere und der Feldwebel (einschließlich der Laufbahnanwärterinnen und -anwärter) der Erlass „Verwendung von Offizieren des Truppendienstes sowie von Offizier- und Reserveoffiziers-Anwärtern im Wehrdienst, die einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt haben“ vom 3. Mai 1988 (BMVG P II 1 Az 16-02-11/10 vom 3.5.1988, R 3/88) unverändert:
Die Beförderung einer Antragstellerin oder eines Antragstellers ist während des Anerkennungsverfahrens nicht zulässig (vgl. ZDv 20/7 Nr. 131).
Sie sind aus einem Studium, einer zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung, einem Laufbahnlehrgang oder ähnlichen Ausbildungsmaßnahmen herauszunehmen.
Die Anerkannten sind darüber hinaus aus dem Dienst ersatzlos zu entlassen, da es keinen diesntverpflichtenden Ersatzdienst gibt im Moment. Ansprüche nach SVG bestehen nicht, da die Anerkannten keine Soldaten mehr sind und ihre Dienstzeiten als getilgt zu gelten haben.
Meiner Meinung nach entbindet die Anerkennung als KDV nicht davon Ausbildungen zurück zu zahlen, sofern dies nicht über die Dienstzeit geschehen ist (anzusetzen sei hier die Verpflichtungszeit die mit der Qualifikation einherging bzw. zum Zwecke des Einräumens der Möglichkeit zur Absolvierung vom numnmehr als KDV-Anerkannten als akzeptiert bezeichnet wurde)-aber da warten wir mal noch höchstrichterliche Entscheidungen ab. Die Bw tut gut daran hier möglichst schnell eine solche Klarheit in einem Musterverfahren anzustreben. Sollte es dazu bereits einen solchen Richterspruch geben bzw. eine Handlungsroutine, bitte ich unbedingt mich zu verbessern!
@ M. Hofferbert | 23. Februar 2012 – 10:39:
Bevor ich Ihre Fragen beantworten zu versuchen möchte, weise ich darauf hoin, dass Ihren Fragen mehrere Dimensionen inne wohnen-im mindestens sind das: juristische, moral-ethische(philosophische) und religiöse. Auf letztere gehe ich bewusst nicht ein.
[…]Muss ein Arzt/eine Ärztin nicht die aktive Teilnahme am Gefecht verweigern?[…]
Juristisch: klares nein. Würden Sie dies anstrengen, dann würden Sie alle Ärzte vom Gefechtsfeld verbannen, weil das HVR dieses nur als Ganzes kennt und entsprechend einteilt. Also auch der Arzt im Flüchtlingslager, und das muss das HVR auch, da, würde es das nicht tun, Kriegsteilnehmer auf „darf Schießen“-also Kombattantenstatus-reduzierte. Stellen Sie sich diese Tragödie einmal vor, wo sollte sich dann noch ein verbindlicher-zumindest bei denen die das HVR anerkennen-Rechtsschutz und Schonung für alle anderen herstellen?
Jetzt werden Sie einwerfen wollen: ja aber „aktive Gefechtsteilnahme“ ist doch was anderes! In meinen Augen ist es eine geschmackliche Spitzfindigkeit diverser politischer Kreise, die Teilnahme am Gefecht unterzukategorsieren. Ich folge dem nicht. Ich sehe ein Gebiet, in dem wird gekämpft und alle nehmen-wenngleich in unterschiedlichen Rollen-daran teil und beeinflussen es-ob nun aktiv oder passiv. Ein Bsp zur Illustration: Truppenführer Meier sucht sich Höhe 199 als Stellung aus, Hilfsorganisation Friedenstaube sucht sich diese aber als Standort für sein Flüchtlingslager aus und bezieht diese als solche. Es ist doch bitte unstrittig, dass dies sehr wohl eine Beeinflussung für den regulär kämpfen dürfenden Truppenführer Meier ist.
Moral-ethisch: Klares nein. Warum sollten Ärzte sich nicht für eine Sache, für eine Seite entscheiden dürfen, betrachtet man den Rahmen? Was er nicht darf-nämlich die Verweigerung auf Behandlung-führten Sie aus.
[…]Muss er/sie nicht darauf beharren, selbst und alleine nach medizinischen Gesichtspunkten zu entscheiden, wann er wen mit welchen Mitteln behandelt?[…]
Juristisch: Das darf er und dem wird auch von der Bundesrepublik Rechnung getragen.
Moral-ethisch: Ist es einem Truppenführer zu zumuten, dass er seinen Gefechtserfolg riskiert, damit der Arzt/ die Ärztin zur Behandlung beim Gegener ausrücken kann? Das HVR sagt nein. Ich meine auch nein. Es gibt einen Raum, ein Gebiet, wo die Ärzte wirken können. Das muss reichen.
[…]Kann ein Arzt/eine Ärztin unter diesen veränderten Bedingungen Soldat bleiben, die bei seinem/ihrem Eintritt in den Dienst nicht nur nicht gegolten haben, sondern von der Sanität der Bundeswehr für absurd erklärt worden wären, wenn man danach gefragt hätte?[…]
Absurd ist an der heutigen Situation allenfalls der Rückfall in längst vergangen geglaubte Zeiten. Ich komme nicht umhin auf die deutsche Militärgeschichte jüngeren Datums (WK II) zu verweisen. Neu ist das also mitnichten, vielmehr war es stets DAS Unterscheidungsmerkmal militärischer Mediziner zu zivilen.
Juristisch: Es gibt keinerlei Gründe, warum ein Arzt sich darauf verwaltungsrechtlich-den KDV Antrag, die formelle Kündigung als Verwaltungsakte explizit ausgenommen-berufen könnte.
Moral-ethisch: Die Uniform war und ist seit je her mehr als ein bloses Bekleidungsstück. Wer sie sich überstreift muss mit den damit verbundenen Entbehrungen und Verbindlichkeiten leben können/ lernen. Wer sich dessen mit 18 Jahren nicht bewusst ist, hat in meinen AUgen keinerlei Entschuldigungsgründe-noch dazu wir hier über einen Personenkreis schreiben, der sich einem der anspruchsvollsten Studiengänge zu stellen fähig und bereit zeigte.
[…]Kann er mit der einen Hand und Hirnhälfte das Maschinengewehr bedienen und töten, um dann mit der anderen die Verletzten der eigenen Seite nach Massgabe der militärischen Zweckmäßigkeit ärztlich zu versorgen?[…]
Juristisch: vollkommen unproblematisch, sogar mit Schutzzeichen, wenn die Voraussetzungen nach HVR dazu gegeben sind (Stichworte: Notwehr/ Nothilfe).
Moral-ethisch: Wer nicht erkennt, dass Nothilfe/ Notwehr nicht nur Naturrechte, sondern gefälligst auch Natiurpflichten sind, dem wird die Bejahung schwer fallen, ja unmöglich erscheinen. Die Frage gehört zur begriedigenden philosophischen Beantwortung in die Ebene der Politik, die ANgehörige von Streitkräften in eine solche Situations stellt. In der Situation: Einfach ist das ganz sicher nicht, und dennoch, auf die konkrete Situation bezogen: den Gegenüber, der mich oder andere töten will, davon abzuhalten und anschließend zu behandeln-wenn es noch etwas zu behandeln gibt- ist ein zumindest logischer Vorgang. ANders herum ist es unlogisch.
