Wenn Evakuierung schief geht: niederländische Marines in Libyen gefangen genommen
Wie riskant die (militärische) Evakuierung aus Libyen sein kann, haben die Niederlande jetzt erfahren müssen: Drei niederländische Soldaten wurden bereits am Sonntag nahe der Stadt Sirte gefangen genommen, als sie mit einem Bordhubschrauber der Fregatte Tromp auf libyschem Gebiet landeten. Sie sollen in der Hand von Gaddafi-Loyalisten sein. Zwei Menschen, die sie evakuieren wollten, seien auch festgenommen, später aber frei gelassen worden
Die Berichte dazu sind noch spärlich, wie diese Meldung von Associated Press und die Meldung der FAZ. Der Vorfall zeigt allerdings, dass auch eine schlichte Abholung nicht ohne weiteres funktioniert.
Nachtrag: Ein Video des libyschen Staatsfernsehens, übernommen von einem niederländischen Sender, zeigt den Hubschrauber, Ausrüstung und Bewaffnung und die gefangen genommenen Besatzungsmitglieder. Die Niederländer haben die Gesichter der Crew unkenntnlich gemacht. (Danke für den Leserhinweis)
(Direktlink: http://nos.nl/video/223040-libie-verspreidt-beelden-nederlandse-militairen.html)
Um mal ein wenig zu spekulieren:
Es ist ja durchaus vorstellbar, dass herr gaddafi, jetzt wo gerade dieses ganze flugverbotszonen- und internationales eingreifen thema sprichwörtlich über ihm kreist, das ein oder andere „faustpfand“ als nützlich erachtet.
Die rechtslage is da ja auch etwas uneindeutig. Allerdings wird er sich, soweit er an dieser stelle überhaupt die kontrolle hat, sicherlich überlegen müssen ob die gefangennahme von mitgliedern internationaler streitkräfte nicht erst recht ein eingreifen von ausserhalb provozieren kann. Letztendlich ist hier für die lage der gefangenen Soldaten wohl auch die frage entscheidet ob und wieviel gaddafi noch zu verlieren hat. Möglicherweis ist aber auch, nach anfänglicher geheimhaltung, die bekanntmachung dieses vorfalls bereits das vorzeichen einer lössung.
Dass, „die beiden zivilisten an bord“ später an die botschaft übergeben wurden, wie der spiegel schreibt, kann ja schonmal als positives signal gewertet werden.
Generell fände ich auch interessant welche einsatzregeln für den kontakt mit bewaffneten kräften in lybien an die Soldaten der einzelnen staaten ausgegeben werden die solche evakuierungsoperationen durchführen. Über die genauen umstände der „Fest“-/Gefangennahme ist ja scheinbar noch nicht viel bekannt.
Man kann desweiteren ja nun wohl auch davon ausgehn, dass Gaddafi (vorrübergehend) einen neuen sealynx (oder sogar nh90???) hubschrauber hat…
Kann man nur hoffen, dass die niederländer bald gesund zurück auf ihr schiff kommen und dass sich auch für die menschen in lybien zeitnah alles zum guten wendet auch wenn es im moment noch nicht so aussieht.
Laut der AP war es ein Sea Lynx.
Was mir eher Sorgen bereitet, ist die Aussage der FAZ, dass die Niederländer angegriffen wurden. Klingt nach einem Einsatz von Waffengewalt auf Seiten der Libyer.
Interessant finde ich die Frage, wer hier eigentlich objektiv der Bösewicht ist?
Die 3 ausländischen Militärs, die bewaffnet und (vermutlich) ohne Genehmigung eine Operation auf dem Gebiet eines souveränen Staates durchführen oder die Milizen, die diese 3 Mann dann gefangen nehmen?
Jaja, aber noch vor einigen Tagen waren wir die Hasenfüsse und „die anderen“ viel cooler, weil sie „mit ein paar Männekes“ tausende Menschen gerettet haben… Ist wohl doch nicht so ruhig, wie einige (auch hier) posaunt haben.
@Voodoo:
Du willst doch BMVg und AA nicht als „Verharmloser“ bezeichnen, oder? :-)
Der SAS macht sich übrigens bereit um Gaddafis Vorräte an Senf- und Saringas zu sichern:
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/libya/8355955/Libya-SAS-ready-to-seize-Col-Gaddafis-stores-of-mustard-gas.html
Die Briten hauen ganz schön auf die Pauke…
Oder machen einfach nur Lärm. ;)
Vielleicht sollte man mal im Hinterkopf behalten, dass die bisher zwei Zwischenfälle bei den Evakuierungen auf die Verwendung von Militär zurückzuführen waren: Erst der Beschuss der SAS-Maschine, weil die Opposition sie für eine Militärmaschine Gaddafis hielt. Und jetzt das Festsetzen der niederländischen Soldaten bei gleichzeitiger Freilassung der Zivilisten.
