Israelische Raketenabwehr: Iron Dome im Video
Iron Dome, eiserne Kuppel, heisst das Raketenabwehrsystem, dass die Israelis zum Schutz vor Raketen vor allem aus dem Gaza-Streifen aufgebaut haben. Erstmals hier ein (nicht-militärisches) Video und die Story dazu.
Das System wird sicherlich noch auf viel Interesse stoßen. Außerhalb Israels.
(Das Einbetten des Videos funktioniert leider nicht – bitte direkt unter dem oben stehenden Link anschauen)
Die eigentliche Wirkung palästinensischen Beschusses, nämlich die zeitweilige Lahmlegung des öffentlichen Lebens in den israelischen Räumen an der Grenze zum Gazastreifen (mit beträchlichen wirtschaftlichen Folgen), scheint das System nicht neutralisieren zu können. Im Ernstfall wäre das System zudem wohl überfordert: http://www.haaretz.com/news/haaretz-wikileaks-exclusive/haaretz-wikileaks-exclusive-hezbollah-expected-to-launch-100-missiles-a-day-at-tel-aviv-1.354826
In Afghanistan war meiner Erinnerung nach die beste Lösung für solche Probleme eigene Präsenz an möglichen Abschussorten, gefolgt von Zerschlagung der verantwortlichen Zellen durch Tötung oder Festnahmen. Da die Palästinenser offenbar ihre Raketen größtenteils selbst herstellen, sind sie hier vermutlich noch verwundbarer als Aufständische in Afghanistan. Entsprechende Infrastruktur (Beschaffung, Herstellung, Einsatz etc.) ist ja personengebunden, und nicht alle Personen sind beliebig und unbegrenzt ersetzbar.
Wieso nutzen die Israelis sehr teuere Raketen um sehr billige Raketen abzuschießen? Das sieht ja fast so aus als könnte die Hamas mit ihren Silvesterraketen Israel in den Staatsbankrott schießen. Wäre es da nicht günstiger, sich eine größere Anzahl von MANTIS-ähnlichen C-RAM-Systemem zu bestellen? Nur mal so ganz amateurhaft gefragt..
@Benjamin
Systeme wie Mantis, Skyshield etc. sind für den Nächstbereichsschutz gedacht, z.B. Feldlager. Größere Räume lassen sich mit ihnen aber nicht schützen, es sei denn, man baut sehr viele solcher Systeme auf. So habe ich zumindest die Fla-Diskussion verstanden. Deshalb ist Iron Dome vermutlich auch für Deutschland uninteressant, denn es gibt kein mir bekanntes Szenar für Deutschland oder deutsche Interessen im Ausland(z.B. dort stationierte Bundeswehr), welches dem israelischen ähnelt. Aber es gab ja auch für MEADS schon keinen sicherheitspolitischen Grund bzw. dieser wurde durch fragwürdige Gefälligkeitsgutachten nachgeschoben.
@Orontes: Mittlerweile werden häufig GRAD-Raketen genutzt, die werden im Gegensatz zu den Qassams nicht selber hergestellt. Zumal die Qassams dermaßen simpel sind, dass man dazu nicht mehr als gängige Materialen und ein wenig handwerkliches Geschick braucht. Dementsprechend primitiv sind sie auch.
„In Afghanistan war meiner Erinnerung nach die beste Lösung für solche Probleme eigene Präsenz an möglichen Abschussorten, gefolgt von Zerschlagung der verantwortlichen Zellen durch Tötung oder Festnahmen.“
Erneute Besetzung des Gaza-Streifens? Sicher?
@Benjamin: Jein. Wenn die Israelis die Abschussteams angreifen, dürften der Hamas (und den anderen, kleineren Gruppen erst recht) die Männer ausgehen, bevor den Israelis das Geld ausgeht.
Alles eine Frage der Perspektive,
für Rafael ist diese Lösung eindeutig günstiger…
Apropos „MANTIS“….
müsste das System (wenn ausnahmsweise mal was nach Zeitplan läuft) nicht auch jetzt gerade bei der Bundeswehr gelandet sein?
Und vielleicht ne doofe Frage: Aber „brauch“ man das akut in Afghanistan gerade überhaupt noch? Zumindest in der medialen Aufbereitung war die Gefährdung durch Beschuss der deutschen Camps mit Mörsern u.a. vor längerer Zeit ja mal ein viel größeres Thema hab ich so den Eindruck.
@ Orontes
wenn Ihre Begründung richtig ist – warum verfolgt die Luftwaffe weiter ein „germanisches MEADS“ und will das Heer immer noch SysFla haben.
Ich finde das LeFlaSys ausolut ausreichend für unsere realistischen Einsatzszenarien. Mantis wird nur wieder Logistik (auch ja und Finanzen) fressen.
