Kosovo: Barrikade weg, Barrikade neu
Was die Lage im serbisch dominierten Norden des Kosovo angeht: Die bleibt verwirrend, wie Meldungen der serbischen Nachrichtenagentur Tanjug zeigen:
Tanjug gestern: KFOR removes barricade at Brnjak
Tanjug heute: N. Kosovo Serbs set up new barricade near crossing
Gibt’s im Serbischen auch einen Begriff wie das deutsche Katz-und-Maus-Spiel?
Da verweise ich doch gerne noch einmal auf, das, was ich hier zuletzt geschrieben habe…
War dies nicht ein digitales Medium ? (Wo ist der Verweis (Link)?)
@ …
Mit dem Pseudo-Pseudonym eine lustige Frage…
Langsam wird es lächerlich:
„On Monday morning, KFOR Commander Erhard Drews tried to pass through the village of Zupče and get to Brnjak administrative crossing, as part of a convoy accompanied by one EULEX vehicle, but he was forced to go back to southern Kosovska Mitrovica because Serbs on the barricades did not let the EULEX SUV pass.“
http://www.b92.net/eng/news/politics-article.php?yyyy=2011&mm=10&dd=31&nav_id=77108
Schön, dass hier jedwede serbische Propaganda als Wahrheit genommen wird. Was man aus dem Einsatz hört (von Augenzeugen der KFOR), war der COM KFOR schon lange durch den Roadblock durch, als er umkehrte, um sich von den ihn begleitenden EULEX Fahrzeugen nicht trennen zu lassen. Das liegt wohl ganz auf der Linie von NATO und EU, dass eben erst bei vollständiger Bewegungsfreiheit für alle Organisationen im Kosovo KFOR sich alleine bewegen wird.
Ist halt doch ein politisches und kein militärisches Problem. Aber leider ist dies nicht kinetisch zu lösen (auch wenn das der eine oder andere gerne sehen würde). Ganz so wie in Brockdorf oder Stuttgart oder, oder, oder.
@Zwergnase
Hier wird nicht jedwede serbische Propaganda als Wahrheit genommen. Aber schön, dass Sie was von KFOR hören. Hier hört man nämlich nix.
Und offensichtlich hört auch dpa nix, so dass die sich auf serbische Medien berufen:
Kosovo-Serben weisen KFOR-Kommandeur zurück
Ich versuche ja immer wieder, Leuten mit Veranwortung für Presse/Informations/Öffentlichkeitsarbeit klar zu machen: Wenn Sie nichts sagen, wird es jemand anderes tun. Genau das passiert in diesem Fall seit einiger Zeit. KFOR bestimmt nicht, wie die Wahrnehmung läuft, sie versuchen es noch nicht mal.
@ T.Wiegold
Zu dem Thema der Nichtberichterstattung zur Lage im Kosovo:
Ich habe mich am Freitag per Mail an den Sachgebietsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Sprecher für die Einsätze der Bundeswehr auf dem Balkan im Presse- und Informationszentrum des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Herrn Oberstleutnant Frank Warda gewandt genau mit der Fragestellung warum von offizieller Seite keine Berrichterstattung stattfindet, ich bin gespannt ob ich eine Antwort erhalte bzw. mit welchem Inhalt. Als Info für Sie, mein Sohn ist im Kosovo im ORF-Battalion eingesetzt.
Das wird die Herren in Zubin Potok nicht wirklich freuen, dass sie es nunmehr auf die Liste der Interpol geschafft haben.
Da wird dem einen oder anderen Herren wohl etwas kälter werden (unter den Füßen), wenn ab sofort die ganze Welt nach ihnen suchen wird. Und auch für die „gewählten“ Volksvertreter wird es etwas unangenehmer, die Herrn Bozovic als Vorsitzenden der businessmen association in Zubin Potok über Jahre hofiert haben.
http://77.46.136.66/news/23232/interpol-issues-warrant-for-another-kosovo-serb.htm
Das hilft vielleicht mehr als Roadblock Removal.
@Zwergnase
„Ist halt doch ein politisches und kein militärisches Problem.“
Da widerspricht Ihnen die UN-Resolution 1244 jedoch:
„9. Decides that the responsibilities of the international security presence to be deployed and acting in Kosovo will include:
(…)
h. Ensuring the protection and freedom of movement of itself, the international civil presence, and other international organizations;“
Und diesem Auftrag kommt die KFOR nun mal nicht nach: http://www.eulex-kosovo.eu/en/pressreleases/0203.php
@zwergnase und @prediger
Man muss m.E. nicht unbedingt der Ansicht folgen, dass der Aussage von Zwergnase, es handele sich bei den Barrikaden im Nordkosovo um ein politisches und nicht um ein militärisches Problem, von der UN SCR widerlegt ist.
