Vorbelastet in den Einsatz
Gut zweieinhalb Jahre nach ihrer ersten Studie zur psychischen Erkrankung von Bundeswehrsoldaten an einer post-traumatischen Belastungsstörung (PTBS) im Auslandseinsatz haben die Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden eine Folgestudie vorgestellt. An den relativ niedrigen Raten von PTBS-Erkrankungen unter deutschen Soldaten hat sich offensichtlich nichts geändert; dafür kommen die Forscher zu einem anderen alarmierenden Ergebnis: Ein Fünftel aller für die Studie befragten Soldaten ging mit einer meist nicht erkannten psychischen Störung in den Einsatz – und hatte damit ein vier- bis sechsmal höheres Risiko, mit einer einsatzbezogenen neuen psychischen Erkrankung zurückzukehren. Zugleich neigten Soldaten dazu, bei solchen Problemen aus Angst vor Stigmatisierung keine professionelle Hilfe zu suchen.
Die Bundeswehr ist offensichtlich auch in dieser Hinsicht ein Spiegel der Gesellschaft: Die 20 Prozent mit psychischem Erkrankungen, so heißt es in einer Erklärung der Bundespsychotherapeutenkammer zu dem Dresdner Ergebnis, entsprächen dem Anteil unter der männlichen Gesamtbevölkerung. Und eine – erfolgreiche – Behandlung stehe auch einem erneuten Einsatz nicht im Wege: Es spricht nichts dagegen, dass ein Soldat, der psychisch krank war, aber erfolgreich behandelt wurde, seinen Dienst weiter fortsetzt – und auch an Auslandseinsätzen teilnimmt. Ein Einsatzverbot bei psychischen Vorerkrankungen wäre inakzeptabel. Sonst dürften z. B. Notärzte, die ebenfalls ein erhöhtes Risiko haben, einem traumatischen Erlebnis ausgesetzt zu werden, ihrer Arbeit nicht weiter nachgehen.
Die Wissenschaftler der TU Dresden unter Prof. Hans-Ulrich Wittchen analysierten für ihre Studie die Ergebnisse einer Querschnittsbefragung (das war die oben verlinkte aus dem Jahr 20119 und einer darauf folgenden Längsschnittstudie unter den Soldaten des 26. und 27. ISAF-Kontingents in den Jahren 2011 und 2012. Als positives Ergebnis beider Befragungen stellten die Forscher heraus, dass weitgehend unabhängig von den erlebten belastenden und traumatischen Erlebnissen und Erfahrungen mehr als zwei Drittel aller Soldaten ohne klinisch bedeutsame Störungen aus dem Einsatz zurückkehren.
Wesentliche Auszüge aus der Zusammenfassung, die Wittchen und sein Team am (heutigen) Dienstag vorgelegt haben (Hervorhebung von mir):
Die Teilnahme an Auslandseinsätzen ist für die Soldatinnen und Soldaten mit häufigen belastenden Ereignissen verbunden. 24,2% aller Einsatzsoldatinnen und -soldaten haben mindestens ein traumatisches Ereignis im Einsatz erlebt, 13 % mehr als drei Trauma-Ereignisse. Mit geringen Abweichungen bestätigte sich dieser Befund auch in der Längsschnittstudie.
2,9 % der im 20. und 21. Kontingent ISAF in Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten kehrten mit einer PTBS zurück (12-Monats-Prävalenzrate). Davon war ein Drittel erstmalig an einer PTBS erkrankt. Dies entspricht gegenüber der Kontrollgruppe einem 2 bis 4-fach erhöhtem PTBS-Risiko. Auch dieses Ergebnis betätigte sich in der Längsschnittstudie (kein statistisch signifikanter Unterschied). Allerdings war in der Längsschnittstudie die einsatzbedingte Neuerkrankungsrate an einer PTBS noch etwas geringer als in der Querschnittstudie: 12 Monate nach Einsatzrückkehr waren 9 Soldaten (1,8%) von einer PTBS betroffen. Die Inzidenzrate (erstmaliges Neuauftreten im oder nach dem Einsatz) betrugt 0,4%.
