In Zeiten der Unsicherheit weiter sinkende Rüstungsausgaben in (Mittel)Europa
Das International Institute for Strategic Studies (IISS) in London hat am (heutigen) Mittwoch sein traditionelles Jahrbuch Military Balance für 2015 vorgelegt. Aus dem umfangreichen Zahlenwerk ein paar Trends, die das IISS auf seiner Webseite veröffentlicht hat:
Nach den Zahlen für die Jahre 2010 bis 2014 sind in Europa die Militärausgaben inflationsbereinigt gesunken – mit Ausnahme der nord- und der südosteuropäischen Länder. Wenn die Ukraine-Krise und das veränderte Verhältnis des Westens zu Europa sich da auswirken sollte, ist es jedenfalls noch nicht in diesen Zahlen erkennbar. Aus der Mitteilung zur Vorstellung des Jahrbuchs:
European defence spending continued the decline seen since the 2008 financial crisis, and was in 2014 cumulatively 8% lower, in real terms, than in 2010. There were signs that the more challenging strategic environment was shifting budgetary priorities, particularly in Northern and Eastern Europe, and amid unease about possible gaps in NATO’s capacity to counter Russia’s use of hybrid warfare techniques. However, defence allocations in Europe’s leading military players maintained their downward slide.
Military equipment across the continent also continued to reduce, with policymakers focusing instead on the advanced capabilities of future kit. Numbers have declined substantially since the Cold War. Between 1995 and 2015, main battle tank numbers in Europe dropped from around 25,000 to just under 8,000, while fighters and ground attack aircraft decreased from 5,400 to 2,400.
Unterm Strich setzte sich ein Trend der vergangenen Jahre fort: Geringere Militärausgaben in Europa, steigende Militärausgaben in Asien. Allerdings verweisen die Autoren des Jahrbuchs auch darauf, dass die reinen Geldsummen nur ein Teil des Gesamtbildes sind: Ausbildung, Training und Expertise in den jeweiligen Bereichen gehörten genau so dazu.
So while defence investment gaps are closing, Western states with global defence ambitions must try to retain that accumulated experience mindful that once a capability is lost, it is harder to rebuild.
Ein Überblick über die frei zugänglichen Texte (für diejenigen, die nicht das ganze Jahrbuch zum Schnäppchenpreis von 310 britischen Pfund erwerben wollen…):
Pressemitteilung zur Vorstellung von Military Balance 2015 (mit ausführlichen Überlegungen zur Ukraine und zu Russland sowie zu ISIS)
Military Balance 2015 Further Assessments
Einige Kurzfassungen/Abstracts zu einzelnen Kapiteln hier:
Directed energy weapons: finally coming of age?
Hybrid warfare: challenge and response
Nachtrag: Der Bericht bei tagesschau.de von der Pressekonferenz zur Vorstellung des Jahrbuchs – Londoner Rüstungsforscher: Waffen würden Ukraine nicht helfen
(Foto: Gefechtsübung „Grantiger Löwe 2015“ der Panzerbrigade 12 „Oberpfalz“ auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohne.Kampfpanzer Leopard 2A6 einer Panzerkompanie des Panzerbataillons 104 im Gefecht am 03.02.2015 – Bundeswehr/Vennemann)
Da bin ja weiterhin sehr gespannt, ob es in DEU ab 2016 eine Trendwende gibt und wenn ja in welchem Umfang und in welcher Richtung.
Wenn ja – wie tausend mal gesagt – sollte die Diskussion nicht über Geld, sondern über die benötigten Fähigkeiten geführt werden. Darauf müsste der ganze Apparat wieder ausgerichtet werden. Das mit dem Geld kommt dann von selbst.
Dazu müsste man aber erstmal definieren welche Fähigkeiten man glaubt zukünftig zu benötigen – naja und zu bezahlen bereit ist.
Eine (kosmetische) Erhöhung des Etats ohne Fähigkeitsanalyse vor gegebener und zukünftiger Bedrohung (Level of Ambition) wird verpuffen. Eine Neubetrachtung der benötigten Fähigkeiten ohne Einbindung in eine echte transatlantische „‚Aufgabenteilung“ (Stichwort Smart Defence und Pooling & Sharing) greift zu kurz und wird in Doppelstrukturen bzw „gemeinsamen“ Fähigkeitslücken enden. Hier steht aber unverändert die zu führende Diskussion über Aufgabe nationaler Rechte ins Haus. Ob die Rühekommission hier einen echten Fortschritt erziehlen kann, wage ich zu bezweifeln.
Selbst wenn es über erhöhte Fähigkeitsnotwendigkeiten wieder mehr Kohle gäbe (wobei das in DE eher schwierig ist, s. schwarze Null, Euro-Krise etc.pp.), es dauert Lichtjahre, bis die Schäden von Guttenberg wieder repariert sind…
Dafür sorgen es effizient zu investieren könnte helfen
T:W: danke für die links
harte Fakten die hier geliefert werden
viel Lesearbeit und schwer zu verdauen wenn man sich Gedanken um die Sicherheit macht
Na jetzt machen wir doch erst mal in Ruhe Kassensturz. Die Bw-Führung wird sagen was gewünscht ist, die Politik wird sagen was davon gewollt ist, und der Finanzminister wird sagen was davon erlaubt ist. Und am Ende machen wir das mit den Fähnchen !
Es wird interessant zu sehen, wie lange die Porlitiker noch so tun, als wenn sich an der Bedrohungslage nichts geändert hätte.
Die Kanzlerin ist ja mittlerweile durch Ihre Diplomatie in das Thema Sicherheitspolitik selbst extrem involviert, was ich sehr bemerkenswert finde.
