UN bestätigt Foltervorwürfe gegen afghanische Polizei und Geheimdienst
Erste Informationen aus einem Bericht der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) waren bereits Anfang September durchgesickert, jetzt hat die UN-Verwaltung in Kabul den Bericht auch offiziell vorgelegt: In Gefängnissen des afghanischen Geheimdienstes NDS (National Department of Security) und der Polizei wird immer wieder gefoltert. Das betrifft auch Gefangene, die von der internationalen Schutztruppe ISAF an die afghanischen Behörden übergeben wurden – Grund genug für ISAF, diese Übergabe zunächst auszusetzen.
Folter ist dabei, betonen die Vereinten Nationen, nicht eine landestypische Form des Umgangs mit Gefangenen: Vor allem der NDS habe systematisch gefoltert, um Geständnisse zu erpressen oder die Inhaftierten zur Preisgabe von Informationen zu zwingen. Dabei seien auch Jugendliche unter 18 Jahren gefoltert worden. Typische Misshandlungen seien das Aufhängen an den Armen über längere Zeit, Schläge mit Gummischläuchen und Elektroschocks unter anderem an den Genitalien.
Die Zusammenfassung des UNAMA-Berichts (executive summary) mit einem Link zum ganzen Dokument hier. Es gibt auch eine erste offizielle ISAF-Reaktion, kurz gefasst: wir arbeiten dran, dass nicht mehr gefoltert wird.
(Eine Bitte für die Kommentare: Aussagen nach dem Motto so was gehört zur landestypischen Folklore sind, glaube ich, verzichtbar.)
Wen wunderts?
Der ehemalige NDS Chef Amrullah Saleh ist ja, wie andere NDS Agenten auch, von der CIA ausgebildet worden. Da hat er wohl die Methoden gelernt die die CIA in Guantanmo, Bagram und anderen dunklen Orten anwendet.
und gibt es die folterpraktiken jetzt trotz oder wegen der deutschen polizeiausbildung?!
„Vor allem der NDS habe systematisch gefoltert, um …die Inhaftierten zur Preisgabe von Informationen zu zwingen.“
Um über solche Praktiken ein Urteil fällen zu können, müsste man wissen, ob der NDS die richtigen Personen verhört hat und von ihnen relevante Informationen erhalten hat, die mit anderen Methoden nicht zugänglich gewesen wären. Falls ja, würde dies bedeuten, dass es zumindest eine wenigstens teilweise funktionierende Institution im afghanischen Regierungsapparat gibt. Leider scheint UNAMA sich aber nicht für solche zentralen Fakten zu interessieren. Verwaltungstechnische Details (z.B. die Frage, ob dies nach afghanischem Recht legal ist oder nicht oder ob der afghanische Staat einen rechtzeitigen Austritt aus den jeweiligen VN-Konventionen vielleicht versäumt hat) sollte man ansonsten m.E. ganz den Afghanen überlassen.
Falls aus dieser Information deutscherseits aber die Schlußfolgerung gezogen würde, nicht mehr mit dem NDS zusammenzuarbeiten (falls es eine solche Zusammenarbeit gibt), wären die Folgen negativ für den Auftrag und für das deutsche Kontingent. Wer auch immer diese Schlußfolgerung fordert, sollte sich dieser Folgen bewusst sein und ggf. für sie verantwortlich gemacht werden. Es gibt im Krieg keine Unschuld, und auch derjenige, der den eigenen Kräften mit chronisch gutem Gewissen in den Rücken fällt, kann dabei moralische Schuld auf sich laden.
Ich habe ohnehin den Eindruck, dass es manchen Kritikern gar nicht um eine Verbesserung der Situation geht, denn sonst müsste man verstärkte Ausbildungszusammenarbeit fordern statt eine Einstellung der Zusammenarbeit.
@b
Sie scheinen der Vorstellung anzuhängen, dass die Afghanen in einem Zustand natürlicher Unschuld leben und allenfalls von Außen bzw. von den bösen Amerikanern verdorben werden können?