[…]Wer möchte von einem Arzt behandelt werden, der das Leben seines Patienten hinter die militärischen Prioritäten zurückstellt?[…]
Die Frage: Möchtest Du von einem guten Offizier oder von einem guten Mediziner behandelt werden? kennt wohl jeder.
Also juristisch: Liegt die Approbation vor, ist das Recht und die Pflicht zur Behandlung da, egal welche „Begleiteigenschaften“ sonst da sind.
Aber gut, darauf wollten Sie wohl kaum hinaus:
Ich meine es hat schlichtweg ganz praktische und organisatorische Gründe, dass auch die Sanität im Gesamtverbund mit anderen Teilen der Streitkräfte wirkt. Mitnichten wird da den Soldaten etwas anderes vorgegaukelt, wenn man nicht grundsätzlich „Gaukelei“ annehmen will. Jeder Gruppenführer teilt das Gefechtfeld in seiner Befehlsausgabe so ein: dann da Kampf, dann da Verwundetenversorgung.
Wissen Sie: wenn man Kriege endlich wirksam verbieten könnte, würde ich das unverzüglich tun lassen. Allein noch ist`s nicht so weit. Solange gilt es den Krieg zu organisieren so gut, so schlecht, das eben geht-auch für Sanitätskräfte.
Das Urteil ist ein weiterer Schritt, sich von Lebenslügen in bundesdeutscher Sicherheitspolitik zu verabschieden. Natürlich sind auch Sanitätsoffiziere Soldaten und können vom Grundsatz her einen Kriegsdienstverweigerungsantrag stellen. Nur sollten wir auch mal überlegen, wie hoch die Schwelle bei einem Offizier zu setzen ist. Meiner Meinung müsste es für Offiziere annähernd unmöglich sein, nachträglich zu verweigern. Als OA sollte man genug Gelegenheiten haben, sein Gewissen zu prüfen und zu entscheiden, ob man bei der Armee richtig ist.
Zudem kommen wir mit diesem Urteil wieder zu der Fragestellung, ob wir uns mit weiten Teilen des Kriegsvölkerrechts nicht etwas vormachen. Wenn Sanitäter oder Büroangestellte in New Yorker Hochhäusern völkerrechtswidrig zum Hochwertziel werden, sind wir eben wieder auf einer „anderen“ Ebene der Kriegsführung.
Clausewitz hat unsere gegenwärtige Situation so beschrieben:
„Sind die Kriege gebildeter Völker viel weniger grausam und zerstörend als die der ungebildeten, so liegt das in dem gesellschaftlichen Zustande, sowohl der Staaten in sich als unter sich. Aus diesem Zustande und seinen Verhältnissen geht der Krieg hervor, durch ihn wird er bedingt, eingeengt, ermäßigt: aber diese Dinge gehören ihm nicht selbst an, sind ihm nur ein Gegebenes, und nie kann in der Philosophie des Krieges selbst ein Prinzip der Ermäßigung hineingetragen werden, ohne eine Absurdität zu begehen.
…
Wir wiederholen also unseren Satz: der Krieg ist ein Akt der Gewalt, und es gibt in der Anwendung derselben keine Grenzen; so gibt jeder dem anderen das Gesetz, es entsteht eine Wechselwirkung, die dem Begriff nach zum äußersten führen muß. Dies ist die erste Wechselwirkung und das erste Äußerste, worauf wir stoßen.“
Wir führen heute Krieg gegen einen, sagen wir, anders gebildeten Feind. Bei ihm spielt Humanität keine Rolle, der Wert eines Menschenlebens wird anders bewertet, und so etwas wie eine völkerrechtlich vorgeschriebene Schlachtordnung gibt es schon gar nicht. Es geht um siegen, und alles ist erlaubt – zumindest für einen islamistischen Gotteskrieger gegenüber Ungläubigen. Da wird dann eben auch ein Hochhaus zum legitimen Ziel und ein Linienflugzeug zur Waffe. Im Kampf gegen so einen Feind ist natürlich jeder Sanitäter Soldat. Und jeder, der dem Feind medizinische Versorgung zukommen lässt ist der Logik dieses Urteils folgend auch den feindlichen Kräften zuzuordnen.
Wenn wir nun anfangen, die Frage: Was ist Kriegsdienst gem. Art. 4 Abs. 3 GG? neu zu definieren, dann stellt sich die Frage: Ist Steuern zahlen in einem Krieg führenden Land nicht auch Kriegsdienst? Denn ohne Geld läuft nichts… Bisher galt hier die Koppelung: Kriegsdienst = Waffe in der Hand. Wenn nun Pflaster kleben und Spritzen geben Kriegsdienst ist, dann öffnet das breite Auslegungsspielräume.
Kann man dann auf seine nächste Steuererklärung schreiben: „Aus Gewissensgründen verweigere ich hiermit den Kriegsdienst in Form von Steuerzahlung unter Berufung auf Art. 4 Abs. 3 GG …“ Denn mit meinem Steuereuro wird die Waffe erst gebaut … also ist Steuern zahlen Kriegsdienst mit der Waffe …
Hier ein Vorschlag zur Güte:
Man könnte doch für den Fall, dass ein aktiver Sanitätsoffizier den Kriegsdienst verweigert festlegen, dass er für den Rest seiner Dienstzeit als Zivilist in einem (zivilen) Krankenhaus in Bundesträgerschaft Dienst tut (mit Bezahlung nach BAT).
Wenn der Arzt unbedingt sofort nach Anerkennung als KDV aus dem Dienst ausscheiden möchte, müsste er die Ausbildungskosten anteilig erstatten (mit der Möglichkeit von Stundung und Ratenzahlung).
Solche Regelungen werden bei den Absolventen von begehrten Beamtenausbildungen praktiziert, die nach bestandener Prüfung lieber gleich auf eine besser dotierte Stelle in der freien Wirtschaft wechseln (z. B. Diplom-Finanzwirte).
@ Sachlicher
Man(n) dankt.
„Der Dienst an der Waffe sei unverzüglich zu befreien.“
Meiner Erinnerung nach ist der Antrag „Befreiung vom Dienst an der Waffe“ beteiligungspflichtig; nicht nach SBG sondern ZDV 10/2.
@ T.W. „Ausgeheuchelt“
Neben der Frage, ob wirklich allseits „ausgeheuchelt“ ist oder die (tatsächliche oder unterstellte) Heuchelei nur an anderer Stelle weitergeht, irritiert mich eine andere Argumentation, die ich unter anderem gestern abend im TV von Anwälten der Kläger hörte. Dort war dezidiert auf die gestiegenen Gefahren in den Bw-Einsätzen und insbesondere in Afghanistan hingewiesen worden, denen nunmehr auch Sanitätssoldaten ausgesetzt seien.
