Zahlen auf dem Tisch
(Ist nicht so ganz einfach, wenn der Organisationsstab der Bundeswehrtagung in Dresden zielgenau die Räume als Pressezentrum vorsieht, in denen dank Stahlbetonausbau der Handy- und Datennetzempfang auf ein Minimum reduziert oder gleich ganz ausgeschlossen ist. Mit anderen Worten: Organisatorisch war sichergestellt, dass ich heute den ganzen Tag offline war.)
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat heute die lang erwarteten, teilweise auch die erwarteten Zahlen zur künftigen Bundeswehr auf den Tisch gelegt. Ich drehe die Reihenfolge seiner einstündigen Rede mal um und nenne zuerst die Zahlen zu Umfang und Struktur, danach seine Angaben zur künftig ausgesetzten Wehrpflicht:
Der Umfang der Streitkräfte sinkt auf 180.000 bis 185.000 Soldaten. Darin sind sowohl die Berufs- und Zeitsoldaten als auch die künftig vorgesehenen freiwilligen Kurzdiener enthalten (und wohl auch, obgleich der Minister das nicht ausdrücklich sagte, die in der Minimal-Forderung des Generalinspekteurs von 163.500 nicht berücksichtigten Bereiche wie Flugbereitschaft, Wachbataillon und Sportförderkompanien.)
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am 22. November bei seiner Rede vor der Bundeswehrtagung in Dresden (Foto: Andreas Rentz/Getty Images via picapp)
Die Zahl der zivilen Mitarbeiter wird von derzeit rund 75.000 über 90.000 auf etwa 60.000 bis 65.000 reduziert und damit deutlich weniger verringert als von der Weise-Kommission (50.000) vorgeschlagen. (Theoretisch gilt derzeit noch die Zielgröße 75.000 Mitarbeiter.)
Um trotz Reduzierung eine ausgewogene Personalstruktur zu behalten, sollen alle gesetzlichen, dienstrechtlichen und tariflichen Instrumente geprüft werden, darunter eine Verkürzung von Dienstzeiten, Zeitsoldaten mit 25 Jahren Dienstzeit, die vereinfachte Umwandlung von Berufs- in Zeitsoldaten, die Mitnahmemöglichkeit (Portabilität) von Versorgungsbezügen beim Ausscheiden aus der Bundeswehr, eine befristete Absenkung der Altersgrenze.
Das alles steht, wie es Guttenberg so nett sagte, selbstverständlich unter der Voraussetzung hinreichender Finanzierung.
Zur Erhöhung der Attraktivität ist ein Reformbegleitgesetz geplant, und bereits zum Beginn des kommenden Jahres ist vorgesehen, an 200 Standorten (das dürften dann die langfristig sicheren Standorte sein?) Eltern-Kind-Arbeitszimmer einzurichten. Ausscheidende Zeitsoldaten sollen Vorrang bei der Besetzung ziviler Dienstposten bekommen.
Nicht ohne die anderen Ressorts kann der Minister seine Pläne umsetzen, die Zulagen für Ärzte und Minentaucher zu erhöhen, die Wahl zwischen Umzugskostenerstattung und Trennungsgeld mindestens als Pilotprojekt einzuführen und die Pauschalen für Dienst zu ungünstigen Zeiten zu erhöhen.
Das gilt natürlich auch für etwas, was Guttenberg zwar nicht als goldenen Handschlag bezeichnete, was aber wohl das wäre: eine Zahlung zur Erhöhung der Attraktivität freiwilligen vorzeitigen Ausscheidens.
Die einschneidenden Veränderungen bei der Wehrpflicht kann der Verteidigungsminister dem Bundestag vorschlagen, weil dafür das Wehrpflichtgesetz geändert werden muss – aber nach den zustimmenden Beschlüssen auf den Parteitagen von CDU und CSU dürfte das nicht problematisch sein:
Die allgemeine Wehrpflicht wird zum 1. Juli 2011 ausgesetzt, die letzten Grundwehrdienstleistenden werden zum 1. Januar 2011 einberufen. An die Stelle des Grundwehrdienstes tritt einneuer freiwilliger Wehrdienst, der sowohl Männern als auch Frauen offensteht und zwischen zwölf und 23 Monaten dauert. Die ersten sechs Monate sind eine Probezeit, die von beiden Seiten jederzeit beendet werden kann. Wer länger als zwölf Monate diesen Dienst leisten will, muss sich grundsätzlich zu Auslandseinsätzen bereit erklären. Die Wehrerfassung bleibt bestehen, aber die Musterung entfällt.