Genau..
Vor allem hats der KhAD vorher ja nicht getan, ist klar.
@Orontes
Sorry, aber wer Folter auch nur annähernd – egal in welchem Land – gutheißt, hat nicht zu Ende gedacht. Es sei denn, derjenige hätte nichts dagegen, von der Polizei von der Straße weggeschnappt und mißhandelt zu werden, weil man dringend mal wieder einen Täter benötigt oder weil man sich einfach die Langeweile vertreiben möchte.
Dieses Verhalten afghanischer Sicherheitsbehörden pauschal mit der Charakterisierung als „Folklore“ achselzuckend und zynisch abzutun ist natürlich nicht richtig. Man sollte auf jeden Fall die Forderungen der UNAMA aufgreifen und die afghanischen Behörden ins Gebet nehmen.
Gleichwohl wäre es töricht, die gesellschaftlichen, kulturellen und geschichtlichen Rehmenbedingungen in dem Land zu ignorieren.
@MFG
„Sorry, aber wer Folter auch nur annähernd – egal in welchem Land – gutheißt, hat nicht zu Ende gedacht. Es sei denn, derjenige hätte nichts dagegen, von der Polizei von der Straße weggeschnappt und mißhandelt zu werden, weil man dringend mal wieder einen Täter benötigt oder weil man sich einfach die Langeweile vertreiben möchte.“
Der UNAMA-Bericht äußert sich nicht dazu, ob willkürlich ausgewählte Personen so verhört wurden oder feindliche Kämpfer. Ich halte diesen Unterschied aber für genauso relevant, wie Sie es offensichtlich tun.
Es ist aber leider bei diesem Thema häufig zu beobachten, dass in diesem Punkt nicht ausreichend differenziert wird. Es würde aber doch auch niemand analog behaupten, dass es keinen Unterschied macht, ob man einen feindlichen Kämpfer im Gefecht tötet oder einen Unbeteiligten. Wenn dieser Unterschied aber in der wesentlich gravierenderen Frage der Tötung allgemein anerkannt ist, warum tut man sich dann so schwer damit, bei Ausübung von psychischem oder physischem Druck ähnlich zu differenzieren?
Beim Thema Folter gibt meiner Meinung nach zwei konträre Pole zu bedenken:
1. Ist es moralisch (und daraus entwickelt sich dann nun mal größtenteils ein jedes Rechtssystem) zu verantworten, dass ein Stärkerer mit Gewalt Informationen einer anderen ihm ausgelieferten Person entlockt oder eben nicht?
2. Was geschieht in Fällen in denen die absolute Gewissheit besteht der Häftling/Unterlegene verschweigt essentiell wichtige Informationen, die entweder zur Rettung Schutzbefohlener oder der ganz konkreten Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben dienen? (In diesem Zusammenhang sei an die hier in D stattgefundene Debatte der angemessen Verhörmethoden im Rahmen der Enführung des Bankierssohn Jakob von Metzlers erinnert.)
Damit sind wir eben auf dem heiklen Feld, ab wann (physische) Gewalt durch (rechts-)staatliche Organe auch gegenüber den eigenen Bürgern legitim oder gar notwendig ist. Mithin das Dilemma, was wiegt schwerer Moral oder Interessen?
In Bezug auf Folter in AFG dürfen wir aber eine weitere wichtige Sache nicht aus den Augen verlieren. In AFG herrscht nun einmal ein uns mittlerweile fremdes Verständnis von Gewalt vor. Das bedeutet nicht (!!!), dass die Afghanen (gleich welcher Ethnie) allesamt Sadisten sind, sondern, dass extreme Gewalt in AFG nun einmal alltäglich ist – und ich möchte behaupten dies nicht erst seit den letzten 100 Jahren.
