Nach mehr als hundert Jahren: Erneuter Beginn jüdischer Militärseelsorge in Deutschland
Mehr als einhundert Jahre nach den Feldrabbinern des Ersten Weltkrieges gibt es in Deutschland wieder eine jüdische Militärseelsorge. Der sächsische Landesrabbiner Zsolt Balla wurde am (heutigen) Montag in der Leipziger Synagoge in einer feierlichen Zeremonie des Zentralrats der Juden in Deutschland als erster Militärbundesrabbiner ins Amt eingeführt. Unter seiner Leitung soll die Seelsorge mit jüdischen Militärgeistlichen in der Bundeswehr aufgebaut werden.
Das Bundeskabinett hatte im Dezember 2019 einen Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland gebilligt, der die Einführung der jüdischen Militärseelsorge in Deutschland regelt; der Bundestag hatte dem entsprechenden Gesetz dafür im vergangenen Jahr zugestimmt. Neben dem Militärbundesrabbiner wird, analog zu den beiden christlichen Kirchen, ein Militärrabbinat als Bundesamt geschaffen, das dem Bundesministerium der Verteidigung unmittelbar nachgeordnet ist. Zunächst sind zehn Stellen für Militärrabbiner vorgesehen, die die geschätzt rund 300 Soldatinnen und Soldaten jüdischen Glaubens in der Bundeswehr betreuen sollen.
Berufen wird der Militärbundesrabbiner, wie im Staatsvertrag vorgesehen, vom Zentralrat der Juden; die Bundesregierung hat dabei allerdings ein Vetorecht. Balla wird seine Aufgaben als Gemeinderabbiner in Leipzig und als Landesrabbiner in Sachsen behalten und seine Aufgabe ehrenamtlich ausüben, wie das zum Beispiel auch beim katholischen Militärbischof der Fall ist.
Bei der Amtseinführung und Übergabe der Ernennungsurkunde an Balla betonte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, dass die Aufgaben der künftigen Militärrabbiner über die seelsorgerliche Betreuung von Juden in der Bundeswehr hinausgingen:
Sie werden den Soldatinnen und Soldaten und ihren Angehörigen zur Verfügung stehen als Ansprechpartner, als Vertrauenspersonen. Bei ethischen Fragen, mit religiösen Anliegen, in persönlichen Krisen können sich die Soldaten an die Rabbiner wenden. Und nicht nur in Krisen. Ein Rabbiner oder eine Rabbinerin teilt auch gerne das Glück über die Geburt eines Kindes oder über die gerade erfolgte Heirat eines Soldaten.
Diesen Dienst leisten die katholischen und evangelischen Militärgeistlichen genauso. Jetzt kommt jedoch die jüdische Perspektive noch hinzu. Das heißt, dass die Rabbiner sich darum kümmern, werden, dass jüdische Soldaten gemäß der für sie wichtigen religiösen Regeln ihren Dienst tun können. Nicht-jüdische Soldaten können sie mit jüdischen Feiertagen und Traditionen vertraut machen.
Damit wird Fremdheit gegenüber dem Judentum abgebaut, so dass – da bin ich mir sicher – Vorurteile gar nicht erst entstehen oder am besten gleich in sich zusammenfallen. Das ist für uns ein wichtiger Nebeneffekt der jüdischen Militärseelsorge.
Der in Ungarn geborene neue Kopf der jüdischen Militärseelsorge ist Sohn eines Offiziers der ungarischen Streitkräfte – sein Vater kommandierte als Oberstleutnant eine Artillerieeinheit. Balla, der zum Studium als 23-jähriger nach Deutschland kam, machte in seiner Danksagung nach der Amtseinführung deutlich, warum er diese Aufgabe übernimmt:
Aber bei allen Herausforderungen empfinde ich eine ungeheure Dankbarkeit, in einem Land leben zu dürfen, das sich seiner Vergangenheit gestellt hat, sich aber auch entschlossen hat, nach vorne zu gehen, um aktiv eine bessere Welt zu gestalten. Diese Dankbarkeit muss sich in Taten manifestieren. Und es ist schwer, sich eine bessere Gelegenheit vorzustellen, als daran zu arbeiten, die deutschen Verteidigungskräfte zu stärken, um eine Botschaft der gemeinsamen Lastenteilung zu überbringen. Wir alle wünschen uns, in einem Land zu leben, das auf der richtigen Seite der Geschichte steht und für Menschenrechte, Menschenwürde und Demokratie eintritt und sie verteidigt, wo immer es nötig ist.