Das hat man halt davon, wenn man Militär als Lückenbüßer einsetzt; erst recht wenn man gleichzeitig vor einem „robusten“ Militäreinsatz zurückschreckt.*
Aber zivile Mittel für Notfallmaßnahmen braucht Europa ja nicht.
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* Die Skepsis gegenüber einer Militärintervention ist ja durchaus nachvollziehbar. Nicht zuletzt wegen der Befürchtung die Situation zu verschlimmern, der Angst die Verantwortung für ein unübersichtliches Chaos zu übernehmen, der selbstverursachten Unfähigkeit zu Stabilisierungsmission (da ressortübergreifend, langwierig und militärisch unsexy).
Nebenbei: Ein netter Artikel über die türkischen Evakuierungserfahrungen erschien Sonntag bei Today’s Zaman.
Ok, „Today’s Zaman“ ist etwas arg grün bzw wolfsartig.
Neo-osmanische Agenda sollte man nicht soo ernst nehmen.
Eine ganz gute Übersicht über die türkischen Evakuierungsbemühungen hat turkishnavy.net.
Und noch der Hinweis auf eine Analyse der libyschen Streitkräfte im Economist: The limpet’s legions.
@ JCR
Ich will gar nicht so tun, als kenne ich mich mit der türkischen Zeitungslandschaft aus.
Aber vor dem Verlinken hab ich dann doch mal kurz bei Wikipedia vorbeigeschaut: Partnerschaft mit The Times, der Regierungspartei gegenüber freundlicher eingestellt als die Hürriyet, angeblich auflagenstärkste englischsprachige Zeitung im Land. Hat zumindest bei mir mal keine Alarmglocken ausgelöst.
Der Artikel selbst ist „unbedenklich“, auch wenn man sich ob der Operationen auf die Schultern klopft.
Die türkischsprachige „Zaman“ Zeitung steht der Fetullah Gülen bewegung nahe, das sind völkisch türkische Islamisten.
Was die Holländer angeht, das sind wohl keine Corps Mariniers, sondern die Besatzung des Bordhubschraubers der HNLMS Tromp plus ihr Hubschrauber.
Ich bin mal gespannt, ob die Holländer im Zweifelsfall auch militärisch intervenieren würden um ihre Soldaten zu befreien, wenn auf dem diplomatischen Wege nix rauskommt.
Jedenfalls wünschen den drei Soldaten, dass sie schnellst möglich wieder freikommen und wohlbehalten heimkehren können.
Man kann sie auch einfach erschießen, das ist völkerrechtlich m.W.n. sogar erlaubt. Schließlich sind sie als bewaffnete Angehörige eines fremden Staates ohne Kriegserklärung oder internationales Mandat in ein souveränes Land eingedrungen und haben versucht zu spionieren und die Bevölkerung mit Drogen zu Ratten zu verwandeln, islamsiche Mädchen zu schänden, den Propheten beleidigt und Schweinefleisch gegessen.
Also mal im Ernst. Vor wenigen Tagen hatten wir das Thema „einzelner SeaKing der Marine auf Rettungstour“. Dort haben wir oft festgestellt, das es mit hohem Risiko behaftet ist, alleine da rumzueiern. Sei es, dass der Vorgel aufgrund eines Defektes rutnerkommt oder jemand ihm dabei hilft.
@ Andreas
Wenn Gaddafis Männer nur halbwegs schlau sind wird jeder an einem anderen Ort untergebracht und von einer anderen Einheit bewacht. Alle drei wird man nicht gleichzeit freischießen oder freikaufen können. Der Verteidigungsminister kann schonmal die Arbeitsannouncen der Lokalzeitung durchblättern.
Weiss einer, was für Zielpersonen da rausgeholt werden sollten?
Also…ich hätte die Koninklijke Marine für etwas smarter gehalten. Ohne zusätzliche Sicherung durch einen zweiten Chopper (woher auch immer…) eine Solo-„hit-and- run“-EvakOp zu starten…geht gar nicht. Insbesondere nicht bei einer durch und durch unübersichtlichen Lage.
Nachher ist man immer schlauer als vorher – aber in diesem Fall hätte vorausdenkende Schlauheit (und das Befolgen fundamentaler Einsatztaktiken) dieses „Nachher“ ersparen können.
Everything goes…sometimes deeply in the trousers. *Waldorf & Statler mode off*
„Chopper“ sind das was die Hells Angels reiten, oder womit Gemüse geschnitten wird. ;-)
@dallisfaction | 03. März 2011 – 10:36
Zitat: „Interessant finde ich die Frage, wer hier eigentlich objektiv der Bösewicht ist?