Ich als noch nie im Land Gewesener vergleiche diese (Gewalt)Situation zum besseren Verständnis immer mit der des europäischen Mittelalters.
Der Historiker Dieter Breuers sieht im Mittelalter die Motivation zu genereller Grausamkeit anderen gegenüber in vier Dingen begründet (und zwar in aufsteigender Gewichtung:
1. Sadismus Einzelner
2. Enttäüschung und Demütigung
3. Abschreckung
4. Abstumpfung durch tägliche Begegnung mit Hunger, Tod, Krankheit und Krüppel
(Entnommen aus DIer Breuers: Ritter, Mönch und Bauersleut. Eine unterhaltsame Geschichte des Mittelalters)
Daraus lässt sich m.M.n. ableiten, dass Folter für uns, die wir in stabilen, friedlichen und gesichterten Verhältnissen leben, nicht mehr passend erscheint. In die in diesem SInne archaischen Situation Afghanistans fällt Folter leider aber etabliert und im Grunde genommen aktzeptiert. (Ja, ich bin mir des Zynismus der letzten Aussage bewusst.)
Das haben wir also erreicht in unseren 10 Jahren Engagement in Afghanistan.
Macht sich irgend jemand noch Illusionen für 2014 und danach?
Welch Überraschung für ISAF, da konnte ja nun auch wirklich niemand mit rechnen. *kopfschüttel* Ich erinnere mich noch an Äußerungen eines ehemaligen Kdr eines PRT, der die Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei als „gut“ beschrieb: Die Führer der Polizei seien recht moderat und folterten nicht allzuviel im Landesdurchschnitt.
Absolut lächerlich jetzt so zu tun als sei das die große Überraschung.
http://www.brandeins.de/archiv/magazin/gut-boese/artikel/moralvirtuosen-sind-gefaehrlich.html
absolute Leseempfehlung; vlt. hilft es auch Orontes Positionen zu verstehen, ohne jetzt eine Gewichtung vorzunehmen.
Ich weiss nicht warum das jetzt plötzlich so akut ist. Egal mit welchem Veteran ich mich zum Thema ISAF unterhalten habe, sobald das Thema NDS auf´s Tablett kam war der zweite Satz „Bei denen redet jeder!“.
Pah! Und warum wurde das Parlament nicht davon unterrichtet? Wird da etwa etwas verschwiegen? Waldorf und Statler, ääääh Arnold und Nouripour, übernehmen sie!
Auch wenn alle das schon wußten, die damit zu tun haben und Orontes sich offen dazu bekennt und gut findet.
Die Bestätigung hat mindestens eine Auswirkung:
Deutsche Soldaten dürfen Gefangene nicht mehr an die Afghanis ausliefern, sondern müssen sie in eigener Obhut behalten, da D die Antifolterkonvention unterschrieben hat.
Anderslautende Befehle sind rechtswidrig (waren sie wohl immer weil schon immer gefoltert wurde), aber nun wird damit offenkundig eine Straftat verwirklicht
@JeffCostello
Ich habe noch einmal darüber nachgedacht. Bundesregierungen, die seriellen Rechts- und Wortbruch gegen das eigene Volk (und nicht etwa gegen den Feind) begehen, sollten solche Mittel natürlich nicht zur Verfügung stehen. Ich persönlich habe kein Vertrauen, dass die deutsche Politik solche Mittel im Sinne des Ganzen anwenden würde. Meine ersten Kommentare waren nur eine Reaktion auf zahlreiche schon früher geäußerte, mir heuchlerisch vorkommende Vorwürfe diverser Art gegen die Bundeswehr.
Achtung OT … komme gerade von einer FES (Hannover)-Veranstaltung zum Thema „Wie geht es weiter in Afghanistan?
