Gorch Fock: Keine strafrechtlichen Konsequenzen nach Todessturz
Der tödliche Unfall der Kadettin Sarah Lena Seele auf dem Segelschulschiff Gorch Fock im vergangenen Jahr hat keine strafrechtlichen Konsequenzen – die Kieler Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein.
Die Kieler Oberstaatsanwältin Birgit Heß dazu bei den Kollegen des NDR im O-Ton: Keine strafrechtlich relevanten Aspekte gefunden
Das bedeutet nun nicht, dass alles in bester Ordnung ist (wie die Staatsanwältin wohl auch durchblicken ließ). Es bedeutet eben nur, dass es keine strafrechtlichen Konsequenzen gibt. Ob es innerhalb der Marine Konsequenzen gibt, ist wieder eine ganze andere Frage.
Archivlbild: Die Gorch Fock im Nordatlantik südlich von Halifax, Juni 2007 (Foto: Bundeswehr/Ricarda Schönbrodt via flickr unter CC-Lizenz)
Soweit mir bekannt ist der eigentliche Unfallhergang bekannt und im wesentlichen unstrittig. Meiner Meinung nach handelte es sich praktisch um den Lehrbuchfall einer fahrlässigen Tötung. Es wurden übermüdete Kadetten am ersten Tag ihrer Ausbildung in gleißender Tropensonne unter permanenter Lebensgefahr bis aufs Blut geschliffen. Eine junge Frau überlebte die Tortur nicht
Wenn das, was sich am 7. November 2010 im Hafen von Salvador da Bahia ereignete, keine fahrlässige Tötung gewesen sein soll, dann kann man den Paragraphen auch ruhig aus dem Strafgesetzbuch streichen.
@chickenhawk:
Nun habe ich doch mal eine Frage. Wann sind Sie auf der Gorch Fock gefahren? Dies würde mir bei der Einordnung Ihrer Aussage“ …unter permanenter Lebensgefahr bis aufs Blut geschliffen.“ doch sehr helfen.
@chickenhawk: Offensichtlich wissen Sie nicht, wovon Sie reden.
Also möchte ich bitten, solche Aussagen für sich zu behalten.
@chickenhawk:
Ziemlich schwachsinniger Versuch einer Provokation!
Was sich am 07.11.2010 konkret zutrug kann man z. B. hier nachlesen:
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/13/0,3672,8201357,00.html
Dieser Sachverhalt ist, soweit ich das überblicke, im wesentlichen (Ausnahme s. u.) nicht strittig (im Gegensatz zu vielem anderen, was im Gefolge der Gorch-Fock-Affäre berichtet wurde).
Der Unfall ereignete sich am ersten(!) Tag der Ausbildung, viele der Kadetten waren überhaupt zum ersten an Bord eines Schiffes. Früher war es an Bord der Gorch Fock üblich, die Neulinge in den ersten Stunden erstmal langsam an das Aufentern heranzuführen (vgl. dazu den Artikel). In Bahia jedoch wurden die jungen Soldaten gleich zu Beginn der Einweisung den Mast bis zur völligen Ermüdung mehrfach hoch- und runtergescheucht.
Selbst wenn der Ausbilder die Obermaatin Seele nicht angetrieben hätte, trotz Übermüdung wieder aufzuentern (in diesem Punkt scheint es dem Bericht der Staatsanwaltschaft Kiel zu Folge eine Unstimmigkeit zu geben, denn einer anderen Darstellung zu Folge hat Frau Seele auch dem Ausbilder gegenüber geäußert, sie könne nicht mehr), wäre es Aufgabe der Ausbilder gewesen, die Kadetten am ersten Tag der Ausbildung besonders genau zu beobachten und Schwächen zu erkennen.
Ich weiß wirklich nicht, ob es nicht besser ist, auf solche Bemerkungen u. a. wie „… bis aufs Blut geschliffen …“ von @ chickenhawk erst gar nicht einzugehen.
