BMVg-Papiere vom Urheberrecht geschützt? Jetzt soll EU-Gerichtshof entscheiden
Die Frage, ob eingestufte Papiere aus dem Verteidigungsministerium durch das Urheberrecht geschützt sind und auf diesem Weg eine Veröffentlichung verboten werden kann, wird nun den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigen. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe erklärte in einer am (heutigen) Donnerstag veröffentlichten Entscheidung, das Verfahren werde ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt: Es gehe um eine Abwägung zwischen dem Urheberrecht und den Grundrechten auf Informations- und Pressefreiheit.
Der Hintergrund des seit Jahren anhaltenden Rechtsstreits steht hier. Kurz gefasst: Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) hatte im Faksimile etliche der so genannten Unterrichtungen des Parlaments (UdP) veröffentlicht, in denen das Verteidigungsministerium wöchentlich den Bundestag über die Lage in den Einsatzgebieten der Bundeswehr informiert. Dagegen klagte, noch unter dem damaligen Minister Thomas de Maizière, das Wehrressort – aber nicht wegen Verletzung der Geheimhaltung, sondern wegen Urheberrechtsverletzung. Sowohl das Landgericht Köln als auch das Oberlandesgericht Köln hatten im Sinne des Verteidigungsministeriums entschieden.
Aus der Pressemitteilung des BGH:
Beschluss vom 1. Juni 2017 – I ZR 139/15 – Afghanistan Papiere
Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Abwägung zwischen dem Urheberrecht und den Grundrechten auf Informations- und Pressefreiheit vorgelegt.
(…)
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vorgelegt.
Nach Ansicht des BGH stellt sich die Frage, ob eine widerrechtliche Verletzung eines Urheberrechts an den UdP ausscheidet, weil das Recht der Klägerin zur Vervielfältigung (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG*) und zur öffentlichen Wiedergabe (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG**) der Berichte oder die von der Beklagten geltend gemachten Schrankenregelungen der Berichterstattung über Tagesereignisse (der Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG***) und des Zitatrechts (Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG****) im Lichte der im Streitfall betroffenen Grundrechte und Interessen auszulegen und anzuwenden sind, und die von der Beklagten geltend gemachte Behinderung der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit durch das Urheberrecht an den UdP schwerer wiegt als der Schutz von Verwertungsinteressen und Geheimhaltungsinteressen der Klägerin.
(…)
Der BGH hat dem EuGH ferner die Frage vorgelegt, ob die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta*****) und der Pressefreiheit (Art. 11 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta******) Einschränkungen des ausschließlichen Rechts der Urheber zur Vervielfältigung und zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke außerhalb der in der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Schranken dieser Rechte rechtfertigen. Diese Frage stellt sich, weil die Voraussetzungen der – hier allein in Betracht kommenden – Schranken der Berichterstattung über Tagesereignisse und des Zitatrechts nach dem Wortlaut der betreffenden Regelungen der Richtlinie nicht erfüllt sind.
Das wird also noch dauern – aber es geht ja um sehr Grundsätzliches. Das Verteidigungsministerium hatte am Vortag noch einmal deutlich gemacht, dass aus Sicht des Ressorts das Urheberrecht sehr wohl ein Instrument ist, die Sicherheit deutscher Soldaten zu schützen: Die Abwägung ist damit aus Sicht der Ministerialen recht einfach, obwohl die seit Jahren vor Gericht verhandelte Frage um die Wiedergabe der Dokumente im Original geht, nicht eigentlich um den Inhalt. Der allerdings, das fällt da unter den Tisch, für die Frage einer Gefährdung wesentlicher sein dürfte, wie ja auch Ministeriumssprecher Jens Flosdorff vor der Bundespressekonferenz am 31. Mai 2017 erklärte:
Frage: Ich habe im weitesten Sinne eine Frage zur Sicherheitslage in Afghanistan. Herr Flosdorff, morgen entscheidet der BGH über eine Klage des Bundes gegen die „WAZ“. Es geht dabei um diese sogenannten Afghanistan-Papiere, mehrere tausend Seiten militärische Lageberichte, die veröffentlicht werden sollten. Das Verteidigungsministerium hat versucht, das zu verhindern. Warum gehen Sie so vehement gegen diese Veröffentlichung vor?
Flosdorff: Hier handelt es sich um einen Fall aus dem Jahr 2013. Um es gleich vorweg zu sagen: Das Verteidigungsministerium vertritt nach wie vor die Position, dass diese als vertraulich eingestuften Informationen an das Parlament nicht veröffentlicht werden dürfen. Das hat folgenden Hintergrund: Diese Unterrichtungen des Parlaments lassen Rückschlüsse auf Einsatzstrategien nicht nur unserer Streitkräfte, sondern auch der anderen in Afghanistan vertretenen Streitkräfte zu. Sie sind, wenn es dort um bestimmte Details geht, im Ergebnis dazu geeignet, Leib und Leben der im Einsatz eingesetzten Soldatinnen und Soldaten zu gefährden.
Ebenso regelmäßig wie wir die Parlamentsunterrichtungen vornehmen, unterrichten wir auch die Öffentlichkeit. Es gibt eine Version von Unterrichtungen über Berichte aus dem Einsatz, wo diese Details ausgespart werden und die frei verwendbar für die Presse sind. Über die kann man sich auch sehr gut ein Lagebild verschaffen, ohne dass die Soldatinnen und Soldaten gefährdet werden. Deswegen warten wir jetzt ab. Diese Rechtsauffassung, die wir haben, wurde bereits im Jahr 2014 vom Landgericht Köln bestätigt. Das Oberlandesgericht Köln hat im Juni 2015 diese Rechtsauffassung bestätigt. In diese Woche steht eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs an, und diese bleibt abzuwarten.
Zusatzfrage: Einen Eingriff in die Pressefreiheit sehen Sie nicht?
