Nachwuchswerbung? Ein paar Ideen…
In den Diskussionen hier im Blog über die derzeitige Nachwuchswerbung der Bundeswehr – vor allem für die Freiwilligen, die bis zu 23 Monate die Uniform anziehen – hatte sich der Kollege vom Bendler-Blog schon mit ein paar Ideen zu Wort gemeldet. Nun ist Sascha Stoltenow nicht nur professioneller PR-Mann, sondern auch früherer Fallschirmjägeroffizier und hat bei OpInfo gearbeitet, also waren seine Überlegungen schon bisschen mehr als nur aus dem Gefühl geborene Formulierungen.Die Haupt-Aussage (oder, wie es neudeutsch heißt, der Claim): Deutschland dienen.
Jetzt gibt es seine Ideen mal optisch umgesetzt, auf dem Bendler-Blog zu sehen, und ich zeige sie gerne hier auch mal:
@ Delta 0219
Mir wird diese Diskussion etwas zu ueberhoeht, deshalb habe ich auch meine Probleme, ihr zu folgen und sie auf die Diskussion der Nachwuchswerbung zu uebertragen. Vielleicht bin ich auch zu pragmatisch oder einfach zu einfach gestrickt …
Die DDR als Beispiel mangelnden Verteidigungswillens der Bevoelkerung anzufuehren … na ja … es waere doch wohl um einiges schlimmer gewesen, haette sich die Bevoelkerung mit diesem Unrechtsstaat weiter identifizieren koennen und der Umsturz waere ausgeblieben. In der DDR war es gut, dass am Ende die fehlende Identifikation zur Aufloesung fuehrte.
Der Ernstfall – man soll nie nie sagen -, aber was und wie koennte denn ein realistisches Szenario fuer den von Ihnen angesprochenen Ernstfall aussehen?
Deutschland ist vernetzt und in einen ziemlich grossen Staatenkomplex eingebunden. Eine solch unglaublich massive Wirtschaftskrise, dass Menschen unter Einsatz ihres Lebens ihr Land verteidigen muessten, halte ich fuer eher unrealistisch. Vorher werden Schutzmechanismen greifen (denn nicht nur Deutschland waere betroffen), koste es, was wolle.
In der Diskussion geht es doch darum, Strategien (und die richtigen Worte, Bilder, Spots) zu finden, Nachwuchs die Bundeswehr schmackhaft zu machen.
Solange wie wir die dilettantische Werbung, die von wichtigen Koepfen in der Bundeswehr abgesegnet und durch angebliche Profis umgesetzt wurde, ertragen muessen – solange es eine politische Fuehrung in der Armee gibt/gab, die von „einem gut bestelltem Haus“ sprach – solange nicht Vernunft und gesunder Menschenverstand die Reform antreiben, sondern z. T. Besitzstandswahrung und interne Verflechtungen – solange brauchen wir nicht von Nationalstolz und Vaterlandsliebe ab Elternhaus zu sprechen, weil sich dann mehr junge Menschen fuer die Bundeswehr begeistern werden koennen. Da gilt es zunaechst, bei anderen elementaren Dingen anzufangen.
Ich moechte gerne Zahlen sehen, wieviele Soldatinnen und Soldaten einen wirklich guten Job in unserer demokratischen Armee machen und wieviele von ihnen das nicht tun, weil sie an erster Stelle nationalstolz und vaterlandslieb sind, sondern weil sie einen guten Arbeitsplatz haben und dennoch NICHTS mit einem landlaeufigen Soeldner gemein haben. So wenige werden das nicht sein.
Nichts gegen Nationalstolz, aber meiner Ansicht nach geht es auch mit deutlich weniger „Werteansatz“ und trotzdem haben wir eine gut arbeitende Bundeswehr (mit Raum fuer Verbesserungen in der pol. und mil. Fuehrungsleistung von oben nach unten).
@SchreckStarr
Was ich in aller Kürze sagen wollte: Wer die BRD nicht besonders verteidigenswert findet, nicht glaubt dass sie durch irgendetwas einmal ernsthaft bedroht werden könnte oder den Begriff des „treuen Dienens“ für eine verdächtige Floskel hält, den gewinnt man möglicherweise durchaus durch die bisherige Werbung mit kostenlosem Studium und weniger mit Appellen an Patriotismus. Was diese „Job wie jeder andere“-Staatsbürger in Uniform dann im Ernstfall wert wären, dürfte jedoch klar sein.
Herr Stoltenows Entwürfe finde ich deshalb sehr Zielgruppengerecht und auch sicherheitspolitisch sinnvoll. Sie scheinen u.a. An die für junge Männer typische Abenteuerlust anzuknüpfen, die schon für so manchen Grund genug war, in die feinddselige Ferne zu ziehen und sich dort nicht fehl am Platze zu fühlen (mich eingeschlossen).
