Kurz vor Jahresende noch ein Piraten-Erfolg
Ein Blick auf die Piraterie-Situation am Horn von Afrika zum Jahresende versprach eine halbwegs positive Geschichte zu werden: Seit Wochen hatten die somalischen Piraten kein Handelsschif mehr gekapert, im Gegenteil, in den vergangenen Wochen waren einige frei gelassen worden. Auch die Meldungen über versuchte Kaperungen gingen zurück. Und dann… wurde am Dienstag morgen vor der Küste Omans der italienische Chemikalientanker Enrico Ievoli gekapert. Die Alarmmeldung der NATO:
At 0403Z today, a vessel was hijacked approximately 50nm off the coast of Oman in position 18 18N 057 36E.
Nach den bisherigen Berichten, vor allem unter Berufung auf die Reederei, soll der Tanker sechs Italiener, fünf Ukrainer und sieben Inder Besatzung haben. Das Schiff wurde vor einigen Jahren schon einmal angegriffen. Offensichtlich war kein bewaffnetes Sicherheitsteam an Bord.
Der Ort der Kaperung der Enrico Ievoli (Karte: OpenStreetMap)
Den ersten auffälligen Kaperversuch seit Wochen hatte es allerdings vor Weihnachten im Golf von Aden gegeben. Der Frachter Nordic Apollo wurde von Piraten angegriffen; nicht ganz klar ist (es gibt da unterschiedliche Berichte) ob der Versuch durch ein bewaffnetes Sicherheitsteam an Bord vereitelt wurde oder ob das Eingreifen des amerikanischen Zerstörers Pinckney den Ausschlag gab.
GULF OF ADEN (Dec. 19, 2011) A visit, board, search and seizure team from the guided-missile destroyer USS Pinckney (DDG 91) approaches a suspected pirate vessel after the Motor Vessel Nordic Apollo reported being under attack and fired upon by pirates. Pinckney is assigned to Combined Task Force 151. (U.S. Navy photo)
Beide Ereignisse zeigen: Dass es in den vergangenen Wochen vom Horn von Afrika wenig über Piraterie zu lesen gab, bedeutet noch lange nicht, dass das Problem nicht mehr da ist. Selbst wenn die Aktivität der Seeräuber aus Somalia derzeit nicht so auffällig sein sollte: Die EU-Antipirateriemission Atalanta verweist auf die mindestens 200 Seeleute, die in der Hand der Piraten sind, etliche seit langer Zeit. Und diese Übersicht, so kritisiert die NGO Ecoterra, ist längst nicht vollständig, weil etliche Dhaus und Fischerboote aus der Region da gar nicht erfasst sind.
Ich bleibe beil der Auffassung, dass man langsam anfangen muss die Piraterie an Land zu bekämpfen, um dem Problem Herr zu werden. Nachsetzen und Strukturen an Land zerschlagen.
Oder der linke Ansatz: Massiv Hilfe zur Selbsthilfe für die armen Somalier, dann erliegen sie nicht mehr dem Reiz des schnellen Geldes durch Piraterie….
Wieder mal ein typisches Piraten-Opfer: kleiner bis mittelgroßer Tanker, relativ langsames Schiff, niedriger Freibord – OHNE bewaffnete Security an Bord. Fährt auch noch dicht vor der Küste von Oman.
Da bleibt man sprachlos und kopfschüttelnd vor so viel Unvernunft und Leichtsinn. Oder sollte ich eher sagen: Abgebrühtheit und ignoranz des Reeders gegenüber seiner Verantwortung für Leben und Sicherheit der Besatzung. Lieber lässt er seine Leute 10 Monate in somalischer Geiselhaft schmoren als Geld für bewaffnete Guards auszugeben.
Es wäre mal interessant nachzuforschen, wie es sich eigentlich mit der Charter (Schiffsmiete) verhält: ob die weiter gezahlt wird, so lange das Schiff in den Händen der Piraten ist. – Dann würde der Reeder noch ein Bombengeschäft machen.
Anscheinend hatte die bewaffnete Security an Bord die Piraten verscheucht.
Das IMB nennt ja keine Schiffsnamen, aber bei diesem Bericht dürfte es sich um den Vorfall mit der „Nordic Apollo“ gehandelt haben:
http://www.icc-ccs.org/piracy-reporting-centre/live-piracy-report/details/59/439
Später hat dann die (alarmierte) US Navy die Piraten gestellt – und danach wie üblich wieder laufen lassen….
@Janmaat
Na, das glaube ich kaum. Schauen Sie mal auf die Koordinaten…sorry, mein Fehler, hatte das mit dem gekaperten Tanker durcheinander gebracht…