Nachtrag: Diese Haltung machte Balla auch in einem Statement nach der Amtseinführung deutlich:
Frisch im Amt: Militärbundesrabbiner @RabbiZsolt direkt nach der Einführung im Statement: @ZentralratJuden pic.twitter.com/LyuJyxx5M7
— Verteidigungsministerium (@BMVg_Bundeswehr) June 21, 2021
Bislang besteht die jüdische Militärseelsorge in Deutschland nur aus dem Militärbundesrabbiner; in den nächsten Monaten soll das Militärrabbinat Gestalt annehmen. Als Präsidentin der Behörde ist, wie das Verteidigungsministerium in einem Video-Einspieler während der Zeremonie mitteilte, die Professorin an der Fachhochschule des Bundes Angelika Günzel vorgesehen. Unter ihrer Leitung wird es nach den derzeitigen Plänen zunächst bis zu zehn Stellen für Militärrabbiner und -rabbinerinnen geben.
(Die Aussage von Günzel ab Minute 11:20)
Die Reden zur Amtseinführung des neuen Bundesmilitärrabbiners hat der Zentralrat auf seiner Webseite dokumentiert. Vor allem Schusters Rede ist deswegen interessant, weil er auch auf die rechtsextremistischen Vorfälle in der Bundeswehr eingeht.
(Bislang fehlt allerdings noch, dort oder auf der Ministeriums-Webseite, die Rede Kramp-Karrenbauers; wird ggf. ergänzt).
Fürs Archiv hier noch die Rede des Präsidenten des Zentralrats und die Danksagung Ballas:
20210621_Danksagung_Zsolt_Balla 20210621_Bundesmilitaerrabbiner_Rede_Schuster
Nachgetragen: Der Zentralrat hat auch ein FAQ zu dem Thema eingestellt.
(Foto: Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, am Rednerpult, überreicht dem neuen Militärbundesrabbiner Zsolt Balla die Ernennungsurkunde – Tom Twardy/Bundeswehr)
Nicht zur Sache aber schon arg bedauerlich.
Auf der Webseite des Zentralrates der Juden in Deutschland wurde zeitgleich mit Beginn der Übertragung auf deren Seite alle Reden einegstellt. Lob und Anerkennung. Das machte es einem leicht, die Amtseinführung per livestream verfolgen zu können.
Hier die aktuelle Seite um 18:22 zwei Stunden nach Ende der Veranstaltung: https://www.zentralratderjuden.de/index.php?id=547
Ich bin überrascht, die Einlassungen der Bundesministerin der Verteidigung, Frau Annegret Kramp Karrenbauer, nicht zu finden. Auch auf der eigenen Webseite ist dazu nichts zu lesen.
Wird das dem Anlass gerecht?
Nichts für ungut.
Wenn der Sinn des Lebens darin besteht, Menschen kennen zu lernen, dann erinnere ich mich an die starken Wurzeln, welche mir Holocaustüberlebende mitgaben während der Gespräche unter der Aegide der Nahost-Friedensbewegung. Gespräche in welchen so oft das offene Herz den Ton bestimmte und mich erahnen lässt, wie intensiv die interne Debatte gewesen sein muss.
Ich verneige mich in tiefer Demut vor der jüdischen Gemeinde Deutschlands und sage Danke.
@Josef König: Ich denke, das militärische Protokoll bietet hier angemessene Würdigung.
Großartig. Ein wirklich erfreulicher Schritt. Für die Juden in DEU, für die Juden in der Bundeswehr und auch für die Bundeswehr als Ganzes.
Ich freue mich schon auf die ersten Gespräche mit den zukünftigen Militärrabbinern :)
Nur eine Kleinigkeit (etwas was mich etwas ärgert, aber in der Gesamtschau zugegebener Maßen nur ein Detail ist): in der FAQ behauptet der Zentralrat
„Die Militärseelsorge ist ein ziviler Körper in der Bundeswehr. Wie ihre christlichen Pendants sind die Militärrabbinerinnen und -rabbiner Zivilisten. Sie stehen nicht in der allgemeinen Hierarchie der Bundeswehr und sind auch in der Regel nicht uniformiert.