Das stimmt. Aber ist das für sich genommen wirklich ein Grund, um den Kriegsdienst zu verweigern? Liegt hier ein neue Qualität vor, um die bisherige Rechtsprechung der 80er Jahre zu kippen? Bisher dachte ich immer, dieses (m.E. verteidigenswerte) Recht bezieht sich auf solche Soldaten, die es nicht mit Ihrem Gewissen vereinbaren können, anderen mit der Waffe in der Hand entgegenzutreten – und sei es auch in Notwehr. Aber Angst als Kriegsdienstverweigerungsgrund? Das ist mir neu. Aber man lernt ja nie aus.
Ansonsten stimme ich zu: Die Bw muss sich jetzt etwas einfallen lassen, einem allzu leicht gemachten Ausscheiden von Ärzten, die im Einsatz wie kaum jemand anderes gebraucht werden, vorzubeugen.
@ Sun Tzu | 23. Februar 2012 – 15:44
Sie schreiben einen sehr interessanten Post, auf zwei Punkte möchte ich gern eingehen:
[…]Und jeder, der dem Feind medizinische Versorgung zukommen lässt ist der Logik dieses Urteils folgend auch den feindlichen Kräften zuzuordnen. […]
Nein. Bei Vorliegen der Ihnen bekannten Voraussetzungen sind diese eben niemanden zu zuordnen außer sich selbst. Daran ändert das Urteil nichts.
Was dem Urteil folgen wird, solle bitte jeder seiner Phantasie-kein Vorwurf an Sie-ausmachen. Auf Ihren Absatz: […]„Aus Gewissensgründen verweigere ich hiermit den Kriegsdienst in Form von Steuerzahlung unter Berufung auf Art. 4 Abs. 3 GG …“ […]
wird der Finanzbeamte sich an seine Stunden in Verfassungsrecht besinnen und momentan wohl in etwa so bescheiden:
„Der Bund stellt zur Verteidigung Streitkräfte auf (Art 87). Gemäß Artikel 110-Haushaltsplan des Bundes werden dafür HHM eingeplant und vom Bundestag beschlossen, die über Ihre Steuern finanziert werden-hier verweise ich Sie gern auf die dazu gültige Gesetzeslage und Rechtssprechung- und ermuntere Sie weiters an der entsprechenden Wahl des Bundetages teilzunehmen und hier Ihren durch die Verfassung garantierten Einfluss geltend zu machen.
Ich bedaure Ihnen kein günstigeren Bescheid geben zu können,
Rechtsbehelf,
Mit freundlichen Grüßen!“
Hätte er gedient-was immer seltener der Fall zu sein scheint-, würde er Sie vielleicht noch darauf verweisen, dass „Kriegsdienst verweigern“ und „Verteidigungsfähigkeit“ zwei unterschiedliche Paar Verfassungsschuhe sind und die Berechtigung des BUNDES/ der Länder/ der Kommunen zur Zwangseinberufung bzw. Zwangsverpflichtung unberührt bleiben. Würde er sich im Gegensatz zu mir an ein Urteil des BVerfG erinnern können, worin explizit auf Ihr Begehr eingegangen wird, würde er es auch noch anführen-mir fällt jetzt auf die Schnelle keins ein, aber da könnte es etwas geben.
Ich wollte Sie mit meinem Exkurs nicht ärgern, und das ist Ihnen auch alles bekannt, das weiß ich, aber ich wollte einfach mal Finanzbeamter sein.
@KeLaBe:
Es wird nicht aus Angst um das eigene Leben verweigert. Sondern durch die Einsätze und die Gefahr bei diesen Einsätzen angegriffen zu werden ergibt sich nunmehr die Angst der bewaffneten Sanitätssoldaten, dass sie selbst einen anderen (die Angreifen, Passanten, …) erschießen.
Diese Gefahr ist neu und nicht zwingend mit dem Gewissen zu vereinbaren.
@ J. Koenig | 23. Februar 2012 – 16:26
Bitte.
[…]…“Der Dienst an der Waffe sei unverzüglich zu befreien.”
Meiner Erinnerung nach ist der Antrag “Befreiung vom Dienst an der Waffe” beteiligungspflichtig; nicht nach SBG sondern ZDV 10/2.[…]
Das ist korrekt. Ich mache es kurz: Ich würde mich als Disziplinarvorgesetzter außerhalb eines unmttelbaren Gefechts nicht auf das schmale Brett begeben und die Befreiung vom Dienst an der Waffe unterlassen.
@sachlicher
ist denn heute Wehrdienst im Sinne RPT im Sinne des GG gleich Kriegsdienst ?? Ich denke, da liegt der Hase im Pfeffer….
Militärische Einsatzmedizin: Ethische Dilemmata
PP 9, Ausgabe August 2010, Seite 358
Bschleipfer, Thomas; Kornwachs, Klaus
Bundeswehrärzte in einem Feldlazarett bei Kabul Oft wird der einsatzmedizinische Aufgabenbereich auf die Mitbehandlung der betroffenen Zivilbevölkerung erweitert.
Die Förderung ethischer Theorie und moralischer Praxis ist bei der Ausbildung von Sanitätsoffizieren entscheidend. Andernfalls werden Handlanger im Offiziersrang oder widerspenstige Ärzte ohne Verständnis für die militärische Struktur und Auftragslage herangezüchtet.
… http://www.aerzteblatt.de/archiv/77931 (aus der ärztebravo)
@J. Koenig | 23. Februar 2012 – 16:26 und @Sachlicher | 23. Februar 2012 – 16:58:
Zumal auch Befehl und Gehorsam(spflicht) nicht die unmittelbare Wirkung von Art. 4 Abs. 3 S. 1 GG aushebeln können.
@ Tom | 23. Februar 2012 – 16:56
[…]Es wird nicht aus Angst um das eigene Leben verweigert. Sondern durch die Einsätze und die Gefahr bei diesen Einsätzen angegriffen zu werden ergibt sich nunmehr die Angst der bewaffneten Sanitätssoldaten, dass sie selbst einen anderen (die Angreifen, Passanten, …) erschießen.
Diese Gefahr ist neu und nicht zwingend mit dem Gewissen zu vereinbaren.[…]
Nein, das ist ganz und gar nicht neu. Notwehr/ Nothilfe, vulgo: Sich selbst-, Patientenverteidigung, und die Verpflichtung (!) zu letzterem sind keine Erfindungen des afghanischen Gefechtsfeldes-ebenso wenig wie die Berechtigung eines Truppenführers letzteren Fall verbindlich festlegen zu können und zu dürfen, die Betonung liegt auf Truppenführer als diesbezüglich definierten Begriff.
Sollten Sie das Kämpfen ohne Schutzzeichen, bzw. die Möglichkeit zur Routineverwendug als solcher „Kämpfer“, meinen, ändere ich meinen Einwand insofern ab, als dass dies zwar ebenfalls nicht neu ist, aber man bzgl. der offenen Kommunikation dessen bisher eher mangelhaft aufgestellt war.