Die 3 ausländischen Militärs, die bewaffnet und (vermutlich) ohne Genehmigung eine Operation auf dem Gebiet eines souveränen Staates durchführen oder die Milizen, die diese 3 Mann dann gefangen nehmen?“
Völkerrechtlich ist eindeutig das ausländische Militär bzw. der verantwortliche Staat der Bösewicht. Die einzige Instanz die eine derartige Verletzung der staatlichen Souveränität legitimieren könnte ist der UN-Sicherheitsrat. Dieser lehnt einen Militäreinsatz jedoch bis heute ab. Eigentlich ein Fall für den internationalen Gerichtshof. Darum evakuieren die Russen, die Chinesen, die Türken und viele andere Staaten ihre Bürger ausschließlich und erfolgreich auf zivilen Wegen in Abstimmung mit den noch legitimen und anerkannten Machthabern in Libyen und setzten Flüchtlinge und Soldaten nicht verantwortungslos unnötigen Gefahren aus. Wer die Einhaltung internationaler Regeln einfordert, der sollte diese zu allererst selbst einhalten. Nordafrika ist nicht der wilde Westen. Die gefangenen Soldaten haben nun nicht einmal die Rechte von Kriegsgefangenen. Die Gaddafibande kann sie wie gewöhnliche Verbrecher behandeln.
Da haben sie sich wirklich in eine ungeschickte Lage gebracht. Ich vermute nicht, dass Gaddafi ihnen etwas antun wird, dazu halte ich ihn (trotz seiner durchgeknallten Auftritte in der letzter Zeit) für einen zu abgebrühten Machtpolitiker. Aber als Pfand um ins Exil (Weißrussland?) ohne die Gefahr einer Anklage im Ausland zu kommen taugen sie sicher.
@ Stefan
Genau. Sie werden sie jetzt vor ein Gericht stellen, zum Tode verurteilen und die Vollstreckung als politischen Faustpfand benutzen.
@ Stefan | 03. März 2011 – 17:30
Ihre Sichtweise ist m.E. unzutreffend. Ich denke (ohne Experte zu sein), dass Evakuierungen von eigenen Staatsbuergern aus Notlagen durch das Voelkergewohnheitsrecht gedeckt sein sollten. In der voelkerrechtlichen Debatte gibt es anscheinend verschiedene Denkschulen, vgl. fuer einen Ueberblick:
http://www.ghum.kuleuven.ac.be/ggs/nieuw/publications/working%20papers/new_series/wp17.pdf
Ich mach mir Sorgen um die Niederländer. Einfach grundsätzlich, nicht weil ich erwarte, dass sie hingerichtet werden oder so. Eine Gefangenschaft in einem solchen Land ist schlicht un ergreifend scheiße.
Einige Kommentare gehen ja in die Richtung „ja, die 3 Soldaten sind ja unlegitime Eindringlinge in einen souveränen Staat… blabla“. Was soll das? Sind wir hier vor Gericht oder was? Seit wann werden Diktatoren demokratisch fundierte Rechte zugesprochen?
Ich bin da lieber parteiisch, auch wenn hier gleich wieder Mutter Theresa hinterm Busch hervorspringt. Hoffentlich werden die Jungs freigelassen… Oder zur Not befreit! Vielleicht ist das sogar möglich.
@UP | 03. März 2011 – 19:28
Zitat: „Ihre Sichtweise ist m.E. unzutreffend. Ich denke (ohne Experte zu sein), dass Evakuierungen von eigenen Staatsbuergern aus Notlagen durch das Voelkergewohnheitsrecht gedeckt sein sollten. In der voelkerrechtlichen Debatte gibt es anscheinend verschiedene Denkschulen, vgl. fuer einen Ueberblick:“
Das Völkerrecht ist klar definiert, von Staaten unterzeichnet, daran können „Denkschulen“ einseitig nichts ändern. Es sei denn, diese Staaten ändern es vertraglich einvernehmlich. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Darum nicht relevant. Militärische Evakuierungen von eigenen Staatsbürgern aus Notlagen sind durch das Voelkergewohnheitsrecht nicht gedeckt und offensichtlich auch nicht notwendig. Diese werden derzeit von unzähligen Staaten ungehindert in Absprache mit den Machthabern sehr erfolgreich zivil durchgeführt. Allerdings aber eben nicht militärisch. Nur darum geht es. Das Völkerrecht kann nicht einseitig von westlichen „Denkschulen“ nach belieben umgeschrieben werden.
