Details der Befreiung der „Bunga Laurel“
Reden wir mal, zwischendurch, über andere Schiffe, nämlich über die von Piraten gekaperten am Horn von Afrika. Am vergangenen Freitag gab es gleich zwei gewaltsame Befreiungsaktionen gekaperter Handelsschiffe durch Kommandosoldaten Südkoreas und Malaysias. Zu der Aktion gegen die Seeräuber auf dem malaysischen Chemietanker Bunga Laurel gibt es jetzt etwas mehr Details von der Royal Malaysian Navy zu lesen: A great test of our Navy’s ability. Interessantes Detail: die Besatzung war wohl doch in der Zitadelle, was den Zugriff erst möglich machte.
Nachtrag: Jetzt habe ich auch das Video zur Befreiung der Samho Jewelry gefunden:
Nanu, da haben wir endlich mal eine wirklich erfolgreiche Operation und keiner jubelt?
Wozu ?
Das „jubeln“ kann man in diesem Fall den Seeleuten auf Schiffen mit koreanischer Flagge überlassen. Wenn man den Pressemeldungen glauben darf, wird die hier gesendete Botschaft von dem somalischen Piraten durchaus verstanden. So werden russische und französische Schiffe von den Angreifern gemieden.
http://www.koreaherald.com/national/Detail.jsp?newsMLId=20110120000870
Jetzt kann man die Koreaner vermutlich auch zu diesem Zirkel zählen. In Deutschland ist man natürlich weit entfernt von solchen Stragien und munter dabei, die somalische Piraterie weiter finanziell und vor allem moralisch aufzurüsten. Deutsche Schiffe und Seeleute werden langfristig die beliebtesten Ziele der Piraten werden. Zum Jubeln besteht also kein Grund.
Entscheidend ist die Nationalität der Besatzung und nicht unter welcher Flagge das Schiff fährt. Das amerikanische, französische, russische und jetzt auch südkoreanische und malayische Geiseln bei den Piraten verpönt sind, wäre erst noch zu beweisen. Oder gibt es Fallbeispiele in denen Piraten ihre Gefangenen aufgrund der Nationalität nicht als Geiseln genommen haben? Immerhin lässt sich die Nationalität der Besatzung erst mit der Gefangennahme feststellen.
Die Flaggen hängen natürlich an den Schiffen und nicht an den Matrosen.
Und da gibt es Meldungen, dass Schiffe bestimmter Flaggen von den Piraten gemieden werden.
Siehe zB obigen Link und den hier.
http://english.donga.com/srv/service.php3?bicode=080000&biid=2011012255478
Wie viele Schiffe fahren denn da tatsächlich unter französischer Flagge?
@ Sebastian S.
Die Piraten sind hochorganisiert und vernetzt bis in die Zollämter mancher Zielhäfen und nutzen darüber hinaus die neuen Technologien, so z.B. AIS, dass insbesondere in Zusammenhang mit den Schiffsdatenbanken im Internet deutliche Rückschlüsse auf „Risikofaktoren“ wie die Eignernation (oft eine andere als die Flaggennation) und die Reederei (ob es sich z.B. um eine Reederei mit Lösegeldversicherung handelt bei der die Zahlungsabfolge berechenbar ist) erlaubt.
Allerdings gibt und gab es auch die eher weniger „professionellen“ Piraten, wie z.B. der Überfallversuch auf einen deutschen Flottentanker Anfang 2009 zeigte. Jedoch hat bei den Piraten seitdem ein Prozess der Professionalisierung und Vernetzung, nicht zuletzt angestossen und beschleunigt durch die grossen geflossenen Lösegeldzahlungen, stattgefunden. Dies wird insbesondere anhand der immer weiter von der somailschen Küste entfernt unter Nutzung von „Mutterschiffen“ stattfindenden Überfälle sichtbar.
Derzeit sind von der NATO sechs als Mutterschiffe genutzte Schiffe identifiziert:
http://www.shipping.nato.int/
Interessant ist hier eher die Frage warum die Pirateriebekämpfung immer noch unter der Zwittereigenschaft zwischen militärischer und polizeiliche Aufgabe leidet. Bei einem echt militärischen Auftrag wäre jede Information die eine offizielle und öffentliche Bezeichnung eines Schiffes als „Piratenmutterschiff“ rechtfertigt auch ausreichend um dieses Schiff als feindlichen Kombatanten zu kennzeichnen, es mit militärischen Mitteln anzugreifen und ggf. sogar ohne ein riskantes „Boarding“ zu versenken wenn man davon ausgehen kann dass sich dort keine Geiseln an Bord befinden.
TBR: Interessant ist hier eher die Frage warum die Pirateriebekämpfung immer noch unter der Zwittereigenschaft zwischen militärischer und polizeiliche Aufgabe leidet. Bei einem echt militärischen Auftrag wäre jede Information die eine offizielle und öffentliche Bezeichnung eines Schiffes als “Piratenmutterschiff” rechtfertigt auch ausreichend um dieses Schiff als feindlichen Kombatanten zu kennzeichnen, es mit militärischen Mitteln anzugreifen und ggf. sogar ohne ein riskantes “Boarding” zu versenken wenn man davon ausgehen kann dass sich dort keine Geiseln an Bord befinden.