Im täglichen Dienst und auch sonst im Alltag gibt es genug Ärgernisse, da braucht es solche Kommentare hier absolut nicht.
(Und mit dem Recht auf Meinungsfreiheit, Zensur und der Einschätzung in einem anderen Thread, ich sei ein „Sensibelchen“, hat das nun in mir aufkeimende Unverständnis nichts zu tun. Ich möchte solchen unsachlichen Blödsinn hier einfach nicht lesen.)
Nachtrag:
In einem weiteren Artikel (ich meine, es war der Kölner Stadtanzeiger, ich finde den Beitrag aber leider nicht mehr) wurde der Absturz so geschildert:
Die Obermaatin Seele, die zu diesem Zeitpunkt bereits am Ende ihrer Kräfte war, befand sich auf dem Abstieg. Sie machte auf einer Rah Pause und schnappte nach Luft. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr ein Ausbilder von Deck aus etwas zugerufen, sie habe dann den Kopf geschüttelt und den Abstieg fortgesetzt. Kurz darauf stürzte sie ab.
Dass Kadetten auf halber Höhe die Kraft ausgeht oder sie die Nerven verlieren, passierte nicht zum ersten Mal. Die Ausbilder hätten das erkennen müssen, sie hätten dann ihrerseits aufentern müssen und die Kadettin Stück für Stück langsam heruntergeleiten müssen. So wurde es jedenfalls früher auf der Gorch Fock gehandhabt.
@chickenhawk
Und nochmal die Frage: Wann sind Sie auf der Gorch Fock gefahren?
In der zeitlichen Abfolge der Geschehnisse, welche der Staatsanwaltschaft vorlag (und welche auch durch Zeugenbefragung bestätigt wurde), stand ausdrücklich (und mMn unstrittig), das die Kadettin
1. nicht zum ersten Mal an Bord eines Schiffes war
2. wiederholt den Befehl zum „Abbruch“ missachtet hat
3. Trotz Aufforderung, abzuwarten und auf „Hilfe“ zu warten, auf eigene Verantwortung weitergeklettert ist-meine Vermutung: Sie wollte beweisen, das sie es kann.
Wir können alle davon ausgehen, das die Staatsanwaltschaft alle Vorwürfe mehr als intensiv geprüft hat-und nun einmal (egal, ob das einigen gefällt oder nicht) trotz interner Berichte aus erster Hand (und nicht aus irgendwelchen obskuren Zeitungsartikeln oder Stammtischparolen) keine Anzeichen für eine STRAFTAT gefunden hat.
Inwieweit das ganze militärisch „zu ahnden“ ist, wurde ja ausdrücklich offen gelassen….
@huey
Dass Frau Seele bereits zur See gefahren war (übrigens in „richtigen“ Einsätzen) nützt auf einem Segelschiff wohl nicht wirklich viel. Was Sie zu Ziff. 2 und 3 schreiben ist mir neu, insbesondere, dass es einen oder gar mehrere Befehle zum „Abbruch“ an die Obermaatin gegeben hätte. Will das die StA Kiel jetzt ermittelt haben?
Die Staatsanwaltschaft Kiel muss man übrigens immer zum jagen tragen; die hätten bereits in 2010 am liebsten die Akte zugeklappt (ohne mit einem Beteiligten überhaupt nur persönlich gesprochen zu haben), wenn nicht die Angelegenheit so öffentlichkeitswirksam hochgekocht wäre.
Den Bericht der Untersuchungskommission der Marine (der aber ausdrücklich die „Meuterei“ und nicht den Unfall zum Gegenstand hatte) hat sich das Verteidigungsministerium bekanntlich nicht zu eigen gemacht. Dafür dürfte es gute Gründe geben.
