Knopf im Ohr für 3,3 Millionen Euro
So ganz am Rande der derzeitigen Ausrüstungsdebatte erfährt man manches nur durch Zufall: Für rund 3,3 Millionen Euro, teilt die CeoTronics AG aus Rödermark mit, habe die Bundeswehr bei ihr individuell anpassbare Öhrstöpsel bestellt, die sowohl als Ohrhörer für den Funk als auch als Gehörschutz dienen. Da es nach Firmenangaben der zweitgrößte Einzelauftrag seit Gründung der CeoTronics AG ist, teilte die Aktiengesellschaft das in einer Pflichtmeldung an die Börse mit.
Vermutlich handelt es sich bei dem bestellten In-Ohr-Produkt um das System CT-ClipCom, dass das Unternehmen auch auf seiner Webseite bewirbt, und ebenso vermutlich ist es das hier schon von der Bundeswehr angekündigte System. Obwohl, 3,3 Millionen Euro geteilt durch 930 würde dann pro Sprechsatz gut 3.500 Euro ausmachen? Hui… (Kann doch eigentlich nicht sein, aber für eine Nachfrage ist derzeit bei der Firma keiner erreichbar.)
Wie auch immer: Es scheint also voran zu gehen beim Thema persönliche Ausrüstung für den Einsatz…
Nachtrag angesichts der Diskussion: Ich habe zwar noch keine Antwort des Unternehmens (verständlich wg. Wochenende), aber verweise mal auf den Wikipedia-Eintrag: Danach hatte die Bundeswehr 2007 für 5,5 Mio Euro insgesamt 3.700 Systeme in Auftrag gegeben. Die Relation klingt schon anders..
Nachtrag 2: Heute (8. Dezember) teilt mir das Unternehmen mit, die von Ihnen angenommene Stückzahl im Zusammenhang mit der beauftragten Mannausstattung und unserer dazugehörigen Dienstleistung ist nicht korrekt. Deshalb sei auch der vermutete Stückpreis falsch. Erklärende weitere Informationen gibt es aber auch auf Nachfrage nicht – mehr als in der Mitteilung an die Börse stehe, müsse die Firma nicht veröffentlichen. Sagt der Vorstandschef.
Also weiter recherchieren.
Tja, der Auftraggeber muß ja nicht aufs Geld schauen ***Augenroll***
Meines Erachtens ein weiteres Beispiel für Verschwendung und teure aber Ineffektive Ausrüstungsbeschaffung.
Würde ein privater Betrieb derartig wirtschaften wäre er innerhalb kürzester Zeit Pleite.
Aber am Besten gefällt mir das -Anti-Aging-Faltenbalg
Quelle : http://www.ceotronics.de/d/start/kunden/fr-militaer.htm
So werden unsere Jungs beim tragen wenigstens nicht älter *ROFL*
Die Kosten sind erst mal ’ne Überschlagsrechnung, mit den von der Firma genannten 3,3 Mio. und den von der Bundeswehr genannten 930 Sätzen…
Habe die Firma angemailt und genau diese Frage gestellt.
Da bin ich mal auf die Antwort gespannt.
Meine (individuell angefertigen) „normalen“ Ohrstöpsel (ohne Sprechanschluß, aber mit auswechselbarem Dämpfer), haben vor gut 5 Jahren schon 250 Euro gekostet…
Mittlerweile kosten normale Stöpsel gute 350 Euro….wenn dann noch ein Anschluß für eine Sprechgarnitur dazukommt, kann ich mir den Preis von >500 Euro schon gut vorstellen…
Man sollte allerdings bedenken:
Die Bundeswehr schließt so gut wie nie(!) reine „Beschaffungsverträge“ ab. In diesen Verträgen, gerade bei dem ersten Los eines Produkts ist immer die auf Jahre garantierte technische Wartung, technischer Support (mit Auflagen), höchstwarscheinlich in Kontigenten Ersatzteillieferung, kostenfreie Reperatur und Garantieleistungen über den gesetzlichen Rahmen hinaus mit integriert.
Diese Leistungen sind es meistens, die auch solche „kleinen“ Einzelposten „teuer“ erscheinen lassen.
Zitat aus der ad-hoc-Meldung:
„Die Im-Ohr-Produkte werden individuell an das Ohr des Soldaten angepasst und gewähren auch einen optimalen Gehörschutz. Die von der Bundeswehr geforderte Dichtsitzprüfung wird mit dem eigens von CeoTronics hierfür entwickelten CT-EarGuard System, individuell an jedem Soldaten durchgeführt und entsprechend dokumentiert.“
Im zweiten Satz sind die Kosten versteckt: „eigens […] entwickelten (…) System“, „individuell“, „dokumentiert“.