Neben dem Risiko einer PTBS bestand allerdings zusätzlich ein wesentlich höheres Risiko für andere einsatzbezogene psychische Störungen, insbesondere für Angststörungen und die Alkoholerkrankungen. Auch dies bestätigte sich eindrucksvoll in der Längsschnittstudie: 3,6% erkrankten neu an Angststörungen, 1,8% an affektiven (insbesondere Depression) und 1,5% an Alkoholstörungen.
Zusammen ist hervorzuheben, dass weitgehend unabhängig von den erlebten belastenden und traumatischen Erlebnissen und Erfahrungen mehr als zwei Drittel aller Soldaten ohne klinisch bedeutsame Störungen aus dem Einsatz zurückkehren.
Kampftruppen – vor allem am Einsatzort Kunduz – wiesen im Vergleich zu anderen Einsatzsoldatinnen und -soldaten der Studienpopulation eine erhöhte PTBS-Wahrscheinlichkeit sowie ein höheres Risiko an anderen psychischen Störungen auf.
Es konnte kein stetiger Zusammenhang des psychischen Erkrankungsrisikos mit Einsatzdauer festegestellt werden. Soldaten mit kurzen (unter 3 Monaten) sowie angedeutet, solche mit langen Einsätzen (über 6 Monate), haben ein relativ erhöhtes Erkrankungsrisiko.Inanspruchnahme, Versorgung und Behandlung
Obwohl das Vorliegen einer psychischen Störung gemäß der internationalen Kriterien von DSM-IV zumindest Abklärungs- und Interventionsbedarf implizieren sollte, wurden in der Querschnittstudie nur 18% definitiv erkannt und erhielten zumindest eine niederschwellige Therapie, während 44% aller Betroffenen mit einer diagnostizierten psychischen Störung weder erkannt, noch diagnostiziert oder behandelt wurden (Dunkelziffer 45%). Auch dieser Befund wurde in der Längsschnittstudie erhärtet; hier lag die Behandlungsrate bei nur 10,3% – keiner der PTBS-erkrankten Fälle wurde im Zeitraum 12 Monate nach dem Einsatz erkannt oder behandelt.
Vertiefende Analysen deuten an, dass von den betroffenen Soldaten offensichtlich massive Barrieren wahrgenommen werden, die sie davon abhalten, sich gegenüber den zuständigen Diensten mit ihrem Leiden zu offenbaren. Demgegenüber spielen objektive Hinderungsgründe, wie „kein Dienst vorhanden, Wartezeiten oder schlechter Zugang“ eine eher untergeordnete Rolle.
Die dem Einsatz vorausgehenden vorbereitenden und dem Einsatz folgenden nachbereitenden Maßnahmen werden überwiegend als positiv, angemessen und zielführend beurteilt. Lediglich bei den psychisch vorbelasteten Soldaten ergab sich diesbezüglich ein abweichendes und weniger positives Bewertungsbild.Risikofaktoren für einsatzbezogene psychische Störungen
Wichtigster Prädiktor für einsatzbedingte psychische Störungen war neben dem Ausmaß an belastenden Einsatzereignissen eine bereits vor dem Einsatz bestehende psychische Störung. Jeder fünfte Soldat ging – in beiden Studienteilen – bereits mit einer manifesten, aber zumeist nicht erkannten psychischen Störung in den Einsatz. Die Verlaufsanalysen ergeben für die Gruppe der unerkannt „vorbelasteten“ Soldaten ein 4 bis 6-fach höheres Risiko mit einer einsatzbezogenen neuen psychischen Erkrankung zurückzukehren, bzw. im Falle episodischer Erkrankungen, wie der Depression, neuerlich eine Krankheitsepisode zu erleiden.