Flosdorff: Es ist eine Gewichtung, die auch die Richter der vorherigen Instanzen vorgenommen haben. Auf der einen Seite steht die Pressefreiheit und das berechtigte Interesse, voll umfänglich über alles berichten zu können. Auf der anderen Seite stehen Leib und Leben der Soldaten, die Gefährdung und das Risiko für die eingesetzten Truppen. Das ist immer eine Abwägung. Die Waagschale hat sich in den beiden vorherigen Instanzen in Richtung Leib und Leben der Soldatinnen und Soldaten gesenkt, was ich hier ausdrücklich begrüße. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof das Thema sieht.
Interessanter bleibt aus meiner Sicht weiterhin, was dem Parlament vorenthalten wird. Das sollten vor allem die Soldaten sich anschauen. Es kann nicht sein, das ein schiefes Bild des Einsatzes in die Pressemeldungen und vor allem an das Parlament eingeht.
Mit dem EUGh gewinnt das BMVg nun wieder Zeit. Schon jetzt sind seit den letzten Berichten fast 5 Jahre vergangen und – wie bei den meisten Leaks aus Sicherheitskreisen – gibt es keine Kausalitäten, die belegen, dass es konkrete Gefährdungen gegeben hat.
Wer sich selbst einen Eindruck verschaffen will, kann sich die Papiere z.B. hier anschauen. Die Schilderungen sind so offenkundig, dass sie auch von lokalen Journalisten gemacht worden sein könnten:
https://daniel-luecking.berlin/AfghanistanPapiere/#!/
Ach Gott – hatte ich gar nicht mehr auf der Agenda. Ist ja nun auch völlig Wurst, wie das Urteil ausfällt. Reine Spiegelfechterei. Denn das Ministerium hat ja für das heutige und zukünftige „Sorgen um die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten“ alle Instrumente selbst in der Hand.
Hans Schommer
(@T.W. bitte den 14:35 Uhr Kommentar löschen – da fehlte ein Wort. In diesem ist es ergänzt)
@Hans Schommer
Für den Journalismus ist der Fall weiterhin hoch brisant. Wenn das Veröffentlichen von Dokumenten im Volltext über das Urheberrecht strafbar wird, dürften das auch zahlreiche andere Ministerien nutzen.
Über die Dauer des NSA-Untersuchungsauschuss gab es z.B. auch zahlreiche Hochstufungen von Dokumenten, die vorher deutlich zugänglicher waren. Wenn die Instrumente der Geheimhaltung und das Urheberrecht dazu missbraucht werden, unliebsame Diskussionen zu verhindern, dann ist das ein Mißbrauch der Staatsgewalt.
Zusätzlich:
Seit der Straftatbestand der „Datenhehlerei § 202d StGB eingeführt ist, wäre es z.B. für Journalisten, wie Thomas Wiegold unmöglich, mit den Informationen aus den Afghanistanpapieren zu arbeiten, weil schon der Besitz strafbar ist. Rechnen Sie sich aus, wieviel von Thomas‘ Berichterstattung übrig bleibt, wenn nur noch Pressemeldungen aus dem Verteidigungsministerium als Quelle in Frage kommen.
Wie soll ein Informant die Relevanz eines Themas gegenüber dem Journalisten belegen?
Jezt kommt bestimmt bald das Argument „Wer kontrolliert die Kontrolleure der 1., 2., 3. Macht im Staate wenn nicht die 4. Macht aka „die Presse“.- nun Kontrolle sollte sachlich und fachlich kompetent sein, und da hab ich so meine Zweifel was die Fach-und Sachexpertise der „Presse“ in Sachen Einsätze der BW anbelangt – außer dem Hausherren kenn ich eigentlich keinen anderen Journalisten hier in Deutschlnd, dem ich eine solche Fachlichkeit und Sachlichkeit zuerkennen würde. Und Kampagnenjournalismus kann keiner gebrauchen – ganz bestimmt nicht unsere Soldaten-
Es ist Keinem gedient oder geholfen, wenn selbsternannte Experten oder „Betroffene“ anhand geleakter UdP quasi z.Bsp. eine systematische Gefährdung unserer Einsatzsoldaten durch das BMVg/Einatzplanung/-führung kaffeesatzlesender Weise konstruieren würden nur um die Verlegerkasse zu füllen. Das gleiche gilt imho für die „Skandalisierung“ und gewerblich/politische Instrumentalisirung von Einzelfällen.
Hoffentlich läßt sich der Gerichtshof der Europäischen Unionviel, viel Zeit mit diesem deutschen Einzelanfrage und hoffentlich läßt sich anschließend der Bundesgerichtshof viel, viel Zeit mit dem Studium der Antworten des EUGH, bevor er dann einen „weisen“ Spruch fällt.
Mal überlegt, dass die dünne Zahl an kompetenten Journalisten vielleicht das Ergebnis der Geheimniskrämerei des Hauses selbst ist, Klabautermann?
Realität (z.B. Einsatzbereitschaft) und Bundeswehrwerbung gehen so weit auseinander, dass sich das Ministerium schon fast lächerlich mit den Darstellungen macht.
@ Daniel Lücking
Bei allem Respekt, aber ich denke dass Sie bei dieser Sachlage zu sehr persönlich betroffen sind, um ein objektives Urteil zu fällen. Ich stimme dem klabautermann zu – es gilt sorgsam abzuwägen, ob „der Nutzen“ (im Sinne des Qualitätsjournalismus) letztlich dem möglichen Mißbrauch überwiegt.
Wer soll das abwägen?
Wer wägt die Abwäger?
Wenn es so läuft, wie von K & V impliziert, dann wägt das Ministerium ab, weil Journalisten „unqualifiziert“ sind. Und das Parlamentarier ebenfalls „keine Ahnung“ hätten, gab es so als Behauptung rund um dieses Thema bereits mehrfach hier in den Kommentaren.
