Piraten kapern Schiff einer deutschen Reederei vor der Küste Omans
Es war nur eine Frage der statistischen Wahrscheinlichkeit: dicht vor der Küste Omans ist heute erneut ein deutsches Frachtschiff gekapert worden. Nach Angaben der EU-Antipirateriemission Atalanta stürmten zehn Piraten den Frachter Susan K 35 Seemeilen vor der omanischen Küste, 200 Seemeilen nordöstlich der Hafenstadt Salalah. Die Seeregion unterhalb der Küste Omans hat sich in den vergangenen Monaten als ein Haupt-Jagdgebiet somalischer Piraten erwiesen.
Der Frachter fährt unter der Flagge von Antigua und Barbuda, wird aber von der deutschen Reederei Nimmrich und Prahm im ostfriesischen Leer bereedert. An Bord sind nach Atalanta-Angaben zehn Besatzungsmitglieder, vier Ukrainer und sechs Filipinos. Die Susan K war auf dem Weg von Port Sudan nach Mumbai.
Wie ein Foto des Frachters zeigt, war er übrigens ein ideales Angriffsziel für Piraten – mit niedrigem Freibord.
Ein „deutsches Frachtschiff“ unter Flagge von Antigua und Barbuda, Besatzung aus Ukraine und Philipinen. Wenn jetzt der Eigner nach deutschen SIcherheitskräften ruft, wird es spaßig!
Wer seine Schiffe ausflaggt sollte sich auch mit Hilfsersuchen zuerst an den Registrierungsstaat wenden.
Laut einem (inzwischen gelöschten) Wikipedia-Artikel gibt es übrigens ein Geisterschiff im Zusammenhang mit der Piraterie, die „Black Norse“.
Ein pechschwarzer kleinerer Tanker, der mitten in der Nacht auftaucht und auf nichts reagiert. Angeblich ein norwegisches Schiff, dessen Besatzung beschlossen hat auf See zu bleiben…
Er ist aber ein gutes Zeichen und soll schonmal ein Piratenmutterschiff durch Rammstoß versenkt haben. :)
Auch wenn es noch so öde ist, immer wieder darauf hinzuweisen: Ein Schiff unter der Flagge von z.B. Antigua und Barbuda, das einem deutschen Eigner gehört, ist mitnichten ein „deutsches Schiff“. Laut Artikel 91 des SRÜ (Seerechtsübereinkommen) wird ein Schiff dem Staat zugerechnet, dessen Flagge es berechtigterweise führen darf. Auf diesem Schiff gilt die Rechtsordnung des Flaggenstaates, und dessen Hoheitsgewalt unterliegt es.
Ich zweifle beim wunderschönen Inselstaat Antigua und Barbuda an der ernsthaften Absicht, die Steuern und Abgaben seiner internationalen Schiffseigner zum Aufbau einer Marine bzw. Coast Guard zu verwenden, die den Sicherheitsbedürfnissen seiner Schiffe und ihrer Besatzungen auf den Weltmeeren gerecht wird.
So langsam müsste doch jeder deutsche Schiffseigner kapiert haben, dass eine deutsche Flagge ihm eine Menge Diskussionen, Ärger und negative Presse ersparen würde. Die Zuständigkeit deutscher Behörden stünde mit dem Flaggenwechsel außer Frage. Und dann müssten die deutschen Behörden sich tatsächlich etwas einfallen lassen.
Oder ist es den Reedereien in Wirklichkeit egal, was da unten passiert, weil sich das Geschäft immer noch rentiert? Was ist mit den Menschen auf diesen Schiffen, sind die den Eignern auch egal?
… und besonders mit SO einer Ladung (wie auf dem Foto). Superyachten an Deck – ideale Angriffs-Schnellboote für die Piraten (falls sie die in Gang kriegen könnten) ;-)
Aber wir wissen ja nicht, was der Frachter geladen hatte. Schade.
Zur Flaggenfrage:
Antigua und Barbuda ist nur der Lappen, der hinten am Flaggenmast weht.
Ansonsten wird das Schiff vermutlich (wie die meisten anderen A&B-Flaggen-Schiffe auch) komplett von Deutschland aus bereedert und gemanagt. Eigner ist Deutscher – meistens eine KG mit diversen Kommanditisten (Geldgebern) – gutsituierte Deutsche Anleger.
Man kann also sehr wohl von einem "deutschen" Schiff sprechen – auch wenn keine Deutschen an Bord sind.
Es muss ja bei der Piraterie-Bekämpfung nicht immer auf die Flagge geschaut werden. Es ist leicht zu sagen: sorry, wir sind nicht zuständig. Aber das Problem ist ja ein internationales, also sollte es auch international bekämpft werden.
Leider tut aber die IMO (die eigentlich zuständige UN-Organisation) gar nichts – außer meetings veranstalten und Presse-Erklärungen veröffentlichen. Traurig, traurig.
@ Janmaat: Das ist nicht so einfach mit dem „Lappen der hinten … weht“. Das SRÜ hat schon eine erhebliche Bedeutung, nämlich den Charakter eines Gesetzes. Da setzen sich weder Deutschland noch andere Rechtsstaaten einfach so drüber hinweg. Und da steht halt drin (s.o.), welche Bedeutung die Flagge und das Recht des Flaggenstaates für ein Schiff hat. Der Blick ins Gesetzbuch erleichtert die Rechtsfindung. Punkt.