Um diesen Freiwilligendienst attraktiv zu machen, soll bereits ab derm 1. Monat ein erhöhter Wehrsold gezahlt werden, außerdem soll es Angebote zur Aus- und Fortbildung geben.
Der Erhöhung der Attraktivität gerade für Mannschaftsdienstgrade sollen auch Neuregelungen dienen, die bereits ab dem 1. Januar 2011 gelten: Dann wird auch für Mannschaften eine Verpflichtung als Zeitsoldat auf acht Jahre und länger möglich; dafür werden auch zusätzliche Dienstposten vorgesehen. Außerdem soll es unverzüglich (Juristen wissen: das setzt keine Frist, bedeutet aber ohne schuldhaftes Zögern) Erst- und Weiterverpflichtungsprämien geben – zur Höhe machte Guttenberg noch keine Angaben.
Unterm Strich: ein sportliches Programm. Nicht nur, weil in sieben Monaten die Wehrpflicht weg ist. Sondern weil vor allem Kabinettskollegen wie der Finanzminister und dann die Parlamentarier überzeugt werden müssen, dafür das nötige Geld zu geben. Zu diesem Punkt wollte übrigens Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auch auf der Tagung sprach, nichts sagen – aus Respekt vor der in dieser Woche laufenden abschließenden Haushaltsberatung des Bundestages.
Wer den Original-Guttenberg hören möchte: Hier sind die Redeausschnitte (auch da habe ich die Reihenfolge umgedreht; erst geht es um den Umfang der Bundeswehr, danach um die Wehrpflicht)
(Der obligatorische Direktlink für iPhone und iPad: http://audioboo.fm/boos/222973-guttenberg-redeausschnitte-22-november-2010)
Natürlich gab es für die Spezialisten noch mehr Zahlen und Grundsatzentscheidungen. Zum Beispiel eine Größe des Bundesverteidigungsministeriums von unter 2000. Das Festhalten an zwei beamteten (neben zwei Parlamentarischen) Staatssekretären. Die Erwartete Verantwortung des Generalinspekteurs für die Einsätze und die Konzentration der Operationsführung beim Einsatzführungskommando, die Auflösung des Einsatzführungsstabs…
Und vor allem: die Festlegung des Levels of Ambition, der Grundorientierung für die erwarteten Einsätze. Dafür sollen mindestens 10.000 Soldaten in zwei räumlich voneinander getrennten Stabilisierungoperationen bereitstehen, neben weiteren vor allem von Luftwaffe und Marine für kleinere Missionen, die Vorsorge für Evakuierungsoperationen in nationaler Verantwortung und die Sicherung des deutschen Luft- und Seeraums. Das lohnt demnächst einen eigenen Beitrag.
Nachtrag: Die Abschrift der gesamten Rede Guttenbergs steht inzwischen auf der BMVg-Webseite.
Das ist wirklich ein sportliches Programm ;-)
Aber das Ungleichgewicht zwischen ziviler Verwaltung und Soldaten vergrößert sich wieder einmal. Es bleibt zu befürchten das der „Wasserkopf“ zivil als auch militärisch bleibt. :-(
Kleiner Hinweis zur Umlauteproblematik bei Facebook:
„RC N Watch: Verwundete Fennek-Besatzung bei Kundus
Bei einem IED-Anschlag im Distrikt Char Darrah bei Kundus, sechs Kilometer westlich von Kundus, ist am Montagmorgen die Besatzung eines Fennek-Spähwagens verwundet worden. Nach Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr wurde das Fahrzeug durch den Sprengsatz beschädigt. Die drei Soldaten im Fennek erlitten Verletzungen, die aber nicht lebensbedrohlich seien. Die Verwundeten werden im Rettungszentrum im PRT Kundus behandelt.“ Text so bei Facebook kopiert
Vielen Dank für diesen präzisen Bericht. Das alles selbst herauszufiltern hätte wohl lange gedauert. Ich fühle mich durch Ihren Blog immer bestens informiert.