Bzgl. des Gewissens gebe ich Ihnen unumwunden und unwidersprochen Recht. Auch erkenne ich im Grundsatz an, dass man auch in einem reiferen Lebensabschnitt erst zu der Erkenntnis gelangen kann, dass man dies nicht mit seinem Gewissen (hier: mehr) vereinbaren kann.
@Sachlicher | 23. Februar 2012 – 17:10
„Neu“ bitte im Sinne von „erstmalige persönliche Betroffenheit/Realisation eines innerlichen KDVlers iVm dem langwierigen Instanzenweg iVm aus der theoretisch denkbaren Gefechtssituation wurden erst in den letzten Jahren tatsächliche vermehrte reale Gefechtssituationen“ verstehen.
@ Tom
Okay, dieser Argumentation kann ich folgen. Es kam allerdings in der Presse und in so manchen Diskussionen etwas anders und reichlich verkürzt rüber.
Neu ist die beschriebene Gefahr allerdings nicht; sie ist jetzt nur stärker ins Bewusstsein (oder: ins Gewissen) gerückt.
Das bringt mich aber auf eine andere Frage: Muss nicht der Arzt kraft seines Berufsethos das Leben seiner Patienten schützen? Besteht hier also nicht ein besonderer Gewissenskonflikt selbst für einen Kriegsdienstverweigerer, der Arzt ist? Mit anderen Worten: Heben sich hier möglicherweise zwei Konflikte (den soldatischen Dienst als Arzt zu verweigern vs. das Leben der Patienten schützen zu müssen) in ihrer Wirkung gegenseitig auf? Vielleicht weiß jemand, ob sich das Gericht auch damit befasst hat.
@sachlicher
in Ergänzung zu meinem obigen Einwurf…..für mich als Soldat hatte und hat ein Bundestagsmandat nicht die gleiche Verbindlichkeit wie der Verteidigungsfall…….
Will sagen: irgendwann kommt diese Republik nicht mehr darum herum staatsrechtlich und verfassungsrechtliche Klarheit zu schaffen…….
So langsam geht mir als Staatsbürger diese polit-populistische Winkeladvokatenkultur auf den Zeiger. Solange das nur mein Geld kostet…ok, aber bei meinem Popo ziehe ich die Grenze
mir wurde mal erklährt das die san mit rotkreuz laut völkerrecht nich bewaffnet sein darf. oder die müssen das kreuz abmachen. was stimmt nun?
@Dante,
keine Ahnung wo sie diese Quatsch gehört haben. Natürlich dürfen auch Sanitäter bewaffnet sein bzw. ihre Fahrzeuge diese dürfen aber nur zum Selbst- und Eigenschutz eingesetzt werden.
Auch muss nachdem Grundsatz Sanitäter besonders gekennzeichnet werden z.B. durch das rote Kreuz und besitzen damit einen gewissen Schutz vor Feinseligkeiten.
Soweit die Völkerrechtstheorie, in der Praxis führte dies in Afg dazu, dass vor allem San Fahrzeuge beschossen worden, ob dies nach Völkerrecht strengstens verboten ist.
Daraufhin wurde diese abgetarnt, was in einem solchen Fall zulässig ist, da der Gegner sowieso keine Unterscheidung macht.
(kann man auch juristisch belegen, habe bloß gerade die entsprechenden Bücher nicht zur Hand).
Selbst mit Rotem Kreuz darf man bewaffnet sein, zum Selbst- und Kameradenschutz. Ebenso dürfen aus gleichem Grund auch SanFahrzeuge bewaffnet werden (Schönen Gruß an den Schwätzer von General Dynamics Land Systems Germany der mir erzählen wollte, laut Genfer Konvention dürfe man das nicht und daher fehle die Waffenanlage auf dem Eagle BAT).
Die Roten Kreuze wurden entfernt, weil man sich in AFG zur Zielscheibe machte.
Ein gutes Urteil. Es geht in die Richtung: Vor dem Dienstherr ist jeder gleich. Und das ist eine gute Sache. Ich weiß nicht, warum über den Sinn einer KDV per se oder das Phänomen von einigen verdächtigen Antragszeitpunkten nun wieder stark in das Thema gemengt wird.
Chickenhawk hatte oben aber eine gute Idee, wie man zumindest vermeidet, zu viele Steuergelder zu verlieren. Das könnte man auf alle BW-Studis anwenden, die nach dem Studium gehen möchten. Sehr fair.
@Tom | 23. Februar 2012 – 17:15
Danke für die Erläuterung.
@Dante | 23. Februar 2012 – 17:36
[…]mir wurde mal erklährt das die san mit rotkreuz laut völkerrecht nich bewaffnet sein darf. oder die müssen das kreuz abmachen. was stimmt nun?[…]
Das Völkerrecht spricht eindeutig von der Möglichkeit sich leicht bewaffnen zu dürfen, um die Notwehr und Nothilfe durchzuführen, vulgo: Pistole ist generell erlaubt.
Sollte jemals ein Sanintäter in die Lage kommen, seine Patienten und/ oder sein eigenes Leben nur mit einer Haubitze im direkten Richten adäquat verteidigen zu können, wird ihn höchstens ein deutscher Richter, der Jura an der FU Berlin studiert hat über die Verhältnismäßigkeit der Mittel belehren…
Verzeihen Sie meinen Zynismus: Also offenes Tragen von Waffen bis Pistole auch unter Schutzzeichen generell möglich, sonst ist das Schutzzeichen zu entfernen bzw. die weitergehende Bewaffnung zu unterlassen.
Das Recht sein Leben und das Leben anderer mit allen zur Verfügung stehenden und gebotenen Mitteln zu verteidigen bleibt davon unberührt.
@ klabautermann | 23. Februar 2012 – 17:00
[…]ist denn heute Wehrdienst im Sinne RPT im Sinne des GG gleich Kriegsdienst ?? Ich denke, da liegt der Hase im Pfeffer….[…]
Puh, da stellen Sie mir aber eine trockene Aufgabe.
Ich kenne RPT nur als Abkürzung von Regelungs- und Prozesstechnik. Bitte klären Sie mich über Ihre Verwendung auf.
Ansonsten: Empfinden Sie den Artikel 12a GG http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_12a.html als uneindeutig? Die Bundesrepublik kennt: Wehrdienst und Wehrersatzdienst auf Bundesebene. Punkt. Dabei war (ist) nur der Dienst in den Streitkräften und, hier nur: war, im BGS als Kriegsdienst bezeichnet und in der Folge dieser als Dienst an der Waffe, bei den Zivilschutzverbänden, die das GG nennt, wäre dies unter Beachtung Art 12a, Absatz 2, nicht der Fall gewesen, bei allen anderen auch nicht, unerheblich die Möglichkeit zur Zwangsverpflichtung-der BGS und die nie aufgestellten Zivilschutzverbände sind hier zumindest theoretisch mit zu betrachten-im übrigen sich mit Blick in das GG Art 12a auch die Frage erübrigt, ob und in welchem Umfange man den Platz am warmen Ofen beanspruchen könnte, sollte der V-Fall mal Realität werden und was Art 12a vom Gewissen hält, dass einem „gar nichts machen lässt“ weil ja die Verwundeten- und Zivilbevölkerungsversorgung der Stärkung einer Kriegspartei diente. Im übrigen der Art 12a zwar die Bewaffnung der zwangsverpflichteten Frauen und Kriegsdienstverweigerer explizit auschließt, aber den Ort des Einsatzes offen lässt-sic!-lediglich die Verwendung der Kriegsdienstverweigerer außerhalb der SK benennt.