Sie sind daher Befehlshabern der Bundeswehr nicht weisungsgebunden. Das ist notwendig, um ihre seelsorgerische Tätigkeit unabhängig und vertrauensvoll ausüben zu können. Die Militärrabbinerinnen und -rabbiner unterstehen der Schweigepflicht.“
Das ist in dieser Form natürlich nicht richtig. Die Orts-/Regionalrabbiner werden Bundesbeamte sein (anders als der Bundesrabbiner). Und damit sind sie natürlich grundsätzlich sehr wohl weisungsgebunden. Sie sind „lediglich“ weisungsungebunden in der Ausübung seelsorgerischer Aufgaben oder kultischer Handlungen.
d.h. im allgemeinen Dienstbetrieb und bei LKU etc. unterstehen sie natürlich den „Befehlshaber der Bundeswehr“.
[Das prüfen wir noch mal – auch die christlichen Militärseelsorger sind nicht weisungsgebunden, es handelt sich eben nicht um Bundesbeamte und schon gar nicht um Soldaten. Mit anderen Worten: ich sehe nicht, dass das so stimmt.
/edit: Der Staatsvertrag legt fest, dass sie in Erfüllung ihres Auftrags von staatlichen Weisungen unabhängig sind. Und nein, ein Kommandeur wird nicht dem Militärseelsorger, egal welcher Religion und Konfession, irgendwelche Befehle erteilen.
T.W.]
@ AoP
„@Josef König: Ich denke, das militärische Protokoll bietet hier angemessene Würdigung.“
Können Sie es mir freundlicherweise erläutern? Ich verstehe es nicht. Danke.
@T.W.
[Das prüfen wir noch mal – auch die christlichen Militärseelsorger sind nicht weisungsgebunden, es handelt sich eben nicht um Bundesbeamte und schon gar nicht um Soldaten. Mit anderen Worten: ich sehe nicht, dass das so stimmt. T.W.
Natürlich sind die christlichen Militärseelsorger (meistens) Bundesbeamte! Es gab eine Ausnahme in den neuen Ländern, als die dortigen evangelischen Landeskirchen aufgrund ihrer Erfahrung mit der DDR das anfangs nicht wollten und es gibt immer wieder mal örtliche und zeitliche Ausnahmen für beide Seelsorgen, wenn ein DP nicht zeitgerecht nachbesetzt werde kann, dann benennt man häufig einen örtlichen Pfarrer/Priester als Militärpfarrer im Nebenamt, aber der Regelfall ist, dass die evangelischen und katholischen Militärpfarrer Bundesbeamte sind.
Die „normalen“ auf Zeit und einige wenige (u.a. die Militärdekane etc.) auf Lebenszeit.
Ich bin doch ziemlich sicher, dass man das für die Militärrabbiner genauso machen wird.
Anfangs häufig im Nebenamt und dann nach und nach mit Bundesbeamten.
Alleine die umfangreichen Reise- und Unterrichtsverpflichtungen sowie die Auslandseinsätze würden alles andere ja kaum angemessen erscheinen lassen.
Und mit Blick auf die Weisungsgebundenheit bin ich mir auch ziemlich sicher.
Die Frage ist natürlich immer wo die weisungsungebundene seelsorgerische/kultische Handlung beginnt und wo der weisungsgebundene, allgemeine Dienstbetrieb beginnt. Aber meine Erfahrung ist hier, dass hier einfach immer ein SEHR weiter Spielraum angenommen wird und es deswegen fast nie zu einem Streit kommt. Und da die allgemeinen Dienstvorgesetzten fast immer auch diejenigen aus der jeweiligen Seelsorge sind besteht hier auch nicht die „Gefahr“, dass ein Offizier das eine ausnützt um das andere zu bekommen.
Aber um ein Beispiel zu geben: Die Standortpfarrer (und zukünftig vermutlich auch die Orts-/Regionalrabbiner) sind Dienststellenleiter eine Bundesbehörde. Als solche dürfen sie z.B. auch Fahraufträge ausstellen und Dienstsiegel führen. Natürlich sind sie bei der Ausübung dieser dienstlichen Tätigkeiten auch den normalen Regeln der Bundeswehr bzw. des BMVg unterworfen.
TRENNUNG
Und noch ein interessantes Detail.