@NMWC : Für die Beurteilung, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob man auf der GF gefahren ist. Auch dort gilt deutsches Recht. Das Selbstverständnis, dass nur derjenige die Gegebenheiten auf der GF beurteilen könne, der auf ihr gefahren sei, haben die Strukturen geschaffen, die zu recht in der Kritik stehen. Ich halte es nicht für einen Zufall, dass die letzten beiden Toten auf der GF Frauen waren.
Wenn man sich die Argumentation der STA Kiel anschaut, fällt es schwer nachzuvollziehen, wie dieses Verfahren eingestellt werden kann. Aber die STA Kiel hat sich auch in den letzten Jahren nicht den Ruf erarbeitet, besonders anklagewütig zu sein, wenn es um Ermittlungsverfahren der Marine geht. Man kennt sich, man hilft sich.
@Tom Weinreich
Mir geht es nicht um die Beurteilung eines hinreichenden Tatverdachtes. Ich wollte wissen woher chickenhawk seine Argumentation nimmt und wodurch er seine persönliche Sicht und die Darstellungen in den hier zitierten Artiikeln möglicherweise untermauern kann. Ich habe eine Frage gestellt. Nicht mehr, nicht weniger. Aber danke für Ihre Interpretation meiner Intentionen.
@chickenhawk
1. Das Sie die von @huey richtigerweise vorgetragenen Punkte (die er sich ja nicht ausgedacht hat) nicht anerkennen wollen, zeugt von anscheinend von Ihrem grundlegenden Willen sich in dieser Angelegenheit einer Diskussion stellen zu wollen.
Im übrigen, Danke für die Nichtbeantwortung meiner 2mal an Sie gestellten Frage.
2.Wieso meinen Sie zu wissen, dass einem Erfahrungen auf seegehenden Einheiten der Deutschen Marine auf der Gorch Fock nichts bringen?
Ich nehme meine, immer noch unbeantwortete, Frage erneut auf und werde etwas deutlicher:
Welche umfassenden Erfahrungen und welche Ausbildungsstufen qualifizieren Sie dazu, sich bezüglich des Dienstes auf seegehenden Einheiten der Deutschen Marine ein Urteil erlauben zu können?
3. Und wie darf ich Ihre Bewertung der Einsätze von Marineeinheiten durch das Verwenden von Anführungszeichen verstehen? Ich bitte um Erläuterung.
Nur damit kein Missverständnis aufkommt: Diese ganze Medienkampagne gegen die Gorch Fock habe immer abgelehnt, ich bin auch dafür, das Schiff weiter für die Ausbildung einzusetzen (mit überarbeitetem Sicherheitskonzept und strafferer Dienstaufsicht über die Stammbesatzung).
Was mich nur aufregt: Eine junge Soldatin stürzt nach kaum mehr als 2 1/2 Stunden am ersten Tag ihrer Ausbildung aus 27 m Höhe in den Tod. Das darf es nicht geben.
Auch, wenn ich diesen Vergleich ungern anstelle-aber in vielen Berufen kommt es (unabhängig davon, ob es der „erste“ oder „letzte“ Arbeitstag ist) zu Unfällen-einige davon mit tödlichem Ausgang.
„Unfälle“ passieren nun einmal (leider).
Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kann man dies nicht verhindern.
Es gilt, eine vernünftige Balance zwischen „fordernder und fördernder Ausbildung“ auf der einen Seite, und einem angemessenen Sicherheitskonzept auf der anderen Seite zu finden.
Bei der Gorch Fock sind die Soldaten beim Auf-und Abentern grundsätzlich IMMER gesichert-bis auf wenige Übergänge, wo dies einfach nicht möglich ist.