Dass der Sanitäter der Bundeswehr in voller Montur keinen „Kriegsdienst“, aber Dienst an der Waffe, leistet, wenn man die Begriffe also so anwenden möchte, ergibt sich dann national aus Artikel 25 – Allgemeines Völkerrecht als Bestandteil des Bundesrechts bzw. der dazugehörigen völkerrechtlichen Vorschrift-bis in die letzte Note diskutiert, als Georg Leber die ersten Frauen in die Streitkräfte einstellte. Wehrdienst leistete dieser sehr wohl, weil der Art 12a dies so festlegt bzw. die Möglichkeit dazu einräumt. Das interessiert aber das Völkerrecht nicht und muss uns somit „nur“ national interessieren, meine ich.
Sollten Sie auf die Frage, ob Kriegsdienst lediglich der Dienst im „V-Fall“ sei, hinaus wollen, dann:
@ klabautermann | 23. Februar 2012 – 17:22
[…]in Ergänzung zu meinem obigen Einwurf…..für mich als Soldat hatte und hat ein Bundestagsmandat nicht die gleiche Verbindlichkeit wie der Verteidigungsfall…[…]
…und das ist Ihr gutes Recht, wie ja das BVerfG seinerzeit knallhart festhielt.
[…]Will sagen: irgendwann kommt diese Republik nicht mehr darum herum staatsrechtlich und verfassungsrechtliche Klarheit zu schaffen…[…]
Die Klarheit ist mit Verweis auf das BVerfG da. Einzig für die SaZ eben sehr schwierig in seiner Umsetzung: der Wehrpflichtige/ Wehrdienstleistende (vulgo: FWDLer und Reservistendienstleistende, was für ein nonsens-Begriff) muss gefragt werden, der BS kann formell kündigen-der SaZ kann nur unter erheblichen Einschränkungen seinem Gewissen Geltung verschaffen, setzt man seine Möglichkeiten in Relation (und ja: nur um diese geht es, ich weiß dass es hart ist für einen BS formell zu kündigen!) Salbungsvolle Worte wie: der kann ja verweigern, brechen zusammen, wenn der SaZ fragt: ja, aber im V-Fall will ich ja kämpfen, und nun?
[…]So langsam geht mir als Staatsbürger diese polit-populistische Winkeladvokatenkultur auf den Zeiger. Solange das nur mein Geld kostet…ok, aber bei meinem Popo ziehe ich die Grenze[…]
Bitte verwischen wir nicht mehrere Dinge miteinander.
Aber ganz offen: Ich bin mir persönlich noch unschlüssig, ob ich eine Ausweitung des BVerfG-Urteil auf alle Statusgruppen innerhalb der SK ausgedehnt wissen will, um so die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass sich die Politik mehr Gedanken macht, oder nicht. Helfen Sie mir, mehr Klarheit zu erlangen!?
Andererseits sehe ich das BVerfG hier als nicht unbedingt erste Verfassungsinstanz am Zuge….
…also ist Kriegsdienst „lediglich“ der Dienst an der Waffe im Kombattantenstatus im V-Fall-bzw. Bündnisverteidigungsfall-? Ein politische Frage. Das BVerfG sagt lediglich, dass man zu diesem Dienst lediglich für eben solche Fälle und zur Vorbereitung auf solche Fälle zwangsverpflichtet werden darf, SaZ und BS nicht in diese Kategorie fallen, alle anderen Fragen sind ihm herzlich egal. Vulgo sagt es: Wenn Du in einen Krieg oder in das Ausland willst, pass lediglich auf, dass die internationale Rechtslage stimmt und ein BT-Beschluss vorliegt und beim V-Fall kommen wir dich unaufgefordert holen.
Selbst das Völkerrecht hält sich bedeckt: Kriegsdienst leistet ein Kombattant im Krieg-Ende der Durchsage. Ob und welcher Krieg vorliegt und wie wir Deutschen das bezeichnen, was da vor sich geht? Ihm egal.
An ihrer Fragestellung, werter klabautermann, musste der hervorragende Jurist Jung folglich scheitern. Ich wohl auch.
@sachlicher
lol…und Respekt
1. RPT = Repeat
2. Ich bin kein Jurist, sondern seit 41 Jahren Soldat und davon seit 18 Jahren A16+
3. Mein Abi ist von 1971 am staatlich-humanistischen Th.-H.-Gym zu Ludwigshaven am Rhein
4. Mein MoS ist von 1980 in Physics mit einem Minor in Systems Analysis, FüAk 1987….
5. Gegenwärtig bin ich der Chief Joint Capability Integration am JWC in Stavanger und DDO des Deutschen Anteils
6. Meine Hobby Horses sind Complex Control Theorie, (im Kontext von) Social-Cultural Competence und Network Centric Warfare als Anwendungsfall
7. Ich kenne die Grenzen des juristischen Positivismus in der Praxis, denn ich habe Netto mehr als 20 Jahre Truppen-/Einsatz-/Einsatzähnlicher Erfahrung und im Bereich Streitkräfte-/Fähigkeitsplanung national und international
8. Ich bin der Überzeugung, dass Paradigmenänderungen (Historic Framework-/Context-Change) auch im Regelwerk nationaler Subsysteme (Verfassung) hinsichtlich souveräner Kernaufgaben eines Staates/Nation zu Anpassungen führen müssen oder die systemisch-nationale Wettbewerbs-/Koalitionsfähigkeit goes down the drain
9. Isch habe fertig ;-).
@ Sachlicher
Der nach Artikel 4/3 GG und in Verbindung mit dem KDVNG (ohne ZDG) antragstellende Sanitätsoffzier ist ein Spezialfall, der, würde er nicht unter dem EZ 14fallen, und der Humanmedizin außerhalb des Hoheitsbereiches Einzeplan 14 mit Abschuss erfolgreich zu Ende bringt und dann alimentiert unter den Bedingungen des Soldatengesetzes Verwendung findet , letztendlich auch anders zu handhaben wäre.
Letztendlich kann es mit Blick auf Artikel 4/3 GG in Gänze nicht um diesen Spezialfall gehen, denn hinter diesem Artikel, der bereits vor der gesetzlich geregelten Wiederbewaffung im Nachkriegsdeutschland Eingang in die Verfassung fand, steht die prinzipielle und nicht grundsätzliche Frage nach der Verhältnisbestimmung zwischen der Freiheit des Gewissens und der Pflicht, den Gehorsam auf Befehle (als Soldat) zu leisten.