@ Delta 0219
Ich bin auch einer dieser JOB-Staatsbuerger in Uniform, kann Ihnen allerdings versichern, dass ich schon davon ausgehe, im Ernstfall wertvoll zu werden (und im taeglichen Dienst diene ich ebenfalls treu, nicht schlecht, aber auch nicht uebermaessig patriotisch!).
Ok, nicht nur treu, sondern auch kritisch und Don Quixote maessig :)
Es geht wirklich, glauben Sie mir – zum Soeldner fehlt mir einiges.
Sich den veränderten Realitäten zu stellen – zu diesem berechtigen Anliegen gehört in meinen Augen, sich auch bei der Nachwuchsgewinnung von der Verteidigungsfunktion der Bundeswehr zu lösen.
Diese ist gegenwärtig und auf absehbare Zeit gegenstandslos geworden.
Daher sollte bei der Öffentlichkeitsdarstellung der Fokus weniger auf Verteidigung der Heimat gelegt werden und mehr auf die Durchsetzung der nationalen Interessen in der Welt. Genau diese Motivation ist zwingend erforderlich, will man einen schlagkräftigen Interventionismus etablieren.
Dann stellt auch niemand mehr die Frage nach dem „warum auf dem Balken / in Afghanistan / in Afrika?“. Denn dann kann der Truppe und der Bevölkerung offen der Hintergrund einer jeden Intervention kommuniziert werden zusammen mit der Antwort auf die Frage, weswegen nach Abwägung von Für und Wider ein Eingreifen sinnvoll erscheint. Scheinheilige und wenig glaubwürdige Erklärungsversuche sind in diesem Falle nicht mehr erforderlich.
Fest steht: Wir brauchen fähige Leute. Und dazu ist erstmal alles sinniger, als das bisher gelieferte. Allerdings sollten wir uns nicht der Illusion ergeben, eine Medienkampagne wäre das Ende vom Lied. Das Problem der Bundeswehr ist nicht nur das Image (welches leider oft genug bedient wird). Es braucht einen neuen Wind, vernünftige Anreize und gute Rahmenbedingungen. (Ergänzung: Man muss auch reinen Wein einschenken, deshalb ist die Erwähnung der Kernaufgabe einer Armee, das organisierte Ausfechten grässlicher Konflikte, nur seriös.)
Ansonsten springen die guten Leute so oder so wieder ab, oder merken bei der tieferen Recherche, spätestens bald nach Dienstantritt, dass ihr Patriotismus bei der Bundeswehr schon im Frieden stark strapaziert wird. ;)
Was sind denn Dinge, die wir bewerben sollten ? Losgelöst von aktuellen Einsätzen, genug, um den treuen, aufopferungswilligen der „Linie“ zu gewinnen, für Offiziere müssen wir schon etwas mehr in die Trickkiste greifen, da wird das Studium ein Teil bleiben.. Dann mal los : Kameradschaft zum einen, Funktion im Team. Abenteuer, das Außergewöhnliche. Eliten (wie in Dänemark auch mit Besuchstag und Schnupper SpezKr). Fliegen. Fahrzeuge führen. Leben Retten.
Zu den Rahmenbedingungen, es muss eigentlich Training und Action satt geben, wenig Papierkram, das können die Älteren vielleicht mehr machen. Sprich, rund um die Uhr Power… und das gibt es bei anderen Armeen auch.
Ach zu den finanz. ASnreizen : volle Heilfürsorge auch bei ziviler Überweisung (Normalfall in Zukunft), Credits für eigene Ausbildung nach der Bundeswehr oder wie Amerika, für die Kinder…Bachelorstudium etc… also wieder Bildung, damit die Wirtschaft auch nicht meckern kann.
Wird zwar wahrscheinlich nicht mehr gelesen, trotzdem:
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass ich prozentual die besten Leute aus dem Kreis hatte die aus der Wehrpflicht kamen und sich dann verpflichtet haben.
Also eben nicht die Leute die (wegen des Studiums) Offizier werden wollten und auch meist wurden, oder die die von einer Freiwilligenannahmestelle kamen, sondern die die während ihrer Dienstzeit auf den Gedanken kamen „Ey, wäre das was für mich?“
Wenn diese Quelle wegfällt (das Gesetz ist meines Wissens noch nicht durch, oder?) hat die Bundeswehr ein sehr großes Problem, und das liegt nicht nur an fehlenden Bewerbern sondern vor allem daran welche Bewerber das sind.