An genau diesem Punkt ist die Kadettin auch gestürzt-jetzt kann man sich natürlich fragen „hätte ein weiteres Sicherheitssystem diesen Unfall verhindert-und wenn ja: Wie kann dieses System integriert werden?“
Stattdessen ist es wieder einmal (typisch) Deutsch, erst einmal einen „Sündenbock“ zu suchen-weil es nicht sein darf, das die Kadettin alleine Schuld ist, weil sie unvorbereitet/unqualifiziert oder in sonst einer Weise zur falschen Zeit am falschen Platz war (Achtung: KEIN Vorwurf, sondern nur die Aufzählung von MÖGLICHKEITEN!)…..oder das es schlicht und einfach ein „Unfall“ war..
Wer die Zustände in Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr (egal, ob Hammelburg-Skandal, bei den Gebirgsjägern, auf der Gorch Fock usw.) für „unangemessen und nicht zeitgemäss“ hält, dem empfehle ich DRINGEND, einen Blick in andere Länder zu werfen-in denen die Streitkräfte 1. noch einen großen Rückhalt in der Bevölkerung geniessen, und 2. auch und trotz aller Sicherheit eine fordernde und (im Verhältnis zur Bundeswehr) sehr harte Ausbildung verpflichtend ist-und trotzdem kommt es dort auch immer wieder zu Unfällen…
Ein Land, das seine Soldaten in Einsätze schickt, bei denen sie ihr Leben für den Schutz von Recht und Freiheit des Deutschen Volkes aufs Spiel setzen, schuldet es diesen Soldaten, sie möglichst umfassend auszubilden-und das beinhaltet nun einmal nicht nur den Unterricht in Staatskunde oder interkulturelem Kontakt, sondern auch (riskantere) Ausbildungen, zu denen die Ausbildung auf der GF ein Grundstein ist…
@huey
…“Wer die Zustände in Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr (egal, ob Hammelburg-Skandal, bei den Gebirgsjägern, auf der Gorch Fock usw.) für “unangemessen und nicht zeitgemäss” hält, dem empfehle ich DRINGEND, einen Blick in andere Länder zu werfen“…..
Aber wir sind hier in Deutschland. Die Maßstäbe mit denen wir unsere Truppe beurteilen legt nicht das Ausland fest, sondern das deutsche Gesetzt, das Parlament und die deutsche Bevölkerung.
Trennung!
Ungeachtet dessen muss ich ihnen zustimmen, dass eine harte, umfassende und fordernde Ausbildung wesentlich ist. Auch die typisch deutsche Mentalität, dass immer alle anderen Schuld am Unglück eines anderen Schuld sein müssen, ist meiner Meinung nach ein Unding. Oftmals sind es persönliche Fehler, die ein Unglück entstehen lassen. Material oder Fremdverschulden ist selterner der Fall, als es uns immer vorgegaukelt wird. Die eigene Erfahrung aus der Truppe lehrt mich dieses…
@all
Allen eine gute, knitterfreie Reise ins Pfingstwochenende!
Grüße
NMcM
„Bei der Gorch Fock sind die Soldaten beim Auf-und Abentern grundsätzlich IMMER gesichert-bis auf wenige Übergänge, wo dies einfach nicht möglich ist.“
@huey
Das ist mir neu, wann wurde das eingeführt?
Das kocht ja hoch hier…
@chickenhawk und NMcM:
Marine != Kindergarten. Das gilt insgesamt für die Bundeswehr, für die MArine aber wohl doppelt. Punkt.
Insgesamt, auch im Handel, ist die (Hochsee-)Schifffahrt eine fast reine Männersache. Mit Recht. Nicht nur ist der Raum eng, die Arbeit ist zudem hart. Auf einem Segelschiff sowieso.
Unfälle passieren. Sie sind nie auszuschließen, und die Aufgabe dazu haben auch nicht zu 100% die Ausbilder. Wenn die Kadettin WIRKLICH nicht mehr kann, dann kann sie auch nicht gezwungen werden. Dann ist es ihr Recht und ihre Pflicht, abzuentern und aufzuhören. Und natürlich auch nach HAUSE zu fahren.