In der historischen, semantischen, systematischen und teleologischen Auslegung der KDV-Gesetzgebung, die unter der Bedingung der allgemeinen Wehrpflicht gängig und rechtsystematisch folgerichtig bis zum damaligen Bundesminister Heiner Geisler, der die damalige verfahrengemäße Prüfung des Gewissens mit Hilfe von Ausschüssen und Kammern abschaffte und vor dem Bundesverfassungsgerichtes mit dem Hinweis, die Bereitschaft zur Ableistung eines längeren zivilen Ersatzdienstes als die „eigentlich Probe der Ernsthaftigkeit des Vorliegens einer Gewissensentscheidung“ dann auch obsiegte, war das alles relativ einfach.
Nun wurde mit Wirkung zum 01. Juli 2011 das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland augesetzt und die Wehrpflicht als verfassungsrechtliche Option, die wieder zu aktivieren nicht einfach sein dürfte, beibehalten. Wenig bedacht wurde jedoch, nach dem das Bundesamt für den Zvildienst als Durchführungs(ober)behörde umgewandelt wurde (war mir nie veständlich wegen des sog. Bundesfreiwilligendienstes war), was dies faktisch und rechtlich für das Grundrecht 4/3 bedeutet.
Da niemand mehr, wegen des Wegfalls der Pflicht, Wehrdient zu leisten, gleichsam als ungedienter Wehrpflichiger eine „prognostische Kriegsdienstverweigerung“ betreiben muss, steht Artikel 4/3 in einem neuen Lichte. „NIemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden“ Näheres regelt ein Gesetz. Das Gesetz hatte damals wenige jungen Werhpflichte im Auge. Erst erheblich später wurden diese eine Größe, „die aus dem Gefüge der sozialen Dienste“ nicht mehr wegzudenken waren. Das war politisch so gewollt und durch die parktische Gesetzgebung auch erleichtert.
Mir scheint es notwendig zu werden, das Grundrecht nach Artikel 4/3 GG im Licht einer Freiwilligenarmee neu zu denken. Der von Ihnen zitierte Erlaß BMVg FüSI 1 scheint mir nicht ausreichend die Sicherheit zu geben, dass die Gewissensentscheidung und vorallem der parktischen Handhabung (im Einsatz) tatsächich gut geregelt ist, denn er ist, einer der Änderung unterworfenen Erlasslage.
Aber nix für ungut.
sic
Nachtrag und Klarstellung:
Es wird im Völkerrecht im Zusammenhang mit Militärischem Sanitätspersonal nicht von „leichten Waffen“ gesprochen, sondern nur von Waffen allgemein. Die gern genommene Ableitung „nur Pistole ist erlaubt“ ist eine urban legend und entbehrt jedweder Grundlage, da sie sich explizit laut dem I. Zusatzprotokoll, Artikel 13 auf zivile Sanitätseinheiten bezieht. Vergleiche dazu z.B. auch Artikel 22 der I. Genfer Konvention. Der spricht sogar davon, das der Schutz von SanPers und deren Verwundeten nicht erlischt, wenn selbiges Personal seine Stellung/Einrichtung verteidigt. Versuchen sie das mal nur mit einer Pistole ;-)
Auch ich begrüße die Entscheidung und finde alle obengenannten Kommentare gut formuliert.
Viele schreiben, das Reife und Erfahrung zu einem späteren Sinneswandel führen könne und sich deshalb Offiziere mit dem Wege der Kriegsdienstverweigerung verabschieden.
Meine Lösung: Beispielsweise System Lufthansa. Angehende Offiziere vorfinanzieren ihr Studium selbst, und bei weiterem Diensttun beispielsweise nach einem Jahr in der Truppe erfolgt nochmals eine Entscheidung über Weiterverpflichtung oder Ausscheiden aus dem Dienst. Bei Weiterverpflichtung bekommt die Person eine ähnliche Nachzahlung wie bei dem System des Widerrufsrechts, bei Ausscheiden folglich nicht.
@ Voodoo | 23. Februar 2012 – 21:02
Wenn Sie sich auf den hierfür nicht unmaßgeblichen Kommentar von: Y. Sandoz/Chr. Swinarski/B. Zimmermann: „Commentary on the Additional Protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949“, Martinus Nijhoff Publishers, Genf 1987, S. 177 – 178 beziehen, ist Ihnen Recht zu geben, darin wird ausgeführt und wohlbegründet, dass Pistolen/ Maschinenpistolen/ Gewehre zu dieser „leichten Bewaffnung“ für Sanitätspersonal und Seelsorgepersonal gehören und folglich das Tragen und Verwenden auch unter Schutzzeichen erfolgen kann. Insofern sehen Sie meine Aussage bitte dahingehend als korrigiert an.
@ J. König | 23. Februar 2012 – 19:48
Zur Einleitung möchte ich folgenden Aufsatz verlinken: Dr iur. Norbert B. Wagner: „Von Sanitätssoldaten und nichtsanitätsdienstlichen Tätigkeiten“ und seine darin enthaltene persönliche Rechtsauffassung, die er aber wohl begründet: http://www.humanitaeres-voelkerrecht.de/Sanitaetssoldaten.141008.pdf
[…]Aber nix für ungut.[…]
Diesen Zusatz hätte es nicht gebraucht. Ihre Gedanken, Ihre Widersprüche interessieren mich selbstverständlich, sonst würde ich Sie ja nicht lesen. Und wenn Sie meine Auffassungen widerlegen, diese beschimpfen, dann ist`s auch okay.
[…]Mir scheint es notwendig zu werden, das Grundrecht nach Artikel 4/3 GG im Licht einer Freiwilligenarmee neu zu denken. […]
Allgemeine Anmerkung: In letzter Zeit scheint das Deutsche Volk große Lust zu verspüren, die Verfassung zu ändern, zumindest aber ihre Exegese neuen Paradigmen zu unterwerfen. Zunächst bzgl. BPräs, nun auch in diesem Verfassungsfeld.
Ich möchte widersprechen. Diese Problematik ist mehrmals durchdekliniert worden unter verschiedenen Gesichtspunkten. Ich verweise auf den Aufsatz: Dieter Walz: „Die Soldatin und das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung“, in: NZWehrr 2002, Heft 6, S.247-253 http://www.deutsches-wehrrecht.de/Aufsaetze/NZWehrr_2002_246.pdf der diese Diskussion zusammenfassen weiß.