Referenten:
Botschafter Prof. Dr. Ashraf, Botschafter der islamischen Republik Afghanistan in Deutschland
BG Dirk Backen, Kommandeur Panzerbrigade 21, Augustdorf
Lars Klingbeil, MdB, Verteidigungsausschuss
Ashraf verteidigte Korruption letztlich als legitim, da die Einkommenssituation sehr schwach ist. Er hat als Minister 500 Eur bekommen, musste aber 1000 Eur Miete bezahlen … er bestritt den Lebensunterhalt von seiner deutschen Proffessur.
Drogenanbau (Opium) verniedlichte er auf den Umstand, „Drogenanbau“ im Vorgarten!
Meine Frage zu Absprachen bzw. Verträgen zum Abbau von Bodenschätzen mit der deutschen Regierung wurde im prinzip bestätigt …!
General Backen hat expleziet n i c h t von Krieg in Afghanistan gesprochen (er hat es negiert; jedoch eingeräumt, das er Verständnis dafür hat, das manche Soldaten von Krieg reden.
MdB Klingbeil vermochtee es nicht zu erklären, warum wir uns dort noch engagieren; ergo wie denn die „Kriegsziele“ lauten …!
Es waren über 300 Teilnehmer vor Ort. Bei der letzten sicherheitspolitischen Veranstaltung der FES waren es 30 (!).
Sorry, das ich das aktuelle Topic evtl. verdränge; aber die aktuelle Diskussion war so sehr interessant und wichtig.
Beste Grüße
@Heiko Kamann
willkommen in der realen Welt der deutschen Politik! Satire ist manchmal nur ein schwacher Abklatsch davon
@Orontes
Mir wird eigentlich eher nachgesagt, eher ketzerische als moralinsaure Positionen zu vertreten. Mit Folter habe ich allerdings ein paar Probleme:
1) Kants moralischen Imperativ und die Frage, ob Sie gerne der Folter ausgesetzt würden. Egal wo.
2) Die natürlichen Rechte jedes Menschens wie z.B. die Menschenwürde, die glücklicherweise im Grundgesetz verankert ist.
Ignorieren wir das und kommen zur praktischen Seite:
3) Der menschliche Faktor ist Schwachpunkt jeden Systems. Und selbst in unserem Rechts(mittel)staat haben wir Probleme mit Polizeigewalt, die bislang jedoch glücklicherweise noch wenig ausgeprägt sind.
4) Wenn ausreichend starke Schmerzen zugefügt werden, wird jeder entweder irgendwann alles gestehen, was verlangt wird, oder eben sterben, so dass Folter keine zuverlässige Methode darstellt.
5) Wie kann man vorher sicher sein, dass das Opfer wirklich etwas verbirgt? Und wer trifft die Entscheidung über die Anwendung? Jemand, der leicht zustimmt, ist wohl eher nicht geeignet (sieht auch unter 3).
@j. hunter, Thomsen
Ich habe absolut kein Verständnis dafür, dass staatsanwaltlich ermittelt worden ist (und wird?), wenn an Checkpoints geschossen wird oder im Rahmen von Kampfhandlungen Bomben geworfen werden, und Arnold und Nouripour (und Ströbele) halte ich für [gelöscht. T.W.], aber wenn tatsächlich gegen besseres Wissen Gefangene übergeben worden sind, hoffe ich, dass es juristisch einmal gehörig knallt.
[Tut mir Leid, aber da musste ich eingreifen. Justiziable Äußerungen kann ich nicht einfach stehen lassen; deshalb habe ich ein Wort gelöscht. Nicht den ganzen Kommentar. T.W.]
„…gegen besseres Wissen…“ ist leicht gesagt. Wenn ich live erlebt hätte das jemand misshandelt würde hätte ich ein Problem mit einer Überstellung. Das kam oben vielleicht falsch rüber. Sehen sie diese Info eher in Form einer omnipräsenten Latrinenparole als einer erwiesenen Tatsache.
