Bundeswehr nach Japan? Nicht ohne Anfrage
Die Bundesregierung reagiert erst mal zurückhaltend auf den Vorschlag des Grünen-Verteidigungsexperten Omid Nouripour, Spezialisten der Bundeswehr zur Bekämpfung der Atomkatastrophe nach Japan zu schicken. Deutschland werde auf Hilfeersuchen der japanischen Regierung reagieren, aber keine Hilfe aufdrängen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Stefan Paris, heute in Berlin. Es ist nicht die Zeit, dass wir uns überschlagen mit Angeboten.
Aber natürlich, das sagte Paris auch, prüft die Bundeswehr schon längst intern, ob und wie sie auf eine eventuelle Anfrage aus Tokio reagieren könnte. Das bewege sich im Bereich des ABC-Schutzes, sagte der Sprecher nur, ohne da auf Einzelheiten eingehen zu wollen. Nouripour hatte vor allem den Spürpanzer Fuchs und den Truppenentgiftungsplatz 90 (TEP 90) ins Gespräch gebracht.
Bislang hat die japanische Regierung die EU um materielle Unterstützung unter anderem mit Decken und Trinkwasser gebeten. Das werde, sagt das Auswärtige Amt, jetzt auf EU-Ebene koordiniert.
Unterm Strich: ausgeschlossen ist es also nicht, das ABC-Spezialisten der Bundeswehr Richtung Japan in Marsch gesetzt werden. Natürlich ist so was immer eine Frage der Anforderung.
Die 7. U.S.-Flotte hat übrigens die Übersicht über ihre Hilfsaktivitäten für Japan aktualisiert (auf Facebook…): http://www.facebook.com/note.php?note_id=10150158329023615&comments
Nachtrag: eine noch etwas detailliertere Übersicht hat der Bloggerkollege von informationdissemination.net zusammengestellt: Operation Tomodachi Update
Und noch ein Nachtrag: Der japanische Premierminister hat nun auch einen englischsprachigen Twitter-Account gestartet: http://twitter.com/jpn_pmo
Ich frag mich ja auch, was das auch bringen sollte, außer dass die Bundeswehr sagen kann, dass sie mal wieder dabei war.
Schon jetzt sind die Bedingungen so schädlich, dass nur eine Notbesatzung von 50 Mann noch auf dem Gelände ist. Reaktortechnik ist glaub nicht gerade der Schwerpunkt der deutschen ABC-Truppe – anders als bei den Technikern der 55 japanischen Kernkraftwerke.
Wenn es um militärische Kapazitäten geht, dann haben die USA bereits 35.000 Soldaten vor Ort. Dazu gehört auch der Stützpunkt der 7. Flotte, die immerhin einen nuklearen Flugzeugträger enthält.
Vielleicht am Rande interessant: Das US-Militär war bereits beim Löschen des ersten Brandes in Reaktorgebäude 4 beteiligt (siehe etwa hier).
Was es von deutscher Seite wohl eher bräuchte wäre angesichts des Ausmaßes der Katastrophe wohl allgemeine Katastrophenhilfe (Notunterkünfte, Wasserversorgung, …). Nur ist Katastrophenhilfe im Ausland glaub kein Themengebiet, für das sich der deutsche Staat allzu verantwortlich fühlt.
Die Mitteilung der 7. US-Flotte interpretiere ich so, dass die USN Hochdruck-Wasserpumpen liefert, die in Fukushima die Kernbrennstäbe abkühlen sollen:
„High-pressure water pumps were offloaded from USNS Safeguard in Yokosuka last night and delivered to Yokota Air Force Base for further transfer to the Government of Japan for employment at the Fukushima power plant. Four additional pumps were delivered from Sasebo this afternoon.“
Nachtrag: Die Pacific Fleet und die 7. US-Flotte informieren auch auf Twitter:
http://twitter.com/pacificfleet bzw. http://twitter.com/US7thFleet
@J.R. | 16. März 2011 – 15:00
Zitat: „Ich frag mich ja auch, was das auch bringen sollte, außer dass die Bundeswehr sagen kann, dass sie mal wieder dabei war.“
Realitätsnahe Ausbildung für die ABC-Truppe und Erfahrungen für die Verantwortlichen zur Bewältigung ähnlicher Situationen in Deutschland.