@Vulpis Vulpis
Auf die Umsetzung habe ich leider keinen Einfluss – das läuft via RSS-Feed und die Facebook-Applikation RSS Graffiti… Aber den Eintrag lesen Sie ohnehin komfortabler direkt im Blog…
Ob das Festhalten an 2 beamtete Staatssekretäre noch Raum läßt für eine aufgewertete Stellung des GI auf Augenhöhe (nicht gegenüber den Inspekteuren, diese Tiger wurden alle schon erlegt) – Zweifel sind angesagt!
Wenn man sich vor Augen hält, dass diese Reform durch den unverändert bestehenden Zwang zum Sparen ausgelöst wird, ist es einfach nicht zu fassen, welche finanziellen Luftschlösser durch KT und seine Gesellen zum Besten gegeben werden!
In der Sache mag jede Forderung berechtigt sein, angesichts der makro-ökonomischen Situation Deutschlands/der EU/der westlichen Welt wird eine hinreichende Finanzierung noch nicht mal im Ansatz gelingen. KT, diese Reform wird nicht mal dein Gesellenstück!
@insider
Ich glaube es ging nie ums sparen von Finanzen, sondern darum die BW für neue Aufgaben fit zu machen. Und dafür wird hoffentlich reichlich Geld zur Verfügung gestellt werden. Da waren die „Sparzwänge“ ein gelungener Aufhänger, um dies der Öffentlichkeit schmackhaft zu machen. Von Einsparungen in anderen Bereichen hört man nichts, darum keinerlei Proteste. Und zu erwartende Forderungen nach Einsparungen beim Militär sind auch neutralisiert. Geschickt gemacht, kann ich da nur sagen. Wir wissen alle (nicht zuletzt von unseren Bündnispartnern), dass eine auf Auslandseinsätze gerichtete Berufs- und Freiwilligenarmee stets teurer ist, als ein Wehrpflichtarmee zur Landesverteidigung. Es wird neue und leistungsfähigere Militärtechnik benötigt. Der Wehrsold muss zukünftig, besonders für die unteren Dienstgrade, um ein Vielfaches höher sein, als heute. Sonst geht kaum ein Mensch zur BW. Die zu erwartenden Mehrkosten können niemals durch die Verringerung der Truppenstärke aufgefangen werden, wenn die BW auch in Zukunft eine ernst zu nehmende Truppe sein soll. Wie von anderen Quellen berichtet wird, sucht sich Deutschland bereits andere militärischen Tätigkeitsbereiche. Die Truppenstärke wird vermutlich dann auch wieder steigen.
Was mich noch interessieren würde:
In dem Bericht der Weise Kommission gab es Vorschläge auch für Reservisten wieder Dienstverhältnisse als Zeitsoldaten möglich zu machen, so dies für den Einsatz, Vakanzenvertretungen und Projektbezogen oder aufgrund besonderer Fähigkeitsprofile Sinn macht. Gab es heute Aussagen die da konkreter wurden?
Ich gehe allerdings davon aus, dass die Diskussion zum Thema Heimatschutz die ebenfalls im Kommissionsberericht angerissen wurde nicht aufgegriffen wurde, da derzeit weder finanzierbar noch kurzfrisitg notwendig.
@Stefan: German-Foreign-Policy ist keine Quelle sondern üble Hetze.
@Christoph Meyer
Danke für die Warnung. Aber ich würde es begrüßen, wenn Deutschland auch in der Arktis Verantwortung übernimmt. Sollte sich dies als Wahrheit erweisen stellt sich jedoch die Frage nach der Seriösität der Medien, die uns derartige Meldung vorenthalten.