@MFG
„Die natürlichen Rechte jedes Menschens wie z.B. die Menschenwürde, die glücklicherweise im Grundgesetz verankert ist.“
Dass die entsprechenden Worte in einem deutschen Gesetzestext stehen macht ihre Aussage noch nicht zu einer universellen Wahrheit. Große Teile der Menschheit folgen jedoch nicht nur auf praktischer, sondern auch auf weltanschaulicher Ebene anderen Konzepten. Wenn so etwas wie eine Norm erkennbar ist, dann ist es eher die Trennung zwischen eigener Gruppe und Fremden bzw. Freund und Feind und die abgestufte Zugestehung von Rechten. Es dürfte unter diesen Bedingungen schwer werden, dem deutschen Gesetzestext weltweite Gültigkeit zu verleihen.
„Wenn ausreichend starke Schmerzen zugefügt werden, wird jeder entweder irgendwann alles gestehen, was verlangt wird, oder eben sterben, so dass Folter keine zuverlässige Methode darstellt.“
Wenn es die Absicht des Anwenders ist, eine gewünschte Aussage vom Gefangenen zu erhalten, ist Folter eben doch eine zuverlässige Methode. Aus einer deutschen Perspektive ist in diesem Fall jedoch in erster Linie die Absicht fragwürdig.
Wenn jedoch die Absicht darin besteht, Informationen zu erhalten, kann psychischer oder physischer Druck dem Vernehmen nach eine geeignete Methode darstellen, weshalb solche Methoden von Behörden weltweit eingesetzt werden.
Jemand bezeichnete es einmal als „fromme Lüge“ der Diskussion so zu tun, als könne man durch Druck auf den Gefangenen grundsätzlich nur unzuverlässige Informationen erhalten. Diese Person sagte, dass es von der Vorgehensweise der Vernehmer abhänge, ob das Ergebnis zuverlässig sei oder nicht. Dass ein Verhörter unvollständige oder falsche Angaben macht, sei eine grundsätzliche Möglichkeit in allen Verhören (auch jenen ohne Anwendung kontroverser Methoden), weshalb die Angaben in jedem Fall geprüft werden müssten, z.B. durch Abgleich mit vorhandenen Informationen oder Aussagen anderer verhörter Personen.
Was in der Diskussion effektheischend als „Folter“ zusammengefasst wird, beinhaltet zudem ein breites Spektrum abgestufter Maßnahmen. Manche Kritiker halten ja bereits Beugehaft für Folter.
@ Orontes
„..zudem ein breites Spektrum abgestufter Maßnahmen…“
Und genau da liegt das Problem.
@ Orontes
hab was vergessen.
Das Recht zu Schweigen!
http://de.wikipedia.org/wiki/Miranda_v._Arizona
Bin zwar kein Fan von Wikipedia aber es hilft schon mal.
Um das Thema Folter mal ein bißchen zu relativieren:
http://edition.cnn.com/video/#/video/world/2011/10/08/walsh-afghan-feudal-justice-fix.cnn
Einige Kinder sind wohl doch anders als andere Kinder und nicht unbedingt zugänglich für „hearts and minds“-Kampagnen.
@Prediger
In Gesprächen äußerten Paschtunen häufig, dass die Justiz der Taliban (kurzer Prozess, harte Strafe, rasche und finale Vollstreckung) als eine ihrer Stärken betrachtet wird.
Einmal machte sich ein deutscher ISAF-Entscheidungsträger Sorgen darüber, dass eine bevorstehende Vollstreckung mehrerer Todesurteile u.a. für Mörder durch die staatliche Justiz von der Bevölkerung negativ aufgenommen werden könnte. Gespräche mit Afghanen verschiedener Hintergründe ergaben in absoluter Übereinstimmung, dass man die Todesurteile befürwortete und sich von ihnen positive Wirkung auf das allgemeine Chaos versprach. Einige Afghanen äußerten den Vorschlag, die Vollstreckung zu Erziehungszwecken im Fernsehen zu übertragen.