Wenn das die Vorstellung von einer „Parlamentsarmee“ und von „Staatsbürgern in Uniform“ ist, dann ist diese Armee weiter fortgeschritten, als es nach 1955 vorgesehen war. Eine Armee, die sich vor Öffentlichkeit und Parlament verschließt gefährdet die Demokratie.
@Daniel Lücking | 01. Juni 2017 – 17:24
„Wenn das die Vorstellung von einer „Parlamentsarmee“ und von „Staatsbürgern in Uniform“ ist, dann ist diese Armee weiter fortgeschritten, als es nach 1955 vorgesehen war.“
Sorry, aber die hier geführte Diskussion hat weder etwas mit dem Konzept „Parlamentsarmee“ noch mit dem Konzept „Staatsbürger in Uniform“ zu tun.
Hier ist die Frage Geheimschutz, Urheberrechte, Informationsfreiheit und „4. Gewalt“.
Man kann nun zu diesem Vorgang so oder so stehen, aber ich habe ein bißchen den Eindruck, als würden Sie die beiden „Tabu-Begriffe“ Parlamentsarmee und Staatsbürger in Uniform einfach nur in den Raum werfen um die Diskussion abzutöten…
„Eine Armee, die sich vor Öffentlichkeit und Parlament verschließt gefährdet die Demokratie.“
Auch das ist eine seltsames Begründung für die hier anhängige Frage.
Eine Armee die sich von Öffentlichkeit und Parlament verschließt gefährdet zunächst einmal die Demokratie überhaupt nicht. Sie gefährdet sie erst dann, wenn sich sich dem Primat der Politik nicht mehr unterwirft, aber das eine ist mit dem anderen nicht zwangsläufig verbunden.
Darüber hinaus bezweifelt das BMVg ja gar nicht seine Berichtspflicht ggü. dem Bundestag. Es versucht nur über „Tricks“ die Abgeordneten an ihre Vertraulichkeitsverpflichtung zu binden.
Darüber kann man nun streiten. Zum einen über die Frage ob die hier einschlägigen Papiere überhaupt VS-NfD sein sollten, zum anderen ob solche Vertraulichkeitseinstufungen für Volksvertreter verpflichtend sein können und zum Dritten ob das irgend etwas mit den Rechten und Pflichten der Presse zu tun hat.
D.h. es sind durchaus berechtigte Fragen anhängig, aber ihre Behauptungen haben sachlich einfach nichts mit dem hier anhängigen Problem zu tun.
Die Behauptungen des Regierungssprechers, daß die Veröffentlichungen die Soldaten gefährdet hätten, ist eine Märchenstunde. Mir ist nichts aufgefallen an diesen Berichten, was Soldaten hätte gefährden können. Vielmehr war mein Eindruck, daß diese Informationen für die ganze Bevölkerung sein sollten und die Verteidigungspolitiker nicht mit so schlechten und unzureichenden Berichten hätten abspeisen lassen dürfen.
Juristisch steht der BGH wohl mehr auf der Seite der Entscheidungen der unteren Instanzen, aber er schiebt das Problem jetzt elegant erstmal nach Europa ab. Vor allem aus der zweiten Frage kann man schießen, daß der BGH gegen die WAZ entschieden hätte, aber der BGH hält es für möglich, daß der EuGH das Zitierrecht weiter auslegt oder der Pressefreiheit mehr Gewicht gibt, als der BGH bis jetzt und jetzt hat der EuGH erstmal den schwarzen Peter. Und egal was der EugH sagt, kann der BGH später immer seine Hände in Unschuld waschen, und die Verantwortung an den EuGH abschieben.
Für die Pressefreiheit wäre es besser, wenn es Urheberrecht für den Staat nie geben würde.
@closius | 01. Juni 2017 – 17:57
„Für die Pressefreiheit wäre es besser, wenn es Urheberrecht für den Staat nie geben würde.“
Da stimme ich zu. Ich bin zwar der Überzeugung, dass man gegen die Veröffentlichung von vertraulichen Unterlagen vorgehen sollte, aber eben via Strafrecht und nicht über das Hilfsvehikel des Urheberrechts.
Im konkreten Fall sehe ich zwar durchaus das Urheberrecht einschlägig, aber eben nur deswegen, weil in DEU der Staat auch ein Urheberrecht gelten machen kann.
Ich finde das US-amerikanische Prinzip hier besser, bei dem der Staat kein normalerweise Urheberrecht geltend machen kann, aber dafür umso strenger gegen echte (!) Geheimschutzverstöße vorgeht…
Ganz losgelöst vom Thema Pressefreiheit und Urheberrecht, oder ob die Papiere höher oder überhaupt nicht eingestuft gehört hätten:
Kann jemand aus der 2er Leiste oder der Rechtsberatung bitte wirklich kompetent und ganz sachlich aufklären, in wie weit Verschlusssachen nicht (mehr) grundsätzlich geschützt sind.
Ist sowas wie „NfD, Vertraulich, Geheim, Streng Geheim“ mittlerweile lediglich eine „unverbindliche Anregung“ etwas möglichst unter Verschluss zu halten?
Beim Googeln habe ich noch § 353b StGB entdeckt – aber der gilt ja wohl nur für jemanden, der das Dienstgeheimnis preisgibt – nicht für den, der es veröffentlicht.
Kann mittlerweile jeder wie er mag Verschlusssachen einfach veröffentlichen? Oder sind nur Journalisten geschützt?
Wird sowas nicht (ab irgend einer Stufe) irgendwie strafrechtlich sanktioniert? Ich glaube mich erinnern zu können, daß dafür Spione früher richtig in den Knast gewandert sind.