Im Vergleich zum Faktor „vor dem Einsatz bestehende psychische Störungen“ erwiesen sich alle übrigen geprüften Faktoren als statistisch wenig relevant. Dies gilt für weit zurücklegende Ereignisse, wie belastende oder traumatische Kindheitserfahrungen, ebenso wie für Persönlichkeitseigenschaften, einsatzbezogen erfahrene Kohäsion in der Truppe, wie auch experimentell erhobene Variablen der Kognition und kognitiv-affektiven Regulation.Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Das Problem der einsatzbezogenen PTBS – mit einer Inzidenz von etwa 1% und einer 12-Monatsprävalenz von 2-3% – erreicht bei Weitem nicht das Ausmaß, wie es aufgrund früherer Befürchtungen erwartet wurde. Dieses Ergebnis wurde in der prospektiven Längsschnittstudie auch in der vertieften Analyse eindrucksvoll bestätigt.
Bei Anlegen gleicher methodischer Standards sind die PTBS-Raten der deutschen Soldatinnen und Soldaten etwas, aber nicht bedeutsam niedriger als bei britischen, jedoch gravierend niedriger als bei amerikanischen Soldatinnen und Soldaten, die im Irak oder in Afghanistan im Einsatz waren.
Wesentlich unterschätzt hingegen wurde das Risiko anderer einsatzbezogener psychischer Störungen. Auslandseinsätze der Bundeswehr gehen mit einem hohen Belastungsausmaß – einschließlich traumatischer Ereignisse – einher, die offensichtlich massiv:
Das Ersterkrankungsrisiko für Angststörungen sowie
den Beginn einer Alkoholabhängigkeit erhöhen.
Zudem haben Soldaten mit einer Vorgeschichte an affektiven Störungen ein erhöhtes Risiko wiederum eine depressive Episode zu erleiden.
Es finden sich ferner Hinweise darauf, dass nach dem Einsatz vorbelastete Soldaten häufiger multimorbid erkranken.
Einsatzbezogene psychische Störungen werden nicht hinreichend frühzeitig erkannt, selten diagnostiziert und behandelt. Dies gilt sowohl für die Inanspruchnahme bundeswehrinterner wie auch außerhalb der Bundeswehrstrukturen aufgesuchter Dienste. Obwohl das Vorliegen einer psychischen Störung gemäß der internationalen Kriterien von DSM-IV zumindest Abklärungs- und Interventionsbedarf implizieren sollte, wurden in der Querschnittstudie nur 18% – in der Längsschnittstudie nur 10% – erkannt und behandelt.
Unter Anlegen äußerst liberaler Kriterien für „Behandlung“ (=zumindest einmaliger Kontakt zum professionellen System) kann die Dunkelziffer für PTBS und andere psychische Erkrankungen auf etwa 50% geschätzt werden.
Wegen der geringen Fallzahlen können aus der Studie keine Aussagen zur Qualität oder Akzeptanz spezifischer pharmakologischer oder psychotherapeutischer Methoden bei der Behandlung erkrankter Soldaten in oder außerhalb der Bundeswehr getroffen werden.
Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist der herausragende Stellenwert psychischer Vorerkrankungen. Diese erweisen sich – ungeachtet vieler weiterer Faktoren, die das Risiko einsatzbezogener psychischer Störungen mit beeinflussen (z.B. Grübelneigung, im Einsatz erfahrene Gruppen-Kohäsion etc) – als machtvoller und stärkster Prädiktor für einsatzbedingte Folgeerkrankungen.
Für die Bundeswehr ergibt sich daraus die Herausforderung eines verbesserten klinisch-diagnostischen Screenings vor Einsätzen, um bereits vor dem Einsatz bestehende psychische Störungen zu erkennen. Ziel eines solchen Screenings sollte primär sein, den Betroffenen das Vorliegen einer psychischen Störung ebenso wie das sich daraus ergebene erhöhte einsatzbezogene gesundheitliche Risikopotential bewusst zu machen. Daran anschließend sollte eine vertrauliche Beratung evtl. angezeigter präventiver oder therapeutischer Schritte erfolgen. Keinesfalls ist es Ziel führend, so ermittelte unerkannte psychische Störungen aktenkundig zu machen, da dies die Gefahr der Stigmatisierung oder potentieller Laufbahnnachteile in sich birgt. Es sind also einerseits geeignete, z.B. aus der Studie selbst abgeleitete gezielte diagnostische Verfahren zu erproben sowie andererseits angemessene Handlungskonsequenzen aus derartigen Befunden zu entwickeln.