Ich habe dieses Beispiel n ur gebracht, um zu verdeutlichen, dass Deutschland in Zukunft andere Militärtechnik benötigt, z.B. Kriegsschiffe, die den Anforderungen der Arktis genügen. Was wiederum bedeutet, dass gewaltige Militärausgaben auf Deutschland zukommen werden. Also nix mit sparen.
Mir erschließt sich nicht, warum jedesmal eine „unbedingte Erhöhung“ der Bezüge gefordert wird, wenn es um die Attraktivität geht.
Soldaten werden mehr als gut genug bezahlt-wer anderer Meinung ist, soll doch bitte einmal in die -oft zitierten und für Vergleiche herangezogenen USA-schauen; dort werden Soldaten deutlich schlechter bezahlt-und leben dennoch sehr gut.
„Attraktivität“ hat nicht (nur) mit der Bezahlung zu tun-dabei geht es auch um Stellung und „Ansehen“ des Berufes.
Niemand wird wegen des Gehaltes z.B. Kampfschwimmer-da kann man in der „freien Wirtschaft“ deutlich besser verdienen.
Menschen, die diesen Weg einschlagen, haben andere Beweggründe als „nur“ das Geld.
Würde die Bundeswehr z.B. Mannschafts-Berufssoldatenstellen schaffen, gäbe es garantiert kein Problem, geeignetes (qualifiziertes) Personal zur Besetzung zu finden….
In anderen Bereichen soll übrigens auch gespart werden-angefangen mit einem Gerücht im Internet, hat es die Überlegung zur Zusammenlegung von Bundespolizei und Zoll, bzw. die angestrebte umfassende Reformierung von BKA, Verfassungsschutz und die Auflösung des MAD bereits in die Fachpresse geschafft.
Auch hier ist-wie bei der Bundeswehrreform-letzten Endes der Sparzwang der Auslöser.
Ich befürchte, das auch diese Bundeswehr-Reform ihre Dynamik im Laufe des Prozesses verlieren wird-und das am Ende nichts dabei herauskommt, was effektiv Nutzen bringen wird…
@icharbeitegern
Zum Thema Reservisten gab’s einige recht generelle Aussagen vom Minister, so nach dem Motto: wir brauchen sie. Die Details soll der stv. GI Weiler ausplanen.
Die Zahl der Zivilangestellten lag bis vor Kurzem noch bei 92000, Die Zielgröße 2010 von 75000 ist weit verfehlt worden. Eine Quasi-Halbierung der aktuellen Größe wird von Seiten des BMVg vermutlich als unrealistisch angesehen.
Bin ich eigentlich der einzige, der etwas über die Verpflichtungszeit von 25 Jahren stutzt?
Ist sowas als Regelverpflichtungszeit für Offiziere gedacht? Oder darf man nach den bisher 13 Jahren dann schrittweise erhöhen (vgl USA)?
Ich stelle mir die Frage, welcher -halbwegs bei Verstand gebliebene – Mensch sich direkt für 25 Jahre verpflichten würde. Mit 18 rein, mit 43 raus?
Wie läuft dann für die Kameraden ein Bewerbungsgespräch ab?
Firma: „Herr Müller. Sie sind jetzt 43. Was haben Sie die letzten 25 Jahre gemacht?“
Müller: „Straffrei auf Menschen geschossen! Hö Hö“
[/Sarkasmus]
@Ein Kollege
ups, ja. Blöder Fehler. wird korrigiert.
„Die deutsche Regierung will den Militärischen Abschirmdienst (MAD) auflösen und dessen Mitarbeiter beim Bundesnachrichtendienst und beim Verfassungsschutz eingliedern.
Darauf haben sich Vertreter von FDP und Union verständigt, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt nach Angaben der Agentur DPA.
…
Mit 1.300 Mitarbeitern und 14 Standorten in Deutschland kostet der MAD dem Blatt zufolge jährlich rund 70 Millionen Euro. “
http://de.rian.ru/politics/20101123/257717355.html
@Christoph Engelhardt
In der NVA waren alle Offiziere für 25 Jahre als Berufsoffiziere verpflichtet. Diese haben ihren Verstand auch nicht am Kasernentor abgegeben.