Wuerde wenn das Schiff als Kombatant versenkt wuerde die Versicherung noch zahlen? Im schlimmsten Fall koennte es das Aus fuer den Eigner bedeuten, im besten Fall riskiert die versenkende Marine einen endlosen Rechtsstreit zwecks Schadensersatz. Weisen sie mal nach das es ein Kombatant war!
Jetzt ist das Risiko fuer die Eigner wenigstens begrenzt und versicherbar. Wenn Schiffe unversichert komplett verloren gehen koennen wird die Investition deutlich riskanter. Die Kapitalkosten wuerden ganz besonders fuer kleinere Reedereien steigen. Mittelfristig hat das vermutlich viel gravierendere Folgen als die Piraterie jetzt.
Das waere uebrigens wirklich toller Journalismus wenn die tatsaechlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft recherchiert wuerden. Perfekt waere es wenn die Folgen verschiedener extremer Handlungsalternativen abgeschaetz und zu den Kosten in Relation gestellt wuerden.
Zumeist wird steht in den Medien das Wohl der Besatzungen im Vordergrund. Das bewegt mich als Leser zwar besonders, aber ich bezweifle, dass es jenseits der Firmen deren Angestellte entfuert wurden Entscheidungen beinflusst. (Ausgenommen unsere Volksvertreter und die taktischen Entscheidungstraeger bei evtl. Befreiungen.)
Da jedes Vorgehen gegen die Piraten oder das Unterlassen des Selben voellig unabsehbare Auswirkungen haette, steckt man in einem ethischen Dilema. Rechtlich ist die Lage sehr Unklar und es gibt vermutlich einen gewissen Spielraum der Parlamente. In diesem Kontext ist es nicht verwerflich sich durch pragmatische (oekonomische?) Ziele leiten zu lassen. (Was sagen eigentlich die Philosophen dazu? Das liegt doch Wirklich ganz klar in deren Koenigsdisziplin!)
@Thomas Wiegold
In einer anderen Diskussion haben Sie die Vertraulichkeit der Kommentare herausgestellt. Nach der Kausa DuMont bei Stefan Niggemeier ist das nicht mehr selbstverständlich gewesen. Vielleicht sollten sie an prominenter Stelle explizit auf ihre Haltung hinweisen. (Die technische Sicherheit ist ein anderes Thema)
@ TBR
Gibt es denn tatsächlich diese High-Tech Piraten die über GPS, AIS, UKW und Satellitentelefone verfügen und von einer Piratenleitzentrale an ausgewählte Ziele herangeführt werden?
Wenn dem tatsächlich so ist, dann müssten ja bald südkoreanische Schiffe gezielt angegriffen werden
Wie viele modern ausgestattete Piraten wurden denn schon gefasst? Ich sehe da irgendwie immer nur völlig vergammelte Waffen und Munition die ich nicht mal mit der Beißzange anfassen würde. Dann immer wieder Vorfälle in denen Kriegsschiffe angesteuert werden in dem Glauben das der große graue eine fette Beute wäre. Ehemalige Geiseln berichten von Amateuren die kein englisch verstehen und mit Kat bedröhnt sind. Die fuchteln dann mit ihren verrosteten AK’s herum und lassen das Schiff nach Westen steuern, ohne dabei ausreichend Karte und Kompass lesen zu können um Verzögerungsmanöver des Skippers zu erkennen.
Wenn dann das Piratennest erreicht wurde, dann geht das mit Organisation und Infrastruktur doch erst wirklich los. Die Geschichte vom modernen Technikpiraten glaube ich erst wenn sie mal glaubwürdig belegt wurde. Vielleicht gibt es sie ja tatsächlich und es sind eben die die nicht geschnappt werden, aber theoretische Verweise auf technische Möglichkeiten sind doch nicht mehr als Seemannsgarn.
Zu den Mutterschiffen: Ich konnte unter ihrem Link keine näheren Angaben finden welche Schiffe sie genau meinen. Aber soweit ich das allgemein mitbekommen habe sind Mutterschiffe oft gekapert und haben Geiseln an Bord. Versenken fällt also aus wenn man es den Indern nicht nachmachen möchte, die ein thailändisches Fischerboot samt Besatzung versenkt haben. Von dem Sachwert den so ein Schiff mit Ladung darstellt mal ganz zu schweigen.
Das Grundproblem ist doch wie man einen Fischer von einem Piraten unterscheiden will. Das geht halt erst nachdem der vermeintliche Fischer ein Schiff angreift und man ihn dabei erwischt. Und ich sehe nicht das die derzeitigen ROE grundsätzlich verhindern einem nachweislich identifizierten Mutterschiff das Handwerk zu legen. Was sonst machen denn die ganzen Fregatten da unten?
Natürlich arbeiten alle Piraten dort vor Ort vollkommen unstrukturiert und vor sich hin, sind ja alles Fischertölpel, die nebenbei ein paar Dollars machen weil sie sich bewußt in ein bewaffnetes Abenteuer stürzen, weil sie alle wie Jack Sparrow vom mgroßen Schatz traümen.
Und der dumme Westen hat nichts anderes zu tun als mit vollkommen ungeeigneten Mitteln dagegen vorzugehen. Schiesst da für viel Geld mit Kanonen auf Spatzen.
So einfach ist die Welt !