Mal sehen, was passiert, wenn die Verhandlungen in Minsk mittelfristig scheitern, ob sie dann selbst die Initiative ergreift bezüglich Abschreckungspotential. Von Frau vdL erwarte ich so etwas nicht – die hat dazu nicht das Format.
Glaubt jemand Fr. Merkel hat das Format??
Mit ihrer Politik der ängstlichen Diplomatie verrät sie doch Hr. Putin u.a. auch ,dass Deutschland und Europa ihm konventionell nichts mit Militär entgegenzusetzen haben.
Auch Putin kennt diese Zahlen und lacht sich über schwarze Nullen etc. ins Fäustchen.
In Berlin entwickeln unsere opportunistischen Politiker erst Format, wenn es zu spät ist.
Dann brauchen diese Angsthasen aber die Verteidigungsfähigkeit nicht mehr versuchen wieder herzustellenden,denn Wählerstimmen benötigt dann auch keine Partei mehr.
Völlig korrekt! Erforderliche Fähigkeiten müssen vorerst definiert werden! Leider machen wir im Moment Rüstung nach Kassenlage und die Truppe stellt exorbitante und teils sinnlose Forderungen…nur um am Ende wenigstens ein kleines Stück vom Kuchen zu bekommen.
@Jens Schneider:
Mal sehen wer am Ende länger lacht…
@all:
Die Haushaltsaufstellung läuft ja bereits, wir werden bald wissen wie es bei den finanziellen Grundlagen aussieht.
Ob man im März 2015 bei der Leitungsklausur sich die Lage ungeschminkt anschaut?
Attraktivität, Einsatzbereitschaft, neue NATO-Verpflichtungen, neues Material. Da ist sehr schnell ne Mrd. € im Jahr weg.
Ohne die konzeptionellen, kulturellen, strukturellen Probleme auch nur angepackt zu haben.
„Mit ihrer Politik der ängstlichen Diplomatie verrät sie doch Hr. Putin u.a. auch ,dass Deutschland und Europa ihm konventionell nichts mit Militär entgegenzusetzen haben.“
Das muss sie ihm nicht verraten, das weiss er auch so. Mit 225 Panzern und 80 Haubitzen kann man den Russen in der Tat nicht viel Angst machen. Hat eigentlich irgendeiner geglaubt, dass Putin seelenruhig zu sieht bis aus der Krim ein NATO Stützpunkt wird? Wir haben die Sache politisch und militärisch vergeigt, das muss man mal ganz klar sehen.
„…sich die Lage ungeschminkt anscchaut?“
Das wäre das erste Mal….leider wird in der deutschen Kommabndostruktur alles immer schöngeredet und zumindest auf „ok“ zurechtgebogen.
Die wahren und existentiellen Probleme kommen doch nie auf den Tisch, weil irgendwer noch den zweiten goldenen Stern will.
Am Schluss „war alles eine runde Sache“! Nur leider ist damit niemandem geholfen!
Soviel Bemühungen man auch in die Aufwertung des Wehrbeauftragten, das KVP-Wesen…etc steckt…so fruchtlos bleibt doch das Unterfangen, wenn man Hilferufe und Fehlanzeigen aus der Truppe konsequent ignoriert und lieber schöne Fotos mit dem ersten (und noch einzigen, darüberhinaus mängelbehafteten) A400M macht….
@ memoria
wenn man den wieker erguss in der aktuellen IP liest kann man eigentlich nur eins sehen: schwarz.
Neue Projekte. wechselseitige Unterstellung deutscher und polnischer kampfbataillone.
auf das noch mehr truppe in strukturell einsatzunfähige symbolverbände entschwinde.
der rest ist größtenteils funktionärsgeschwafel nach dem motto. alles richtig gemacht, volle fahrt voraus.
na dann…
https://zeitschrift-ip.dgap.org/de/ip-die-zeitschrift/archiv/jahrgang-2015/januar-februar/gewappnet-fuers-chamaeleon-krieg
@wacaffe
’stimme Ihnen grundsätzlich bzgl. „Symbolverbände“ zu. Jedoch muß Interoperabilität geübt werden, am besten auch im Grundbetrieb. Von daher ergibt das durchaus Sinn, zumal da Polen und das Baltikum SP ist.
@wacaffe
was herr wieker da loslässt…… bei den Klarstandszahlen…. einfach unfassbar. In welcher Welt lebt er? Dennoch Danke für den Link
Mit anderen Nationen zu kooperieren ist eine Sache. Gemeinsame Verbände aufstellen zu wollen, um damit die Hälfte der Kosten einzusparen, denn um nichts anderes geht es hier, eine ganz andere. Ob man einem Politiker zuhört, oder einem General – die sind mittlerweile tatsächlich beliebig austauschbar.
@TomCat
Die EU/Nato haben nur 225 Panzer und 89 Haubitzen?
@ wacaffe | 11. Februar 2015 – 21:13
Was soll der GI denn sonst sagen? „Mit unserem Operettenarmeechen können wir allenfalls in der Carmia Burana auftreten, nachdem wir unseren Mädels erklärt haben, was das ist!“?
Wieker hat doch relativ mutig gesagt, was Sache ist: „Ob Bündnisverteidigung, Krisenbewältigung oder humanitäre Einsätze, die Allianz ist handlungsfähig – häufig jedoch nur deshalb, weil die Vereinigten Staaten sich immer wieder über ihren Anteil hinaus in das Bündnis einbringen.“
Jeder, der verstehen will, erkennt die Ohrfeige. Nicht wir sind handlungsfähig, sondern die Allianz, und die auch nur, weil die USA es wuppen. Deutlicher kann ein GI öffentlich nicht werden.