Stabil, aber nicht zufriedenstellend
Ergänzend zur Mitteilung zum Jahresbericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus und zum vollständigen Bericht hier der O-Ton heute vor der Bundespressekonferenz (sein Statement und – aus technischen Gründen – ein Teil von Fragen und Antworten; ggf. liefere ich den Rest noch nach).
Auffällig ist dabei eines: Eine – im Vergleich zu früheren Jahresberichten und auch zu früheren Wehrbeauftragten – doch recht moderate Kritik an Truppe und Verteidigungsministerium. Zugleich aber der Hinweis, dass aus Sicht des Wehrbeauftragten der Umbau der Bundeswehr und vor allem die dafür nötige Attraktivität mit dem vorgesehenen Geld wohl nicht zu erreichen sein wird.
Und zur Ergänzung das Interview der Welt mit dem Wehrbeauftragten: Anwalt der Soldaten – „Gorch-Fock-Vorgang füllt mehr als acht Leitz-Ordner“
[QUOTE]Auffällig ist dabei eines: Eine – im Vergleich zu früheren Jahresberichten und auch zu früheren Wehrbeauftragten – doch recht moderate Kritik an Truppe und Verteidigungsministerium.[/QUOTE]
Das habe ich mir nach der Lektüre des Jahresberichts auch gedacht. Nachdem ich dann allerdings die Meldung bei bundeswehr.de gelesen habe muss ich feststellen: Der Herr Königshaus macht das wohl subtiler als die Vorgänger. Zitat auf bundeswehr.de: Neben aller Kritik sprach Königshaus dem Bundesminister der Verteidigung und auch dem Bundestag seinen Dank aus. „Sie haben sich bemüht, an vielen Punkten Verbesserungen für die Soldatinnen und Soldaten zu erzielen.“
Eine solche Formulierung möchte doch wohl niemand in seinem Arbeitszugnis vorfinden.
Genau das dachte ich mir auch… „war stets bemüht“ = „die Lücke, die er hinterlässt, ersetzt ihn vollständig“ :-)
Bemerkenswert erscheint mir der Hinweis, dass das Fehlverhalten von Vorgesetzten um so weniger konsequent/hart verfolgt wird, je höher der Dienstgrad ist. Wäre umgekehrt nicht richtiger? Schließlich soll der Vorgesetzte Vorbild sein und diese Anforderung sollte doch mit dem Dienstgrad steigen und nicht fallen?!!!!
Stichwort „peter prizip“
Mal nachschlagen, ist in der BW verbreitet.
@Dante
….und was macht das System gegen Nicht-Verhalten….wie gegen Flurgespenster ???
Will sagen: wer als Vorgesetzter keinen unmittelbaren persönlichen Entscheidungszwang hat (wie z.B. mein Kamerad Klein), der entscheidet einfach nicht mehr, sondern sitzt aus;-)
………und sorgt sich nur noch darum in keine Klein-Situation zu geraten…..
Das Résumé das ich ziehe nachdem ich den kompletten Wehrbericht gelesen habe ist durchaus positiv – was den Inhalt angeht. Man findet sich durchaus in einigen Stellen wieder was die Probleme betrifft und fühlt sich gut repräsentiert, das waren die ersten Stimmen die ich mit meinen Kameraden empfunden habe. Jedoch ist die Stimmung generell schlecht vor allem was die eigene berufliche Zukunft angeht, die Ungewissheit belastet die jungen Soldaten. Man hat den Eindruck das manch einer keine Ahnung hat wie die Zustände und Einschnitte was das Privatleben angeht tatsächlich sind. Dennoch muss ich Zustimmen das die Motivation weiterzumachen da ist, da die Hoffnung auf Besserung noch überwiegt.
Die O-Töne in de PK empfinde ich teilweise als sehr irritierend:
Man mußte wählen zwischen Feldlagerschutz ODER C-IED-System???
Warum denn das?
Da wurde ich mir etwas mehr denken außerhalb der eingefahrenen Schienen wünschen. Bei einer wirklich auf den Einsatz ausgerichteten Armee würde es eine solche Abwägung nicht geben – während eine Vielzahl höchst fragwürdiger Vorhaben realisiert bzw. eingeleitet wurden bzw. weiterhin werden.Dies zeigt doch die Kernprobleme. Doch der WB kratzt allzu oft an der Oberfläche.
Auch bei der Ausbildung wäre aus meiner Sicht einiges Grundsätzliches zu sagen.
Gleiches gilt für den Evergreen Bekleidung. Diesbezügliche Passagen sind auch eher technokratisch und gehen am Kernproblem (nicht vom Einsatz her denken UND handeln) vorbei.
Schade.
Nachtrag – exemplarisch für die Reaktionsfähigkeit des Systems:
„Beginnend mit dem Jahresbericht 2000 wurde in fast jedem der folgenden Berichte die aufgrund der unterschiedlichen Auslegung der bestehenden Vorschriften und der divergierenden Rechtsprechung dringend nötige Überarbeitung der diesbezüglichen Bestimmungen, vor allem des Haar- und Barterlasses (ZDv 10/5, Anlage 1) sowie der Anzugordnung (ZDv 37/10), angemahnt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat nun eine solche Überarbeitung der Vorschriften als Neufassung innerhalb der ZDv 37/10 unter einem eigenständigen Kapitel „Äußeres Erscheinungsbild“ für Juli 2013 angekündigt. Unverständlich ist, warum die angekündigte Überarbeitung nicht schon lange geschehen ist.“
Mehr als 13 Jahre für die „dringend nötige“ Überarbeitung der ZDv 37/10.
Ganz großes Kino.
Ich sehe das durchaus als dringend nötig an, denn dadurch könnte man etliche Nebenkriegsschauplätze entschärfen und bräuchte sich nicht mehr mit indiviuellsten Animositäten der übergeordneten Besoldung sowie dem Revoluzzergehabe in der Schlammzone herumärgern, hätte somit mehr Zeit um sich um wesentlichere Angelegenheiten zu kümmern. Aber ein Diszi wegen falschem Anzug ist ja wichtiger als das Verfassen einer Beurteilung.
@Thomsen:
Sehe ich ebenso. Der Zusatz „dringend nötig“ stammt aus dem Text und sollte zeigen, dass es sich – aus Sicht des Wehrbeauftragten – um eine bedeutende Angelegenheit handelt.
Zumal – an einem Tag wie heute muss man das mal wieder sagen:
„Kleinigkeiten haben Preußen groß gemacht.“
Wenn man schon derlei einfache Dinge in 13 Jahren nicht lösen kann, dann soll man auch keine großen Reden über Führung vor Feldwebel- und Offiziersanwärtern halten (und die peinlichen Leutnants- und Feldwebelbücher wieder abschaffen).