Die Ernennungsurkunde :)
https://www.zentralratderjuden.de/fileadmin/user_upload/pdfs/MR_Pressemappe/Ernennungsurkunde.pdf
Da hat sich der Zentralrat offensichtlich Mühe gegeben auch schon optisch den Doppelauftrag des Bundesrabbiners darzustellen mit Bw-Flecktarn-Elementen einerseits und der Nutzung des CD des Zentralrats andererseits.
Und ganz unten das Symbol dürfte übrigens auch die hier im Blog vor einiger Zeit diskutierte Frage nach den Details des Symbols der jüdischen Seelsorge klären.
Offensichtlich hat man sich für eine Kombination von Gesetzestafeln mit dem Davidstern entschieden :)
(Der Hausherr hat mich gerade darauf hingewiesen, dass das Symbol noch nicht mit dem BMVg abgestimmt ist. Vielleicht braucht man hier also noch etwas Zeit ;) Oder vielleicht hat der Bundespräsident ja auch noch nicht seine formale Zustimmung erklärt (denn da das Symbol ja auch an der „Schutzkleidung“ genannte Uniform der Seelsorger bei Übungen und im Einsatz verwendet wird muss er ja vermutlich auch noch zustimmen…).
Ich finde es aber so oder so sehr positiv, dass der Zentralrat hier so positive, auch optisch positive Zeichen setzen möchte :)
@T.W.
Hier haben sich unserer Kommentare überschnitten
Ich hatte in meinem Kommentar bereits klargestellt, dass ein Kommandeur den Status des Seelsorgers als Bundesbeamter nicht mißbrauchen kann um seinen Willen durchzusetzen, zum einen weil er ja gar nicht der Dienstvorgesetzte ist (die Dienstvorgesetzte sind bis hoch zum Leiter der jeweiligen Bundesoberbehörde, also dem Generalvikar (katholisch), Generaldekan (evangelisch) und des Präsidenten (zukünftig jüdisch) ja angehörige des eigenständigen Organisationsbereichs „Militärseelsorge“.
Aber es gibt natürlich auch wiederum Beispiele wo ein Offizier in bestimmten Fragestellungen Weisungsrecht hat, z.B. wenn an einer der Schulen oder der FüAk der Seelsorger gleichzeitig Unterrichtsverpflichtung hat, was diese Unterrichte und daraus resultierende Prüfungen betrifft legt der jeweilige Kdr die Regeln fest.
Aber ich sehe hier ehrlich gesagt kein Problem. Die Unabhängigkeit der Seelsorge ist doch trotzdem zu 100% gewährleistet! Das ist doch überhaupt kein Widerspruch.
„Der Staatsvertrag legt fest, dass sie in Erfüllung ihres Auftrags von staatlichen Weisungen unabhängig sind.“
Sorry, aber das ist so nicht richtig zitiert.
Sie sind in Erfüllung „DIESES Dienstes“ und „INSOWEIT von staatlichen Weisungen unabhängig“.
Das „dieses“ bezieht sich auf den von mir zitierten „religiöseren bzw. kultischen“ Aspekt des Dienstes bzw. was der Staatsvertrag ausführt als „die Lehre der Halacha (jüdisches Recht), die Entscheidung religiöser Fragen, die Sicherstellung der Einhaltung der Mizwot (jüdische Gebote) und die Seelsorge im In- und Ausland sowie im Rahmen einer Begleitung in Auslandseinsätzen und Übungen.“. Und das „insoweit“ bezieht sich auf den „religiösen Auftrag und den „Dienst im Rahmen der Halacha“.
Das ist genau das was ich gesagt habe. Unabhängig von dieser Weisungsungebundenheit unterliegen bei allgemeindienstlichen Fragen die Orts- und Regionalrabbiner natürlich staatlichem Weisungsrecht.
Das ist übrigens beim Bundesrabbiner anders. Da der sich nicht in einem Dienstverhältnis mit dem Bund befindet ist er vollkommen unabhängig. Das ist bei den christlichen Seelsorgen übrigens genauso. Und das ist auch jeweils Absicht.
Damit die Seelsorger aber dennoch einen obersten, (allgemein)dienstlichen Vorgesetzten (unterhalb der Ministerin) haben, gibt es ja die Dienststellenleiter der jeweiligen Oberen Bundesbehörden (s.o.).
Ein großes Ereignis!
An dieser Stelle muss ich auf das folgende kleine Büchlein hinweisen, dass mich immer wieder beeindruckt. Entdeckt habe ich es vor vielen Jahren in einer Truppenbücherei während einer Verwendung als LehrOffzMilG ….