Dieses innere Bedürfnis nach Härte, Strenge und straffer Führung (allerdings nicht durch Fremde) setzt sich fort bis in bestimmte Migrantenpopulationen ähnlichen Hintergrunds in Deutschland: http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/ohne-haerte-geht-es-nicht/4577378.html
Wo entsprechende Härte fehlt, ist das Ergebnis häufig Desorientierung und sozialer Zerfall, wie z.B. afghanische Eltern in Deutschland feststellen können, deren Söhne in unserem liberalen Land häufig nicht zurechtkommen und stark überportional kriminell aktiv werden, Drogen konsumieren etc.
Das deutsche Wesen der letzten 40 Jahre ist eben nicht der globale Maßstab. Respekt für fremde Kulturen bzw. kultursensibles Verhalten im Einsatz sollte dies berücksichtigen.
„Das deutsche Wesen ist eben nicht der globale Maßstab. Respekt für fremde Kulturen bzw. kultursensibles Verhalten im Einsatz sollte dies berücksichtigen.“
Dem widerspreche ich grundsätzlich nicht, frage mich aber, wo die Grenze gesetzt werden soll. Soll man jedes Verhalten, das als ortsüblich zu betrachten ist, auch als angemessen bewerten? Ich hoffe nicht.
„Wo entsprechende Härte fehlt, ist das Ergebnis häufig Desorientierung und sozialer Zerfall, wie z.B. afghanische Eltern in Deutschland feststellen können, deren Söhne in unserem liberalen Land häufig nicht zurechtkommen und stark überportional kriminell aktiv werden, Drogen konsumieren etc.“
Und was schlagen Sie als Gegenmaßnahme vor? Einführung der Scharīʿa in Deutschland? Auch dies hoffe ich nicht. Wäre auch nicht besonders kultursensibel gegenüber der sog. „Mehrheitsgesellschaft“.
@Prediger
„Soll man jedes Verhalten, das als ortsüblich zu betrachten ist, auch als angemessen bewerten? Ich hoffe nicht.“
Was soll man denn sonst tun? Es handelt sich hier um feste Rahmenbedingungen. Man könnte genausogut schlechte klimatische Bedingungen als „unangemessen“ bewerten.
Selbst die wesentlich selbstbewusster und skrupelloser agierenden Kolonialmächte, die zudem noch über mehr Fähigkeiten verfügten, waren in solchen Dingen pragmatischer als es das in jeder Hinsicht weniger handlungsfähige Deutschland heutzutage ist.
„Und was schlagen Sie als Gegenmaßnahme vor? Einführung der Scharīʿa in Deutschland? “
In Großbritannien und Frankreich ist man bereits dabei, natürlich nur für Personen entsprechenden Hintergrunds. Man hat dort gemerkt, dass die kulturelle und ethnische Identität von Menschen sich eben nicht so einfach umprogrammieren lässt. Dass es deshalb irgendwann zu einem Konflikt mit der Mehrheitsgesellschaft kommen kann, liegt in der Natur solcher ethnischen Verschiebungen, aber aus irgendeinem Grund ist auch Deutschland dieses Risiko eben eingegangen.
„Was soll man denn sonst tun? Es handelt sich hier um feste Rahmenbedingungen. Man könnte genausogut schlechte klimatische Bedingungen als “unangemessen” bewerten.“
Somit zementiert man aber nur den Stillstand. Und auch die von Ihnen angeführten Kolonialmächte waren nicht besonders amused über das Verschwinden ihrer Missionare in heimischen Kochtöpfen und haben dies entsprechend wenig „kultursensibel“ geahndet.
„In Großbritannien und Frankreich ist man bereits dabei, natürlich nur für Personen entsprechenden Hintergrunds.“
Wenn andere über die Klippe springen, muß man nicht unbedingt hinterherspringen, es sei denn man ist ein Lemming. Diese kulturelle Selbstaufgabe ist gleichbedeutend mit einer Kapitulation und schafft einen Staat im Staate mit eigener Bevölkerung und Gerichtsbarkeit. Ich hoffe, dies in Deutschland nicht erleben zu müssen.