Ansonsten das BVerwG an seiner Auffassung von 2009 der SanDst d Bw sei waffenloser Dst (Ausführungen hier: http://www.bverwg.de/enid/0,a47418655f76696577092d0964657461696c093a09636f6e5f6964092d093132363830093a095f7472636964092d093133333232/Entscheidungen/Entscheidung_8n.html ) nichts änderte, „lediglich“ ausführt:
„Die der bisherigen Rechtsprechung zu Grunde liegende Annahme, dass Soldaten, die sich freiwillig zum waffenlosen Sanitätsdienst verpflichtet hätten, das Anerkennungsverfahren nicht benötigten, auch weil sie gegebenenfalls ihre vorzeitige Entlassung aus dem Soldatenverhältnis beantragen könnten, hat sich als nicht tragfähig erwiesen und in der Praxis zu einer den Betroffenen nicht zumutbaren Komplizierung der Verfahrensabläufe geführt.“ ( http://www.bverwg.de/enid/9737bd693054cf4e6ebd2b016d34fef0,1e329f7365617263685f646973706c6179436f6e7461696e6572092d093134313034093a095f7472636964092d09353737/Pressemitteilungen/Pressemitteilung_9d.html )
Der Paradigmenwechsel mE also mitnichten durch AFG-Einsätze o.vglb. eingeleitet wurde-wie die Rechtsbeistände der Kläger und einige Kommentatoren zu Protokoll gaben, sondern in der Absicht der Verfahrensvereinfachung bzw. der Eröffnung der Verfahrensmöglichkeiten bereits zur Dienstzeit, weil sich die anderen Instrumente dem Gewissen Geltung zu verschaffen als unbrauchbar bzw. als nicht verwaltungskompatibel herausstellten. Nun ist das meine Interpretation, nicht zuletzt wir hier aber vom BVerwG reden und nicht vom BVerfG.
Warum man noch 2009 (das Urteil verlinkte ich Ihnen) im Absatz 8 zu folgender Aussage kam, die man nun, knapp 3 Jahre später korrigierte, fragen wir bitte das Urteil, wenn wir es einsehen können bzw. müssten wir die Richter persönlich fragen:
„… den Gewährleistungsgehalt des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG weitgehend abdeckt, kann den aktiven Berufssoldaten und Berufssoldatinnen sowie Soldaten und Soldatinnen auf Zeit, die sich im waffenlosen Dienst befinden, zugemutet werden, zunächst ihre Entlassung aus dem freiwillig eingegangenen Dienstverhältnis zu betreiben und erst dann, soweit erforderlich, den Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer oder -verweigerin zu stellen.“
Ja, wir brauchen eine klare Sprache. Ja, wir brauchen eine Tatsachenbenennung. Ja, wir brauchen eine klare Zielsetzung. Im Optimalfall brauchen wir das alles bevor Streitkräfte entsandt werden. Nur ist das Aufgabe der Verfassung hier die Lösung für den konkreten Einzelfall herbeizuführen? Ich meine-und die Betonung liegt einmal mehr auf: ich meine: die Verfassung ist sehr klar. Dass sie, grundsätzlich betrachtet, angepasst werden muss, weil sie ein in weiten Teilen „living document“ ist-wie ja nicht zuletzt die bisherigen rund 60 Änderungen auch empirisch belegen-darin sind wir uns einig und dass sie zu unterschiedlichen Zeiten auch unterschiedlich ausgelegt werden kann, ja muss, beweist die höchstrichterliche Rechtssprechung immer wieder.
Doch das alles ändert mE nichts an der Tatsache, dass dem Recht auf KDV ja auch die normative Bindung des BMVg an das GG und dem HVR-bleiben wir bitte so allgemein- inne wohnt, man solle den Dienst so gestalten, dass der Diensttuer sein Gewissen nicht auch noch dahingehend überprüfen muss. Und das ist für mich der Kern der Debatte, die wir brauchen.
[…]Der von Ihnen zitierte Erlaß BMVg FüSI 1 scheint mir nicht ausreichend die Sicherheit zu geben, dass die Gewissensentscheidung und vorallem der parktischen Handhabung (im Einsatz) tatsächich gut geregelt ist, denn er ist, einer der Änderung unterworfenen Erlasslage.[…]
Unterm Strich sagt er doch nur aus: Leitet den Antrag weiter an die zuständige Stelle der Wehrverwaltung, die kümmern sich, irgendwann bekommt ihr eine Antwort und solange geht pfleglich mit den KDVern um. Ja nun, es ist doch „lediglich“ eine interne Verwaltungsanweisung, nicht mehr aber auch nicht weniger, strapazieren wir ihn also bitte nicht über. Ich kann Ihre Kritik nicht teilen. Für mich ist er eindeutig und umfassend genug. Und schlussendlich er nicht regelt, weil nicht regeln darf, wer anzuerkennen sei/ wer berechtigt sei einen KDV-Antrag zu stellen, sich folglich eben auf den Ablauf und interne Maßnahmen in den Streitkräften beschränkt. Und klar orientiert er sich dabei an sich fortentwickelndes Recht und Gesetz-von dieser Prüfung auf aktuell geltendes aber die SK explizit befreit werden.
@ klabautermann | 23. Februar 2012 – 19:19
Sie sehen mich veranlasst, nicht zuletzt Sie 98% der hier Lesenden und schreibenden „ownen“, nochmals folgendes klar zu stellen: Ich schreibe hier meine Auffassungen, weil ich an der Diskussion darum interessiert bin und meine Gedanken teilen möchte. Belehrend ist dabei so manche Wortwahl, weil ich kein Schrifsteller/ Publizist bin sehe man mir das bitte nach. Nicht zuletzt sah ich mich durch Ihre Worte aufgefordert derart zu antworten, dabei erwarte ich eher selten, dass mein Gegenüber um diese Materie keine Kenntnis hat. Da wir uns aber persönlich nicht kennen, ist das mitunter nicht so einfach zu entscheiden, was man weglässt, dennoch aber Erkenntnisgewinn beim Gegenüber hervorzurufen. Dazu wissen Sie als „Klabautermann“, dass man auf hoher See und vor Gericht in Gottes Hand ist.
[…] Meine Hobby Horses sind Complex Control Theorie, (im Kontext von) Social-Cultural Competence und Network Centric Warfare als Anwendungsfall[…]
Ganz gleich ob Sie bei der geisteswissenschaftlichen systemischen Betrachtung, ein umweltgeschlossenes a la`Luhmann oder ein umweltoffenes nach Easton favorisieren, möchte ich in Verbindung zu Ihrem vorherigen Post und in Aufnahme Ihres Balles das Metcalfesches Gesetz, welches in den entsprechenden US-Papieren zur NetOpFü ja gern ebenfalls zitiert wird, etwas verkürzt zum Besten geben: “ Die Kraft des Netzes ist proportional zum Quadrat der Knoten im Netz“
Unter dieser Determinierung möchte ich Ihnen nun folgende Antwort schreiben:
1. Der BPräs Köhler forderte in seiner Rede zu einer Erhöhung der Teilnehmerzahl, zu mehr Knoten, im sicherheitspolitischen Diskussionskontext auf. Effekt ist bekannt, auch wenn die Rede richtig war.
2. Allzugern lässt sich die Politik/ die Exekutive von der Judikative den Schneid abkaufen, obwohl die Judikative dies meist nur deshalb tut, weil sie in diese Rolle des Bockshornjägers gedrängt wird-im übrigen die so gern kolportierten Fälle, nach dem der RB/ Legal Advisor das „Gefecht führt(e)“ dies nur illustriert.