Oder ist der Trick einfach, es nicht mehr einem Führungsoffizier bei Nacht und Nebel über einen toten Briefkasten zuzustecken, sondern es auf irgend einer Plattform zu veröffentlichen, wo es dann jeder (auch der Führungsoffizier) einfach lesen und runterladen kann? Wer gestern noch „Spion“ war ist heute „Whistleblower“?
Sogar Soldaten, die lediglich irgendwo im Kompaniekeller noch VS von Übungen vergessen hatten, haben schon Disziplinarmaßnahmen kassiert.
Das war jetzt nur minimal Ironie oder Zynismus – mich interessiert wirklich ganz sachlich, wie Verschlusssachen rechtlich geschützt sind, ob die Veröffentlichung völlig straffrei ist.
P.S.: ich frage nicht, weil ich sowas vor hätte ;-)
@POO | 01. Juni 2017 – 18:22
1. Im Rahmen von Dienstvergehen gehalten die Ebenen VS-NfD und höher unverändert. Allerdings ist in DEU zum einen die Verfolgung dieser Dienstvergehen sehr zurückhaltend und zum anderen die Tendenz vieles „zu hoch“ einzustufen weit verbreitet.
2. Neben der Preisgabe von Dienstgeheimnissen (z.B. durch Soldaten, Beamte oder MdB) kommt für die Presse z.B. auch weitere Paragraphen des StGB in Frage. Für eine strafrechtliche Verfolgung (insbesondere bei MdB und der Presse) reicht allerdings die bloße Einstufung als (formales) VS nicht aus, sondern es muss auch tatsächlich ein Staatsgeheimnis vorliegen und eine schwere Gefahr für ein öffentliches Interesse drohen/bestehen. Darüber hinaus muss selbst bei vorliegen dieser Bestimmungen die besondere Rechte von Abgeordneten und Presseorganen in jedem Einzelfall abgewogen werden.
3. Insgesamt kann man sagen, dass hinsichtlich 2. (strafrechtliche Verfolgung von MdB und Presse) rechtlich einiges „ginge“, aber das man hier noch größere Zurückhaltung wart als bei 1. (disziplinare Verfolgung).
3a. So oder so wären 2. aber bei den hier diskutierten Papieren nicht einschlägig da es sich zwar um ein Dienstgeheimnissen, aber nicht um ein Staatsgeheimnis handelt.
@POO
§§ 94 , 95 , 97(1) StGB finden entsprechend Anwendung…
@POO
Prinzipiell finden die geltenden Rechtsnormen natürlich weiterhin Anwendung, aber die Praxis sieht heute anders aus als im Kalten Krieg.
Zunächst kann jeder, dem dienstlich Dienstgeheimnisse, und das ist bereits alles, wo VS-NfD und höher draufsteht, anvertraut werden, für die Weitergabe derselben an jeden Unbefugten verfolgt werden. Wie § 353b StGB (4) aber sagt, wird der Tatbestand nicht automatisch, sondern nur mit Ermächtigung verfolgt. Ebenso wird in § 353b StGB (3a) die Entgegennahme, Auswertung und Veröffentlichung ausdrücklich nicht unter Strafe gestellt.
Damit sind Journalisten und auch alle anderen prinzipiell nicht verfolgbar, insofern sie nur entgegennehmen und veröffentlichen. Betrachtet man, wie viele interne Informationen und Dokumente aller möglichen Behörden durch Journalisten verwendet werden, scheinen Behörden und Politiker hier auch Informationen der Presse zu eröffnen, obwohl dies nicht statthaft sei („Eigentlich darf ich Ihnen das gar nicht sagen, aber…“) Dementsprechend scheint sich die Motivation zur Strafverfolgung in engen Grenzen zu bewegen, denn bei automatischer Strafverfolgung wäre jede Unterlassung in sich verdächtig.
Anders sieht es aus, wenn jemand, der nicht zu der Behörde gehört, versucht durch illegale Mittel an Informationen zu kommen oder mit Geheimnissen vertrautes Personal zur Preisgabe beauftragt oder anstiftet. Das ist durchaus verfolgbar, bei den heute vorhandenen technischen Möglichkeiten aber auch schwer zu verfolgen und zu beweisen. Ebenso ist die Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen durch Dritte für diese Dritte nicht strafbar, kommt man allerdings, ohne eigenes Zutun an Dienstgeheimnisse und versucht dann diese nicht zu veröffentlichen, sondern einer ausländischen Macht zuzuspielen, so ist dies, wie im Kalten Krieg, strafbar.
Tatsächlich gibt es im Vergleich zum Kalten Krieg heute deutlich mehr Informationen, die eingestuft sind, sie sind durch digitale Mittel deutlich leichter in großen Mengen zu entwenden und zu übermitteln, das Personal, um entsprechende Fälle zu verfolgen ist zahlenmäßig zu gering und moderne Kommunikationsmittel erlauben eine sehr gute Verschleierung derartiger Aktivitäten, wenn man sich auskennt. Abgesehen davon ist der Schaden da, wenn die Information publik ist, da hilft keine Strafverfolgung mehr.
Dementsprechend gibt es zwar noch die Erwartung, dass Informationen in eingestuften Systemen, die einen geringen Benutzerkreis haben, auch geheim bleiben, bei Informationen auf höherer Behördenebene mit tagespolitischem Bezug ist das bereits deutlich geringer und niemand mit etwas Erfahrung erwartete, dass eine dem Parlament zugänglich gemachte Information geheim bliebe.
Dir Frage muss doch sein, will ich der Republik/Freiheit helfen, oder will ich sie bekämpfen, letzeres ist strafbar
@Koffer
Ihre Argumentation „Dienstgeheimnis versus Staatsgeheimnis“ kann ich durchaus nachvollziehen.
However, wie steht es denn um den „Verrat“ von Dienstgeheimnissen im „industriellen Maßstab“ (z.Bsp ganze UdP-„Staffeln“ mit „Fortsetzung folgt“ ?) an die privat finanzierte, kommerzielle „Presse“ ?