@huey
„Mir erschließt sich nicht, warum jedesmal eine “unbedingte Erhöhung” der Bezüge gefordert wird, wenn es um die Attraktivität geht.“
Eine Berufsarmee benötigt natürlich auch einfache Soldaten. Sollen diese mit 256,00 Euro auskommen?
@huey Vor einer Weile hat ein (offenbar Flecktarn tragender) Diskutant hier schon einmal darauf hingewiesen, dass die Krux die Konkurrenz durch die Poizei ist. Die für die BW infrage kommende „Kundschaft“ sieht offebar in alller Regel die Polizei als akzeptable Alternative zur BW. Wenn dann ein Anfänger bei der Polizei deutlich mehr bekommt als bei der BW landet am Ende bei der BW nur, wer es bei der Polizei nicht schafft. Der Vergleich mit den USA nützt nur wenig, die Leute dort haben ganz andere Bedingungen und Möglichkeiten.
Wenn ich mich nicht irre sind 2009 ca 60.000 Wehrpflichtige eingezogen worden.
Fallen diese nun Weg ist die Reduzierung auf den aktuellen Bestand an Zeit – & Berufssoldaten schon realisiert.
Nach der Einführung von „Neckermann- Uffz/StUffz“ und Feldwebel Light kann man diese ja als Indianer verbraten:
Aber wichtig ist ja die zivile Kontrolle der Kombatanten ;-)
Waren 1989 noch 184.300 zivile Mitarbeiter bei 486825 Soldaten ( 37, 85 %) über 130.000 zu 285.000 in 2006 (45,61 %) sind es heute noch über 90.000 ( geplant 65.000 – 70.000) für dann 185.000 Soldaten (48,64 %). So hat bald jeder zweite seinen eigenen StOV-Muckel für sich :-)
Wo verstecken sich die alle ???
Ich glaube, hier wirft jemand „Einfache Soldaten“ mit Wehrpflichtigen durcheinander.
Ein SaZ (Soldat auf Zeit) als Mannschaftsdienstgrad steigt doch auch schon mit A3 (?) ein-und erhält somit mindestens 1500 Euro (netto) plus Trennungsgeld und Reisebeihilfe, bzw. Umzugskostenvergütung usw.
Finde ich persönlich „nicht schlecht“ für einen „einfachen Arbeiter“-wenn man es mal so vergleichen will.
Jetzt bitte nicht wieder mit den „Gefahren bei Auslandseinsätzen“ kommen-erstens wird diese „Gefahr“ durch den AVZ abgegolten, zweitens ist der Auslandseinsatz immer noch die Ausnahme zum „normalen“ Routinedienst“ in Deutschland.
Die Polizei und die BuPo sind nur deshalb interessanter, weil sie JEDEM eine „Dienstverpflichtung auf Lebenszeit“ anbieten (bei der Bundeswehr als Mannschaftsdienstgrad oder Unteroffizier ohne P. nicht möglich).
Weiterhin ist der Dienst bei der Polizei gesellschaftlich deutlich höher angesehen als die Bundeswehr (denn schließlich produziert die Polizei „greifbare“ Sicherheit in Deutschland-während die Bundeswehr „Steuergelder im Ausland“ verpulvert)..
Ich prophezeie dieser Reform, das sie erneut (wie alle anderen zuvor):
-engagiert angegangen wird, dann aber
-halbherzig umgesetzt wird
-mittendrin stecken bleibt
-teurer wird, als veranschlagt
-man dann feststellt, das die (bei laufenden Umstrukturierungen noch mehrmals geänderten Strukturen) am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen…
Jetzt wird sich zeigen, ob KTzG tatsächlich „über Wasser wandeln“ kann oder ob er bloß eine Gala- und Buntetaugliche Projektionsfigur ist.
An der Bundeswehr wurde in den letzten 20 Jahren herumgedoktort und verschlimmbessert, dass sich die Balken bogen. Verbessert hat sich nichts, denn angesichts einer ständigen und massiven Unterfinanzierung konnte das Elend immer nur „umverpackt“ werden.