Ebenso zentral ist der Befund der Studie, dass betroffene Soldaten offensichtlich massive Barrieren wahrnehmen, die sie davon abhalten, sich gegenüber den zuständigen Diensten mit ihrem Leiden zu offenbaren. Demgegenüber spielen objektive Hinderungsgründe, wie „kein Dienst vorhanden, Wartezeit, oder schlechter Zugang“ eine untergeordnete Rolle. Die offensichtlich unterschätzte zentrale Rolle von empfundenem Stigma – speziell im Kontext der Bundeswehr – sollte bei der Umsetzung von Screening-Maßnahmen entsprechend beachtet werden.
Positiv ist hervorzuheben, dass die dem Einsatz vorausgehenden vorbereitenden und dem Einsatz folgenden nachbereitenden Maßnahmen von den Soldaten überwiegend als positiv, angemessen und zielführend beurteilt werden. Lediglich bei den psychisch vorbelasteten Soldaten ergab sich diesbezüglich ein geringfügig abweichendes, weniger positives Bewertungsbild.
(Archivbild April 2013: Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 231 aus Bad Reichenhall sichern ein Tactical PsyOps Team in Afghanistan – Andrea Bienert/Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Die Dunkelziffer, gerade bei den SaZ und Resevisten (Sprachmittlern ), ist mit Sicherheit noch viel höher.
Nicht erwähnt (oder hab ich es überlesen?) – vermutlich nicht untersuchbar im Zeitraum ist, wie sich das Risiko entwickelt, wenn die Regenerationsphasen zwischen den Einsätzen nicht ausreichend sind.
Weiterhin nicht erwähnt: welche Art von Information / Ausbildung wurde den Soldaten zur Erkennung der Gefährdung gegeben?
Meine Offizierausbildung 2003/2004 an der Offizierschule in Dresden, wie auch bei der Truppe für Operative Information ging überwiegend auf das Risiko von Geschlechtskrankheiten ein, die sich Soldaten in Einsätzen holen ( … mit pädagogisch „wertvollen“ Bildern von Geschlechtsteilen…)
Ebenfalls nicht erwähnt ist die Dauer, bis die PTBS zu Tage tritt… zwischen 6 Monaten und 10 Jahren können Rekationen auftreten.
Daher mein Fazit:
Wer die nicht untersuchten / noch nicht untersuchbaren Aspekte nicht listet, versucht offenbar mit der Studie den Eindruck zu erwecken, verantwortungsvoll mit dem Thema umzugehen.
@Daniel Lücking
Ernsthaft? :-) Den Ausbildungsabschnitt hat man bei mir wohl übersprungen.
Meines Wissens ist seit einigen Jahren in der Einsatzvorausbildung ein Vortrag Truppenpsychologe (oder irgendjemand, der die Folien desselben durchklickt, weil der Truppenpsychologe keine Zeit hat) Pflicht, um den Haken im Ausbildungspass zu bekommen. Dazu gibt es drei Broschüren für Vorbeugung und Erkennung von Störungen vor, während und nach dem Einsatz. Erkenntnisgewinn ist moderat und Interesse der Soldaten tendenziell moderat bis gering.
Interessant finde ich den Nebensatz:
„Es finden sich ferner Hinweise darauf, dass nach dem Einsatz vorbelastete Soldaten häufiger multimorbid erkranken.“.
Was ist darunter zu verstehen? Alkoholinduzierte und -verwandte Erkrankungen zum Beispiel? Drogenassoziierte Organschäden?
