Freundlicher Verbündeter
Nicht nur Angela Merkel bekommt in Washington, D.C., die höchste (zivile) Auszeichnung der USA verliehen. Alle Deutschen dürfen sich sozusagen geschmeichelt fühlen von dem, was das Weiße Haus als Fact Sheet: U.S.-Germany Security Cooperation herausgibt.
Nach Lektüre bin ich sicher: es gibt auf dem Feld der Sicherheitspolitik gar keine Probleme zwischen den USA und Deutschland. Ganz besonders freundlich finde ich die Formulierung: Germany deployed AWACs air crews to Afghanistan in April 2011 to free up other allies to participate in NATO operations in Libya. Ist ja auch irgendwie richtig.
[Den, wie Sie selbst sagen, „Missbrauch“ für OT-Meldungen finde ich nicht so glücklich – aber habe mit den Infos einen neuen Thread gestartet, da gehört es hin. Denke, es ist deshalb ok, wenn es hier nicht zusätzlich als Kommentar erscheint. Danke für den Hinweis! T.W.]
Jenseits aller diplomatischen Sprachzärtlichkeiten ist in den USA jedem, der sich mit Sicherheitsfragen befasst, nicht erst seit gestern klar: In einen Krieg, in welchem man Feinde töten muss, werden die Deutschen nicht mehr ziehen.
Dennoch ist Deutschland als Verbündeter für die USA außerordentlich wichtig, das kommt in den ersten beiden Absätzen des Textes klar zum Ausdruck: Hier befinden sich die wichtigsten Stützpunkte der Amerikaner außerhalb Nordamerikas, hier ist das Aufmarschgebiet für die aktuellen Kriegsschauplätze.
Gerade auf diesen Aspekt sollten deutsche Politiker immer dann hinweisen, wenn unsere Bündnisfähigkeit infrage gestellt wird. Wir können zwar nicht kämpfen (wofür es gute Gründe gibt), aber wir stellen im Rahmen des uns möglichen Ressourcen zur Verfügung.
@chickenhawk
Diese Argumentation habe ich vor ca. zwei Jahrzehnten von einem Kanzler Helmut Kohl gehört…. der beim Thema burden sharing darauf verwies, dass Deutschland sich zwar nicht militärisch engagiere, aber die ganzen Basen ermögliche. Seitdem hat sich allerdings einiges in der weltpolitischen Lage geändert…
@T.Wiegold
Die weltpolitische Lage hat sich seitdem in der Tat grundlegend geändert, nicht aber die Befindlichkeit der Deutschen und damit die Handlungsparameter für deutsche Politiker.
Die Alt-Bischöfin Käßmann meinte vor ein paar Tagen auf dem Evangelischen Kirchentag, man solle für die Taliban beten. Man mag das für naiv halten oder darüber spotten, aber die Symbolkraft ist stark.
Das ist die Mitte der Gesellschaft, die zutiefst pazifistisch eingestellt ist. Dagegen kommt kein deutscher Politiker an, auch nicht die „Atlantiker“ in der CDU.
Bei der Verteilung unverdienter Orden hat der Nobelpreisträger ja Erfahrung. Im Gegenzug wird Deutschland die Scheckbuch-Politik wesentlich verstärken. Ganz aktuell in Libyen. Die Amerikaner sind halt clever.
Insgesamt „typisch“ diplomatisch – jenseits von harten Wahrheiten und Entscheidungen. Auch wenn es hier in den USA Stimmen gibt, die Merkels prophetisches Enthalten aus einem dreckigen, langen Libyen-Konflikt durchaus respektieren, so finde ich persoenlich, dass durch den Staatsbesuch auch eine Chance vertan wurde. Warum hat Frau Merkel keine Grundsatzrede zur deutschen Aussenpolitik gehalten, vor interessiertem und fachkundigem Publikum hier? Das waere doch einmal die Chance gewesen, die deutsche Positionierung zu erklaeren und die pazifistisch-isolationistischen Reflexe einzuordnen.