Die stellt diese „Dienstgeheimnissammlungen“ dann demnächst hinter eine Pay-Wall falls der EUGH/BGH tatsächlich der Argumentation des klagenden Verlages folgt ?
Wettbewerbsvorteil durch systematische Dienstgeheimnis-„Hehlerei“ ? Woher wissen wir denn, ob der/die Whistle-Blower wirklich nur aus rein „altruistischen“ Motiven handeln ?
Und selbst wenn, dann kann man davon ausgehen, dass der Verleger ganz bestimmt nicht aus altruistischen Motiven handelt. Also mein Verständnis von barrierefreier Presse sieht anders aus/SARC.
@ Koffer, kato und Cynic2 – ganz herzlichen Dank für die sachlich Aufklärung.
Ich verstehe immer noch nicht warum das Urheberrecht dafür in Stellung gebracht wurde. Waren es Geheimnisse sind die weiter oben aufgeführten StGB Paragraphen anzuwenden. Urheberrecht wirkt irgendwie albern in dem Zusammenhang um etwas wieder einzufangen. Was sowieso nicht geht. Ist der Geist aus der Flasche entfleucht, ist er weg.
@ Koffer | 01. Juni 2017 – 18:47:
“ […] und zum anderen die Tendenz vieles „zu hoch“ einzustufen weit verbreitet.“
Kein Witz: Ich hatte schon mehrfach Speisepläne in der Hand, die als VS-NfD eingestuft waren. Mein persönliches Highlight bleibt allerdings der als geheim klassifizierte Bericht über eine Hundeplage im Feldlager Prizren. ;)
@Sommerbiwak
Warum nutzt das BMVg den Hebel Urheberrecht? Ganz einfach: weil der Inhalt der Papiere wohl nicht geeignet ist, den Geheimnisverrat herzuleiten.
Die größere Peinlichkeit ist ja auch eher die Frage: „Wie wollen Parlamentarier mit diesen Informationen irgendeine Aufsicht über die Bundeswehr führen?“
@klabautermann | 02. Juni 2017 – 7:57
„Wettbewerbsvorteil durch systematische Dienstgeheimnis-„Hehlerei“ ? Woher wissen wir denn, ob der/die Whistle-Blower wirklich nur aus rein „altruistischen“ Motiven handeln ?“
Da haben Sie Rct. Es könnte zu „Wettbewerbsproblemen“ führen…
Die Lösung wäre vielleicht eine Bereitstellung von mehr Daten an die generelle Öffentlichkeit…
@Bürger | 02. Juni 2017 – 13:24
„Kein Witz: Ich hatte schon mehrfach Speisepläne in der Hand, die als VS-NfD eingestuft waren. Mein persönliches Highlight bleibt allerdings der als geheim klassifizierte Bericht über eine Hundeplage im Feldlager Prizren. ;)“
Ich kann Ihre Beobahctungen leider nur bestätigen. Wobei der zweite Fall mEn Zweifel am IQ des zuständigen Offz begründen könnte :(
Daniel Lücking
Tja, und wie will denn bitte „die Presse“ eine „Aufsicht“ über die BW auf der Grundlage der UdP herstellen….einmal abgesehen davon, dass es mir völlig neu ist, dass die private Presse irgendein rechtlich verbindliches „Aufsichtsmandat“ über Regierung und Parlament hätte. Schon merkwürdig wie hier mit der Pressefreiheitskeule um die kommerzielle Nutzung von Raubkopien originär-staatsinterner Informationsprodukte „gerungen“ wird. Der „gläserne“ Staat ? Vorsicht, Glas kann leicht brechen, wenn man zu fest mit der Freiheitskeule draufhaut ;-)
@Daniel Lücking | 02. Juni 2017 – 14:29
„Die größere Peinlichkeit ist ja auch eher die Frage: „Wie wollen Parlamentarier mit diesen Informationen irgendeine Aufsicht über die Bundeswehr führen?““
Ganz einfach, die Parlamentarier haben Zugang zu diesen Informationen, wo ist das Problem. Wenn Sie weitere Fragen haben, dann können die Auch Standorte oder Soldaten im Ausland besuchen und mit diesen reden/das Lagebild verdichten. Was auch die ganze Zeit passiert.
Wieso da die Presse oder die Öffentlichkeit ebenfalls den Einblick braucht entschließt sich nicht nur mir vollkommen. Weder der örtliche Busfahrer noch ein Soldat a.D. haben fundierte AKTUELLE Informationen aus dem Einsatzland und können damit auch nicht dem Parlamentarier bei seiner „Aufsicht“ helfen.
Daniel Lücking | 02. Juni 2017 – 14:29:
„Die größere Peinlichkeit ist ja auch eher die Frage: „Wie wollen Parlamentarier mit diesen Informationen irgendeine Aufsicht über die Bundeswehr führen?“ “
Stimmt, die Frage ist schon recht peinlich – jedenfalls in diesem Blog.
Die Antwort darauf ist dementsprechend einfach: „Überhaupt nicht!“ Dafür gibt es nämlich den Verteidigungsausschuss (des Bundestages) und den Wehrbeauftragten.
Hans Schommer
Wenn ich den Begriff „Parlamentarier“ verwende, dann steht dieser zum einen Synonym für „den Verteidigungsausschuss“, aber auch für alle anderen Parlamentarier, denn die namentlichen Abstimmungen zu den Auslandseinsätzen betreffen ja nicht nur die Parlamentarier, die im Verteidigungsausschuss sind.