Wenn 20÷ der männlichen Bevölkerung als traumatisiert gelten, dann stimmt was nicht mit der Begriffsdefinition oder ich habe ein extrem untertraumatisiertes Umfeld.
pi
Das ist ja ein komplett politisch inkorrekte Äusserung !!!
Mir gehts aber auch so, wenn ich das überschlage, sind bei einem Kontingent in MES (gerundet 3500 Soldaten DEU) also 700 traumatisiert (ich rechne hier lieber mit absoluten statt relativen Zahlen).
Das wären jetzt mindestens ALLE Soldaten der ASB/NRU oder wie immer das gehiessen hat/ heisst plus der begleitenden SanTrps. Das ist mal auszuschliessen. Also auch ein erklecklicher Teil, der immer im (relativ) sicheren Camp war – ausschliesslich. Sicher gibts da auch unschöne Dinge, aber traumatisierende Vorgänge? Im RC Stab, wenn wieder eine Idee des IJC reinkommt? Wenn ausserplanmässig eine Betreuungseinrichtung zu hat? Wenn bei der letzten Lieferung kein Hefeweizen dabeiwar?
Überzeichnet – weiss ich, aber 20%, bei allem Verständnis,dass ein Trauma verschiedenste Ursachen haben kann, von der Person und Persönlichkeit abhängig ist – dass es anfälligere Personen gibt und weniger anfällige.
Oder gilt hier der Grundsatz, dass man nicht gesund sein kann, nur nicht ausreichend lang untersucht.
OT: Gutes Bild zum Thema: Wie laufen wir denn wieder rum?!
Leute, ihr müßt nur mal schauen, wie schnell selbst schon leichtes ADHS in unserer durchfeminisierten Bürohockergesellschaft zu Problemen führt. Die Leute sind dann zwar prima talentiert für militärische oder sportliche Karrieren, werden aber so oft gezwungen, still auf dem Hintern zu sitzen und nicht vorhandene Charaktereigenschaften zu heucheln, daß am Ende garantiert eine Störung rauskommt. Das reicht von Depressionen wegen Stillsitzen und Langeweile über Selbstwertstörungen, weil ihnen jeder einredet, sie wären irgendwie kaputt.
Was Trauma betrifft: Jeder Mensch hat verschiedene Trauma. Das können Gewalttrauma sein, Ekelgrenzen wegen schlechter Kindheitserfahrungen mit sauerer Milch, alles mögliche. Psychische Trauma sind genauso alltäglich und normal wie körperliche Narben.
Eine psychische Störung ist keine Krankheit sondern erstmal nur ein Fall, wo der Charakter und die Lebensbedingungen nicht zu einander passen. Das kann an einer Krankheit liegen oder eine Krankheit verursachen. Es kann aber auch einfach sein, daß da ein geborener Jäger versucht, als Bürohocker zu leben.
Und wieder wird der Arbeitgeber BW ein großes Stück weit attraktiver.
Wie schon nach der fundamentalen SpiegelTV Doku denke ich hier wieder schmunzelnd an den „Antrittsinspekteurbrief“ vom Kameraden Kasdorf zurück.
Tenor: Das Heer muss der attraktivste Arbeitgeber Deutschlands werden!
Vielleicht kann den hier mal jemanden Verlinken…auf der HP des InspH iss er komischerweise nicht mehr zu finden. Vielleicht iss er noch im Intranet…da hab ich Gott sei dank keine Zugriffsmöglichkeit mehr.
…soll natürlich aber alles nicht von der Ernsthaftigkeit dieses Themas ablenken – und natürlich auch nicht die anderen mil.OrgBer außen vor lassen.
Zwischenfrage, wie soll denn eine „durchfeminisierte Bürohockergesellschaft“ aussehen?
@Cynic 2 irgendwas hatten wir an der OSH, wenn ich mich recht entsinne … war aber nicht viel.