Deutschland hat sich gegen eine mögliche militärische Intervention in Libyen ausgesprochen.
http://de.rian.ru/politics/20110303/258484835.html
@UP | 03. März 2011 – 19:28
Zitat: “Ihre Sichtweise ist m.E. unzutreffend. Ich denke (ohne Experte zu sein), dass Evakuierungen von eigenen Staatsbuergern aus Notlagen durch das Voelkergewohnheitsrecht gedeckt sein sollten. In der voelkerrechtlichen Debatte gibt es anscheinend verschiedene Denkschulen, vgl. fuer einen Ueberblick:”
Das Völkerrecht ist klar definiert, von Staaten unterzeichnet, daran können “Denkschulen” einseitig nichts ändern. Es sei denn, diese Staaten ändern es vertraglich einvernehmlich. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Darum nicht relevant. Militärische Evakuierungen von eigenen Staatsbürgern aus Notlagen sind durch das Völkergewohnheitsrecht (Was immer dies auch sein mag? Ich hoffe Sie meinen nicht die Verstöße gegen das vertregliche Völkerrecht.) nicht gedeckt und offensichtlich auch nicht notwendig. Diese werden derzeit von unzähligen Staaten ungehindert in Absprache mit den Machthabern sehr erfolgreich rein zivil durchgeführt. Allerdings aber eben nicht militärisch. Nur darum geht es. Das Völkerrecht kann nicht einseitig von westlichen “Denkschulen” nach belieben umgeschrieben werden.
Deutschland hat sich gegen eine mögliche militärische Intervention in Libyen ausgesprochen.
http://de.rian.ru/politics/20110303/258484835.html
Ich warte nicht gern auf Freigaben, aufgrund von zitierten Links. Darum habe ich diesen einfach gelöscht.
@Niklas | 03. März 2011 – 19:34
Zitat: „Ich mach mir Sorgen um die Niederländer. Einfach grundsätzlich, nicht weil ich erwarte, dass sie hingerichtet werden oder so. Eine Gefangenschaft in einem solchen Land ist schlicht un ergreifend scheiße.“
Richtig, darum sollte man sich auch nicht völkerrechtswidrig dort hin begeben. Der Schlüssel bleibt der UN-Sicherheitsrat. Alles ohne dessen Segen ist hier ein Verbrechen und gehört vor den internationalen Gerichtshof.
@Janus | 03. März 2011 – 19:18
Zitat: „Da haben sie sich wirklich in eine ungeschickte Lage gebracht. Ich vermute nicht, dass Gaddafi ihnen etwas antun wird, dazu halte ich ihn (trotz seiner durchgeknallten Auftritte in der letzter Zeit) für einen zu abgebrühten Machtpolitiker. Aber als Pfand um ins Exil (Weißrussland?) ohne die Gefahr einer Anklage im Ausland zu kommen taugen sie sicher.“
Eine Quelle aus dem „Reich des Bösen“
Geheimgespräche Gaddafis mit den USA
http://german.irib.ir/nachrichten/politik/item/121526-geheimgespr%C3%A4che-gaddafis-mit-den-usa/milit%C3%A4roption-gegen-erfolgreiche-ausreise
Kann eine Ente sein. Passt aber irgendwie.
@Stefan
Das Völkerrecht ist klar definiert, von Staaten unterzeichnet, daran können “Denkschulen” einseitig nichts ändern.
Wenn dem so wäre wurden die Gesetze noch auf Tontafeln stehen ;-)
Recht ist immer eine Interpretationsache, warum meinen Sie gibt es Heerscharen von ebediesen Anwälten ?
Ohja der Zeitungsartikel der iranischen passt doch oder ?
Natürlich möchte auch ich, dass die niederländischen Soldaten schnell und wohlbehalten freikommen.
Aber ihr Schicksal wirft auch ein Licht auf die rechtliche Situation – und die scheint leider nicht Pro-Niederlande zu sein. Das wird man wohl noch ansprechen dürfen, oder?
Es gibt nunmehr ein bei NOS eingestelltes Video. Zu sehen sind die gefangenen Besatzung, der Heli, Ausrüstung und Bewaffnung, …:
http://nos.nl/video/223040-libie-verspreidt-beelden-nederlandse-militairen.html
@Tom
Auf dem Video ist erkennbar, was gestern abend schon kursierte: Damit ist auch eine niederländische Soldatin festgenommen worden.
Sehen Sie sich das Video bei ca. Sekunde 50 mal genau an. Ich bin der Meinung, mindestens eine unkenntlich gemachte Person ist eine Frau!!
Die links neben der mit der Uniform sitzenden Person mit dem Tischtuch um den Hals ist auch eine, vermutlich eine zur Bewachung abgestellte Libyerin.
Der Hubschrauber steht übrigends direkt am Meeresstrand.
Sind die mitten in einer Menschenmenge gelandet?
@Rado
Äh, ja. genau das habe ich in dem direkt vorangegangenen Kommentar geschrieben ;-)
@Rado:
Über die niederländische Soldatin ist seit gestern spekuliert worden (s.o.) und das Video ist da auch recht deutlich (siehe Beitrag von T.W. von 04. März 2011 – 8:44 [edit: und nun auch von 10:23]).