In diesem Sommer werden es genau sechzig Jahre, dass es neu erschienen ist.
Mit sehr klugen Worten und sehr klarer Konsequenz positioniert sich Verteidigungsminister Strauß hier für die deutschen Soldaten jüdischen Glaubens und gegen Antisemitismus und Vorbehalte in den Streitkräften. Die Herausgabe des Buches macht er ganz persönlich zu seiner Sache.
Er beendet seine neunseitige Einleitung des Büchleins mit den folgenden Worten:
ZITAT „Himmler […] verkündete seiner Mannschaft damals, Humanität sei Rückenmarkserweichung.
Doch gab es in Deutschland auch AUSNAHMEN, großartige Aktionen der Hilfsbereitschaft, der Nächstenliebe, der Humanität.
In IHREM Sinne sucht heute die Bundeswehr ihren Weg.
Die Kriegsbriefe gefallener jüdischer Soldaten sollen sie dabei begleiten als Warnung vor dem Bösen, dem Rassenhass, den modernen totalitären Herrschaftsformen, als Beispiele für Vaterlandsliebe, Leidensfähigkeit und Treue.“ ZITAT ENDE
Sommer 1961 – Sommer 2021
Offensichtlich wurde der Absatz mit dem Buchtitel geschluckt:
Kriegsbriefe gefallener deutscher Juden
Mit einem Geleitwort von Franz Josef Strauß.
Stuttgart, Bonn 1961
Neuauflage des BMVg auf Basis der ersten Auflage von 1935.
@Windlicht sagt: 21.06.2021 um 20:02 Uhr
+1
Herzlichen Dank für diesen großartigen Literaturhinweis. Habe es sofort bestellt! Bin sehr gespannt.
@Josef König:
Der Sozialpsychologie Erving Goffman beschreibt Militär als eine von Ritualen durchzogene Institution. Wir wissen, Rituale sind auch Symbole für tieferliegende Zusammenhänge. Von Winkeln bis Abläufen untermauern sie Werte, Normen und Rollen. Aber um dies genau zu erklären gibt es Protokollbeamte, ich bin keiner und lasse mich überraschen.
Das der Öffentlichkeit bekannteste Zeremoniell;
Großer Zapfenstreich
https://de.wikipedia.org/wiki/Großer_Zapfenstreich
Korrektur im Detail zu meinen o.a. Ausführungen (ich habe mir den Staatsvertrag jetzt mal genauer angesehen ;)).
Im Gegensatz zur evangelischen und katholischen Seelsorge wird es juristisch keine „Standortrabbiner“ mit eigener Dienststelle geben, sondern die zehn Rabbiner gehören scheinbar alle zur Zentrale nach Berlin und bilden dann teilweise sog. „Außenstellen des Militärrabbinats“.
Ich vermute das hat etwas mit der (im Vergleich) Größe der jüdischen Seelsorge zu tun, so dass sich hier die Struktur Zentrale-Regionale Leitung-Standortdienststellen einfach nicht anbietet.
Außerdem legt der Seelsorgevertrag den Titel der Leitung des Oberen Bundesbehöre fest „Militärrabbinatsleiter“ oder „Militärrabbinatsleiterin“.
Und ein Detail über das ich mich wundere: die Rabbiner in den Außenstellen erhalten „Hilfskräfte“ als Tarifangestellte des Bundes (das ist das was bei den christlichen Seelsorgen die Pfarrhelfer sind, gleicher Rechtsstatus, ich glaube bei den christlichen Seelsorgen sind das E7/E8?!). Spannend hier ist aber, dass die Rabbiner jeweils ZWEI Hilfskräfte erhalten im Gegensatz zu den Militärpfarrern, die jeweils nur einen haben.
Ich bin mir nicht sicher, warum das so ist, aber möglicherweise wird damit den räumlich teilweise doch sehr großen Distanzen Rechnung getragen, damit gleichzeitig zwei Leute auf Reisen sein können und dennoch jemand das Telephon besetzt und vor Ort ansprechbar ist?!
@ AoR
Frau AKK ist nicht das militärische Protokoll der Bundeswehr und hat mit dem wenig zu tun.
Der GI ist Bundeswehr und Frau AKK ist nicht Bundeswehr; auch wenn Sie selbst immer so tut als ob Sie es wäre.