Wie W. Nachtwei richtig feststellte: „Es gibt keine parlamentarische Debatte über die Einsätze der Bundeswehr.“
Und zum Stichwort „Presse kontrolliert Bundeswehr“:
Diese Forderung so aus meinen Statements rauszulesen trifft es nicht. Nur wenn die Presse feststellt, dass das Bild, was von den Einsätzen der Bundeswehr in den letzten Jahren gezeichnet wurde nicht mit dem übereinstimmt, was die Parlamentarier wissen, dann ist es relevant, diese Bild gerade zu rücken.
Daniel Lücking | 03. Juni 2017 – 17:49:
Nix für ungut, Herr Lücking. Dann schreiben Sie doch zukünftig, was Sie meinen. Ansonsten besteht halt die Gefahr, dass man sich hier auf der „Hausfrauenebene“ verzettelt. Meine ich.
Hans Schommer
Da kommt wieder die pseudo-Keule….. “ the people’s right to know“…..
I began to sense faintly that secrecy is the keystone of all tyranny. Not force, but secrecy…censorship. When any government, or any church for that matter, undertakes to say to its subjects, “This you may not read, this you must not see, this you are forbidden to know,” the end result is tyranny and oppression, no matter how holy the motives. Mighty little force is needed to control a man whose mind has been hoodwinked; contrariwise, no amount of force can control a free man, a man whose mind is free. No, not the rack, not fission bombs, not anything — you can’t conquer a free man; the most you can do is kill him.
“If This Goes On—”
Robert Heinlein
Aus diesem Grund sehe ich auch den Missbrauch von Geheimhaltung als kritisch, weil es mir nicht erlaubt eine fundierte Entscheidung bei der Wahl zu treffen.
An dieser Stelle der Diskussion würde ein Smart Social Media Grasroot Citizen „covfefe“ als Kommentar ins Blog twittern ;-)
Wie ich das meine ? Nun, vermutlich genau wie Trump:
http://www.passionweiss.com/2015/01/16/yelawolf-interview/
!“Back to the Basics, man. Let’s. Make. This. Right.”
Aber das verstehen vermutlich nur Old School Nerds, die schon einmal etwas von Felix von Leitner aka Fefe und seinem Watchblog gehört haben, oder Metallica und den Songtext von „The Unforgiven“:
„So I dub the unforgiven
You labeled me
I’ll label you
So I dub the unforgiven
Never free
Never me
So I dub thee unforgiven…“
Man achte auf das „thee“ in der letzten Zeile ;-)
[Ach, Klabauter. Ich glaube, die meisten hier hast du längst verloren… T.W.]
@Daniel Lücking
Zuviele Journalisten
– verzichten auf korrekte Darstellung zugunsten reisserischer, umsatzfördernder Schlagzeilen,
– berichten nicht, sondern wollen ihre Meinungen verbreiten ,
– veröffentlichen einseitig gegen z. Bsp die USA aber niemals gegen Russland,
– sind bei Informationen über die eigene Person plötzlich ganz zugeknöpft,
– haben ihre eigene Wahrheit : Julian Assange.
Das gilt nicht für die Mehrheit der Journalisten, aber eben für zuviele!
Um einmal nicht in Journalistenschelte einzusteigen ein (berechtigter?) Hörtipp!
Von kompetenten Journalisten produziert? NDR ja lässt hoffen.
„Die Sendereihe Streitkräfte und Strategien setzt sich seit mehr als 40 Jahren kritisch mit aktuellen Fragen der Sicherheits- und Militärpolitik auseinander. …“
https://www.ndr.de/info/sendungen/streitkraefte_und_strategien/
Die Themen (heute) 3./4. Juni 2017
– Unsicherheitsfaktor Trump
Ende der Wertegemeinschaft mit den USA?
– Schwächen statt stärken
Der Umgang der US-Regierung mit den Vereinten Nationen
– Mehr Geld für die Bundeswehr
Goldene Zeiten für die Rüstungsindustrie?
– Verbot von Atomwaffen
Ohne Auswirkungen auf Nuklearmächte?
Für insgesamt 30 min recht üppige Vorhaben.
@Spike:
Was da hilft: Wenn Leser (auch andere Journalisten!) die Quellen von Journalisten einsehen und so deren Texte kritisch würdigen können.
Darum geht es in diese Streit: Darf die WAZ nur schreiben „Uns liegen Quellen vor, in denen steht, dass […]“ oder darf sie diese Quellen auch veröffentlichen?
@ThoDan | 04. Juni 2017 – 10:44
….“ no amount of force can control a free man, a man whose mind is free….“
Most minds (and men) are fuddled because thy don’t appreciate the wealth and core meaning of information and facts.
@ Ein Leser | 04. Juni 2017 – 15:25
„…]“ oder darf sie diese Quellen auch veröffentlichen?“
Meinen Sie die Quellen explizit nennen? Das ist mE nicht das Selbe wie ‚Inhalt vereroeffentlichen“.
@Ein Leser
Sie können aber auch – selbst für Juristen vom Fach – schwierige Fragen stellen ;-)
Folgende Leseempfehlung zum gesamten Faden-Kontext:
https://upload-magazin.de/blog/715-basiswissen-journalismus-presserecht-fur-journalisten-und-blogger/
…..da kann man in Sachen Quelle/Zitierung u.a. folgendes lesen:
„…..Zu diesem Persönlichkeitsrecht kommt bei Schriftsätzen oft auch das Urheberrecht an Schriftwerken dazu. Schriftwerke sind gem. § 2 Abs.1 Nr.1 Urhebergesetz (UrhG) alle Schreiben, die individuell und schöpferisch sind. Das wird man schon bei kurzen Briefen oder Anwaltsschreiben, die eigen formulierte Sätze enthalten, annehmen müssen. Auch hilft das Zitatrecht nicht weiter, weil nur vom Urheber veröffentlichte Schreiben zitiert werden dürfen (§ 51 Nr.2 UrhG). Und das ist bei adressierten Schriftsätzen so gut wie nie der Fall….“
Im Kern dreht sich alles um die Frage „Wann überwiegt das Öffentliche Interesse das/die Urheberinteressen“ . Diesen Abwägungsnachweis muß die kommerzielle Presse und auch ein „crowd-funded“ free-lance Blogger erbringen, falls sie/er sich keine Abmahnung einfangen will.