Die zivil gekleidete Frau wird -in Anbetracht von Haarfarbe, Erscheinung, Auftreten, .. und weil sie von NOS verpixelt wurde- wohl eine der beiden zu rettenden Zivilisten sein. Diese ist aber mittlerweile aus Libyen ausgereist.
Na schöne Sch…!
Wird ja immer schlimmer und irgendwie auch dämlicher die Geschichte. Wenn die allerdings gelandet sind und dann kommt nen Jeep mit der 12,7 sMG oder der allseitsbeliebten Vierlingsflak drauf, dann würde ich den Plastikheli auch stehen lassen und mich ergeben.
Ich möchte nicht in der Haut derjenigen stecken, die den Befehl dazu gegeben haben und sehen, wie das ganze Unternehmen den Bach runtergeht und zur strategischen Krise aufwächst.
T.Wiegold | 04. März 2011 – 10:23
Stimmt, habe die Kommentare ob der Euphorie über meine Entdeckung übersprungen.
War nicht sehr sorgfältig.
@Stefan
„Das Völkerrecht ist klar definiert, von Staaten unterzeichnet, daran können “Denkschulen” einseitig nichts ändern. Es sei denn, diese Staaten ändern es vertraglich einvernehmlich….Nur darum geht es. Das Völkerrecht kann nicht einseitig von westlichen “Denkschulen” nach belieben umgeschrieben werden.“
Staaten steht es frei, aus für sie hinderlichen Abkommen auszutreten, Ratifizierungen zurückzuziehen etc. Statt dessen tut auch unsere Regierung so, als hätten das größtenteils veraltete und von unseren Gegnern ohnehin ignorierte Völkerrecht quasi religiösen Status. Was die ethische Ebene angeht, so schuldet Deutschland einem Staat wie Libyen, der auf deutschem Boden Terroranschläge durchgeführt hat und dessen Agenten an der Tötung mehrerer deutscher Zivilisten beteiligt waren, nichts.
@T. Wiegold
„Auf dem Video ist erkennbar, was gestern abend schon kursierte: Damit ist auch eine niederländische Soldatin festgenommen worden.“
Wenn z.B. britische (männliche) Soldaten nach Gefangennahme auf dem afrikanischen Kontinent vergewaltigt wurden, löste dies in der Vergangenheit keine größere Diskussion aus und hatte auch keine politischen Konsequenzen. Wer unserer politischen Führung vertraut und glaubt, dass Männer und Frauen in ihren gesellschaftlichen Rollen gleich seien und daher unterschiedslos in Streitkräften dienen sollten, muss nun davon ausgehen, dass eine eventuelle Mißhandlung der Soldatin in Gefangenschaft ebenso indifferent aufgenommen werden wird. Mal sehen, ob Antidiskriminierungsideologie, Frauenrechte und Gender Mainstreaming schon bei Kämpfern nordafrikanischer Stämme angekommen sind.
Ich bitte darum, diese Bemerkung nicht als zynisch zu bewerten. Für zynisch halte ich jene Ideologen, die Frauen um jeden Preis zu Soldaten machen wollen. Es sind ja nie die Ideologen, welche die Konsequenzen solcher Entscheidungen tragen müssen.
@Orontes | 04. März 2011 – 11:39
Zitat: „Staaten steht es frei, aus für sie hinderlichen Abkommen auszutreten, Ratifizierungen zurückzuziehen etc.“
Richtig. Nur hat der Westen dies nicht getan und ist damit daran gebunden. Täte er dies, dann könnte er die Einhaltung dieser Abkommen nicht mehr von der Gegenseite einfordern. Gelte allein das Recht des Stärkeren, dann ständen die NL mit Sicherheit nicht an der Spitze der Nahrungskette. Und Taiwan wäre längst ein Teil der VR China usw.. Wir tun gut daran, internationales Recht einzuhalten. Schon aus Verantwortung gegenüber unseren Soldaten.