@Nico
„Erneute Besetzung des Gaza-Streifens? Sicher?“
Soweit ich die israelische Diskussion nachvollziehen kann, ist man sich dort der negativen strategischen Folgen des Rückzugs aus dem Gazastreifen verstärkt bewusst, wobei Präsenz in den Städten jedoch vermutlich mehr Probleme nach sich ziehen als lösen würde. Man scheint aber in Erwägung zu ziehen, wieder stärker in den ländlichen und dörflichen Räumen präsent zu sein, von denen aus die Raketen abgeschossen werden. Welche Entscheidung getroffen wird, hängt dann vermutlich auch von der Intensität der Bedrohung ab. Strategisch betrachtet sind die Raketen momentan ja eher eine Form der Belästigung als eine wirkliche Bedrohung.
Wenn sie aber zum strategischen Problem werden sollten, gibt es nicht viele andere Optionen. Eine Alternative wäre vielleicht noch Artilleriebeschuss, dem jedoch erfahrungsgemäß durch Einsatz von Zeitzündern und Abschuss aus besiedelten Räumen entgegengewirkt wird.
Was die Grad-Raketen angeht: Diese müssen ja zunächt in den Gazastreifen eingeführt werden, was einer Infrastruktur mit einigen Engstellen und Verwundbarkeiten bedarf. Möglicherweise haben die Israelis bei diesem Vorfall eine dieser Verwundbarkeiten angesprochen: http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4053036,00.html
Viele kritisieren das ungünstige Kosten-/Nutzenverhältnis solcher Systeme.
Israel hat hier sein erstes Raketenabwehrsystem entwickelt. Wie bei allen komplexeren Systemen (gerade in Israel bisher üblich) wird man Erfahrungen sammeln und diese in Updates implementieren.
Schließlich werden Systeme dieser Art etwas anders gebaut, vielleicht mit anderen Wirkmitteln, anderen Sensoren. Vielleicht wird das System exportiert. Am Ende wird es immer kostengünstiger. Ich kann nur gratulieren, dass die IDF nun eine weitere Möglichkeit hat, die ja ganz offenbar grundsätzlich funktioniert. Quasi ein weiteres Werkzeug im Kasten. Das ist immer gut.
Eine erneute Besetzung des Gazastreifens wird es nicht geben. Eventuell eine verstärkte Überwachung der üblichen Abschussorte durch die neuen Drohnen, um eventuell die Teams schnell ausschalten zu können, wenn sie feuern.
Die Israelis scheinen auf das neue Abwehrsystem nicht voll zu setzen und ziehen wohl eher Luftangriffe auf den Gazastreifen vor.
„Die Liga der Arabischen Staaten will bei der UNO die Herstellung einer Flugverbotszone über den Gazastreifen fordern, um weitere Schläge der israelischen Fliegerkräfte zu verhindern, teilt AFP unter Berufung auf den Vorsitzenden der Liga, Amr Mussa, mit.“
Fragt sich nur, welche „Koalition der Willigen“ bereit wäre diese durchzusetzen. Vielleicht die Türkei, der Iran und Syrien? ;-)
@RauscheBART | 10. April 2011 – 12:10
Zitat: „Ich finde das LeFlaSys ausolut ausreichend für unsere realistischen Einsatzszenarien. Mantis wird nur wieder Logistik (auch ja und Finanzen) fressen.“
Ist es nicht, weil man mit der Stinger nur bis zu einer Entfernung von ca. 6 km und einer max. Höhe von ca. 3,5 km bekämpfen kann. Die PAC-3-MSE-Lenkwaffen von MEADS haben ungefähr 15-45 km Reichweite und IRIS-T SL-Lenkwaffen von MEADS haben ungefähr 30 km Reichweite.
Zum Vergleich der russische Fla-Raketenkomplex S-400 Triumph kann Ziele bis 400km Entfernung und 50km Höhe bekämpfen. Auch Tarnkappenflugzeuge (Stealth) haben gegen das System keine Chance (ein Exportschlager). Auch Ziele im nahen Weltraum sind damit bekämpfbar. S-500, mit noch größerer Leistungsfähigkeit (für die Weltraumtruppen), ist bereits in Entwicklung.
Wir haben also in der bodengestützten Luftabwehr enormen Nachholebedarf. Da ist es mit ein Paar Kanonen nicht getan. Auch FlaSys ist dagegen, bei aller Berechtigung, nur Spielzeug.
@Stefan,
wer sind denn die Exportkunden für S-400?
Die Bundeswehr wird in Zukunft nur noch für Einsätze der Friedensmacht Deutschland eingesetzt. (Vorausetzung also Waffenstillstand in Konfliktregionen – aktuelles Beispiel Libyen). Willkommen im ClubMed! UK und Frankreich rechnen eh nicht mehr mit uns. Wer benötigt in Deutschland da noch Luftabwehr mit großer Reichweite?
Also die schlechteste Entscheidung ist, die Bandbreite an Fähigkeiten zu reduzieren.
