MEADS ohne Amis

Das dürfte ein schwerer Schlag für das amerikanisch-deutsch-italienische Raketenabwehrsystem MEADS sein: Die USA wollen die Finanzierung des milliardenteuren Waffensystems nur bis zur vertraglich vereinbarten ersten Teilentwicklung 2013 mitmachen, dann aber aussteigen. In erster Linie hat es damit zu tun, dass selbst das Pentagon sparen muss – allerdings, wie Reuters aus Washington berichtet, auch mit der U.S.-Bewertung der Leistungsfähigkeit des Programms: The Pentagon said it remained concerned about the overall track record of the program and might ordinarily have canceled it. But Hale noted that continuing development of the program until 2013 would avoid costly termination fees and benefit the partner nations on the program.

An dem geplanten Medium Extended Air Defense System beteiligen sich die USA mit 58 Prozent, Deutschland mit 25 und Italien mit 17 Prozent. Ob die beiden europäischen Länder das Programm ohne den Hauptpartner stemmen können? Ist eine interessante, angesichts der Haushaltszwänge vielleicht eher rhetorische Frage.

Die europäische MBDA, der Hauptauftragnehmer auf europäischer Seite, macht allerdings noch tapfer in Zuversicht:

Position der MBDA – Deutschland zur Entscheidung der USA, die weitere Zusammenarbeit im transatlantischen Programm MEADS bis auf weiteres auf den Abschluss der Entwicklungsphase 2013 zu begrenzen.

1.Die USA halten am trinationalen MoU zur Entwicklung des Luftverteidigungssystems MEADS fest. D.h. die Entwicklungsarbeiten werden bis 2013 – wie vertraglich vereinbart – fortgeführt und gemäß den Festlegungen der drei Nationen (auf der Ebene der NAMEADSMA) bis dahin entsprechend inhaltlich gestaltet. Dafür stehen noch erhebliche Mittel (ca. 1 Mrd. €) zur Verfügung.

2.Ziel ist es, dass mit dem trinationalen Entwicklungsabschluss 2013 durch zwei Testschüsse mit einem „Proof of Concept“ die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass danach die Entwicklungsarbeiten auf nationaler (deutscher) oder bilateraler (deutsch-italienischer) Ebene bis zur Fertigentwicklung fortgesetzt werden können und damit der Einstieg in eine Vorserie bzw. Serie möglich wird. Die USA erhalten sich die Option, MEADS-Technologien für ihre künftigen Luftverteidigungsaktivitäten zu nutzen. Die USA schließen auch einen späteren Wiedereinstieg nicht aus.

3.Die aktuelle Entscheidung der USA hat unmittelbar keine Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation in der MBDA Deutschland bis 2013. Sollte danach allerdings Deutschland oder Deutschland gemeinsam mit Italien die Fertigentwicklung bis 2015 nicht beauftragen, hätte dies sehr wohl gravierende Folgen für die Arbeitsplätze und Fähigkeiten bei der MBDA Deutschland.

4.Eine Finanzierung der Fertigentwicklung bis zum vollständigen Systemnachweis kann in Deutschland mit den für die Post-CDR-Phase eingeplanten Mitteln sicher gestellt werden.

5.Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Deutsche Luftwaffe am Programm MEADS festhält. Dies belegen zahlreiche öffentliche Äußerungen der Luftwaffenführung aus den letzten Monaten. Die Luftwaffe sieht MEADS als Deutschlands künftigen Beitrag für eine NATO-Raketenabwehr, wie sie auf dem jüngsten NATO-Gipfel in Lissabon festgelegt wurde. Alternativen zu MEADS werden nicht gesehen.

6.Wir verstehen die US-Entscheidung nicht als grundsätzliche Absage an die operativen Fähigkeiten des Luftverteidigungssystems MEADS (vgl. Punkt 2 oben). MEADS ist uneingeschränkt die richtige Antwort auf die aktuellen und künftigen Bedrohungen. Die US-Entscheidung ist ausschließlich der angespannten Haushaltslage in den USA geschuldet.

Zur Erinnerung: Der Koalitionspartner FDP hatte in den Koalitionsverhandlungen 2009 noch versucht, in den Vertrag mit der Union den Passus aufzunehmen, dass MEADS gestoppt wird. Dazu kam es nicht. Allerdings dürfte, siehe die Aussagen sowohl aus Washington wie von MBDA, maximal die Entwicklung des Systems wahrscheinlich sein. Für eine Beschaffung sieht es zappenduster aus. Allerdings positioniert sich MEADS zumindest aus deutscher Sicht, auch dazu siehe die MBDA-Stellungnahme, als deutscher Beitrag zum in der NATO verabredeten Raketen-Abwehrschild…

Nachtrag: FDP-Haushälter Jürgen Koppelin äußert sich wie erwartet:

BERLIN. Zur Ankündigung des US-Verteidigungsministeriums, aus der Entwicklung und damit auch aus der Finanzierung des Raketenabwehrsystems MEADS ab 2013 auszusteigen, erklärt der FDP-Obmann und Hauptberichterstatter für den Etat des Bundesverteidigungsministeriums Jürgen KOPPELIN:

Die Ankündigung des US-Verteidigungsministeriums aus der Entwicklung und damit auch aus der Finanzierung des Raketenabwehrsystems MEADS ab 2013 auszusteigen kommt nicht unerwartet und ist richtig.
Dieses gemeinsame Rüstungsprojekt von USA, Italien und Deutschland wurde noch von der rot-grünen Bundesregierung vereinbart, obwohl es als Alternative zum Raketenabwehrsystem PATRIOT wenig Mehrleistung erbracht hätte. Zudem hat die bisherige Entwicklung bereits fast eine Milliarde Euro verschlungen, die Beschaffung hätte nochmals für Deutschland drei Milliarden Euro gekostet.
Die FDP hat schon zur Zeit der rot-grünen Bundesregierung das Projekt abgelehnt, da der finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis zur Leistung von MEADS steht.
Bereits bei den Haushaltsberatungen für die Etats 2010 und 2011 hat die FDP den Ausstieg aus MEADS verlangt. Wenn die USA nun im Zuge der Haushaltssanierung auf MEADS verzichten, sollte Deutschland dem nicht nachstehen.