„In Washington heißt es, das Pentagon sei “wenig begeistert” von einem Eingreifen und vor dem US-Senat hatte der Kommandeur des U.S. Central Command, General James Mattis, die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen als “Herausforderung” bezeichnet.“
„Obschon nach US-Auffassung die Durchsetzung eines Flugverbotes über Libyen “kriegerische Akte” erforderten, …“
“Was Frankreich angeht, glauben wir nicht, dass eine militärische Intervention der NATO am Südrand des Mittelmeeres gut aufgenommen werden würde. Sie wäre kontraproduktiv.“
„Deutschland forderte in der Frage einer Flugverbotszone Zurückhaltung.“
http://de.euronews.net/2011/03/04/planung-fuer-flugverbotszone-ueber-libyen/
@Stefan
„Nur hat der Westen dies nicht getan und ist damit daran gebunden. Täte er dies, dann könnte er die Einhaltung dieser Abkommen nicht mehr von der Gegenseite einfordern. Gelte allein das Recht des Stärkeren, dann ständen die NL mit Sicherheit nicht an der Spitze der Nahrungskette. Und Taiwan wäre längst ein Teil der VR China usw.. Wir tun gut daran, internationales Recht einzuhalten. Schon aus Verantwortung gegenüber unseren Soldaten.“
Was können wir denn von der Gegenseite einfordern? Dieses Argument habe ich bezüglich Afghanistan bereits viele Male gehört. Und trotz strengster Einhaltung des Völkerrechts in Maximalauslegung durch die Bundeswehr ignorieren die Aufständischen das Völkerrecht weiterhin. Zum Schutz deutscher Soldaten trägt unter diesem Umständen u.a. der Verzicht auf Verwendung von völkerrechtlich festgelegten Schutzzeichen wie dem Roten Kreuz bei.
Was Taiwan angeht, so ist dieses gerade deshalb unabhängig, weil das Recht des Stärkeren ungebrochen gültig ist. Wenn sich irgendwann in den kommenden Jahren die Kräfteverhältnisse im Ostpazifik zugunsten der VR China gewandelt haben, wird den Taiwanesen das Völkerrecht ebensowenig helfen wie den Tibetern.
Was Libyen angeht, so hat dieser Staat in jüngster Vergangenheit mehrfach europäische Zivilisten als Geiseln genommen, um außenpolitische Ziele durchzusetzen. An das Völkerrecht hielte sich stets nur die betroffenen europäischen Staaten, ohne dass dies von libyscher Seite positiv beantwortet wurde.
Jetzt mach ich mir ganz besondere Sorgen um die Soldatin!
Mal im Ernst. Die Menschenrechtsreligion / Völkerrechtsreligion hat nicht so viele Anhänger auf der Welt, wie man es gerne hätte. Und Männer aus gewissen Teilen der Welt nehmen sich sehr oft, was ihnen nach ihrer Meinung zusteht. Ich hoffe, dass Madame nichts passiert.
Auf die vereinten Nationen zu warten ist vertane Liebesmüh. Der Menschenrechtsrat ist eine Lachnummer in sich, der Sicherheitsrat ein ziemlich nutzloser Klub. Wer mir ohne nachzuschlagen ein positives Ergebnis des Sicherheitsrates präsentieren kann, der kriegt ein Bier. ^^ Nicht falsch verstehen. Wir leben hier in Europa und wir haben halbwegs vernünftige und teils sogar universelle Werte (für alle Völker dieser Welt? Da streikt die Realität), die absolut klasse sind. Aber wir sollten nicht den Fehler machen und uns selber die Hände abschlagen. Brauchen wir ja auch nicht. Es gibt keine unsichtbare Macht, die verbietet, seine Bürger aus einer untergehenden Diktatur zu retten.Eventuell müssen dann auch gewisse Ideale überdacht werden, da man sonst die eigene Integrität beschädigt oder sich schlichtweg lächerlich macht.
@ Stefan | 04. März 2011 – 3:33
„Das Völkerrecht ist klar definiert, von Staaten unterzeichnet, daran können “Denkschulen” einseitig nichts ändern. Es sei denn, diese Staaten ändern es vertraglich einvernehmlich. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Darum nicht relevant.“
Das ist nicht zutreffend; ich kann Sie da nur auf die relevante Wikipedia Seite (http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkerrecht#Quellen_des_V.C3.B6lkerrechts) oder jedes Ueberblickswerk zum Voelkerrecht verweisen. Sie scheinen Voelkerrecht mit Voelkervertragsrecht zu verwechseln. Aus einer Lektuere des relevanten Materials sollte m.E. klar werden, dass sich bewaffnete Evakuierungen der eigenen Staastbuerger voelkerrechtlich rechtfertigen lassen (wenn man auch kontraere Argumente finden kann).
Man sollte nicht annehmen, dass die Entscheidungstraeger in Berlin/ London/ Den Haag leichtfertig das Voelkerrecht ignorieren. In Sachen China waere es interessant zu wissen, wie hoch der Anteil an ehemaligem oder noch aktivem staatlichen Sicherheitspersonal/ Militaer an den in Libyen taetigen Chinesen ist.
Es bleibt auf eine sichere Rueckkehr der Niederlaender zu hoffen.
@UP | 04. März 2011 – 19:05
Zitat: „@ Stefan | 04. März 2011 – 3:33
“Das Völkerrecht ist klar definiert, von Staaten unterzeichnet, daran können “Denkschulen” einseitig nichts ändern. Es sei denn, diese Staaten ändern es vertraglich einvernehmlich. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Darum nicht relevant.”