An der Finanzierung wird sich zeigen, was am Ende von der Reform übrig bleibt,
ein echter Neuanfang oder eine „Transformation/Deformation“ alter Schule, die lediglich mit dem weiteren – dramatischen – Abbau militärischer Fähigkeiten einhergeht.
Ein schlechtes Vorzeichen scheint mir die beibehaltung eines zweiten beamteten Staatsekretärs zu sein. Die dringend erforderliche Stärkung der militärischen Führung durch die Aufwertung des GI wird auf diese Weise gleich wieder unterlaufen.
In Sachen Finanzen scheint KTzG bereits eine erste Klatsche von Mutti gefangen zu haben:
http://www.tagesspiegel.de/politik/merkel-weist-guttenberg-zurecht-/3156964.html
PS
Und wenn es mit dem Abbau der zivilen Mitarbeiter ernsthaft und schnell zu einer Entlastung des Verteidigungshaushaltes kommen soll, so müsste dies als ressortübergreifende Aufgabe des Bundes angesiedelt werden.
Alle überhängigen zivilen Mitarbeiter/Beamte werden zeitnah in einen Stellenpool des Bundes versetzt und sind in allen Ministerien und Behörden des Bundes bei der Stellenvergabe vorrangig zu berücksichtigen…
Die Kosten für die fortlaufende Besoldung etc. müssten natürlich ab der Versetzung in den Stellenpool aus einem anderen Einzelplan/Sondertitel kommen!
Thelamon das ist eine feine Idee, aber die anderen Minister werden bei derartigen Plänen zur Schnappatmun übergehen. ;-)
Was die Finanzierung angeht, ist doch klar das nun das Hauen & Stechen mit den anderen Ministerien losgehen wird.
Bin ich in dem Zusammenhang eigentlich der einzige, den „Muttis“ Kommentar, die Generäle mögen doch bitte mit „Spaß an die Sache (Reform)“ gehen, sauer aufstößt?
Wenn mir jemand rät, mit „Spaß“ an Entlassungen, massiven Einschnitten und Stanortschließungen zu arbeiten, stößt mir das ganz bitter auf-und solche Worte kann ich daher BESONDERS von Frau Merkel absolut nicht nachvollziehen…..
Mir zeigt das mal wieder, das die Politiker jeglichen Bezug zur Realität und zu „ihrem“ Volk verloren haben…..ebenso wie das notwendige Feingefühl, das ein solches Amt erfordert…
Die gewünschten Einsparungen im Haushalt von 8 Mrd Euro in den Jahren 2011 bis 2015 waren der Ausgangspunkt, der Anstoß für die Strukturreform der Bw. Dies muss man sich immer in Erinnerung rufen !
Wenn jetzt die gewünschten Einsparungen nicht gesichert sind, dann sind 180-185000 Soldaten eben zuviel. Beim Abbau des Zivilpersonal hat das BMVg sowieso eine eigentümliche Rechenweise.
Das abgestellte Bw-Personal bei der Bw-Fuhrpark GmbH, bei der BWI, bei der LHD usw. wird als abgebautes Personal gezählt. Es wird also bei dem momentanen Abbauziel von 75000 zivilen Mitarbeiter bis Ende Jahres als abgebaut betrachtet. Trotzdem haben fast alle von diesen Beschäftigten einen ungekündigten Arbeitsvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland und werden aus dem Verteidigungshaushalt bezahlt !
Des weiteren gibt es fast keinen über 55 jährigen zivilen Mitarbeiter (im tariflichen Bereich) bei der Bw mehr. Entweder sie befinden sich in Altersteilzeit (gilt als abgebaut), oder sie haben nach dem Tarifvertrag Umbau Bw die Härtefallregelung ab 55 Jahre in Anspruch genommen (Gehalt wird zu 70 % und Rentenbeiträge werden bis zu 100 % bis zum regulären Renteneintritt weiterbezahlt).
Dieser Tarifvertrag läuft demnächst aus. In der Konsequenz gibt es kein „abbaubares Zivilpersonal“ über 55 Lebensjahre mehr. Wenn also in den nächsten 5 Jahren das Zivilpersonal von Ist: 90000 auf 60000 Beschäftigten abgebaut werden soll, wird dies sehr viel Geld für Auflösungsprämien kosten und in dem gewünschten Umfang nicht zu realisieren sein.