WENN man irgendwelchen „Vorgesetzten“ einen Vorwurf machen kann, dann der deutschen Politik und Gesellschaft sowie den höchsten Gerichten: So wertvoll Gleichberechtigung ist, man darf sie nicht erzwingen. NEIN, ich bin kein Feind davon – in meinem Umfeld sind diverse „mehrqualifizierte“ Frauen, promovierend etc. Das ist prima.
Aber: Wenn die körperlichen Anforderungen an Frauen NIEDRIGER sind für gleiche Wertung (Frauen müssen bei den Bundeswehr-Tests wie fürs Deutsche Sportabzeichen weniger laufen, springen, etc um die gleiche „Geeignetheit“ ihrer männlichen Kameraden zu haben!), dann ist das GEFÄHRLICH. Ein Taliban fragt nicht, ob die Frau jetzt schneller oder langsamer in die Deckung rennen kann. Und ein Sturm nicht, ob die Kadettin 1-2-3 oben ist in der Takelage – oder 5 Pausen braucht.
Es gibt Berufe, da ist Gleichberechtigung daneben. Die Frau Kadettin hätte ja (zumal so klein wie sie war…) zur Panzertruppe gehen können, oder Infanterie, oder irgendwas – aber doch nicht zur Marine und auf ein Segelschiff (=Offizierslaufbahn)!!
Jedes Kind kennt doch Geschichten über das Leben auf Segelschiffen früher – und was Sturm und Segel betrifft haben sich NAturgesetze nicht verändert…
@JSG:
Wenn ich Beiträge von geistigen Tieffligern wie Ihnen lese, denke ich auch immer, dass was Fehl am Platz ist. In diesem Fall die Freie Meinungsäusserung!
Kannten Sie Sarah? Im Gegensatz zu Ihnen, kannte ich Sie. Sie war absolut fit und hat mehr Begeisterung und Engagement für die Marine gezeigt als viele andere! Aber das feige „rumhacken“ auf einem Toten ist ja auch einfach – Mit Gegenwehr muss man ja nicht mehr rechnen…
Ihre verklemmte und antiquierte Sichtweise ist das, was unseren Soldaten am meisten zu schaffen macht!
@Rest:
Es war sicherlich ein bedauernswerter Unfall. Auch kann ich damit leben, dass KEINE Anklage eröffnet wurde. Und das es interne Konsequenzen bei der Ausbildung auf der GF haben wird steht nahezu fest. Man scheint also auf Seiten der Marine daraus zu lernen – Und das ist genau das, was jetzt zählt! Und sicherlich auch das was Sarah als Resultat hätte sehen wollen…
@NMcM:
„Aber wir sind hier in Deutschland. Die Maßstäbe mit denen wir unsere Truppe beurteilen legt nicht das Ausland fest, sondern das deutsche Gesetzt, das Parlament und die deutsche Bevölkerung.“
Das Problem bei dieser Herangehensweise, auch wenn Sie formal korrekt ist, ist die Wahl der Maßstäbe. Wenn man sich mit penetranter Gutgläubigkeit den ureigensten Realitäten der „Arbeitsumgebung“ von Streitkräften verweigert, muss man sich zurecht fragen lassen, ob man die richtigen Maßstäbe gewählt hat.
Die meisten Verantwortlichen und „Experten“ und solche die sich für die beiden Erstgenannten halten arbeiten in D scheinbar meist nach dem Prinzip „Was machen wir richtig, was alle anderen falsch machen?“. Hier wäre mal ein von Ideologien unverstellter Reality Check dringend von Nöten.
Man kann sich vom Fernsehsessel oder Parlamentsstuhl viele Dinge schönreden, aber es ist unverantwortlich auf der Basis Soldaten in einen Einsatz zu schicken, der anderen Regeln folgt.