Das ist nicht zutreffend; …“
Nun, wenn dem so ist, dann brauchen sich Gaddafi und andere Diktatoren auch nicht daran halten. Die werden sich freuen. Der internationale Gerichtshof wäre überflüssig. Auf welcher Grundlage sollte er dann noch urteilen? Oder?
@Stefan
„Nun, wenn dem so ist, dann brauchen sich Gaddafi und andere Diktatoren auch nicht daran halten. Die werden sich freuen. Der internationale Gerichtshof wäre überflüssig. “
Ihnen ist vielleicht schon aufgefallen, dass benannte Personen sich bereits nicht an das Völkerrecht bzw. wesentliche Teile davon halten, ohne dass sie dadurch irgendwelche Nachteile erfahren. Wieso können die das, wenn das Völkerrecht doch angeblich so absolute Geltung hat?
Das Völkerrecht ist im wesentlichen ja gar kein „Recht“, sondern eine Ansammlung mangels Exekutive nicht durchsetzbarer Absichtserklärungen.
Und der internationale Gerichtshof kann nichts an den Zuständen in Libyen und anderswo ändern, weshalb er in der Tat überflüssig ist. Würden die VN morgen aufgelöst, würde dies politisch in der Welt praktisch keinen Unterschied machen.
Das Völkerrecht bzw. das, was daraus in der öffentlichen Diskussion gemacht wird, halte ich für eine säkularisierte Religion, an die vollkommen überzogene weltliche Erlösungserwartungen gestellt werden. Gerade in Deutschland hegen manche zudem die neurotische Hoffnung, die eigene Nation in einer fiktiven Weltgesellschaft auflösen zu können. Anders kann ich mir den naiven Glauben an das Völkerrecht nicht erklären.
Die Welt hat sich aber seit Thukydides nicht geändet. Die Starken tun weiterhin, was sie können, und die Schwachen ertragen, was sie müssen. Keine Fiktion von „Recht“ ändert etwas daran.
So laßt uns hoffen, daß das Recht auch Kraft verleiht (A. Lincoln) – und im Übrigen: Halte Dein Pulver trocken, für alle Fälle! (Steiner)
@Steiner
Lincolns Spruch ist nur PR. Politiker tun gerne so, als gewännen sie ihre Kraft aus „universellen Werten“, „Recht“ oder anderen hehren Dingen. In Wahrheit entsteht Recht nur durch Macht. Ein funktionierendes Völkerrecht würde eine funktionierende globale Exekutive und Judikative voraussetzen, also die Weltherrschaft eines Akteurs. Dessen sind sich die wenigsten Völkerrechtsenthusiasten bewusst.
@ Stefan | 04. März 2011 – 20:34
„Nun, wenn dem so ist, dann brauchen sich Gaddafi und andere Diktatoren auch nicht daran halten. Die werden sich freuen. Der internationale Gerichtshof wäre überflüssig. Auf welcher Grundlage sollte er dann noch urteilen? Oder?“
Nein und das ist auch nicht der Punkt. Es geht hier einzig und allein darum, dass Ihre Position dass „Völkerrechtlich .. eindeutig das ausländische Militär bzw. der verantwortliche Staat der Bösewicht [ist]“ so nicht haltbar ist. Bewaffnete Evakuierungen der eigenen Staatsbuerger aus Krisengebieten moegen teilw. voelkerrechtlich umstritten sein, aber sie sind bei Weitem nicht „voelkerrechtswidrig“.
Und um es nochmals zu sagen: Voelkerrecht speist sich aus aus Vertrags- und Gewohnheitsrecht sowie allgemeinen Rechtsgrundsaetzen. Es ist haeufig weder „klar definiert“ noch „von Staaten unterzeichnet“. Wozu braeuchte es denn ansonsten noch den IGH oder das Streitschlichtungsgremium der WTO um die relevanten Faelle zu interpretieren?
Dies macht das Voelkerrecht jedoch nicht weniger wichtig fuer die Unterhaltung zwischenstaatlicher Beziehungen.
@ Orontes
Jetzt argumentieren sie aber unsauber. Um es grob zu vereinfachen: Das Völkerrecht ist ein System von Normen zwischen Staaten. Und das Gros der Staaten hat ein sehr starkes Interesse an diesen Normen, weswegen sie auch ohne Weltpolizei gestützt werden.
Nicht dass das System perfekt wäre (siehe Kosovo, Irak, Georgien). Wenn man die Kosten in Kauf nimmt läßt es sich beugen, und nicht für jedes Land wird sich gleich eingesetzt.
Aber es funktioniert so gut, dass es für konventionelle Truppen in konventionellen Kriegen kaum noch was zu tun gibt.