Zwar sind die Resolutionen des Weltsichrheitsrates völkerrechtlich bindend, sie enthalten aber jedoch auch immer Absichtserklärungen, wie sich in vielen Fällen unschwer erkennen lässt. So etwas lässt sich, wie auch Absichtserklärunegn im Grundgesetz, nicht individuell einklagen. Wohl aber umreißen solche Formln programmatisch die Aufgaben von Rechtsorganen – wie hier von KFOR.
KFOR soll also das Ziel verfolgen, die Bewegungsfreiheit in der gesamten AoR herzustellen – übrigens in der fraglichen Situation ja wohl derzeit mit polizeilichen Mitteln, nicht etwa im Rahmen eines im engeren Sinnes militärischen Vorgehens. Das ergibt sich doch wohl eindeutig aus der Verpflichtung zur Verhältnismäßigkeit.
Wie und wie schnell unter den Zielvorgaben dabei polizeilich gehandelt wird muss juristisch und m.E. auch politisch abgewogen werden – denn die Proteste wurden offenbar von einseitigen Schritten der Behörden in Pristina ausgelöst, die von vielen Experten als nicht von UN SCR 1244 abgedeckt angesehn werden. Auch die Mitglieder des Scherheitsrates sind hier unterschiedlicher Meinung. Wenn Drews also erstmal ausloten lassen will, ob politische Verhandlungen die Lage entspannen können, ist das m.E. im wahrsten Sinne des Wortes sein gutes Recht.
@ Prediger:
Na, wenn wir schon anfangen die 1244 zu zitieren, dann sollten wir auch etwas weiter lesen. Denn dort steht der Quell allen Übels, den die einseitige (und teilweise anerkannte) Unabhängigkeit des Kosovo ausmacht:
„10. Authorizes the Secretary-General, with the assistance of relevant international organizations, to establish an international civil presence in Kosovo in order to provide an interim administration for Kosovo under which the people of Kosovo can enjoy substantial autonomy within the Federal Republic of Yugoslavia, and which will provide transitional administration while establishing and overseeing the development of provisional democratic self-governing institutions to ensure conditions for a peaceful and normal life for all inhabitants of Kosovo;“
Und das ist es, worauf sich die Kosovoserben berufen: nämlich die Unteilbarkeit FRY.
@Zwergnase
Und wenn wir schon mal dabei sind, dann lesen wir noch ein Stück weiter und stoßen auf das:
„11. Decides that the main responsibilities of the international civil presence will include:
f. In a final stage, overseeing the transfer of authority from Kosovo’s provisional institutions to institutions established under a political settlement;“
Dann fügen wir noch ergänzend die Meinung des ICJ dazu:
„119. The Court accordingly finds that Security Council resolution 1244 (1999) did not bar the authors of the declaration of 17 February 2008 from issuing a declaration of independence from the Republic of Serbia. Hence, the declaration of independence did not violate Security Council resolution 1244 (1999).
122. The Court has concluded above that the adoption of the declaration of independence of 17 February 2008 did not violate general international law, Security Council resolution 1244 (1999) or the Constitutional Framework. Consequently the adoption of that declaration did not violate any applicable rule of international law.“
Und nun? Ist zwar eine nette intellektuelle Übung, hat aber mit dem Auftrag der KFOR, der sich aus der UNSCR 1244 ergibt, nichts zu tun.
Und was sagt KFOR dazu? „KFOR’s mission is to maintain a safe and secure environment as well as freedom of movement for all the people in Kosovo from all communities. KFOR will continue to do so firmly, carefully and impartially, in full compliance with United Nations mandate.“ http://www.nato.int/kfor/docu/pr/2011/10/20111018b-eng.pdf
Nach einer weiteren intellektuellen Übung wissen wir also, dass selbst das Orakel von Delphi eindeutigere Schlussfolgen zuließ als das Urteil des ICJ. Den Behörden in Pristina kann nicht vorgeworfen werden, dass sie ihre Erklärung abgegeben haben. Wie dann damit auf Grundlage der weiterhin gültigen UNSCR umgegangen werden soll, danach war das Gericht nicht gefragt worden und hat also darüber auch nicht befunden.
Das KFOR -Mandat ist einigermaßen umrissen, wie Drews es umsetzt, das bleibt abzuwarten. Wenn er daran mitwirkt, dass eine politische Lösung eine Eskalation der Gewalt vermeidet, wird ihm nichts vorzuwerfen sein – im Gegenteil.
http://www.tanjug.rs/news/23549/kfor-removing-barricade-at-brnjak-crossing.htm
@Prediger
yep, haben wir etwa zeitgleich gesehen ;-)
Habe dazu einen neuen Thread aufgemacht.