@Prediger
„Und auch die von Ihnen angeführten Kolonialmächte waren nicht besonders amused über das Verschwinden ihrer Missionare in heimischen Kochtöpfen und haben dies entsprechend geahndet.“
In keinem islamisch-geprägten Gebiet waren Kolonialmächte damit erfolgreich. Wo so etwas versucht wurde, hat man es rasch wieder aufgegeben.
„Wenn andere über die Klippe springen, muß man nicht unbedingt hinterherspringen, es sei denn man ist ein Lemming. Diese kulturelle Selbstaufgabe ist gleichbedeutend mit einer Kapitulation und schafft einen Staat im Staate mit eigener Bevölkerung und Gerichtsbarkeit. Ich hoffe, dies in Deutschland nicht erleben zu müssen.“
Wenn Sie damit meinen, dass Deutschland besser in Deutschland verteidigt werden sollte als am Hindukusch, dann teile ich Ihre Ansicht.
„Wenn Sie damit meinen, dass Deutschland besser in Deutschland verteidigt werden sollte als am Hindukusch, dann teile ich Ihre Ansicht.“
Ich bitte Sie hiermit nachdrücklich, mir keine Aussagen in den Mund zu legen, die ich so nicht getroffen habe. Danke!
Und obgleich ich bereits zu der Zeit, als es „in“ war, für den Afghanistaneinsatz zu sein, beruhend auf den historischen Erfahrungen anderer Nationen meine Zweifel an diesem angemeldet habe, so sehe ich einen verfrühten Abzug nun als verfehlt an.
Afghan opium poppy cultivation jumps
Hier das Original der UN-Behörde UNODC
http://www.unodc.org/unodc/en/frontpage/2011/October/opiumproductioninafghanistanshowsincreasepricessettorise.html?ref=fs1
mit ein paar noch bedrückenderen Zahlen:
Afghanistan suffers from one of the highest rates of opiate consumption in the world with a current prevalence rate of 2.65 per cent. In 2005, the prevalence rate of opiate use was 1.4 per cent. The country also faces an HIV epidemic among the country’s injecting drug users.
(@b: Darf ich noch mal um Zurückhaltung beim ausführlichen Zitieren bitten? Sonst ist irgendwann die Grenze des Zitatrechts überschritten. Und die Rechnung von AP schicke ich an Sie weiter…)
(@b: Darf ich noch mal um Zurückhaltung beim ausführlichen Zitieren bitten? Sonst ist irgendwann die Grenze des Zitatrechts überschritten. Und die Rechnung von AP schicke ich an Sie weiter…)
Naja – drei von elf Absätzen ist ja noch nicht „ausführlich“ – oder? Und dann noch in den Kommentaren. Wenn AP dafür eine Rechnung schickt gerne weiterreichen. Mein Anwalt freut sich.
@Orontes
Dass die Welt wohl kaum am deutschen Wesen genesen wird, ist mir durchaus bewusst. Ich sehe es aber auch nicht ein, wesentliche gesellschaftliche Errungenschaften meiner Kultur mal eben beiseite zu werfen, weil es gerade besser passt, und mich so in Richtung weniger Zivilisation zu bewegen.
Und ernsthaft das Quälen anderer Menschen, sogar von Kindern (!!!!), zu verteidigen, erschreckt mich einfach nur noch. Umstände hin und her. Es ist ja nicht gerade so, dass es darum ginge, eine Atombombenexplosion in einer deutschen Großstadt zu verhindern. Und selbst dann wäre es ein ziemlich widerwärtiges moralisches Dilemma.
Falls Sie aktiver Soldat (oder sonst irgendwo im Staatsdienst tätig) sein sollten, sollten Sie mal ernsthaft darüber nachdenken, was in „Ich schwöre der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, (so wahr mir Gott helfe)“ der Teil mit dem Recht bedeutet. Echt, bei so einer Einstellung fällt mir nicht mehr viel ein.
