50.000 Tote in Libyen?
Es ist eine Meldung, die man mit allem Vorbehalt lesen muss. Aber Reuters scheint sie korrekt genug für einen Flash, eine Eilmeldung, gehalten zu haben: 50.000 Menschen seien in Libyen seit dem Frühjahr ums Leben gekommen, meldet die Agentur unter Berufung auf einen Kommandeur des Nationalen Übergangsrats.
Noch weiß keiner, ob sich diese Zahl auch nur annähernd bewahrheitet. Wenn ja, sagt das einiges über den Erfolg der (NATO)-Operation, die Zivilbevölkerung zu schützen.
Nachtrag: die ausführlicherere Reuters-Meldung:Libya commander says 50,000 dead in uprising
Lieber Thomas Wiegold,
diese einseitige Vermutung der Schuldzuweisung an die NATO-Einsätze ist ebenso verfrüht! Sie wissen doch genau, wie die Armee Gaddafis „gearbeitet“ hat. Zivilisten wurden wahllos angegriffen. Kein Nato-Flugzeug konnte diesen Kleinkrieg aufhalten. Umgekehrt hat die Turnschuharmee der Rebellen ebenso wahllos auf Ziele gefeuert. Man schaue sich einmal die Videos der täglichen Berichterstattung an: da wird mit Maschinengewehr aus der Hüfte geschossen auf tatsächliche oder imaginäre Ziele, vielleicht auch nur, weil ein Kamerateam in der Nähe war. Der „Efolg“ der Nato ist doch wohl jedem offenbar geworden, und das im positiven Sinn!
Pardon, ich meinte das nicht als Schuldzuweisung an die NATO-Einsätze. Sondern dass man sich ernsthaft die Frage stellen muss: Hat das Bündnis, wie es seine Absicht war, das Blutvergießen eindämmen können?
Aufgrund der heute gemeldeten Zahl maße ich mir keine Antwort an. Aber künftige Abwägungen vor einem solchen Einsatz müssen diese Frage beantworten.
Das könnte etwas mit dieser Meldung von gestern zu tun haben:
Die „Gefangenen“, wenn sie denn in der Zahl gemacht wurden, sind wahrscheinlich auf freiem Fuss. Gaddhafi mag ja vieles sein aber ein Massenmörder in dem Ausmass? Das NTC zieht sich ja auch sonst gerne Meldungen aus der Luft.
Insgesamt kann die Summe aber durchaus hinkommen. 7,500 Waffeneinsätze durch NATO Flugzeuge waren ja nicht nur gegen Militärgerät sondern vor allem auch gegen deren Bediener. Nimmt man dazu noch die in den jeweiligen Infantriescharmützeln gefallen sind ist 50.000 plausibel.
Solche Zahlen, gerade in einer solch chaotischen Lage, sind doch reinste Schätzungen… Da ich nicht davon ausgehe, dass da ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Statistik mitgezählt hat, würde ich erstmal warten, bis eine relative Ordnung hergestellt ist und Angaben eingesammelt werden können. Vermutlich wird es immer bei sehr groben Schätzungen bleiben, die auch mal überhöht sein können.
Die Zahl erscheint mir etwas zu hoch. Bei einer Kriegsdauer von circa 6 Monaten wären im Schnitt täglich 278 Tote zu beklagen. Das scheint mir etwas hoch bei einer Bevölkerung von ca. 6,5 Millionen Einwohnern und den bisherigen Berichten von den oft nur lokal stattfindenden Kämpfen. In weiten Teilen Libyens gab es fast gar keine Kämpfe, auch war der Kampf um die Hauptstadt doch vergleichsweise schnell beendet.
Man könnte es auch anders formulieren:
Die Rebellen und die NATO haben das Blutvergiessen wohl nicht begrenzt oder reduziert aber letztlich beendet.