Das G36 ist tot, lang lebe das G36

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An so einem langen Wochenende mit Brückentag gehen manche Dinge unter, und auch ich habe es erst mit Verzögerung begriffen: Nachdem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 22. April öffentlichkeitswirksam verkündet hatte, das G36 habe in der Bundeswehr keine Zukunft (wenn auch mit dem vorsichtigen Zusatz in der jetzigen Konstruktion), stellt jetzt Generalinspekteur Volker Wieker die Truppe darauf ein, dass das G36 vielleicht doch eine Zukunft in der Bundeswehr habe – eventuell mit Nachbesserungen.

Das hat Wieker bereits am 13. Mai in einem Video-Interview mit Bundeswehrmedien verkündet; als Aufmacher der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung Bundeswehr aktuell (Bild oben) wird das jetzt aber intern noch mal richtig deutlich gemacht:

Ob das Sturmgewehr G36 durch ein neues ersetzt werden muss, ist „völlig offen“. Das hat der Generalinspek­teur der Bundeswehr, General Volker Wieker, im Interview mit der Redaktion der Bundes­wehr gesagt.
Die Soldaten seien vorerst gefordert, sich auf die fest­ gestellten Mängel einzustel­len. (…)
Zum jetzigen Zeitpunkt sei noch nicht klar, ob Nachbes­serungen am G36 möglich seien. Zu den von unabhän­gigen Experten festgestellten Mängeln am Standardgewehr sagte Wieker: „Es sind unter­ schiedliche Ursachen festge­stellt worden, die im Einzelnen noch zu bewerten sind.“
Die Streukreisaufweitung durch schussindizierte Wärme hänge wahrscheinlich mit dem Rohr zusammen. Wieker: „Also muss man Veränderun­ gen am Rohr vornehmen.“ Die Treffpunktverlagerung durch klimatische Bedingungen habe hingegen vermutlich mit dem Verbundstoff zwischen dem Rohr und der optischen Einrich­tung zu tun, so dass es zu Verziehungen komme.

Nun richtet sich Wiekers Aussage natürlich vor allem nach innen, in die Bundeswehr – um der Truppe das Gefühl zu nehmen, dass sie nur mit einem Schrottgewehr unterwegs sei. Aber nachdem die plakative Aussage der Ministerin (ungeachtet der Einschränkung) öffentlich so verstanden wurde, als könnten die Soldaten ihre Standardwaffe gleich auf dem Wertstoffhof abgeben, ist es eine behutsame (und dennoch recht deutliche) Korrektur.

Unterm Strich: Trotz jahrelangem Hin und Her bei den verschiedenen Untersuchungen, trotz des als abschließend verstandenem Untersuchungsergebnis mit dem Bericht verschiedener Stellen ist so gut wie alles noch unklar. Neue Waffe, Nachbesserung am vorhandenen G36? Noch weiß keiner, was nötig ist.

„Mittel­fristig müssen wir uns natürlich Gedanken darüber machen, wie wir das Problem insgesamt lösen“, sagte General Wieker.

zitiert Bundeswehr aktuell den Generalinspekteur. Mittelfristig – das wären etwa die vier Jahre, die schon seit ersten Meldungen über Treffprobleme beim G36 vergangen sind?