@MFG
„Ich sehe es aber auch nicht ein, wesentliche gesellschaftliche Errungenschaften meiner Kultur mal eben beiseite zu werfen, weil es gerade besser passt, und mich so in Richtung weniger Zivilisation zu bewegen.“
Ist es nicht umgekehrt gerade angemessen bzw. realistisch, sich „in Richtung weniger Zivilisation zu bewegen“, wo objektiv gesehen auch weniger Zivilisation vorhanden ist?
„Und ernsthaft das Quälen anderer Menschen, sogar von Kindern (!!!!), zu verteidigen, erschreckt mich einfach nur noch.“
Der Begriff „Kind“ ist kulturell relativ. Ein männlicher Afghane unter 18 Jahren (wie im Bericht erwähnt) kann nach afghanischem Verständnis ein vollwertiger Kämpfer sein. Es ging mir auch nicht ums „Quälen“, d.h. sadistisches Zufügen von Schmerzen, sondern um Verhöre.
Was das „Verteidigen“ angeht, so bin ich vielleicht nur der Überbringer der unangenehmen Botschaft. Die von UNAMA möglicherweise im Kern zutreffend aufgestellten Behauptungen sind ja nicht erst seit gestern bekannt, und trotzdem arbeitet man seit langem mit ANSF zusammen. Aus naheliegenden Gründen verteidigt niemand offen eine solche Zusammenarbeit, wenn der Kritiker mit der Moralkeule des Foltervorwurfs ankommt. Es scheint aber doch Gründe dafür zu geben, warum solche Zusammenarbeit dennoch stattfindet.
Was mich persönlich stört sind die Heuchler (nicht Sie), die Deutschland in diesen Einsatz geführt haben und sich nun empört winden, weil jemand den von Ihnen erteilten Auftrag umsetzt. Das war schon bei der Kampagne gegen Oberst Klein so: Die am lautesten geschrien haben waren die, für die es 2001 gar nicht schnell genug gehen konnte mit der deutschen Beteiligung am Einsatz.
„…, sollten Sie mal ernsthaft darüber nachdenken, was in “Ich schwöre der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, (so wahr mir Gott helfe)” der Teil mit dem Recht bedeutet.“
Der Eid bezieht sich, wie Sie schon schreiben, auf das deutsche Volk und nicht auf das afghanische Volk.
„Echt, bei so einer Einstellung fällt mir nicht mehr viel ein.“
Das sehe ich.
Naja, man könnte schon spitzfindig behaupten, dass da nicht steht „(…) treu zu dienen und sowohl das Recht als auch die Freiheit des deutschen (…)“, also zum Recht kein Nationenbzug besteht. Aber das sind Spitzfindigkeiten. Ihr beide beschreibt das Dilemma in der Welt so schön: Realität trifft das Ideal. So, und nun macht mal weiter ohne weiter persönlich zuwerden :-)
@orontes
Ich hatte mir fest vorgenommen Ihnen nicht mehr zu antworten, aber
Ihre “ Meinungsäußerungen“ sind unerträglich.
Sie haben das Gewissen eines Söldners, der Auftrag ist alles;
Ihre Moral bestimmt der Auftraggeber.
ich hoffe sehr, dass Sie mit dieser Einstellung nicht aktiv in den Streitkräften reüssieren konnten und statt Menschen im Gefecht in einem Depot Karteikarten führen und Entscheidungen nur träumen können.
@JeffCostello
„Ihre ” Meinungsäußerungen” sind unerträglich. “
Ein gewisses Maß an Aufgeschlossenheit und Toleranz ist schon erforderlich, damit eine Diskussion funktionieren kann. Wer es „unerträglich“ findet, mit bestimmten Dingen konfrontiert zu werden, sollte sich besser auch nicht damit auseinandersetzen.