Und in Afghanistan kann man das exemplarisch beobachten. Wer sich Realitäten verweigert, wird von Ihnen bestraft werden. Das Pech der Soldaten ist in dem Fall, das sie sich zwar in aller Regel nicht den Realitäten verweigern, aber die besagte Strafe dafür bekommen. Mit den politischen und gesellschaftlich Verantwortlichen ist es dabei (zu deren Glück) genau umgekehrt.
Insofern ist eine harte und fordernde Ausbildung schon aus Fürsorge unabdingbar, denn der Schwerpunkt im militärischen Einsatz liegt nun mal nicht in der Einhaltung der StVO, Mülltrennung oder der Sicherstellung sozialer Transferleistungen. Auch wenn das der gemeine Bundesbürger vielleicht meinen mag.
@ Patrick
Ihr Kommentar bringt es auf den Punkt.
Strafrechtlich keine Würdigung. Diziplinar sehr wohl !
Und da bekanntlich der Fisch vom Kopf zum Stinken anfängt, ist der Kapitän, der diese Zustände mit den Toppgasten, mit den „Mannschaftsgenerälen“, zuließ, meiner Meinung nach zu Recht vom Kommando abgelöst worden. Damit hat er seine disziplinare Würdigung bereits erhalten. Aufgrund des Abschreckungseffektes werden seine Nachfolger wohl die Freiräume der Toppgasten einschränken.
Überall wo hart und fordernd ausgebildet wird, muss man sehr sorgfältig beobachten, wann man eine Grenze der zumutbaren Belastung überschreitet. Dies ist hier offensichtlich nicht gemacht worden.
Wenn man mit Jetlag und Eingewöhnungsprobleme an Bord bereits am nächsten Tag sehr harte Ausbildung betreibt, dann halte ich dies zumindestens für eine fragwürdige Vorgehensweise.
Ich hoffe dieser Zeitdruck hatte nichts mit dem Lebenstraum des Kapitäns zu tun, einmal mit einem Großsegler Kap Hoorn zu umrunden.
Georg: „Ich hoffe dieser Zeitdruck hatte nichts mit dem Lebenstraum des Kapitäns zu tun, einmal mit einem Großsegler Kap Hoorn zu umrunden.“
Genau das war wohl das Motiv. Dies hat er – wie aus einer Doku des NDR hervorgeht – sogar gegen die ausdrückliche Warnung durchgedrückt. Der Fisch stinkt aber noch viel höher als auf der Ebene Kommandant. Der Marine-Führung war doch über Jahre bekannt, welche Freiheiten die Stamm-Besatzung gegenüber den OAs hatte und fand das gut und richtig. Dies ist Führungsversagen auf höchster Ebene.
@ Tom Weinreich
Dann passt dies ja ins Gesamtbild der Umstände des Unfalles.
Die beste Hintergrundschilderung zum Fall „Gorch Fock“ habe ich hier gefunden:
Causa Gorch Fock – Freiwilliges Aufentern ?
Vielleicht war der Link zu lang.
Ein zweiter Versuch
@Georg
Ein sehr lesenswerter Text. Tatsächlich war der Zeitablauf noch gedrängter. Der Unfall ereignete sich bereits am 7. November 2010, dem ersten Tag der Ausbildung, einem Sonntag, nicht erst am Montag.
Eingetroffen sind die neuen OAs in der Nacht vom 05.11. auf den 06.11. Der 06.11. (Samstag) war der erste Tag an Bord.
Die Ausbildung begann dann offiziell (nach einer kurzen Nacht, auch bedingt durch Verkraften von 4 Stunden Zeitunterschied; hinzu kommt, dass Angehörige der Stammbesatzung am selben Abend laut feierten, ein betrunkener Soldat grölte im Schlafraum der Anwärter und verkündete, er hasse die OAs und wolle sie töten) am folgenden Tag, Sonntag. Der Dienstplan des ersten Ausbildungstages sah dann wie folgt aus:
06:00 Wecken
08:00 Beginn der Einweisung
10:47 Obermaatin Seele verunglückt tödlich