Um mal nur etwas fies zu sein: Und was hat das mit der Bundeswehr zu tun? ;)
Nicht dass die Verantwortlichkeit besonders klar wären, zwischen Bund („Zivilschutz“; insb. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe samt THW) und den im Wesentlichen zuständigen Ländern („Katastrophenschutz“). Aber die Bundeswehr ist ganz klar nicht zuständig.
(Anmerkung am Rande: Interessant ist ja der Vermerk auf der Wikipedia-Seite zum Katastrophenschutz, Abschnitt „Zuständigkeiten – Bei einem nuklearen Katastrophenfall“: Der Bund hat im nuklearen Notfallschutz bei der unmittelbaren Gefahrenabwehr, zu denen die Evakuierung als eine mögliche Maßnahme gehört, keine Zuständigkeiten. )
Und die „ABC-Truppe“ in Deutschland stellt dann auch nicht die Bundeswehr (mit auf dem Papier 120 Spürpanzern Fuchs) sondern die Organisationen im Katastrophenschutz. Das ist dann oft ganz profan die örtliche Feuerwehr, teils mit vom Bund finanzierter Ausrüstung (wie beispielsweise den 370 vom Bund finanzierten „ABC-Erkundungskraftwagen“).
Ist halt mal wieder nicht so interessant. Kreisfeuerwehr wirkt erstmal nicht „Elite“. Und wenn man für 2 Mio. € gleich 10 zivile LKWs mit Dekontaminations-Ausstattung kriegt, dann kann das ja nix sein. Und dann sehen die auch noch so aus wie stinknormale Laster und Vans. Was kommt als nächstes? Diskussionen über Zuständigkeiten und Logistik? ;)
Und noch ein kleiner Nachtrag, ohne ein Freund der deutschen Kernindustrie zu sein:
An der Stelle sollte man auch mal auf den Kerntechnischen Hilfsdienst (GmbH) verweisen.
Zum Thema MilEvakOp vs. zivile Evakuierung: Auch aus Japan (wie zuvor als Libyen) wurde eine vierstellige Zahl deutscher Staatsbürger ganz ohne staatliche Unterstützung evakuiert.
http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/die-retter-aus-dem-albtraum-460305/
Ist ihnen schon mal in den Sinn gekommen, das ein TEP auch in Tokyo aufgebaut werden könnte, um bei entsprechenden Szenarien zu unterstützen? Oder ein (oder mehr) FLaz, um die angeschlagene Gesundheits-/ Verletztenversorgung zu stützen?
Das was sie so tapfer von Wikipedia zitieren bezieht sich auf den Notfall IN Deutschland, nicht außerhalb seiner Grenzen. Und ich glaube nicht, das regional geplante Kräfte ausser THW und Bw vom Bund einfach so nach Japan geschickt werden könnten, wenn eine Anfrage aufschlägt. Aber sie sind ja gefangen im „bashen“, wie man neudeutsch so schön sagt. Machen sie ruhig mal weiter mit ihrem gefährlichen Halbwissen :-)
@ Voodoo
Ist ihnen schonmal in den Sinn gekommen, dass sich der Text auf die Punkte „realitätsnahe ABC-Ausbildung“ und „Erfahrung für die Verantwortlichen“ von Stefan bezogen haben könnte? ;)
Wie sie ja anscheinend selbst anerkennen spielt die Bundeswehr bei der ABC-Abwehr in Deutschland eine Nebenrolle, sie zum „Training“ nach Japan zu schicken nutzt also recht wenig.
Zum Nutzen in Japan:
Was soll die Bundeswehr dort? Was kann sie wirklich besser als Japaner oder US-Streitkräfte vor Ort oder die zivilen Katastrophenhilfe-Netzwerke?
Um mal von der Seite des Roten Kreuzes zu zitieren: Das Japanische Rote Kreuz ist mit mehr als 55.000 hauptberuflichen Mitarbeitern und über 2 Millionen freiwillig Tätigen eine der stärksten nationalen Rotkreuz-Gesellschaften der Welt. Im gesamten Land verfügt die Gesellschaft über 488 Notfallteams. Besteht da für ein BW-Lazarett überhaupt die Nachfrage?
Bringt es wirklich was einen TEP 90 hinzuverfrachten? Da wiegt einer dann zwar 32t, aber dafür ist man dann auch gegen Minen geschützt. Immerhin kostet so ein Fahrzeug ja 1,2 Mio. €, da will man den auch mal einsetzen.
