Zwei Kommissionen, zwei Meinungen

Der Verteidigungsausschuss dürfte heute auch intensiv auf die Gorch Fock und die Vorwürfe und Folgerungen der vergangenen Wochen gucken: Den Abgeordneten liegt seit dem Wochenende der Bericht der Marine-Untersuchungskommission vor, der im Wesentlichen die Vorwürfe gegen die Schiffsführung als nicht haltbar ansieht. Da ist es spannend, dass auch die Mitarbeiter des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus den Marine-Bericht gelesen haben: Eine 1. vorläufige Auswertung (Hervorhebung im Original) des Referats Menschenführung in der Bundeswehr beim Wehrbeauftragten lässt erkennen, dass die Sicht der Marine auf die Vorfälle durchaus kritisch gewürdigt wird.

Das lässt sich vor allem in der Bilanz des achtseitigen Papiers erkennen:

Zusammenfassend lässt die Untersuchungskommission eine kritische Auseinandersetzung mit der Situation der OA, insbesondere im Hinblick auf direkten oder indirekten Druck zum Aufentern, vermissen. Eine Gesamtbetrachtung der einzelnen Vorfälle wie dem bestätigten Fall der Druckausübung durch einen Wachführer und den „fehlerhaften“ Druck durch die Entwürfe der Ablösevorträge wird nicht vorgenommen.

Beim Lesen des Berichts lässt sich zudem der Eindruck nicht vermeiden, dass der Ausbildungsauftrag der Gorch Fock nicht bei jeder Bewertung vollständige Berücksichtigung fand. Eine kritische Auseinandersetzung wie mit dem Offiziernachwuchs der Marine umgegangen wurde, wäre wünschenswert gewesen.

Nun ist mir (noch) nicht klar, ob die Verfasser dieses Papiers, die den Marine-Bericht bewertet haben, auch die selben sind, die zusammen mit der Marine-Komission auf der Gorch Fock waren. Insofern ist es wohl wirklich nur eine vorläufige Auswertung – und nicht die endgültige Stellungnahme des Wehrbeauftragten. Aber da kommt bestimmt noch mehr.

Der Verfasser des Vermerks, weiß ich inzwischen, war im Auftrag des Wehrbeauftragten mit der Kommission der Marine unterwegs. Insofern geht es also nicht um die Fakten-Aufnahme, sondern in der Tat um die Bewertung.

Nachtrag: Der Bericht der Marine und die Bewertung aus dem Haus des Wehrbeauftragten sind heute im Verteidigungsausschuss dann doch nicht debattiert worden. Der Ausschuss nahm den Bericht lediglich zur Kenntnis – weil das Marine-Papier wohl nicht als Bericht der Bundesregierung qualifiziert wurde. Jetzt soll eine Stellungnahme der Bundesregierung einschließlich des – noch nicht vorliegenden – Berichtes der Havarie-Kommission zum tödlichen Unfall der Kadettin abgewartet werden.