Jetzt auch die Übergabe in Masar-i-Scharif

Erwartungsgemäß ist heute die nordafghanische Stadt Masar-i-Scharif in die Sicherheitsverantwortung der afghanischen Behörden übergeben worden. Die Nachrichten dazu sind noch ein bisschen sparsam, ich sammele noch etwas, ehe ich etwas dazu schreibe. Es hat weniger Aufmerksamkeit und weniger Berichte gegeben als bei der relativ überraschenden (weil zunächst geheim gehaltenen) Übergabe der Provinz Bamyan vor ein paar Tagen. Und Masar-i-Scharif ist zwar die erste Region in Nordafghanistan, deren Verantwortung jetzt offiziell bei den Afghanen liegt, gilt aber ohnehin als im Landesvergleich stabile und ruhige Stadt. Auch wenn es erst vor wenigen Tagen dort wieder einen Anschlag gegeben hat.

Für die Bundeswehr hat, darauf weist sie auch selbst auf bundeswehr.de hin, diese Übergabe keine direkte Auswirkung. Bislang waren für die Sicherheit in der Stadt schwedische ISAF-Truppen verantwortlich; die Deutschen betreiben zwar die Forward Support Base Camp Marmal und den Flughafen – werden aber die Sicherung dieser beiden wichtigen Einrichtungen nicht abgeben. Damit ist auch nicht damit zu rechnen, dass die heutige Transition von Masar-i-Scharif zu einer möglichen Verringerung deutscher Truppen beiträgt, auch wenn Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeitweise diesen Eindruck erweckt hatte.

Westerwelle hatte die Stadt einen Tag vor der Übergabe besucht und dabei auch den Gouverneur Atta Mohammed Noor  (zu Atta gibt es eine interessante Charakterisierung beim Afghan Analysts Network) und Karzais Transition-Berater Ashraf Ghani getroffen, war aber am gleichen Tag auch wieder abgereist.

Westerwelle (l.) mit Gouverneur Atta (M.)  und Karzai-Berater Ashraf Ghani in Masar-i-Scharif (Foto ©photothek.net/Thomas Imo)

Und natürlich stehen weiterhin die ISAF-Truppen in der Stadt, die notfalls eingreifen können. In einem Bericht ihres englischen Dienstes zitiert die Deutsche Presse-Agentur den deutschen Oberst Michael Podszus (dessen Aufgabe im ISAF-Regionalkommando Nord ich heute am Samstag nicht herausfinden konnte), Senior Mentor des Kommandierenden Generals des 209. ANA-Korps,  mit den Worten:

Clearly now the Afghan national security forces are in the lead. But ISAF forces and German forces will continue to support the Afghan national security forces here as we have done in the past.

Auf ein Bild der Übergabezeremonie will ich noch hinweisen, das tagesschau.de zu seinem Bericht gestellt hat: ISAF-Soldaten, darunter ein Deutscher, mit Blumen, die ihnen Kinder zuvor überreicht haben. In diesem Foto spiegelt sich das ganze Problem der Übergabe in Verantwortung wider: Die Blumen halten sie in den Händen, doch gerüstet sind sie für einen möglichen Angriff – nicht nur mit ihren Waffen, sondern auch mit Schutzweste, Helm, ballistischer Schutzbrille und Handschuhen.

Nachtrag: Übergabe in Verantwortung aus afghanischer Sicht.

Einige Kurzmeldungen afghanischer Kollegen zur Übergabe, die ich vor allem auf Twitter gefunden habe: