Gemeinsam daheim, getrennt in den Kampf?
Es ist ohne Zweifel ein Meilenstein der deutsch-französischen Zusammenarbeit, und das nicht nur auf militärischem Terrain: Erstmals in der Nachkriegsgeschichte ist heute ein deutscher Kampfverband auf französischem Territorium in Dienst gestellt worden. Der französische Verteidigungsminister Alain Juppé und sein deutscher Kollege Karl-Theodor zu Guttenberg nahmen gemeinsam am (gestrigen) Freitag den Appell des neuen Jägerbataillons 291, Teil der deutsch-französischen Brigade, in Illkirch-Graffenstaden bei Straßburg ab.
(Foto: Bruno Biasutto/defense.gouv.fr)
Die Indienststellung ist aus mehreren Gründen etwas Besonderes – nicht nur wegen des ersten deutschen Kampfverbandes nach dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich, sondern auch, weil die Bundeswehr damit erstmals seit längerer Zeit ein Infanteriebataillon völlig neu aufstellt. Und es ist mit Sicherheit ein neues Symbol der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Dazu gehört auch, worauf mich ein Leser hinwies, dass das neue Bataillon sich eine Kaserne mit der 2. französischen Panzerbrigade teilt – symbolträchtig deshalb, weil diese Brigade die Nachfolgerin der französischen Einheit ist, die Straßburg am 23.11.1944 von den Nazis befreit hat.
(Obwohl das Bataillon formal erst seit dem 10. Dezember existiert, hatten die Soldaten bereits gemeinsam mit anderen deutschen und französischen Truppenteilen der Brigade auf dem Truppenübungsplatz Baumholder geübt. Der deutsche Bericht dazu hier, das französische Video dazu hier.)
So bedeutsam diese Indienststellung ist – zwei Anmerkungen dazu müssen sein:
Die Aufstellung dieses Bataillons ist nicht nur ein Symbol für die militärische Verbundenheit beider Länder, die ihre schwierige gemeinsame Geschichte überwunden haben. Sie ist auch, unter anderem, Resultat eines Handels. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2009 hatten Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy diese Stationierung verkündet – nachdem Frankreich zunächst erwogen hatte, wegen Verkleinerung seiner Armee die (französischen) Teile der deutsch-französischen Brigade aus Deutschland abzuziehen. Diese Reduzierung fand dann so nicht statt, weil das deutsche Bataillon den (auch wirtschaftlichen) Ausgleich schaffte.
Und zum anderen: Die deutsch-französische Brigade hat ihren ersten echten Einsatz als Brigade noch vor sich. Teile des neuen Jägerbataillons gehen zwar im kommenden Jahr an den Hindukusch – aber unter deutschem Befehl: Bereits im Sommer 2011 wird ein Teil des Bataillons sich erstmals unter nationalem Kommando in Afghanistan im deutschen Sektor bewähren müssen.
Ob und wo diese binationale Brigade wirklich als kampfstarke Brigade eingesetzt wird, ist noch ziemlich offen. Denn dafür müssten sich beide Länder auf einen gemeinsamen Einsatz in einer gemeinsamen Region verständigen – schon in Afghanistan nehmen Deutschland und Frankreich ihre Missionen an unterschiedlichen Orten war. Und Kampfeinsätze, die französische Billigung finden, müssen im Deutschen Bundestag noch lange nicht Konsens für das nötige Mandat bekommen.
Den letzten Absatz muß man sich auf der Zunge zergehen lassen ;-)
Das ist genauso eine Totgeburt ohne praktischen Nutzen wie die EU-Battlegroups.
Ich bin ein großer Fan der Deutsch-Französischen Freundschaft.
Aber diese Brigade ist leider ein Prestigeobjekt, in welchem wertvolle Kräfte verzettelt werden, bzw. eben nicht in einem schlüssigen, praktisch einsetzbaren Gefechtsverband Verwendung finden, sondern dann wieder für Permanenteinsätze verhackstückt werden.
Für Symbolpolitik fehlen eindeutig die Mittel. Und das muss eigentlich auch so sein.
In einer Infanteriebrigade oder als leichte infanteristische Komponente einer PzGrenBrig hätten die Bataillone vermutlich mehr genutzt. Schade drum.
Ich finds gut!
Allerdings geht und wird auch nach egal wievielen Reformen kaum ein Verband vollkommen geschlossen in den Einsatz gehen. Die Gründe dafür sind vielfältig und sprengen an diese Stelle den Rahmen.
Der Wert der DF-Brigade und ihrer Einheiten ist ein anderer. Die Soldaten sind bereits im Alltag weit mehr als bei anderen Einheiten in multinationaler Zusammenarbeit eingespielt, was die Zusammenarbeit erheblich erleichtert.
Schon 1997 im Rahmen von SFOR war dies ein grosser Vorteil, als der Stab der DF-Brigade in Bosnien in der mulitnationalen Brigade in Raijlovac eingesetzt war. Diese bestand seinerzeit aus einem deutschen gepanzerten Einsatzverband (Aufklärer und Grenadiere), einem Infanterieregiment, der Franz. Fremdenlegion und später einem regulären Infanteriebatallion, einem Ukrainischem Batallion, einem gemischt deutsch-französischem Einsatzunterstützungsbatallion (weitgehend aus dem Bereich der DF -Brigade gestellt) und einem albanischem Sicherungszug.
Das Konzept hat sich bewährt, bis hinunter in die Züge, die teils wochenlang unter einheitlicher Führung gemeinsam Patroullien durchführten.
Prestigeobjekt, sicher.. auch. Aber praktisch vorallem ein Verband mit ausssergewöhnlcih hoher Befähigung zur multinationalen Zusammenarbeit, die in vieler Hinsicht in die Truppe strahlt.
Die Df-Brigade als Symbolpolitik abzutun greift zu kurz und denkt zu kurzfrisitig.
Und nein, ich bin kein aktiver oder ehemaliger Angehöriger der Brigade. Mich haben nur die meisten meiner Erfahrungen mit den Truppenteilen der Brigade überzeugt.
Anders rum wird ein Schuh draus. Solange jeder Staat ein ausreichendes nationales Kräftedispositiv besitzt, kann er sich den „Luxus“ von gemischten Verbänden leisten, die vermutlich niemals als Ganzes eingesetzt werden können, da immer nationale Befindlichkeiten (oder besser Interessen) berücksichtigt werden müssen.
Man stelle sich den Aufschrei in Deutschland vor, wenn FRA den Vorschlage machen würde, die Brigade geschlossen in deren ISAF-AOR für ein Kontigent einzusetzen oder andersrum. Und darum geht es doch, Denken vom Einsatz her, oder ?
Wozu die Aufregung, wenn nicht mal rein deutsche Verbände im geschlossenen Brigadeverband in den Einsatz gehen kommt es auf die Tatsache, daß dieses Jägerbattalion „zufällig“ zur DF-Brigade gehört auch nicht an…
Aber deutsche Garnisonen im Elsaß, das war 1871 schwerer zu erreichen ;)
Aber deutsche Garnisonen im Elsaß, das war 1871 schwerer zu erreichen ;)
Als wir anno 1984 die erste gemeinsame Gefechtsübung mit den Franzosen auf den historischen Ackern von Verdun durchführten, wobei die geschichtsträchtige Szene von Kohl & Mitterand Hand in Hand entstanden ist, wurde dies als der Grundstein für die Beilegung der Erzfeindschaft zwischen Frankreich und Deutschland gesehen.
Vor diesem Hintergrund ist auch dieser Verband zu sehen.
Und wie JCR schon anführte, geschlossene Verbände im Einsatz sind angesichts der Tatsache das noch nicht einmal die Einheiten geschlossen in den Einsatz, gehen eher weniger relevant.
-> Geschlossener Verband:
Wenn wir davon ausgehen, dass die Bundeswehr schlussendlich „afghanisiert“ ist, dann ist das natürlich völlig richtig. Die meisten Kontingente sind ja höchstens von Bataillonsstärke. Nur dann ist es ja nur noch mehr Symbolpolitik. Man trägt halt das gleiche Verbandsabzeichen.
Würde mal damit argumentiert, dass wir einen starken Ausbildungsaustausch zwischen F, und D (und natürlich auch GB) erreichen, wäre ich auch milder in meiner Sicht.
Aber von der gesteigerten internationalen Einsatzfähigkeit (abgesehen von den Offizieren) bin ich noch nicht so recht überzeugt. Da würde ich gerne Mal Erfahrungen eines Mitgliedes der Brigade lesen.
Ich wiederhole mich einfach. Wir haben eine absolute Knappheit an Kräften und benötigen eine schlüssige Basisstruktur (und ein britisches Stationierungskonzept), die nach einer konkreten Doktrin eingesetzt werden kann (es gibt übrigens mehr Szenarien als Afghanistan). Und genau deshalb sehe ich so etwas kritisch. Wie gesagt bin ein großer Freund der Kooperation. Aber einen wirklichen Mehrwert außerhalb der Symbolik sehe ich eher bei Dingen wie geteiltem strategischem Lufttransport oder strategischer Aufklärung usw.