Frieden und Sicherheit schafft man nicht durch den größten Knüppel, sondern durch das begründete Vertrauen nicht angegriffen zu werden (KSZE > atomares Gleichgewicht).
Da dann Querverbindungen zu innerstaatlichen Konflikten zu ziehen ist dann doch etwas an der Sache vorbei. Die sind ein kaum abgesprochenes „Novum“, von wegen „Responsibility to protect“, „Internationaler Gerichtshof“ etc. Tatsächlich steht hier ja sogar das Völkerrecht, welches ja vor allem die Souveränität schützt, oft einem gemeinsamen Eingreifen im Weg.
Um mal grade bei Gadaffi zu bleiben: Es hat eben seine Gründe, warum der sich „nur“ auf Terrorismus beschränkt hat. Und auch sonst „nur“ in seinem Land die Sau rausläßt – gegen Krankenschwestern, gegen seine Bevölkerung, gegen holländische Piloten. Oder was wäre wohl los, wenn er gegen Kairo maschieren würde?
Die Argumentation „Irgendwelche Auständischen schiessen auf Hubschrauber mit rotem Kreuz, deswegen funktioniert das Völkerrecht nicht“ ist gelinde gesagt eine Luftnummer, weil sie eben Zwischenstaatliches und Innerstaatliches munter in einen Topf wirft.
@Orontes
Am Ende wird über dem Kapitel Völkerrecht die Überschrift stehen „Wir haben’s immerhin versucht..“, fürchte ich. Aber dennoch denke ich, es ist den Versuch wert. Juristen neigen allerdings nach meiner Erfahrung zu der Ansicht, daß die bloße Existenz eines Gesetzes einem bestehenden Übel bereits ein Ende bereite. Daß dies zumindest fraglich ist belegt die WBO, deren erster Vorläufer bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in Kraft trat und jedem (preussischen) Soldaten das nämliche Recht zur Beschwerde „frühestens nach Ablauf einer Nacht“ usw. einräumte. Rechtslage und Praxis liegen oft genauso weit auseinander wie Recht und Gerechtigkeit. Aber das liegt vermutlich an meiner verkürzten Perspektive als Normalverbraucher :-)
Zukünftig wird sich das Völkerrecht wohl in der Tat mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie seine Regeln im irregulären Konflikt durchgesetzt werden können.
Diplomatische Intervention:
Sie haben alle Recht. Das Völkerrecht ist in der Tat eine große Errungenschaft.
Wie aber so ziemlich alle Dinge auf der Welt hat es aber auch seine Schwächen und die bekommen wir momentan in Libyen vor Augen geführt.
Orontes hat auch Recht, wenn er sagt, dass Recht ist, was Macht befiehlt. Das ist leider in der Praxis so. Deshalb ist das Völkerrecht (wenn wir sagen, dass es ein vernünftiger Konsens für alle ist) ja für die meisten Staaten ein hohes Gut. Völlig unstrittig.
Ich denke im Fall Libyen funktioniert es aber nicht so. Und dieser Fall wird uns auch indirekt noch tangieren.
All jenen, die völkerrechtliche friedenserhaltende und -stifftende Vereinbarungen/Organisationen ad acta legen oder zumindest dehnen wollen, sei in Erinnerung gerufen, wann solche Verträge und Organisationen entstanden sind: Jeweils unmittelbar nachdem die Menschheit die Folgen schrecklicher Kriegsführung erleiden musste.
Ich habe jedenfalls keinen Bock, mal wieder alte Vorgehensweisen (Auge um Auge, das Recht des Stärkeren, der Zweck heiligt die Mittel, nur der eine Ausnahmefall, …) auszuprobieren und an den Folgen zu leiden, nur damit unsere Enkel sich mal wieder auf eine friedlicher Zukunft einigen.
*Nein, dies ist keine Friedensromantik. Kriege sind schmutzig, gehören jedoch leider zum Leben dazu. Aber man darf dabei auch mal auf seine (Ur-)Großväter hören.*
http://www.rnw.nl/english/bulletin/libyan-tv-dutch-helicopter-a-spy-mission
Niederländische Soldaten der Spionage bezichtigt
http://www.focus.de/politik/schlagzeilen/nid_66050.html
Nach neuesten Meldungen sind 8 Soldaten der britischen SAS von den Rebellen gefangen genommen worden
Hier auch bei SPON: http://bit.ly/e9IM54
Diplomaten bzw. ihr Sicherungspersonal als Geiseln zu nehmen erinnert an Ereignisse im Iran 1979 und ist ein sehr schlechter Start für die libysche Aufstandsbewegung. Überhaupt könnte sich die linksliberale Euphorie über die angeblichen arabischen Freiheitsbewegungen bald als Ausdruck von Wunschdenken herausstellen.