Und so muß man als Journalist oder professioneller Blogger die UdP durchaus als (an den Bundestag) „adressierte Schriftsätze“ verstehen und entsprechend behandeln in den eigenen Veröffentlichungen. Und selbst falls es in der Sache Einsatz BW keine UdÖ gaäbe, müßte dieser Abwägungsnachweis erbracht werden.
@MikeMolto „Meinen Sie die Quellen explizit nennen?“:
Nein, ich meinte die Quelldokumente nicht nur zu benennen sondern im Volltext zu veröffenlichen.
Wenn ich nicht nur den Artikel lesen kann, sondern auch die Dokumente, auf die er sich bezieht, dann kann ich zu anderen Schlussfolgerungen kommen als der Artikel und ich kann Dritten gegenüber auf dieser Basis argumentieren („Schau doch mal in die Quelle, da liest sich das aber anders / läßt noch eine andere Sichtweise zu / usw.“).
@klabautermann:
Vergessen Sie nicht die praktische Seite:
Es liegt im Interesse der Bundesregierung, dass
1. Quellen (z.B. Whisteblower) Material an etablierte Redaktionen/Journalisten geben statt es auf anderem Wege in die Welt zu bringen
2. Diese Journalisten sich bei Bedarf vorher bei der Bundesregierung melden, um sie an der Minimierung von möglicherweise aus der Veröffentlichung resultierenden Risiken (z.B. für Soldaten) zu beteiligen.
Wie will die Bundesregierung das mit ihrer jetzigen Strategie erreichen?
Wenn die Bundesregierung „Erfolg“ hat, ist die absehbare Folge, dass Dokumente dann „wild“ „irgendwo im Internet“ ausserhalb der Reichweite der Bundesregierung auftauchen, statt über einen (zumindest teilweise) geregelten Prozess veröffentlicht zu werden.
@ Ein Leser | 04. Juni 2017 – 19:01
“ 2. Diese Journalisten sich bei Bedarf vorher bei der Bundesregierung melden, um sie an der Minimierung von möglicherweise aus der Veröffentlichung resultierenden Risiken (z.B. für Soldaten) zu beteiligen.“
Letzteres waere wuenschenswert, aber entspricht kaum den derzeitigen journalistischen Gepflogenheiten ( bereits seit Vietnam). Lieber eine Operation blossgestellt und Schlagzeilen gemacht als Ruecksicht auf die Soldaten zu nehmen.(wobei profilierungssuechtige Truppenfuehrer nicht unschuldig waren)
Aber Rueckversicherung bei dem BMVg? Das ist zu ‚brav‘ und in DE zu viel verlangt(Wo bleibt da die Unabhaengigkeit der Berichterstattung? Iro/off.‘.
@MikeMolto
and can´t differ between Facts and prejudice
@Spike
Siehe Kommentar von Ein Leser
„Darum geht es in diese Streit: Darf die WAZ nur schreiben „Uns liegen Quellen vor, in denen steht, dass […]“ oder darf sie diese Quellen auch veröffentlichen?“
Der Einblick in die Quellen ist unverzichtbar. Insbesondere, wenn die Quellen nur von einem ganz begrenzten Personenkreis (die Soldaten, die in diesem Zeitraum im Einsatz waren) beurteilt werden können, der massive Repressalien fürchtet für den Fall mit der Presse direkt Kontakt aufzunehmen.
Dieses Leak ist für mich ein direktes Ergebnis der Bundeswehr-Informationpolitik aus Kontrollwahn, „kreativem Meldewesen“ und der Absicht, nur keine Diskussion aufkommen zu lassen.
Das Thema KSA-Katar-Jordanien ist nur zu verstehen, wenn man die Entstehungsgeschichte der „Botschaft aus Amman“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Botschaft_aus_Amman) und die inner-dynastisch, arabischen „Politikastereien“ des Al Thani Clans näher betrachtet (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Regierungschefs_von_Katar)
Jordanien, Kuweit, Oman und – ganz nebenbei angemerkt – die Türkei halten sich auffallend bedeckt, denn die wissen ganz genau, dass es hier um einen dynastisch/politisch-konfessionellen „Pissing Contest“ zwischen den konservativen saudischen Wahhabiten und den Signatoren der Botschaft aus Amman geht.
Inner-arabische Power-Politics wie ein Fake-Märchen aus tausend und einer Nacht.
Die Saudi müssen aufpassen, denn wenn sie die Al Thani in Katar „entmachten“ so wie sie 1924 die Haschimiten in Mekka entmachtet haben, dann werden sie sich in der muslimische-arabischen Welt isolieren.
Salopp formuliert stelle ich mir die Frage, ob die Verwendung des Urheberrechtes nicht bloß einen juristischen Kniff darstellt, um im Gegensatz zu Franz Joseph Strauß eine wirksame Handhabe gegen Artikel a la „Bedingt Abwehrbereit“ zu haben und Mißstände unter der Decke halten zu können, ohne sich dafür gegenüber den Bundesbürgern rechtfertigen zu müssen. Sowohl für den Mißstand als auch die Unterbindung der Berichterstattung dazu.
@Daniel Lücking | 06. Juni 2017 – 8:19
„Der Einblick in die Quellen ist unverzichtbar. Insbesondere, wenn die Quellen nur von einem ganz begrenzten Personenkreis (die Soldaten, die in diesem Zeitraum im Einsatz waren) beurteilt werden können, der massive Repressalien fürchtet für den Fall mit der Presse direkt Kontakt aufzunehmen.“
Es wird nur ganz ganz wenige Soldaten in einem Kontingent geben, die das „ganze“ Bild vor Augen haben und diese werden wohl direkt an der Erstellung eines solchen Berichtes beteiligt sein.