Aber wieviel Dekontaminationsausrüstung und Feuerwehrleute könnte man stattdessen einfliegen?
Da stellt sich bei aller Hilfsbereitschaft halt wirklich die Frage, was die Bundeswehr hat, was es anderswo nicht schneller und billiger gibt.
Ist die Bundeswehr wirklich schneller mobilisiert?
Und ganz allgemein, langfristig stellt sich die Frage, warum die Bundeswehr als Katastrophen-Helfer?
Klar, die Bundeswehr hat zwei „Stärken“:
– Ungenutzte Manpower
– Eine Hierarchie der man „mal schnell“ Befehle erteilen kann
Aber ist es wirklich im Besten Interesse Deutschlands, sich einen Pool überteuerter, unterbeschäftigter Ersatz-Katastrophenhelfern vorzuhalten? Oder würde man die Stellen/Mittel nicht effektiver für das Mobilisieren/Vorhalten entsprechender Experten aufwenden?
Ist das Profil „Soldat und Notfallhelfer-Reservist“ wirklich effektiver als das Profil „Notfallhelfer und Soldaten-Reservist“?
Meine Herren, ich finde die Diskussion über zivile vs. militärische Fähigkeiten, Nutzen, Kosten des Katastrophenschutzes durchaus interessant und würde mich freuen, wenn wir auch die ohne persönliches Beharken hier weiterführen könnten…
Dann gehen wir doch mal in den Annalen der Katastrophenhilfe durch die Bundeswehr zurück und erinnern uns an Banda Aceh – da war mal heilfroh, das ein FLaz geschickt und betrieben wurde, weil man mit den „Folgeschäden“ und Akutbehandlungen nicht mehr klargekommen ist. Es war weitgehend autark (was auch der Sinn eines FLaz ist) von der angeschlagenen Infrastruktur und leistungsfähig. Ich darf sie daran erinnern, das der IRK oder JRK zwar eine riesengroße Organisation ist und Millionen Mitarbeiter hat, sich aber IMMENS auf vorhandene Infrastruktur abstützt – ist die nicht mehr da, verteilt man Zelte und Decken und operiert unter freiem Himmel. DAS ist also z.B. etwas, was alleinig die Bw bieten kann, auch im NATO-Rahmen.
Nebenbei erwähnt gelten deutsche ABC-Abwehreinheiten NATO-weit als führend auf ihrem Bereich und verfügen über Mittel, von denen auch die Amerikaner nur träumen (die fahren im übrigen auch FUCHS, weil es nichts besseres gibt). Lassen sie es mich mal spitz formulieren – einen Feuerwehrmann können sie nicht ohne seine Zustimmung in Gebiete schicken, die schon verstrahlt sind oder es werden könnten, eine Einheit der Bw mit TEP 90 und sei es nur um zu unterstützen dagegen schon.
Wenn man jahrzehntelang die Überquerung der Rhein – Main Linie als größte menschliche Naturkatastrophe ausgelegt hat, dann fällt es einem nicht leicht Einsätze und Szenarien ohne Waffengewalt, auch wenn sie durch verteidigungspolitische Richtlinien vorgesehen sind, zu befürworten. Die Möglichkeiten, welche solche Einsätze weltweit bieten, sind dabei jedoch nicht zu unterschätzen. Das große Vorbild USA, auf welches gerne verwiesen bzw. abgewälzt wird, denn die werden es schon richten, schafft diesen Spagat zwischen Krisenintervention und Katastrophenhilfe. Welche Rolle Deutschland mit seinen Streitkräften außerhalb der nationalen Grenzen und in Friedenszeiten im Binnenland spielt wird, fast schon täglich, neu definiert. Das Eingreifen eines (beherzten) Politikers, diplomatische Zugeständnisse oder oftmals Unwissen gepaart mit völlig abwegigen Lagebeurteilungen lässt die Bundeswehr von einem Einsatz in den nächsten torkeln.
Dabei zu sein, wenn auch nur als direkter Vermittler, Experte oder Beobachter ist um ein hundertfaches Zielführender als am Schreibtisch Stabsübungen durchexerzieren.
Die militärische Katastrophenhilfe ist in „worst case“ Szenarien entscheidend. Nur sie kann, ggf. auch mit Waffengewalt (siehe Haiti), eine Region so weit stabilisieren, dass zivile Hilfsorganisationen längerfristig zum Einsatz kommen können.
