So kürzen die Briten
Großbritannien hat heute seine geplanten Kürzungen im Verteidigungshaushalt und die damit verbundenen Einschnitte in Truppenstärke und Ausrüstung bekannt gegeben. Die Einschnitte fielen mit acht Prozent moderater aus als in den vergangenen Tagen erwartet – aber immer noch deutlich genug. Dennoch bleiben die Briten bei einem Anteil des Verteidigungshaushalts von mehr als zwei Prozent am Bruttoinlandsprodukt, berichtet die BBC – andererseits sind da auch die britischen Atomwaffen mitgerechnet, die immer mit etwa 0,7 Prozentpunkten Anteil daran haben.
Die Details sind hier nachzulesen.
Aus Zeitgründen verweise ich für die Analyse auf die Bloggerkollegen von Taches d’Huile/Inkspot: From a Special Relationship to a Dependency Relationship. Die finden es, pardon, erbärmlich, dass die Briten künftig maximal in Stärke einer Brigade auf Auslandsmissionen gehen können wollen. (Mal sehen, was sie in absehbarer Zeit zu dem dann klaren deutschen Ansatz sagen – die Bundeswehr, vermutlich auch künftig größer als die britischen Streitkräfte, peilt ja eine Einsatzstärke von bis zu 10.000 Soldaten an. )
Crew members line up before the commissioning ceremony of the Royal Navy submarine HMS Astute at the Clyde Naval Base near Glasgow, Scotland August 27, 2010. REUTERS/David Moir via picapp
Wer sich die Rede des britischen Verteidigungsministers Liam Fox anhören möchte:
HMS Ark Royal wird sofort verschrottet, Invincible ist sowieso schon ausgemustert, Illustrious wird zum Hubschrauberträger.
Harriers werden alle stillgelegt.
Nimrod MR4 werden nicht beschafft, nachdem die Flugzeuge eigentlich halb fertig sind und das training für die Besatzungen begonnen hat.
Schade daß die Marineflieger schon die Orions von den Holländern haben, das wäre ein Schnäppchen gewesen.
Die Briten haben in Zukunft keine Seefernaufklärer und Langstrecken U-Jäger mehr.
Von den neuen Trägern soll einer sofort nach Fertigstellung eingemottet werden.
Arme Royal Navy….
Man kann die britische Situation nicht wirklich mit der deutschen vergleichen.
Klar, wenn JCR recht hat, dann ist die klassisch höchste Priorität der Briten, die Navy, bald ne Nummer schwächer. Aber eventuell hat man sich auch von etwas verabschiedet. Von einem Gedanken, das Empire müsse überall auf der Welt maritim auftreten können.
Allerdings ist eines sehr auffällig. Dafür, dass die Einsparung „nur“ acht Prozent eines sehr großen Etats sein soll, sind Änderungen wie „reduce our holdings of Challenger 2 tanks by around 40 per cent and our heavy artillery by around 35 per cent;“ eigentlich ziemlich happig. Sogar sehr happig. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum eine solch radikale Reduzierung nötig ist, wenn man den Etat um 8% kürzt… Die Kosteneffektivität bei unseren Armeen scheint immer schlechter zu werden.
Und die neuen Träger werden zumindest für 10 Jahre keine Flugzeuge haben ….
Statt mit einem verträglichen Budget eher lokale Mittelmacht zu sein, versuchen die Briten mit dem gleichen Budget weltweite Großmachtallüren zu haben. Letzteres ist nicht real umsetzbar und zerstört die Möglichkeit des Ersteren.
Da Herr Gutenberg in Berlin meint auch ausserhalb Europas mit Militäreinsätzen spielen zu können, befürchte ich das der Bundeswehr ähnlich Unsinniges bevorsteht. Haufenweise Fernverkehrstransportflieger aber keine Infanteriebrigaden die eine Stellung in Europa halten können.