Nach einer überschlägigen Schätzung kosten 30000 Zivilbedienstete mehr als in der Zielstruktur gefordert, ca. 1,5 Mrd Euro pro Jahr.
Eine Reduzierung von jetzt ca. 190000 SaZ und BS auf ca. 177000 SaZ und BS(185000 – 7500 FWD=177000) hört sich nicht besonders schwierig an.
Im Detail will man jedoch eine andere Personalzusammensetzung wie bisher. Wesentlich mehr längerdienende Mannschaftdienstgrade und SaZ und wesentlich weniger Berufssoldaten. Da im öffentlichen Dienst noch das Senoritäsprinzip gilt, sind die älteren Dienstgrade wesentlich teurer als junge Soldaten im gleichen Dienstgrad.
Damit diese älteren Soldaten also ihre relativ gut bezahlte Positionen in einem Lebensalter jenseits von 40 Jahren aufgeben, muss das wirtschaftliche Risiko für diese Personengruppe überschaubar bleiben.
Wenn man also z.B. 20000 Berufssoldaten vorzeitig pensionieren will, dann muss man sicherlich mit verbleibenden 70 – 80 % Pensionskosten rechnen. Diese belasten auf Dauer den Verteidigungshaushalt (Remanenzkosten), nachdem die Pensionskosten vor einigen Jahren vom Einzelplan 60 in den Einzelplan 14, also in den Verteidigungshaushalt verlagert wurden.
Wenn man also wieder die Beispielrechnung anstellt und ca. 20000 DP x 50000 Euro (Durchschnittswert) x 75 % nimmt, dann ergibt das 750 Mio Euro / Jahr als dauerhafte Belastung für den Verteidigungshaushalt.
In der Summe kostet der zivile und militärische Personalabbau in den nächsten Jahren ca. 2,25 Mrd Euro / Jahr.
Wohlgemerkt dies sind allein die Mehrkosten durch die Personalreduktion bzw. den zivilen Personalüberhang über der Zielstruktur. Entsprechend eng werden die Spielräume für die Gestaltung des Umbaus der Bw werden, der ja mit StO-Verlegung, Schließung, Änderung der Ausrüstung usw. ein gewünschtes Einsparpotential von 2 Mrd Euro /Jahr von 2011 – 2016 bringen soll, anstatt ca. 2 Mrd / Euro pro Jahr an Mehrausgaben !
@ Huey
Volle Zustimmung, „Spaß an der Sache“ ist etwas anderes als eine Bw-Reform !
Ach ja,
das wird wohl schwierig werden, da die hidden agenda von der Politik nicht transparent gemacht wird,
Worum geht es denn eigentlich bei der sogenannten Bundeswehrrefom?
Deutschland ist in den vergangenen Jahren erhebliche (internationale) Verpflichtungen eingegangen:
1. Zusagen fur NRF, EU headline goals und UN standby (isngesamt um die 35000 Soldaten)
2. Politische Zusagen im Rahmen von Zielvorstellungen der mulitlateraten Organisationen (UN, NATO, EU) wie zum Beispiel qualitative Zusagen im Rahmen von capacity commitments (zuerst 2002) an die NATO.
und 3.
allgemeine deutsche politische Zielvorgaben im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Bspl. Weißbuch 2006).
Zudem strebt Deutschland seit Mitte der 2000er Jahre einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat an ( da gilt, es in Vorleistung zu gehen),
Wie wollen wir also alle diese Erwartungen und Zusagen gegenüber unseren Bündnispartnern und der Weltgemeinschaft erfüllen?
Sicherlich nicht mit den auf die nächsten Jahren prägenden Vorgaben des Titel 14 Haushaltsplan (Etat Bundeswehr).
Letztendlich läuft alle dies auf die Frage hinaus, was ist unsere Rolle und was ist unser Selbstbild im Rahmen der internationalen Politik. Und da ist eine Erosion unserer multinatiionalen Verpflichtungen zu befürchten, der Verlust der Interoperationalität und:
und um die alles bestimmende Antwort drückt sich Politik herum:
Ist Deutschland eine regionale Mittelmacht mit globaler Verantwortung oder sind wir mehr?