@Koffer: Warum gendern, wenn es bei zwei von drei Religionen auf lange Sicht nicht der Fall sein wird?
Und wie ist es eigentlich mit dem Beamtenrecht vereinbar?
Nur mal so gefragt, weil ja gerade die Juristerei Urständ feiert. 🙂
Bin gespannt auf die ersten gemeinsamen Feierlichkeiten mit den Rabbis. Bringen vielleicht ein paar neue Impulse.
[Langsam wird’s ein bisschen schräg, und ich mache so was nicht länger mit. Was soll die Behauptung, „Warum gendern, wenn es bei zwei von drei Religionen auf lange Sicht nicht der Fall sein wird?“ Evangelische Kirche und Zentralrat der Juden sind zwei von drei. Und die lustigen Pseudo-Juristereien lassen wir auch. T.W.]
Es ist immer wieder faszinierend bis irritierend, wie sogar in großen geschichtlichen Momenten, die STANologen unerschütterlich, willensstark und zielstrebig drangehen …. und scheinbar schon einen „Alternativentwurf für die Anlagen der Ausführungsbestimmungen der Umsetzungsverordnung der Geschäftsordnung auf Grundlage der Grundlagenvereinbarung zur Einrichtung des Militärrabbinates verhandeln“….die historische Dimension der fernmündlichen Erreichbarkeit im Zeitalter des Mobilfunkes. ;-))
@Koffer
nun haben sie es ja erkannt das Militärrabinat ist eine eigenständige Bundesoberbehörde, die als solches per Staatsvertrag weisungsunabhängig ist. Heißt nix anderes das BMV’g hat ein Budget für Räumlichkeiten, Personal, KfZ, Dienstreisen, Dienstbetrieb, ect. pp. zu stellen, aber ansonsten nicht rein zu reden. Das gilt auch für jeden Kommandeur, der kann einen Militärgeistlichen immer nur nett bitten. Auch im Einsatz kann man ihm/ihr nur sagen… da bitte nicht hin, da liegen Minen. Sicherlich kann ein Kommandeur einen Dienstplan für seine Einheit aufstellen aber und das gilt ja nun auch für jeden Christen, wenn ein Soldat Seelsorge benötigt hat ihm die niemand zu verwehren.
Shalom
[Damit haben wir diesen OT nun endgültig abgeschlossen. T.W.]
@TW: Sonderbare Zählweise, jetzt haben Sie den Islam als dritte große Religion in Deutschland weggelassen und zählen die christlichen Kirchen doppelt? 🙂
[Geht in diesem Thread um die Religionsgemeinschaften, die in der Militärseelsorge vertreten sind – oder wollen Sie andere Themen aufmachen? T.W.]
Sorry, lieber T.W., aber ich bitte Sie das so nicht stehen zu lassen. Das ist fachlich einfach falsch.
@Küstengang01 sagt: 21.06.2021 um 23:11 Uhr
„nun haben sie es ja erkannt das Militärrabinat ist eine eigenständige Bundesoberbehörde“
Mir fällt keine einzige eigenständige Bundesoberbehörde ein. Das KMBA (für die Katholen) und das EKA (für die Evangelen) ist es ja auch nicht.
Der Staatsvertrag für die jüdische Militärseelsorge regelt hierzu übrigens wörtlich:
„Für die Militärrabbiner und Militärrabbinerinnen als Bundesbeamte oder Tarifbeschäftigte ist oberste Dienstbehörde das Bundesministerium der Verteidigung,“
Darüber hinaus wird das Militärrabinat als Obere (!) Bundesbehörde im Geschäftsbereich des BMVg errichtet. Oberste (!) Bundesbehörde hierfür ist das BMVg.
Aber ich verstehe hier diesen ganzen Streit auch nicht.
Die Unabhängigkeit der Seelsorger in ihrer Seelsorgerfunktion und in ihrer religiösen Funktion ist doch glasklar und eindeutig geregelt. Warum wird jetzt hier versucht das Beamtenrecht umzudeuten?
[Der Versuch, meine Geduld hier auszureizen, ist beachtlich. Der Versuch, dieses Nebenthema hier immer wieder hochzubringen, nur weil der Herr Kommandeur neben seinem Feldarzt natürlich auch seinen Feldgeistlichen unter seinem Kommando haben möchte, beenden wir jetzt, aber so was von. T.W.]