RC N Watch: Zwei Tote durch Esel-Bombe in Ghormach
Im Distrikt Ghormach (Ghowrmach), im äußersten Westen des deutsch geführten ISAF-Regionalkommandos Nord, ist heute ein Sprengsatz explodiert und hat einen afghanischen Polizisten und einen Zivilisten getötet, 16 weitere Menschen wurden verletzt. Unüblich dabei war, dass die Bombe mit einem Esel zum Zielort transportiert wurde – unüblich deshalb, weil der Sprengsatz auf dem Tragtier detonierte; Esel als Mittel der asymmetrischen Kriegführung von Aufständischen sind – auch in anderen Ländern – nicht ungewöhnlich.
Der Anschlag lenkt den Blick wieder auf diesen Distrikt, der eigentlich zur nordwestafghanischen Provinz Badghis gehört und bereits vor knapp drei Jahren der Provinz Faryab zugeschlagen worden war – und damit vom italienisch geführten ISAF-Regionalkommando West dem ISAF-Regionalkommando Nord unterstellt wurde.
Ghormach ist neben der Region Kundus/Baghlan das Problemgebiet im RC North, und für die Deutschen ist es auch ein bürokratisches Problem: Weil das deutsche Mandatsgebiet über die Provinzen definiert ist, gehört der Distrikt für ISAF zum deutsch kommandierten Bereich, für die deutsche Politik und Verwaltung aber nicht. Damit muss jeder Einsatz deutscher Soldaten oder Mittel (!) gesondert vom Verteidigungsminister genehmigt und das Parlament darüber informiert werden.
Noch vor kurzem hatte Regionalkommandeur Markus Kneip dem FAZ-Kollegen Stephan Löwenstein im Interview gesagt:
Im Frühjahr hieß es noch, dass die Bundeswehr auch im Westen ihres Zuständigkeitsbereiches tätig wird, in Faryab. Ist das nicht gekommen, weil die Operationen in der Provinz Baghlan schwieriger sind als erwartet?
In der Provinz Faryab haben wir zu Jahresbeginn ein sehr strammes Programm auferlegt bekommen. Die Koalitionskräfte sollten hier den Schutz für die Fertigstellung des letzten Teilstücks des Highway 1 übernehmen, einer Schnellstrasse, die ganz Afghanistan umrundet. Die zeitlichen Vorgaben für den Bau des Teilstücks waren durch eine afghanische Vertragsgestaltung getrieben, die durch die Afghanen aber nicht so schnell realisiert werden konnte. Zugleich müssen wir in den Provinzen Baghlan und Kundus immer noch Operationen durchführen, die unsere Kräfte weiter binden. Die Bedeutung der Forderung, Kräfte zu verlegen, hat deutlich abgenommen gegenüber der Erkenntnis, dass man nicht ohne Not Raum und Fortschritte preisgeben sollte.
Und dennoch wird sich wohl was tun im Westen Faryabs, denn die Sicherheitslage in der Gegend, die von Amerikanern und Norwegern aus dem PRT Maymaneh überwacht wird, ist eine der wichtigen Punkte im Norden für ISAF. Aber selbst wenn Generalmajor Kneip auch nur eine deutsche Drohne über Ghormach kreisen lassen will, braucht er dafür die Erlaubnis aus Berlin – und die hat er Anfang des Monats bekommen: Die Heron der Bundeswehr dürfen bis Mitte April bei Bedarf über diesem Distrikt fliegen. Für die Anreise vom Standort Masar-i-Scharif und für den Rückweg werden jeweils zweeinhalb Stunden veranschlag. Das lässt der Drohne Zeit für einen 15-Stunden-Einsatz on station.
Bombe auf Esel ist so ungewöhnlich nicht. Die letzte gab es vor 6 Wochen in Herat und in Kandahar und Helmand hat es auch welche gegeben. Das hat Geschichte, gegen die Sowjets wurden die ebenfalls eingesetzt. Ist nur etwas teuer auf Dauer. Der Esel ist lokal mehr wert als der Sprengstoff.
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(off topic:
Ein wirklich stinkender Rüstungsskandal:
Nagelneu, Preis $ 6 2 Milliarden, 5000 Mann/Frau Besatzung, aber öfter mal aber keine einzige funktionierende Toilette.)
Ich möchte mich ebenfalls kurz OT äußern:
http://bendler-blog.de/2011/11/10/personliche-kommunikation-aus-dem-einsatz-was-mus-besser-werden/
Hier wird eine parlamentarische Initiative vorgestellt, um die Kommunikation aus dem Einsatz für den einzelnen Soldaten zu verbessern.
Sicherlich die x-te Kommision, die xx-te Arbeitsgruppe, alles ohne große Verbesserungen. Trotzdem darf man nicht aufhören, Forderungen zu stellen und auf Missstände hinzuweisen.
@TomTom: War auch hier schon Thema, aber Kollege Wiegold ist so fleißig, daß das schnell aus den Top News verschwindet.
Danke für den Tipp, hab ich glatt übersehen….
Wohl weil ich am Wochenende wieder treu dienen durfte, leider nicht Munition zählen ;-)
Irgendwie widerspricht sich dieser Satz oder ist es für mich einfach zu spät?
„Unüblich dabei war, dass die Bombe mit einem Esel zum Zielort transportiert wurde – unüblich deshalb, weil der Sprengsatz auf dem Tragtier detonierte; Esel als Mittel der asymmetrischen Kriegführung von Aufständischen sind – auch in anderen Ländern – nicht ungewöhnlich.“
@ j.hunter
Hab‘ ich schlampig formuliert und vor allem das dabei im Hinterkopf gehabt:
http://storify.com/thomas_wiegold/kenya-somalia-campaign-donkey-bombing-
@TomTom
hier:
http://augengeradeaus.net/2011/11/ruckruf-bitte/
Danke!
Auf dem Esel ist zumindest unüblicher als in dem Esel…
@Someone:
„Auf dem Esel ist zumindest unüblicher als in dem Esel…“
Hat es alles schon gegeben:
„…when I was up north we ran into a few IEDs in donkey and horse carcasses on the side of the road. It got to a point where we would call the engineers in to dispose of any new carcasses on our routes.“
http://message.snopes.com/showthread.php?t=34684
Sehen und verstehen oder Lesen und verstehen oder Denken, drücken, sprechen… ;-)
Ich habe doch geschrieben, dass in häufiger als auf einem Esel ist.
Außerdem zitierten Sie von Kadavern, ich meinte lebende Eselbomben – Donkey Borne Improvised Explosive Device.
Wie hier zum Beispiel.
“I remember in Iraq they used to put bombs in dead donkeys, you know, at the side of the road,” Sgt. 1st Class Michael Harris said. “But I never heard of putting one in a live donkey.”
Sprengstoff IM Esel, Sprengstoff Am Esel. Näher definieren. Ohne den Gedanken weiter zu denken, denke ich da an die Variante „Sprengstoff am Weiblichen Attentäter oder Im weiblichen Attentäter“ (in diversen Körperöffnungen). Ich für meinen Teil würde die Idee als nicht gänzlich absurd abtun.