Vielleicht ein bisschen mehr Detailklarheit, obwohl diese Rede was für Kenner ist: Generalinspekteur Volker Wieker am 23. November vor der Bundeswehrtagung in Dresden, der komplette Redetext zum download hier.
[quote]Ist Deutschland eine regionale Mittelmacht mit globaler Verantwortung oder sind wir mehr?[/quote]
Deutschland ist nicht mal das.
International wird unser „Bemühen“ (egal, ob auf dem Balkan, vor der Küste Afrikas oder in Afghanistan) allenfalls müde „belächelt“.
Während andere Nationen hunderte (Kriegs)gefallener zu beklagen haben, „drückt“ sich die Bundeswehr immer noch gut bewacht in den Lagern herum-und nur ein winzig kleiner Teil reist durch die Lande und hält Small Talk mit den Locals…
So wird es jedenfalls international gesehen-die wenigsten wissen oder interessieren sich dort für die Rolle Deutschlands.
Frankreich, Großbrittanien und die USA werden da schon anders betrachtet…
Sicher-für unseren Sanitätsdienst beneidet man uns….und für einige andere Kleinigkeiten auch…..das war es aber im Großen und Ganzen schon….
@huey: Welche anderen Nationen haben denn „hunderte (Kriegs)gefallene[r]“ (sic!) in halbwegs aktuellen Einsätzen zu beklagen?
Nur UK/USA, Frankreich sicherlich nicht und auch sonst kein NATO-Land. Dass Deutschland international in dieser Hinsicht schlecht angesehen ist, liegt nicht an der Anzahl der Gefallenen.
Sehr interressanter Beitrag von General a.D. Dieter ;-)
http://www.md-office-compact.de/Topdown-Bottomup.htm
Die Rede des GI auf der Bw-Tagung:
http://www.bmvg.de/fileserving/PortalFiles/C1256EF40036B05B/W28BGNL6951INFODE/Rede%20Generalinspekteur%20Bundeswehrtagung%202010.pdf
Kurzzusammenfassung: Das Imperium schlägt zurück…
@ T.W.:
Wäre das nicht war für einen gesonderten Post?
@memoria
Äh, den Link zur GI-Rede habe ich doch drei Kommentare vorher gepostet…
Wieso „das Imperium schlägt zurück“?
gesonderter Post, wenn ich dazu komme (muss bisweilen auch paar Geldbringende Aufträge abarbeiten ;-) )
@huey
Generäle sollten schon Spaß an einer Reform haben, deren Ziel effizientere Streitkräfte sind.
Hunderte von Kriegsgefallenen sind kein Zeichen besonderer militärischer Leistung, sondern eher ein Zeichen militärischem Unvermögens. Nicht die Streitkräfte mit den größten Verlusten kämpfen am besten, sondern die mit den geringsten Verlusten.
Es geht nicht darum, wie gewertet wird-es geht darum, wie die Bevölkerung eines Staates das Engagement ihrer eigenen Truppen und das anderer Staaten wahrnimmt-und da zählt eben vorrangig (leider) der „Body-Count“….
Deutschand bewertet sich selbst vollkommen falsch, wenn die Politiker uns immer wieder vermitteln, wie wichtig wir doch angeblich weltweit seien-denn das ist einfach falsch….
zu beitrag von georg 23.11.2010
es haben nicht alle zivilen mitarbeiter ab 55 jahren die altersteilzeit sowie
den härterfall in anspruch nehmen können.
die berufsgruppe „elekriker“ dürfen das nicht.
das wurde von oben festgelegt.
ich kenne mindestens 10 leute davon.
da ich selbst davon betroffen bin,kann ich nur sagen,das ist die
reinste diskriminierung einer berufsgruppe.
Mich würde mal interessieren was seit der Ankündigung denn überhaupt passiert ist. Noch sind keine gesetzlichen Maßnahmen zum Personalabbau in der Pipeline?