Frachter einer deutschen Reederei frei – angeblich für 5,7 Mio $
Die Lösegeldsummen, die somalische Piraten für die Freilassung gekaperter Schiffe kassieren, kennen derzeit offensichtlich nur einen Trend: nach oben. Heute wurde der Frachter Susan K von den Piraten freigegeben – das von einer deutschen Reederei betriebene Schiff war am 8. April knapp vor der Küste Omans gekapert worden. Die Piraten erklärten der Nachrichtenagentur Reuters, sie hätten für den Frachter 5,7 Millionen US-Dollar Lösegeld erhalten. Bestätigt wird diese Zahl wie üblich nicht.
Das ist zwar deutlich weniger als die zwölf Millionen US-Dollar, die vor kurzem für einen Supertanker geflossen sein sollen. Andererseits: Im vergangenen Jahr zahlte eine koreanische Reederei noch 9,5 Millionen $ – für den gekaperten Supertanker Samho Dream. Heute liegen schon die Freigabe-Preise für einen vergleichsweise kleinen Frachter über der Fünf-Millionen-Marke.
Traurig. Aber: Schießen.
Nein, keineswegs sind mir Menschenleben egal. Ich war beim Bund und habe geschossen – im Verteidigungsfall dann „echt“ würde ich aber gerne drauf verzichten.
Und ich studiere Jura – aber den Grundsatz „Leben ist weder quantitativ, noch qualitativ abwägbar“ halte ich für abstrusen Murks. Der Schutz eines Lebens (z.B. in einem Flugzeug) kann deshalb den Tod von Tausenden Insassen eines Stadions plus der Flugzeuggeisel bedeuten. Es hilft nichtmal, wenn die Geisel darum bittet, zu schießen, sich also opfern möchte!!
Lange Rede, kurzer Sinn. Wir stehen als sog. Rechtsstaat und demokratisches Land vor schwierigen Entscheidungen. Immer wieder. Nicht immer kann man alle seine Ideale wahren, um sich selbst zu schützen. Das ist nicht Hohn, sondern bittere Realität!
Piraten kann man nicht durch Gutmenschbürgertum von ihrem Pfad abbringen. Die Typen kassieren zwar geringe Anteile, aber mit fünfstelligen Summen ein zigfaches (!!) ihrer sonstigen Jahreseinnahmen. Sie könnten spätestens nach einem Raubzug aufhören – und tun es nicht. Warum? Weil es ihnen nicht bloß ums Überleben geht.
Noch abstoßender finde ich, dass sogar schon Frachter der UNO Ernährungsprogramme gekapert worden sind. Sprich: Voll mit Lebensmitteln. Es wurde aber nicht die Ladung verzehrt – was man noch nachvollziehen könnte -, sondenr die schiffe wurden verkauft. Entlarvender geht es doch nicht, dass es einem KEINESWEGS um Überleben geht, sondern um Kriminalität!
Wir haben U-Boote und Schiffe, Flugzeuge und Helikopter. Auf der weiten See ist es schwer genug, die Kähne zu finden. Wenn man dann eines vor’s Visier bekommt, und das dreht nicht stante pede bei, muss man endlich schießen dürfen.
Leider! Daran hat sich seit dem Alten Rom und schon früher nichts geändert. Personen, die außerhalb der grundlegendsten Rechte agieren, kann man nicht mit friedlichen Mitteln begegnen. Die Amerikaner hätten 1942 auch nicht mit Blumen Europa befrieden können! Und der Frieden ist immerhin der längste aller Zeiten!
Ja der harte Spagat zwischen dem Leben der Geiseln und der „Förderung der Kriminalität“. Also für mich steht außer Frage, dass es sich um kriminelle Gruppen handeln. Selbst wenn dies am Anfang nicht so war, bei diesem einträglichen Geschäft werden sich in einer so kriegszerstörten Region schnell die entsprechenden Personen einmischen.
Eine Ideallösung gibt es sicher nicht, aber ich denke in diesem Fall wird jedes Lösegeld für noch mehr Entführungen sorgen. Den der „Markt“ wird nicht gesättigt sondern zieht aufgrund seiner Lukrativ immer mehr Kriminelle an. Des weiteren können diese sich besser Ausstatten und sind dann noch gefährlicher und können noch riskantere Coups landen. Im Gegensatz zu (asymetrischen) militärischen Konflikten können die Schiffe aber nicht „abziehen“, da sie für den Welthandel wichtig sind. Also wird es eine Spirale der Aufrüstung und Gewalt geben, die durch das viele Geld nur noch weiter angeheizt wird.
Ähnliches Probleme zwischen Handeln oder Nachgeben/Nichthandeln kennt man ja auch aus Afghanistan, wo die Opiumernte jedes Jahr eingeholt wird. Bei uns wird dann mit viel Aufwand gegen die Kriminellen Strukturen gekämpft, die diese Drogen ins Land bringen und sie hier vertreiben.
Die MV Suez wurde nach 10 Monaten für $2,1 Millionen frei gekauft nur um jetzt wohl abzusaufen.
Im Hintergrund gibt es maritimen Streit zwischen Indien und Pakistan die beide mit jeweils einer Fregatte das Schiff schützen sollen/wollen.
Könnte man einen schönen Film von machen …
Wo soll der Trend für die Höhe der Lösegeldforderungen auch hingehen, wenn die existentiellen Risiken für die Piraten und die finanziellen Risiken ihrer Auftraggeber dank ATALANTA und immer neuer Ideen zur Eskalation nach oben schießen? Nichts zu tun ist keine Option für die Schiffahrt, Kriegschiffe und hartes Durchgreifen aber auch nicht. Das ist wie mit dem „Krieg“ gegen Drogen.
Die einzige langfristig tragbare Lösung ist, der Seeräuberei den ökonomischen Boden nachhaltig zu entziehen, nämlich Armut und Anarchie an Land zu beseitigen, illegale Großfischerei fremder Staaten und illegale Müllverklappung vor somalischen Küsten zu unterbinden. Gerichtsfeste Informationen über die wahren Auftraggeber, Informanten, Financiers und Nutznießer im Hintergrund würden mich auch interessieren.
Aber das wäre ja mit echter Arbeit verbunden und würde kurzfristig wirtschaftlichen und politischen Interessen zuwiderlaufen. Geht natürlich gar nicht.
Die Europäer sehen kurzsichtigerweise offenbar nur den Ausweg, den Brand mit Benzin zu löschen. Bleibt nur zu hoffen, dass andere Staaten wie China und Russland das Problem für die von schwermütigen Zweifeln geplagten Europäer, allen voran die Deutschen, lösen werden.