Es ist also nicht die reine Beschaffung (Kaufvertrag), sondern, wenn es individuell an jeden Soldaten angepasst wird, wohl eher ein Dienstleistungsvertrag.
Es ist wohl davon auszugehen, dass die Firma Mitarbeiter in die entsendenden Truppenteile schickt und entsprechende Abdrücke macht und anschließend den Gehörtschutz anfertigt (ähnlich wie bei Zahnlaboren). Ferner soll das ganze auch dokumentiert werden. Also ist – wie schon von Jas spekuliert – sicherlich ein sehr großer Posten dabei, der nicht reine Materialkosten wiederspiegelt.
Also 930 Exemplare individuell angepasster Ohrhoehrer/Gehoerschutz…Und was passiert dann beim Kontigentswechsel – neue Teile beschaffen? O_o
Seht Ihr genau das meinte ich.
Die Goldrandlösung für den einzelnen und in der Summe dann unbezahlbar.
Dazu kommt: Das Ganze ist nichtmal golden. Der Ohrhörer ist n.m.K. nur auf die Funkaustattung IdZ ausgelegt. Diese wird aber im Einsatz nicht genutzt. Adapter für SEM 52 und BV-Anlagen müssen privat beschafft werden.
Vom Einsatz her denken, nicht wahr Herr zu Guttenberg?
Der Herr zu Guttenberg kann da relativ wenig für…
Das sind die Dienstanzugtragenden Fachidio…. äh, Systembeauftragten und Nutzungsleiter im LogAmt Bw und BWB, die so einen Schwachsinn (oder hier wohl besser Wahnsinn) entscheiden. Dann hat dazu wahrscheinlich noch das SanAmt die medizinische Tauglichkeit (könnte wetten, mit einer Begrenzung, wieviel Schuß der Gehörschutz aushält) bestätigt.
Durfte im Einsatz schon einmal den normalen Sprechsatz dieser Firma testen und war entsetzt – das Ding hatte was von einem alten Walkman – Kopfhörer und flog nach der ersten Tour in die Ecke. Toll ist auch, dass das alles für IdZ angeschafft wird. Nur leider fahren nicht alle mit IdZ-Sätzen raus. Instandsetzung, Pioniere, Logistik und Sanität scheinen da mal wieder hintenanzustehen, kann man ja auch mal bringen, in unserer Zwei-Klassen-Einsatzarmee.
SEM 52 wird auch nicht oft genutzt, eine Schnittstelle für Tetrapol, Motorola oder Kenwood wäre erforderlich… Da schielt man wieder sehnsüchtig auf unsere Multicam-tragenden kameraden mit Stars&Stripes – deren Gruppenfunk hat jeder der rausfährt und er funktioniert sogar :-)
Es wird echt Zeit, das man die angedachten Änderungen bei den Beschaffern durchsetzt. Höflicher kann ich das schon gar nicht mehr formulieren, spricht schon Bände, das man nie einen von diesen Gestalten im Einsatzland gesehen hat…
Natürlich kann KTG nichts für die Ohrhoerer, der Hinweis soll nur zeigen, dass zwar von Minister und mil. Fuehrung viel von vom Einsatz her denken geredet wird, aber die Bürokraten von niemand aufgehalten werden.
Und dieses Grundproblem bleibt auch in der neuen Struktur, weil es ein Kulturproblem ist.
Zudem: SEM 52 gewinnt im Gefecht erheblich an Bedeutung, da Tetrapol nur Point-Point ermöglicht .
Tut mir leid, das ich widerspreche, aber die selben Funktionen wie SEM 52 hat auch das Tetrapol (ich kann ihnen nur nicht sagen, wie genau die Funktion heißt). Wir haben Gruppen gebildet und darüber geführt, klappt 1a.
Was mir durch Zufall gerade auffiel:
Der o.a. Firma, die jetzt den Millionenauftrag bekommen hat, schien es wohl nicht ganz so gut zu gehen (zumindest lese ich das so heraus): http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-aktien/ceotronics-ag.asp .
Das war es wieder: Die Bundeswehr, der Motor des deutschen Mittelstands…
@T.W
Das scheint aber ein anderes, vermutlich einfacheres System zu sein. ;-)
Quelle : http://www.ceotronics.com/d/pdf/prospekte/CT-image_de.pdf
Ist ein Helm mit integrierter Ausstattung, hauptsächlich zur Kommunikation unter externen Lärmbedingungen, also im Vergleich relativ simpel.