Die Bundeswehr ist leider keine Ersatzkatastrophenhelfer-Vereinigung, aber scheinbar kann man den Amerikanischen GI in diese Rolle einordnen. Dann lieber Ersatzkatastrophenhelfer!
Die Marine scheint berreits einen Einsatz zu Planen. Junge noch in der Grundausbildung befindliche Soldaten,mußten am 16.03 kurzfristig eine mehrtägige Übung abbrechen und in Ihre Heimatkaseren zurück. Ihnen wurde hierzu mitgeteilt, Sie würden nähres am Donnerstag den 17.03 an Ihrem Standort nähre Informationen erhalten, bekämen kurz die gelegenheit, Ihre Angehörigen telefonisch in Kentniss zustetzn, das Sie ungehend auf einen Auslandsaufenthalt Vorberreitet werden um dann ca anfang Mai nach Japan zu fahren. Werden wir die Angehörigen unsere Kinder denn bis dahin überhaupt noch zu sehen bekommen?? Warum spricht die Politik von Spezialisten der Bundeswehr wenn Wehrdienstleisten direkt im anschluß an Ihre Grundausbild zu einem solchen Einsatz komandiert werden sollen??? Spezialist nach 3-4Wochen ausbildung?
@Japanneindanke und @all
Das kommt mir recht merkwürdig vor – weiss jemand Näheres darüber? Einen Einsatz für Anfang Mai (!) jetzt vorzusehen klingt irgendwie komisch.
@Japanneindanke: GWDL nach Japan. Ja sicher.
@J.R. | 16. März 2011 – 21:18
Zitat: „Um mal nur etwas fies zu sein: Und was hat das mit der Bundeswehr zu tun? ;)
Nicht dass die Verantwortlichkeit besonders klar wären, zwischen Bund (“Zivilschutz”; insb. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe samt THW) und den im Wesentlichen zuständigen Ländern (“Katastrophenschutz”). Aber die Bundeswehr ist ganz klar nicht zuständig.“
Richtig, sie ist nicht zuständig. Das sind aber die japanischen Streitkräfte ebenso wenig. Jedoch geht es offenbar nicht ohne sie. Das wäre in Deutschland nicht anders. Bei einem Atom-GAU spielen Zuständigkeiten sicher keine Rolle mehr. Zudem wäre der militärische Ausbildungseffekt für die ABC-Truppe nicht zu unterschätzen und sie könnte dabei gleichzeitig wertvolle Hilfe leisten.
@ Stefan
Ganz Ihrer Meinung! Das ist einer unserer größten Probleme die wir im verbeamteten Deutschland haben. Nicht zuständig sein! Als Dienstleister für das Volk – schon gar nicht….Zuständigkeit ist ein(zwei)deutig geregelt…Totschlagargument!
Mein Gott. Dass so ein Thema die Leute wieder so aufwühlen kann ^^
Japan hat ganz klar Kapazitätprobleme im Bezug auf die Hilfe für die Überlebenden. Da geht es doch nichtmal um die Behandlung der Reaktoren. Ein THW-Team ist ja offenbar schon vor Ort, kann aber auch großes Rad drehen. Die Aussage, man wolle seine Hilfe nicht aufdrängen ist mit Verlaub… Milde gesagt unterirdisch.
Es gehört sich irgendwo einfach, da die Probleme ja ganz offensichtlich sind. Des Weiteren würden Japaner vermutlich niemals um Hilfe bitte, auch wenn es stark angemessen wäre. Deutschland verfügt, auch bei der Bundeswehr, über hervorragende Ausrüstung und auch Kapazitäten. Katastrophenhilfe ist eine der erklärten Nebenaufgaben der Bundeswehr. Was gibt es da schon zu meckern? Auch wenn es sekundäre Maßnahmen sind.
Übrigens sind die innerdeutschen Vorbereitungen bezüglich nuklearen Unfällen und anderen schnell auftretenden Großlagen zum heulen, wodurch wir immer auf Hilfe von außen angewiesen wären. Soviel dazu.
@ Voodoo
Ihre gesamte Argumentation ist auf die Angebotsseite der Bundeswehr ausgerichtet. Sinngemäß „Was hat die Bundeswehr, was man brauchen könnte“. Dieser Tunnelblick ist wenn’s um die Aufgaben der Bundeswehr geht ja ziemlich typisch.