Reuters hat eine Liste der vorraussichtlichen UK Streichungen: UK military hardware orders at risk as spending cut
Wenn ich BBC richtig lese soll ein Carrier von 2 für Standard-Landeverfahren ausgerüstet sein – der andere nicht…
Das hieße, es wird weiterhin der teurere JSF-Senkrechtstarter beschafft (statt JSF-Standardcarrierversion, den es dank der US Navy auch gibt) – um dann vom eingemotteten Carier aus eingesetzt zu werden? Macht das für irgendeinen Experten von euch da draußen Sinn?
Ich vermute mal entweder sie rüsten den Träger um der gerade im Dienst ist oder der jeweils inaktive ist als Hubschrauberträger vorgesehen.
Die Briten hatten ja seit 1990 etwa nicht mehr 3, sondern de facto 2 Invincibles im Dienst, immer 1 Schiff war in Reserve, und in den letzten Jahren wurde ja Invincible schon ausgeschlachtet um die anderen zu erhalten, auch wenn Invincible offiziell in „Reserve“ war, war es jedem klar daß das Schiff nur wieder in Fahrt kommt wenn man die anderen beiden dafür ausschlachtet ;)
Das ganze übrigens direkt nachdem das Schiff überholt worden war und eigentlich eine Dienstzeitverlängerung um 10 Jahre geplant war.
Bei den neuen Träger wirds dann halt 1 von 2 Schiffen.
@ Niklas: Die Ursache für dieses anscheinende Mißverhältnis liegt wohl darin, daß man sowohl Atomwaffen als auch Flugzeugträger hält; alles sehr kostspielige Systeme. Reduziert man den Etat dann „nur“ um 8%, werden daraus bei anderen Systemen schnell mal 40%.
Die Royal Navy wird also in Zukunft 19 Überwasserkampfeinheiten haben und 7 strategische U-Boote.
Die Royal Navy hat 41 Admirale.
Der arme Nelson würde sich bei dem Verhältnis wohl im Grab umdrehen …
Wie sieht das Verhältnis bei der Bundesmarine aus?
Dafür haben die Briten dann immer einen Admiral (oder General), den sie aus dem Hut ziehen können, wenn es irgendwo in einem internationalen Stab eine wichtige Position zu besetzen gilt…
Die Kürzungen sind zwar nominell nur 8% aber dafür wird meines Wissens die Trident Ernuerung (die ja verschoben worden ist) ins core defence budget genommen (zuvor war sie extra). Zudem war das defence budget wegen Afghanistan, Iraq aber vor allem wegen dussliger procurement politik der alten Regierung 10% drüber -> Dann sind das schon eher 20% cuts.
Ich finde die drastischen cuts bei der Navy und vor allem deren Air Wing ziemlich bescheuert aus strategischer Sicht. Die leben nach wie vor auf einer Insel und deswegen brauchen die einfach eine funktionierende Navy. Ich rede hier nicht nur von den Carrieren (was sowieso dusselig genug ist) sondern von den anderen surface vessels und Anti U-Boot fliegern (sind hier in den Kommentaren auch schon erwähnt worden). Gerade letzteres ist schon bedenklich in Zeiten wo die Russen immer eines ihrer U-Boote neben der Insel geparkt halten um die Signatur von den Triden Vanguard U-Booten zu identifizieren (hab gerade keinen Link dazu parat). Darüber hinaus frage ich mich wovon die Planung mit den Carriern geleitet war….naja Geld wohl überwiegend, aber selbst dann macht es kaum Sinn. Der eine wird verkauft nach drei Jahren ohne das ein einziger Jet von denen geflogen ist und der andere kann erst Jahre später mit JSF ausgestattet werden. Zudem ist es ja nicht so das die da gleich genug haben um den einen Carrier dann voll auszulasten. In dem Zeitraum wo dann keine Jets fliegen entsteht ein großes Skill Vakuum. Auf nem Träger zu Landen erfordert eine lange Ausbildung von Piloten und Crew. Die können das dann noch allenfalls auf amerikanischen Trägern üben das sie dann fit sind wenn sie dann mal ihre Flugzeuge haben.
Ist alles schon etwas verwunderlich wenn man bedenkt dass das Budget des Int. Develeopment Office unverändert bleibt. Ich bin sonst eigentlich der letzte der den Schwerpunkt auf das Militär legt aber die Entscheidungen sind schon eher lachhaft.