Ein anderer Staat als der Flaggenstaat darf erst einmal überhaupt keine hoheitlichen Maßnahmen auf dem Schiff treffen. Im Fall von ATALANTA liegt immerhin ein UNO-Mandat vor, und selbst das ist sachlich und geographisch sehr begrenzt. Und außerdem: Der Flaggenstaat ist sogar verpflichtet, auf der Basis seiner eigenen Rechtsgrundlagen für die Sicherheit „seiner“ Schiffe zu sorgen. Da kann man im Falle des genannten Staates aber noch ein paar Jahrhunderte drauf warten, bei der tollen Marine und Küstenwache die man dort hat!
Ich gehe davon aus, dass das auch der Hausjurist der Reederei weiß. Diese Schiffe werden in vollständiger Kenntnis der Rechtslage (nämlich dass deutsche Behörden gar nicht mehr für Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zuständig sind!) ausgeflaggt.
Wie heißt es so schön: Wer sich in Gefahr begibt kommt darin um. Nur dass solche Schiffseigner nicht ihre eigenen Leben in Gefahr bringen, sondern fremde. Aber wenn dann Piraten das ausgeflaggte Schiff entern, wird es „deutsch“ genannt und nach dem deutschen Staat gebrüllt, der von dem Kahn keinen Cent Steuern gesehen hat. Das ist das alte Lied des Kapitalismus: Gewinne privatisieren, Risiken verstaatlichen.
Jetzt wollte ich auch was über das „deutsche“ Schiff schreiben, kann es mir dank meiner Vorkommentatoren sparen.
Vielen Dank, ich bin auch der ansicht dass dieses Schiff so deutsch ist wie eine Katze die im Fischladen geboren wurde eine Makrele ist,
Werferfehler
@ Yoriki
Schön und gut. Natürlich: „Diese Schiffe werden in vollständiger Kenntnis der Rechtslage … ausgeflaggt.“ Dass er dann keine Hilfe vom deutschen Staat erwarten kann, das weiß jeder Reeder. – Ich übrigens auch. ;-)
Aber ob da nun die A&B Flagge oder Schwarz-Rot-Gold weht, was soll’s, das Schiff wäre sowieso entführt worden. Auch unter deutscher Flagge. Und Hilfe vom deutschen Staat? Begleitschutz durch die Deutsche Marine? – Hätte es auch unter deutscher Flagge nicht gegeben. – Wie denn auch? Dazu hat die Marine „kein Mandat“. Atalanta beschränkt sich dabei nur zu gern auf die WFP Transporte. Und ein entführtes Schiff befreien? Dazu …siehe oben, kein Mandat. Oder wer sollte es sonst machen? Die deutsche Politik streitet ja lieber über Zuständigkeiten, bis es zu spät ist. (siehe Hansa Stavanger).
Nein, auf Unterstützung vom deutschen Staat zum Schutz gegen Piraterie kann der deutsche Reeder lange warten. Wozu sollte er also sein Schiff zurückflaggen? Ich glaube, die Reeder sehen das ganz realistisch. Es ist ja keineswegs so, dass Schiffe unter deutscher Flagge besser gegen Piraterie geschützt sind als unter jeder x-beliebigen anderen Flagge.
Im übrigen bleibt den Reedern sowieso keine andere Wahl als ausgeflaggt zu fahren. Dazu gibt es zwingende wirtschaftliche Gründe. Wenn immer wieder nach „zurück zur deutschen Flagge“ gerufen wird, ist das unrealistisch. Die alten Zeiten, wo deutsche Schiffe unter deutscher Flagge fuhren, mit rein deutscher Besatzung, die sind vorbei, die kommen nicht wieder. Heute funktioniert die Welt nicht mehr so. Globalisierung ist in der Seefahrt schon lange gang und gäbe.
Aber wir weichen vom Thema ab. Eigentlich geht es ja um Schutz vor Piraten. Den Reedern sollte klar sein, dass sie selbst dafür verantwortlich sind. Alle passiven Maßnahmen, Registrierung, BMP, Zitadelle usw, nützen im Ernstfall wenig, wenn nicht zufällig ein Marineschiff in der Nähe ist. Das einzige wirksame Mittel gegen Entführung – speziell auf einem so gefährdeten Schiff wie der SUSAN K – ist zur Zeit immer noch bewaffnetes Begleitpersonal (armed security). – Die SUSAN K hatte offensichtlich keines an Bord. Man fragt sich warum.
Sag ich doch:
Berlin schickt keine Soldaten auf Schiffe
Auch nicht auf „deutsche“ Schiffe.
Tja, aber auch das ist irgendwie nicht nachvollziehbar. Ganz klar, die Schiffseigner haben eine Pflicht zur Eigensicherung ihrer Schiffe. Wenn es sein muss, auch mit bewaffneter Security. Aber für den Fall, dass ein deutsches Schiff trotzdem in internationalen Gewässern in die Hände von Verbrechern fällt, muss der Staat eigentlich reagieren. Im Inland können sich die Behörden schließlich auch nicht aussuchen, ob sie Straftaten aufklären oder Gefahren abwehren wollen oder nicht. Die Position der Bundesregierung ist nach wie vor: „Die Bundespolizei hat die gesetzliche Aufgabe und das rechtliche Instrumentarium, aber nicht die erforderlichen Schiffe/Einheiten. Die Marine hat die richtigen Schiffe, aber nicht das erforderliche rechtliche Instrumentarium.“ Dann wird es eigentlich Zeit dafür, rechtliche Aufgabenstellungen und die erforderlichen Mittel dafür zusammenzuführen. Oder einen Verband aufzubauen, der beides hat.