Alle anderen Kontingentangehörigen kenne nur die eigene, persönliche Sichtweise. Diese kann und wird sich erheblich von der abgedruckten und eingestuften Sichtweise unterscheiden, daher wird sie aber nicht richtig sein.
Es hat und wird es auch in Zukunft immer Leute geben, die einen Sachverhalt nun mal anders sehen, aber nur die wenigsten davon haben Zugang zu allen Quellen.
Wenn es Ihnen nun also um eine umfassenden Einblick der Parlamentarier in einen Sachverhalt ginge, dann sollten Sie dafür streiten, dass diese direkten Zugang zu den ISR Ergebnissen im Einsatz bekommen. Dann haben diese das komplette Bild, eine Beteiligung der Öffentlichkeit oder der Presse schadet in diesem Zusammenhang mehr als es hilft, da diese automatisch für die eigene politische Agenda missbraucht wird.
Wa-Ge
ISR steht wofür?
@Daniel Lücking
ISR = Intelligence, Surveillance and Reconnaissance, schon verdrängt?
Intelligence
Surveillance
Reconnaissance
Die naheliegendste Übersetzung.
Laut Wikipedia übrigens ausschließlich mit den US-Kräften verbunden. Ergo wäre mir die deutsche Bezeichnung lieber gewesen. Falls es überhaupt eine gibt ^^…
Intelligence, Surveillance and Reconnaissance, nachrichtendienstliche Aktivitäten der US-Streitkräfte
https://de.wikipedia.org/wiki/Intelligence,_Surveillance_and_Reconnaissance
Da muss ich Wa-Ge Recht geben. Das kann man in jeder Einheit beobachten: Fragen Sie den KpChef zur Lage, dann einen Fall. Letzterer kann nicht alles wissen.
Und, @Daniel Lücking: ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass nicht jedes Dokument für Ihre Augen bestimmt ist?
@ Daniel Lücking
Die „ISR Frage“ ist ein gutes Beispiel für die Problematik in der sicherheitspolitischen Berichterstattung in der deutschen Tagespresse. Obwohl seit Jahren Begrifflichkeiten 1 zu 1 aus NATO Vorschriften (teilweise ganze Vorschriften in englischer Sprache) in die Bundeswehr übernommen werden und auch hier auf denn Blog in jedem zweiten Beitrag benutzt werden, ist ein Redakteur mit seinem Hintergrundwissen, dem Context und den Ihm zur Verfügung stehenden Recherchemitteln nicht in der Lage so eine vergleichsweise einfache und eindeutige Abkürzung einwandfrei zu identifizieren.
Vielleicht verstehen Sie so die große Skepsis der hier schreibenden Blogleser, die Fähigkeit der Presse (Fachpresse mit militiärischer Prägung ausgeschlossen) komplexe militärische und sicherheitspolitische Sachverhalte wiederzugeben. Aber genau dies ist, insbesondere bei sensiblen Informationen, essentiell. Sonst ist die Gefahr dass zu viel kaputt gemacht wird einfach zu groß.
Viele Redaktionen sind ja bereits überfordert Fallschirmspringer und Fallschirmjäger zu unterscheiden, wie wollen diese dann bewerten ob eine Information das Potential besitzt Gefahr für Leib und Leben von Soldaten/Informanten/ oder Informationskanälen zu bedeuten.
Wenn Sie einfach mal vergleichen wieviele Mannstunden in die Recherche der Panamapaiere gegangen ist bis diese veröffentlicht wurden und wieviel dagegen in die Afghanistanpapiere. Dabei ging es bei dem einen nur um Geld, bei dem anderen im Endeffekt um Leib und Leben. (Und die schiere Datenmenge ist in diesem Zusammenhalt auch keine Begründung, da für die korrekte Einordnung dieser Papiere die Auswertung zig anderer ISAF Dokumente ebenfalls notwendig sein sollte. Das wären dann auch mehrere 10.000 Seiten nur um das komplexe Beziehungsgeflecht der agierenden Personen und deren Moriviationslagen zu verstehen.)
@Daniel Lücking | 06. Juni 2017 – 17:48
NATO-Sprache ist nun einmal ENGLISCH.
Nicht für jede Begrifflichkeit existiert eine adäquate Übersetzung in FRA, NLD, ESP usw.
Und das ist gut so, da jede Übersetzung den Punkt meist nicht exakt trifft.
Der jeweils Ausgebildete, weiß aber wovon im Einzelfall die Sprache ist.
Hier der Versuch einer Begriffsbeschreibung als Beitrag zum Allgemeinverständnis.
– Intelligence: Nachrichtengewinnung und -beschaffung. Ersteres mit Kräften und Mitteln der Aufklärungstruppe, letzteres AUSSCHLIEßLICH mit nachrichtendienstlichen Mitteln.
– Surveillance: Überwachung als Aufgabe aller Truppen
– Reconnaissance: Klassische Feind-/Gegneraufklärung durch Kräfte und Mittel der Aufklärungstruppe sowie auch der Aufklärung aller Truppen.
Alle drei Begriffe zusammengefasst firmieren unter „all sources Intelligence“. Deren Ergebnisse/Produkte sind selbstverständlich eingestuft!
Und, da Wikipedia diesbezüglich einer Laientruppe gleichkommt, „ausschließlich mit den US-Kräften verbunden“ ist Mumpitz. Ausschließlich mit NATO träfe besser, ist im Kern aber ebenso falsch, da diese Aufgaben von allen SK in unterschiedlicher Diktion, Gliederung und Priorisierung zu erfüllen ist: Grundsatz: Am Anfang steht die Aufklärung!