Die Bundesmarine hat 0 Admirale weil es sie seit etwa 1991 nicht mehr gibt:P
Die Deutsche Marine hat bestimmt ein ähnliches Verhältnis, das ist bei allen NATO-Ländern so denke ich mal.
Zu Nelsons Zeiten gabs wahrscheinlich auch mehr Admirale als Schiffe (wer Post-Captain wurde endete praktisch automatisch als Admiral wenn er nicht vorher starb) nur hatten die meisten davon keine weiteren Aufgaben und waren einfach bei halbem Sold Privatleute…
Sieht man die gesamten Kürzungen die die britische Regierung heute verkündet hat, ist das Militär noch sehr gut weggekommen. Dort wurde leider nur an der falschen Stelle gespart.
Die Tory Regierung will über die nächsten vier Jahre 500,000 öffentlich Bedienstete entlassen
Thatcherismus vom feinsten – nur das Thatcher das Nordseeöl hatte dessen Entwicklung die Sparmassnahmen erträglicher machten. Das Öl ist fast alle und diese Kürzungen werden GB in eine weitere heftige deflationäre Rezession stürzen.
Die britische (neoliberale) wirtschaftliche Gesamtstrategie der Vernichtung der produzierender Wirtschaft zugunsten der Finanzwirtschaft rächt sich jetzt.
Nicht das wir da so viel besser sind. Unsere rein auf Export orientierte Wirtschaftspolitik wird sich in den anstehenden Währungskonflikten (die am Rande durchaus „heiss“ werden könnten) auch als negatives Element erweisen.
Hallo
Gestern wurde im Radio auf DLF berichtet das die Briten ihre Streitkräfte in Deutschland ebenfalls aus spargründen schon innerhalb der nächsten 10 Jahre vollständig abziehen wollen.
Moment mal. Der öffentliche Dienst in GB ist eine einzige ABM!
Waren Sie schonmal drüben? Wenn Sie in Glasgow aus der Bahn steigen, stehen draußen drei Hansels an den Ausgängen, die sie fragen ob sie auch ja ne Karte haben. Die Eingänge zu den Zügen sind mit Schranken abgesperrt.
Das sind Leute, die eben im „öffentlichen Dienst“ arbeiten. Zu viele.
Das Problem in Europa ist der mangelhafte Binnenmarkt, weil mittlerweile jeder Fussel in China gemacht wird. Unsere Exportleistung ist da im Prinzip ein Ersatz. Ich glaube nicht, dass wir mit China dahingehend größere Probleme kriegen werden. Das kann man so auch nicht voraussagen. Ich hoffe nur, dass in Zukunft mehr Sachen in Deutschland produziert werden, die auch hier verkauft werden, es Lohnsteigerungen gibt um somit deutsche Güter zu finanzieren. Das wäre ein eventueller Weg aus der Arbeitslosigkeit und Minibeschäftigung hin zum wirtschaftlichen Gleichgewicht.
Verweis auf das magische Viereck (auch Siebeneck) aus der VWL.
@ Niklas
in der gleichen Radiosendung in der von dem Abzug der Soldaten berichtet wurde, wurde ebenfalls bekanntgegeben dass der Öffentliche Dienst in England um ca 450.000 – 500.000 Stellen reduziert werden soll.
Ja, ich weiß, dass die das vorhaben. Aber das ist auch richtig so. Weil es eben ein aufgeblähter öffentlicher Dienst ist. Und die Rheinarmee verschlingt unnötig Geld. Auch wenn meine Region sicher wirtschaftlich davon profitiert, kann ich den Briten nicht verdenken, das Geldverschenken endlich zu stoppen.
Das einzige was dahingehend Sinn macht, ist öfters mal eine Kompanie oder so zum Training nach Bergen zu schicken, da das bekanntlich ein übergroßer Übungsplatz ist.
Dort kann man dann mit Niederländern und unseren Leuten hübsch was machen.
Aber der momentane Umfang ist schlichtweg Wahnsinn.