Spätestens seit der jüngsten Rechtssprechung bzgl. AFG sollte dem letzten Pol im Politischen Entscheidungssystem klar geworden sein, dass die Systemumwelt „Justiz“ hier von keinerlei Verantwortlichkeiten entbindet, sondern die moral-ethische Politikbewertungskomponente dort belässt, wo sie hingehört. Ich meine: Ansprechen ist noch „leicht“, Beurteilen schon weitaus schwieriger, und Folgern die dann größte Herausforderung-was Sie als A16+ sehr umfangreich wissen und ausleben müssen. Ich sehe in dieser „Wutbürger“- Neinsager-Republik kaum noch Personen, die über das Ansprechen adäquat hinaus kommen.
Das „Netz“, erweitert man es also um die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der Knoten, zeigt sich im Bereich der Judikative und Exekutive mE als annehmbar leistungsfähig, im Bereich des Politisch-Administrativen Entscheidungssystems nur bedingt.
Insofern mir eine Verfassungsdebatte, eine Neuexegese des Verfassungstextes hier an die nicht unbedingt zweckmäßigste Adresse zu gehen scheint. Aber das mag hier eine Geschmacksfrage sein-verweise aber nochmal auf meinen Standpunkt, dass ich das BVerwG Urteil bzgl. des Verfahrens als neu betrachte, nicht in der Sache an sich (siehe oben). Ich will Ihnen unbedingt Recht geben, dass Frieden, Freiheit, Wohlstand nicht zum Nulltarif zu haben sind und dies nun auch mal so dargestellt werden sollte-im übrigen Herr Köhler zurücktrat, zumindest offiziell (Achtung verschwörungstheoretische Frage: Hatte er vielleicht auch nur Angst vor dem „Wulff-Effekt, also der medialen Hatz“?) wegen einer Aussage, die schon das Weißbuch so 1994 aussagte (hier: DEU schützt seine Handelswege…).
Und wovor hat man denn Angst? Doch nur vor sich selbst.
3. Sie schreiben: […]Ich bin der Überzeugung, dass Paradigmenänderungen (Historic Framework-/Context-Change) auch im Regelwerk nationaler Subsysteme (Verfassung) hinsichtlich souveräner Kernaufgaben eines Staates/Nation zu Anpassungen führen müssen oder die systemisch-nationale Wettbewerbs-/Koalitionsfähigkeit goes down the drain[…]
Neben der mE grundsätzlichen Richtig- und Wichtigkeit Ihrer Aussage, möchte ich nonchalant darauf verweisen: es ist auch schonmal recht zielführend, wenn jeder Knotenpunkt im Netz seine Aufgabe ausführt. Oder anders: Evtl. liegt es ja momentan weniger am System und Controler, sondern eher am Sensor?
Ich möchte Sie fragen: Sehen Sie am BVerwG – Urteil einen solchen Paradigmenwechsel? Sehen Sie an den „Einsätzen“ einen solchen bzgl. der Verfassung? Wenn ja, was wäre Ihr Rechtsbegehr bzw. Ihre Forderung an die Legislative, neben den allgemeinen Bekenntnissen zu den Einsätzen?
Ich sehe bei beiden keinen. Dabei handelt es sich aber um meine persönliche Auffassung. Zumindest bei letzteren nehme ich, wohl wie Jung auch, eine absolute Minderheitsposition ein-die Analyse des deskriptiv Darstellbaren lässt wohl keinen anderen Schluss zu.
Bleibt mir noch, meine Meinung kund zu tun, dass ich unsere Verfassung/ und ihre Auslegung recht gut auf diese heutige Zeit reagieren habe gesehen. Ich meine, sie hat sich diesbezüglich als leistungsfähig erwiesen.
Solange aber die Frage lautet: Wo befinden Sie sich?, statt aufzufordern: „Geben Sie Standort“, solange müssen wir damit leben, dass als generalstabsmäßig zu betrachtende Antwort zurückschallt: „Im Ballon, 5m über dem Boden.“, solange lassen sich zwar Ziele wohlfeil zum Besten geben, sich aber weder Ausgangspunkt noch daraus ableitend Zielrichtung, Zielerreichungsweg in allen Facetten geeignet definieren. Solange wird man die Menschen weder zentral (bürokratisch) noch dezentral gesteuert mitnehmen, an seine Position binden können-solange funktioniert das im umgekehrten Fall auch nicht.
Sie werden evtl. einwerfen wollen: Ja, aber die Verfassung verteilt doch die Rufnummern im Netzwerk, verteilt Standorte…ja, aber wenn der den Sie anrufen nicht rangeht?
[…]Ich kenne die Grenzen des juristischen Positivismus in der Praxis, denn ich habe Netto mehr als 20 Jahre Truppen-/Einsatz-/Einsatzähnlicher Erfahrung und im Bereich Streitkräfte-/Fähigkeitsplanung national und international[…]
Das darf man von Ihnen zwar nicht verlangen-rechtspositivistisch- aber als Untergebener würde ich diese Grenze einfordern: Ihr Gewissen.
@ Sachlicher
O.K.
Wir müssten es in einem Hauptseminar vertiefen.
Grundlage wäre NZWehrr 2002, Heft 6, S.247-253 – der Verfasser des Beitrages sollte das Hauptseminar leiten, hat er noch Zeit dafür?
@sachlicher
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Ich stimme @J.Koenig zu, dass dieses Medium Ei-Net einfach nicht genug kognitive Bandbreite besitzt, um die von mir angesprochene Fragestellung – ob die deutsche verfassungsrechtliche Wehrdienst- und Kriegsdienstdefinition noch den Einsatzrealitäten entspricht oder nicht sogar bereits mehr in die Richtung geht, dass deutsche Soldaten ganz tapfer das Recht des deutschen Volkes am Hindukusch verteidigen (indem sie rigoros und beispielhaft die Beachtung des gesamten deutschen Gesetzeskanon zum exclusive Handlungs-und Entscheidungskriterienkatalog machen) , die Freiheit des deutschen Volkes dabei aber leider Gefahr läuft auf der Strecke zu bleiben – zu diskutieren.
@klabautermann
… zu beantworten, meinten Sie vermutlich.
(SCNR)
@T.W.
passt auch ;-))
@ J. König | 24. Februar 2012 – 15:05
Ohne das letzte Wort haben zu wollen:
[…]Wir müssten es in einem Hauptseminar vertiefen.[…]
Wir bräuchten drei: eines allein, um die zu beachtenden Rechtsbausteine zu benennen, um im zweitem Hauptseminar die Exegese betreiben zu können, das dritte führte uns dann zum Feldstudium nach Afghanistan/ Lybien/ Syrien und Zentralafrika.
[…]Grundlage wäre NZWehrr 2002, Heft 6, S.247-253[…] in Verbindung mit: Christina Scheidle: „Asymmetrische Konflikte – Kapituliert das humanitäre Völkerrecht vor neuen Formen der Gewalt?“, http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/15-2009/beitrag.html#uupunkt1 , ein für mich, vor allem da er aus Deutschland ist, bemerkenswerter Aufsatz.
Allseits ein schönes Wochenende!
@ Sachlicher
auch eher zum Schluß, auch wenn ich nicht evangelisch bin
Hinzu kommen sollte die Dissertation (1986?):
Rainer Eckertz.Die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Grenzproblem des Rechts: Zur Überwindung des Dezisionismus im demokratischen Rechtsstaat.