Wenn mann nur lange genug sucht wird man für die Bundeswehr auch was finden. Und sei es nur weil Soldaten über 2 Arme, Funkgeräte und einen Fahrbaren Untersatz verfügen.
Nur geht diese Herangehensweise schlicht am wesentlichen vorbei:
– Was sind die Probleme die sich aus der Katastrophe ergeben?
– Wo kriegt man Expertise und Mittel zum Beseitigen dieser Probleme her?
(Und am besten löst man das bevor die Katastrophe eintritt)
Wenn man aus der Richtung an die Sache herangeht, dann gibt es für die Bundeswehr nicht viel zu tun. Und gleichzeitig werden recht große Fähigkeitenlücken der Bundesrepublik sichtbar.
Nur weil man für die Bundeswehr bei Katastrophen was zu tun findet, heißt das noch lange nicht, dass man dort die Expertise findet um Katastrophen zu bewältigen.
Um die Expertise mal grob in drei Kategorien einzuteilen:
– Profis (Hauptberufler)
– Reservisten (Geschulte Kräfte die in Notfällen einspringen)
– Amateure (Keine Vorkenntnisse)
Dann leistet sich Deutschland Soldaten-Profis, Medizin-Profis aber nur Katastrophenschutz-Reservisten. Bei einem Hauptberuflichen-Anteil von 4% bei der Feuerwehr und 2% beim THW kann man das glaub so nennen.
Das ist ersteinmal unheimlich kosteneffizient. Sehr Pi mal Daumen: Ein Aktiver beim THW kostet den Steuerzahler 5.000€ im Jahr, eine Stelle bei der Bundeswehr 100.000€ im Jahr.
Und diese geringen Kosten erlauben letztlich Expertise in der Fläche. Das hat aber, das haben Sie ja angesprochen, den Haken, dass auch wenn die Expertise ziemlich gut ist, die nicht reibungslos für Einsätze im Ausland zur Verfügung steht, erst recht sofort und/oder über längere Zeit. (Das ist bei der Soldaten-Reserve ja auch nicht besser.)
Nur kriegt man diese Expertise auch nicht, indem man den nächstbesten Staatsbediensteten dafür abstellt.
Der Afghanistan-Soldat ersetzt nicht den Reaktor-Techniker und umgekehrt. (Nicht dass es nicht versucht wird…)
Und selbst bei ähnlichen Tätigkeitsfeldern zahlt man letztlich drauf:
– Mit fehlender Expertise: Trauma-Ärzte sind eben meist keine Seuchen-Spezialisten, Notunterkünfte stellen andere Anforderungen als Feldlager und die ABC-Schutztruppe sind keine Reaktortechniker
– Durch die Auslegung aufg den Kriegseinsatz ist das Gerät oft überteuert und unpassend: Ein TEP 90 (2 Mio. €?)ist zwar toll gepanzert und minensicher, aber kaum schnell in Katastrophengebiete verlegbar, und kostet soviel wie 10 normale Dekontaminations-LKWs. Ein Fuchs (2 Mio. € plus Nachrüstungen?) ist gepanzert. Aber letztlich auch nur eine Meßstelle. Man kann damit auch nicht in Kraftwerksräume oder bei der Störfallbekämpfung eingreifen. Gibt es militärische Transporthubschrauber, die weniger als das Doppelte eines zivilen Äquivalents kosten?
Wenn die Bundeswehr in Katastrophenfällen eingesetzt wird, dann zeigt das vor allem eins: Dass Deutschland es mal wieder versäumt hat sich auf einen Notfall vorzubereiten, und jetzt die Bundeswehr mit mehr oder weniger viel Improvisation „Handlungsfähigkeit“ demonstrieren soll.
Das ist ja das „Schöne“ an Einsätzen im Ausland: Es fragt daheim kaum wer nach Ergebnissen. Warum Katastrophenhilfe finanzieren, wenn die Bundeswehr mit dem Ausladen von ein paar Generatoren aus einer angemieteten Antonov auch für Schlagzeilen sorgen kann?
Letztlich läuft es mal wieder auf die Frage hinaus: Will man was bewirken oder nur dabei sein?
2 Arme und Beine, EIN KOPF, ein Funkgerät und ein Fahrzeug, genau das war es, womit die Bundeswehr bei der Waldbrandkatastrophe in der Lüneburger Heide den entscheidenden Beitrag leistete: indem damit das Führungschaos beim zivilen Katatrophenschutz beendet wurde.