Mit einem Stückpreis von 1.486 € aber immer noch teuer genug. :-(
Und wenn sich der Gesamtauftrag nun auf 8,5 Mio beläuft, dann sind das mal eben eine Steigerung von schlappen ~55 % für die gleiche Anzahl an Systemen.
Irgendwas mache ich falsch :-(
Leute, wir kennen die Stückkosten nicht. 3,3 Millionen geteilt durch 930 ist ja wohl mehr als über den Daumen gepeilt.
Und als Motor des Mittelstandes kann man die Bundeswehr kaum sehen. Die größten Einzelvolumen gehen wohl an große Unternehmen.
Man müsste mal gucken, was andere Nationen für ähnliche Lösungen bezahlen. Dann kann man halbwegs vergleichen. Mich würden auch mal die Konkurrenzprodukte und Preise interessieren.
Niklas willste dich ärgern ?
Aus einem anderen Forum mal ein Bild vom möglichen Goldstück:
http://www.overclockingstation.de/newsmeldungen/4277-ct-clipcom-jetzt-atex-und-mit-gehoerschutzzulassung-psa.html
Das wird ein Spass mit der Anpassung für die Einsatzkontingente :-)
Wieso? Weil die Lösungen der anderen Armeen eh viel billiger sind?
@Niklas
Wahrscheinlich schon, ich weiß es nicht.
Aber alleine die bekannten Information und die Preissteigerung von 55 % innerhalb der kurzen Vertragslaufzeit von ein paar Monaten lassen erahnen wie hier Geld verbrannt wird.
Ich kenne die Systeme nicht aus eigener Erfahrung, habe aber in verschiedenen Foren gelesen das die Soldaten diese nicht so prikelnd fanden.
Auch ist mir nicht wirklich klar wie das mit dem anpassen laufen soll bei den Kontingentwechsel / Besatzungswechsel etc.
Warten wir mal ab ob und was T.W. als Antwort erhält.
Fuer den Preis haette man nahezu die gesamte Bundeswehr mit dem EP4-Gehoerschutz von Surefire ausstatten koennen oder eine ausreichende Menge H295-Sprechsaetze der Deutschen Elno beschaffen koennen.
@Thomas Wiegold: Der Preis des H295 waere interessant zu wissen. Da die Deutsche Elno jedoch nur an Behoerden liefert, blieben meine Anfragen leider erfolglos. Koennen Sie in Ihrer Funktion als Journalist diesbezueglich mal anfragen?
Elno wars. Hab ich auch schonmal irgendwo gelesen.
Solche Aktivgehörschützer mit Sprechsatz sind ja eigentlich nichts neues. Das KSK hat schon lange welche, genau wie die polizeilichen Spezialeinheiten (nur eben nicht In-Ear).
Wirklich eine vertrackte Sache. Nimmt man In-Ear, oder Helme mit Aussparung und dann „Mickey Maus Ohren“ mit dem selben Effekt? Tja… Bleibt nur das Abwarten :)
Warum beschafft die Bundeswehr nicht gleich richtig effektiven Gehörschutz? Dieses Zeug mit externem Mikro ist doch unpraktisch. In Norwegen gibt es ein Unternehmen namens Nacre, die echten In-Ear-Gehörschutz mit Aktiv-Lautsprecher und Aktiv-Gehörschutz und innenliegenden Mikrofonen produziert. Der heißt „QuietPro“ Bei denen braucht man im Helm dann auch keine Aussparungen mehr. Was das System allerdings kostet, weiß ich nicht. Aber bei der Abnahmemenge dürften auch die Sets günstiger werden.
mehr Info unter nacre.no und beim Deutschlandfunk:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/1307370/
Hm, for the record: Bislang habe ich auf meine E-Mail-Anfrage keine Antwort erhalten.
(Schauen wir mal, bin jetzt weitestgehend offline. vielleicht kommt morgen was…)
@Jan
Steht so bei nacre.no…
QUIETPRO® is sold to, fielded, and in combat by US Army, US SOF, US Marines and NATO forces. It is chosen as the headset to accompany the new Motorola IISR by US Marines and chosen as the headset for the German Bundeswehr IDZ program. Additional customers are Canada, Italy, The Netherlands, Norway, Finland, Sweden and Denmark.
@T.W
Schon was gehört ??
@StFwdR
Ich warte noch…
Gab jetzt ne Antwort von der Firma. Siehe zweiter Nachtrag oben.
Toll, soviel dazu :-(
Wahrscheinlich ist die Stückzahl niedriger und die Dienstleistung teuerer.