Dokumentation: Der Wehrbeauftragte, die Gorch Fock und die Feldpost
Der Wehrbeauftragte des Bundestages,Hellmut Königshaus, hat heute in Berlin seinen Jahresbericht 2010 vorgelegt – aber natürlich ging es in der Pressekonferenz weniger um seine Erkenntnisse für das vergangene Jahr als um die aktuellen Vorfälle, die zurzeit im Zusammenhang mit der Bundeswehr diskutiert werden.
Grundsätzlich Neues hatte der Wehrbeauftragte da nicht mitzuteilen – mit einer Ausnahme: beim Thema der geöffneten Feldpostbriefe widerspricht er ziemlich deutlich der Bundeswehr und dem Verteidigungsministerium und sieht weiterhin Ansätze einer systematischen Brieföffnung (dazu gleich noch ein gesonderter Beitrag).
Zur Dokumentation hier das Eingangsstatement von Königshaus und seine Antworten auf die ersten Fragen zur Gorch Fock und Feldpost. Die interessanten Aussagen zur Feldpost finden sich ab Minute 15:20.
Direktlink: http://audioboo.fm/boos/262162-pk-wehrbeauftragter-25-1-2011
(Die Pressekonferenz dauerte insgesamt fast 70 Minuten, den Mitschnitt will ich hier keinem zumuten. Aber wer an der kompletten Audiodatei Interesse hat, auch vor dem Hintergrund, dass es von dieser PK kein stenographisches Protokoll gibt, kann sich gerne bei mir per E-Mail melden.)
Nachtrag: Lauter wichtige Dinge habe ich hier nicht angesprochen, aber die stehen unter anderem bei bundeswehr.de.
Und hier der Link für den Jahresbericht.
http://dipbt.bundestag.de:80/dip21/btd/17/044/1704400.pdf
Stimmt, hatte ich vergessen, vielen Dank!
Kommt es nur mir so vor, das Herr Königshaus expliziet den Minister erwähnt an den er seinen Bericht über die Vorfälle gegeben haben will, und dann natürlich an den Verteidigungsausschuß?
Will er damit suggerieren aus dem Ministerium seien die Informationen „durchgestochen“ worden ?
ich finds grad nicht, aber in einem Interview vom Wochenende suggerierte Königshaus, dass die Informationen aus dem Verteidigungsausschuss durchgestochen wurden..
Im Grunde egal – die Art und Weise wie er damit umgegangen ist, dass diese Informationen öffentlich wurden, empfinde ich mindestens als unglücklich, weil er sich nicht deutlich davon distanziert, dass sogar der FDP ganz gelegen kommt, wenn der Minister ein paar Schrammen abbekommt.
Was mich besonders gestört hat ist jedoch die Tatsache, dass er insbesondere im Fall Gorch Fock nicht deutlicher macht, dass derzeit eine massive Vorverurteilung durch die Öffentlichkeit stattfindet, die so nicht hingenommen werden kann. Was von den Vorwürfen letztlich hängen bleibt wird die Untersuchung zeigen. Die Auswirkungen auf die Familie des Kommandanten und die seiner Stammbesatzungen dürften aber erfahrungsgemäss bereits jetzt massiv sein. Auch das ist Aufgabe des Wehrbeauftragten hier mässigend zu wirken. Davon ist bis jetzt wenig zu sehen.
Allen, die den VtgMinister wegen der Abberufung des Kapitäns der Gorch Fock kritisieren rufe ich zu:
„Bitte mit der Vorverurteilung des Ministers (!) zurückhalten, es kommen noch ein paar „Klopper“ aus Richtung Schiffsführung Gorch Fock“ – und plötzlich sieht die Welt ganz anders aus…..und KT hatte doch recht.
@ Marinekenner
Generell sollte man sich mit Vorverurteilungen zurückhalten, nicht nur gegenüber dem Minister. Andererseits, kann und muss illoyales Verhalten (nach oben und nach unten) beanstandet werden.
Annähernd objektiv beurteilen werden es sowieso nur die direkten bzw. indirekt Beteiligten, wenn sie selbstreflektierend und selbstkritisch abwägen. Aber wer ist dazu in der Lage ?
Apropro, wie ich vorhin kurz bei Phoenix sah, sagt Jürgen Worlitz, Adelsexperte, dass zu jedem Adeligen auch ein Journalist gehört, der mitläuft…. (Oder so ähnlich)
@Marinekenner: Wir sind hier doch nicht im Kindergarten, in dem wir uns darüber streiten, wer Recht hat oder nicht (Obwohl man sich bei mancher Äußerung der derzeitigen Opposition fragt, ob es nicht doch so ist). Die Frage ist, wie das Verfahren zu bewerten ist, und das zeigt ganz deutlich die Grenzen des Guttenberg´schen Politikstils.
Alles in Allem ein Bericht der die überzogenen Schlagzeilen der BILDungspresse nicht rechtfertigen kann. Jede Menge Politiker mit Schnappatmung deren Bundeswehrweltbild an der Wirklichkeit zerbricht. Überzogen, polemisch und unsinnig.
Am besten fand ich einen Komentar vorhin in den Nachrichten :
Ironie der Geschichte, das ausgerechnet der blasse EX-Richter und nun Wehrbeauftragte Könighaus den Minister nun so vorführt und blass aussehen lässt…
Das lässt auch tief blicken in die Seelen er Journalisten.. :-)
@Sascha Stoltenow
Man mag ihn lieben oder hassen, aber er hat in der kurzen Zeit mehr im Sinne der Soldaten bewegt als die Riege seiner Vorgänger seit Beginn des Konfliktes.
Am Ende des Tages wird Bilanz gezogen und dann sehen wir erst was angerichtet wurde.
Als Fazit für den Bürger bleibt, ob des unwürdigen Schauspiels, doch nur das Abwenden im Grausen. So wird Politikverdrossenheit gefördert und dann wundern sich diese Politiker auch noch, wenn die Wahlbeteiligung immer weiter sinkt.
@StFwdR: Was hat er konkret bewegt, ausser recht viel heisser Luft? Ja, er hat meine grundsätzliche Sympathie, aber jetzt heisst es liefern, und nicht Untergebene ins Feuer stellen.