Diese Fähigkeiten werden seitdem auch ebendort durchaus geschätzt.
Allerdings können wir ruhig etwas Dampf aus der Diskussion nehmen. Auch die zivilen Kapazitäten sind allenthalben im Zerfall begriffen. Mein Sohn hat vor kurzem das THW verlassen. Von den 19 jungen Männern, mit denen er in der THW-Jugend zusammen diente, haben 15 den Dienst quittiert, nachdem die Wehrpflicht abgeschafft wurde. Mittlerweile ist der OV froh, wenn für die Ausbildung 1 KFZ betankt werden kann. Von einem Mitarbeiter weiß ich um die Situation bei vielen frw. Feuerwehren, denen die Klasse CE-Fahrer ausgehen (weil keiner mehr beim „Bund“ Führerschein auf Staatskosten machen kann). Wird also wohl nix mit dem dabei sein.
Tunnelblick nennen sie also den Hinweis auf Banda Aceh… Ah ja. Und jetzt wissen sie auch schon, was man für Ärzte auf Hilfsmissionen mitschicken kann / könnte… na dann bleibt mir ja nur noch, ihnen zu ihrer Weitsicht zu gratulieren und mich aus dieser Diskussion zu verabschieden – das wird mir nämlich zu blöd und Herr Wiegold hatte ja darum gebeten, nicht persönlich zu werden :-)
Die Diskussion entwickelt sich in eine völlig falsche Richtung! Der Soldat als Atomphysiker – lächerlich!
„Der Afghanistan-Soldat ersetzt nicht den Reaktor-Techniker und umgekehrt.“
Mir wurden die Augen geöffnet…. Eine Kosten-Nutzen-Analyse zu den beiden angesprochenen Herren vielleicht noch in der Hinterhand?! ;)
Die Bundeswehr und hiermit ihre Soldaten als robuste Handlungsfaktoren in einer durch verschiedene äußere Einflüsse lebensbedrohlichen Situation.
Bezug zu Japan:
Schwerpunkt hierbei sollte die schnelle Hilfe für die Erdbebenopfer (welche diese ja auch dringend benötigen) sein und nicht die Führung in der Kommandozentrale des Kernkraftwerks zu übernehmen. Das in diesem Fall allein schon die Versorgung der Überlebenden der Katastrophe bedeuten könnte, dass der Helfer sich mit Radioaktivität auseinandersetzen muss und sich ggf. nicht auf örtliche Infrastruktur abstützen kann, erübrigt den Einsatz des THW.
Dass bei einer Verschlechterung der Lage flexibel einsetzbare Dekontaminationseinsrichtungen zur Verfügung stehen müssen, welche ggf. auch bei Massenpanik bzw. instabiler werdender Sicherheitslage einsetzbar sind, ist Fakt und kann nicht durch einen ziviles Unternehmen / bzw. ehrenamtliche Helfer sichergestellt werden.
Die Argumentationskette beruhend auf Systemkosten ist dabei schlichtweg falsch.
Beispiel: Der TEP 90 besteht dabei aus mehreren Modulen welche durch ein Trägerfahrzeug (Minen- und ballistischer Schutz der Fahrerkabine) verbracht werden (können). Die Leistungsfähigkeit dieses Systems ist um ein vielfaches! höher als das eines „normalen Dekontaminations-LKW“. Dieser Vergleich (auf Füchse im Kernkraftwerk und Transporthubschraubervergleiche gehe ich schon gar nicht ein, sonst schreibe ich mir die Finger wund) hinkt, aber gewaltig. Ein Glück das ABC-Schutzbelüftungsanlagen nicht unter den Prüfstand kamen. ;)
Abschließend noch eine Anmerkung: Raus aus der Führungszelle in der Sternwarte und runter auf die Straße. Eine Zugriffsoperation auf die Kommandozentrale im Reaktorblock durch die Bw ist völlig unzweckmäßig, da bin ich ganz Ihrer Meinung, das war es dann aber auch schon. Weltweit, jederzeit, einsatzbereit und das „tailored to mission“, egal ob in Buxtehude oder der Präfektur Miyagi und immer dann, wenn andere „zuständige“ Stellen versagen oder schlimmer noch nicht mehr existieren, gerade bei einer befreundeten Nation wie den Japanern.
Sonst -> http://www.youtube.com/watch?v=Za5m4lf6MpU