Bundestag verlängert Antipiraterie-Einsatz vor Somalia (mit weniger Soldaten)
Fürs Archiv: Der Bundestag hat am (heutigen) Donnerstag erwartungsgemäß die deutsche Beteiligung an dem seit 2008 laufenden Antipiraterie-Einsatz der EU vor Somalia, der Mission Atalanta, zugestimmt. Für die Verlängerung sprachen sich in namentlicher Abstimmung 456 Abgeordnete aus, 72 stimmten dagegen und 35 enthielten sich, vor allem in der Grünen-Fraktion.
Das Mandat für den EU-Einsatz, der derzeit unter deutschem Kommando steht und an dem sich zurzeit von der Deutschen Marine die Fregatte Bayern, der Tanker Spessart und ein Seefernaufklärer P-3C Orion beteiligen, sieht eine Verringerung der Obergrenze für den Einsatz deutscher Soldaten von bislang 950 auf 600 vor. Das ist weniger als die Hälfte der Soldaten, die zu Beginn dieser Mission eingesetzt werden konnten – aber damals war auch die Hochzeit der somalischen Piraten, während inzwischen schon seit mehr als zwei Jahren keine erfolgreichen Kaperungen von Handelsschiffen mehr verzeichnet wurden.
Interessant ist noch ein Hinweis auf eine Aufgabe, die auch zum Spektrum dieses Einsatzes gehört, aber selten erwähnt wird (vielleicht auch praktisch nicht so eine Rolle spielt): Die europäischen Kriegsschiffe sollen auch Raubfischerei verhindern; eine der Ursachen, die vor gut acht Jahren zur Zunahme der Seeräuberei führte:
Beitrag zur Überwachung der Fischereitätigkeiten vor der Küste Somalias im Rahmen der verfügbaren Mittel und Kapazitäten sowie Unterstützung des von der Ernährungs- und Landwirtschafts organisation (im Folgenden FAO) entwickelten Lizenz- und Registrierungssystems für die handwerkliche und industrielle Fischerei in den der somalischen Gerichtsbarkeit unterstehenden Gewässern – sobald dieses einsatzbereit ist – mit Ausnahme jeglicher Strafverfolgungstätigkeiten;
Die oben erwähnte Enthaltung bei den Grünen erklärt sich damit, dass ein Entschließungsantrag der Fraktion abgelehnt wurde: Darin hatten die Grünen nicht nur mehr Unterstützung der Fischerei in Somalia angemahnt, sondern vor allem die unverändert bestehende Möglichkeit im Mandat abgelehnt, dass Atalanta gegen Piratenlogistik auch an Land vorgehen kann. Davon hatte die EU-Mission bislang allerdings, so weit bekannt, erst ein mal Gebrauch gemacht.
(Archivbild März 2016: Somalische Fischer – EUNAVFOR Atalanta)
Zum Kontingent gehört aktuell auch eine P3 C Orion der Deutschen Marine!
Oh weh, ist mir glatt durchgegangen… trage ich natürlich nach. Sorry!
Es erstaunt mich immer wieder wie hartnäckig die Geschichte, von den armen Fischern die quasi gezwungen waren Piraten zu werden sich hält.
Fischerei war nie eine Säule der somalischen Wirtschaft.
Die Stämme sind traditionell Hirten, unter dem Diktator Siad Barre wurden Teile dieser Stämme zwangsweise zu Fischern.
Aus zuverlässigen Quellen ist mir bekannt das dieser Umstand, auch mehrfach und deutlich, so gegenüber Politikern und militärischen Verantwortlichen kundgetan wurde.
Diese Aussagen werden aber offenbar ignoriert um einen Einsatz zu rechtfertigen der eigentlich schon beendet sein könnte, gut das die Marine ausreichend Ressourcen hat um bis zum St. Nimmerleinstag dort mitzufahren.
Die Piraten sind und waren immer organisierte Banden von Verbrechern, welche schnelles Geld machen wollten und keine modernen Robin Hood´s.
Mein Vorschlag für diesen Einsatz: Marine rauslösen, zivile Schiffe nehmen (wie sehr erfolgreich praktiziert), für den Transit am Horn von Afrika, Protection Teams mit an Bord.
Denn auch 600 Mann bedeutet eine Fregatte wird dort gebunden und das 24/7/365
just my 2cents
Hoffen wir für die Marine, dass es die letzte Mandatsverlängerung ist und die Mission damit beendet wird.
Wenn ich mal etwas spekulieren würde… wir verlängern diese Mission nur um weiterhin mit Djibouti eine East of Suez Präsenz aufrechterhalten.
pi
@IstEgal
Akzeptiert, und ich habe vielleicht etwas nachlässig formuliert. Ich kaufe die Geschichte der Fischer, die aus reiner Not zu Piraten wurden, auch nicht. Mit einer kleinen Einschränkung: Die illegale Fischere vor Somalia hat den Piraten mehr Rückhalt in der Bevölkerung verschafft und es auch zeitweise erleichtert, diesen Robin-Hood-Mythos zu pflegen.
also wird das Aufgabenprofil der Marine auch noch in Richtung „Fischereischutz-Boote“ ausgeweitet – inklusive Besuch an Bord, Begutachtung des Fanges und Nachmessen der Netz-Maschengröße vermutlich?
Lernt man das heutzutage alles in Mürwik?
Zwei Jahre kein Piraten-Angriff vor Somalia – welchen Sinn hat noch ATALANTA?
http://www.pivotarea.eu/