Ich bete es gerne nochmal vor, auch wenn nicht jeder meiner Meinung ist:
Eine Armee ist in erster Linie so etwas wie ein Werkzeugkasten. Deshalb ist ein gewisser Mindestumfang unumgänglich und auch Werkzeuge, die ich nicht immer brauche, gehören dazu. Denn der Moment wird kommen! Eine Verengung der Fähigkeiten kann schwere Folgen haben.
@Niklas | 11. April 2011 – 19:31
Richtig! Und wenn man das fehlende Werkzeug benötigt, dann ist es im Handel nicht vorrätig bzw. der Nachbar möchte nicht helfen.
@RauscheBART | 11. April 2011 – 17:32
Würden Sie die Feuerwehr abschaffen, weil es 3 Wochen nicht gebrannt hat und in der Gemeinde derzeit keine Brandstifter oder Pyromanen auszumachen sind?
Mal so eine ganz beiläufige Frage. Was wollt ihr den mit den S400 vom Himmel pusten, was nicht wieso schon von den Schwärmen von NATO Kampfjets vom Himmel gepustet wurde? ballistische Raketen?
Natürlich kann jede Armee viele Fähigkeiten gebrauchen. So ein Atom U-Boot mit atomaren ballistischen Raketen, ist sicher auch ganz nett. Wie oft können wir sowas gebrauchen? Richtig! Wahrscheinlich nie.
Sind die Ressourcen knapp, macht es deshalb Sinn sich auf die Kernfähigkeiten zu beschränken. Da macht die Einrüstung von Meteor in den Eurofighter mehr Sinn und trägt zur Erhaltung der Lufthoheit wesentlich mehr bei, als ein uminöses super Flugabwehrsystem.
@Bang50 | 11. April 2011 – 21:09
Offenbar weil es so sinnlos ist, versuchen die USA, NATO und EU gerade ein solches „uminöses super Flugabwehrsystem“ gegen den (noch) militärischen Zwerg Iran zu errichten. Der erste Lenkwaffenkreuzer der USA (mit SM-3) kreuzt dafür bereits im Mittelmeer. Der Ostseeraum soll folgen. Dies ist die Vorstufe für ein geplantes bodengestütztes Luftabwehrsystem, da hierfür die technischen Mittel noch nicht verfügbar und in der Entwicklung sind. Die Russen haben diese Mittel bereits mit S-300, S-400 und ab 2014 mit S-500. Wie wichtig derartige bisher im Westen vernachlässigte Systeme sind, hat auch der Anschlag auf das WTC gezeigt.
Zitat: „Wie oft können wir sowas gebrauchen? Richtig! Wahrscheinlich nie.“
Und das aber auch eben „wahrscheinlich nie“ nur, wenn es real vorhanden ist. Das ist der Sinn von Abwehrwaffen. Und wenn wir es brauchen und es ist nicht verfügbar ist, dann ist nicht nur das Geschrei groß. Übrigens, die „Schwärme von NATO Kampfjets“ (der NATO gehen zur Zeit über Libyen diese Kampfjets aus) werden wir zur Verteidigung wahrscheinlich auch nie brauchen, aber eben nur weil sie da sind. Wären sie nicht vorhanden, dann würden wir dies wohl schnell bereuen. Ein Staat der nicht bereit ist eine Armee zu finanzieren, der wird bald eine fremde Armee auf seinem Territorium finanzieren müssen.
Ein militärischer Zwerg ist ein politischer Zwerg, weil dessen Diplomatie nicht ernst genommen wird.
Gerade die deutsche Militärgeschichte ist beispielhaft, warum man sich nicht auf eine luftgestützte Luftverteidigung verlassen kann. Auch wenn Interventionen in lowtech Ländern gerade im Trend liegen, dann sollte man vielleicht trotzdem nicht zu kurzfristig denken.
Das sehe ich genauso. Es geht ja auch nicht darum völlig wahnwitzige Projekte auf Biegen und Brechen durchzuziehen, wie meinetwegen MEADS. Da ist allerdings auch noch ne ganz weite Spanne. Ich denke, der Abbau der Gepard-Verbände ist ein tolles Beispiel. Der Gepard ist ein anderes Fla-Konzept, wie ein flugkörpergestütztes. Soweit komm jeder mit :) Und deshalb wäre sie eigentlich immernoch wertvoll. Raketen können ausgetrickst werden oder zumindest durch viele Maßnahmen immerhin eingeschränkt werden. Außerdem sind sie extrem teuer.
Noch eine weitere Anmerkung: Ob ich jetzt nur 100 Gepard (nur als Beispiel) habe, oder 1.000 ist erstmal egal. Wichtig ist, dass ich Gepard habe und daran übe. Dann kann ich, wenn sich ein zukünftiger Konflikt ankündigt, meine Fähigkeiten ausbauen, anstatt sie komplett neu aufzubauen. Denn das würde nicht gut gelingen.
Gepard ist mangels C-RAM Fähigkeit einfach nicht mehr zeitgemäß.
Da sollte man eher überlegen wie man Skyshield auf Kette bringt, wenn das hochgelobte System dann endlich mal funktioniert.