Fakt bleibt aus meiner Sicht: im Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit an PTBS / psychischen Folgestörungen zu erkranken, waren Eiterblasen am Pimmel deutlich stärker repräsentiert.
Und die Tendenz der Bundeswehr, irgendwas gedrucktes auszugeben und zu sagen: das war es mit unser Informationspflicht haben sie ja sehr schön mit dem Folienklicken beschrieben ;)
Solange PTBS nicht Teil der Sanitätsausbildung ist – beginnend bei der Grundausbildung – wächst da kein Bewusstsein.
Ein Vorsitzender einer Reservistenkameradschaft meinte vor ein paar Tagen (öffentlich via Facebook) zu mir, traumatisiert sei man erst, wenn man Tötungen / Erschießungen etc. gesehen habe. Er hatte auch an anderer Stelle gleich Videos von Erschießungen und sehr eindeutige wörtliche Beschreibungen parat….
Seit Jahrzehnten als Berufskrankheit in anderen Armeen dokumentiert – Hurra Deutschland, dass du seid 2008 daran forscht!
Lange wurde dieses Thema leider heruntergespielt. Türlich, es wurden Trauma-Zentren geschaffen. Die Plätze sind sehr begrentz ob der Masse. Der Betroffene muss sich dann trotzdem auch noch selbst einen Therapeuten ausserhalb der Bw suchen und da hapert es schon mal. Zu lange Wartezeiten, Unkenntnisse, ob der auch vorschriftenkonform zugelassen ist und kann er überhaupt mit meinem Problem umgehen. Im Übrigen ist die Zahlungsmoral der Bw nicht die allerbeste/-schnellste, bleiben schon mal Rechnungen eine Weile unbeglichen. Wie reagiert dann wohl der Behandelnde, läßt er anschreiben? Leider hat die Bw zu wenig ausgebildete eigene Therapeuten, um der Anzahl gerecht zu werden. Auch wissen Vorgesetzten oft nicht, wie damit umgegangen werden soll. z. B., wie Soldat noch einsetzbar, belastbar ist, ob ein „Nachfolger“ kommt, der den Auftrag macht etc. pp, wie helfe ich schnell und unbürokratisch (Keiner hat übrigens je gefragt, ob das ansteckend ist!) Ich sehe da unbedingten Nachsteuerbedarf. Vorallem, wenn es mehr Einsätze hagelt, auch solche, wo nur humanitäre Hilfe geleistet werden soll. Die Bilder sind nicht so schnell zu verkraften, da sie nicht auf der Mattscheibe flimmern, sondern real und vorallem zum anfassen sind….
Und alle, die Scherze darüber machen, die haben einfach den Knall nicht gehört. Die Gruppe der Einsatz-geilen Supersoldaten ist und bleibt für mich übersichtlich. Meist steckt bei denen sowieso ein anderes, vielleicht sogar gefährlicheres Trauma dahinter
Punkt
Ist das Foto zum Artikel extra ausgesucht? Es macht auf den Betrachter einen äußerst ungünstigen Eindruck.
@Terra
Nein, ich hab‘ nur ein Einsatzfoto als Symbolbild genommen…
Wieso äußerst ungünstiger Eindruck? (Ist immerhin ein von der Bw offiziell veröffentlichtes Foto.)
Ja, ein schlimmes Foto ^^ . Mal ein Soldat, der nicht bis an die Zähne bewaffnet ist … schwer auszuhaltender Anblick *Head2Desk*
Mir kam es bei jedem Dingo, jedem IDZ-Soldaten mehr und mehr hoch – es war die sichtbare Dokumentation des langsamen Scheiterns. Ich bedaure noch heute, dass ich meinem Vorgänger in Kunduz damals nicht gefolgt bin, als er beim Samstag nachmittäglichen Fußballspiel ohne Schutzweste auf dem Fußballplatz in Kunduz Stadt herum gelaufen ist.
November 2005 gab es noch die Möglichkeit.
@ All:
Bis ich die Streitkräfte verlassen hatte war es für ein 90/5er Berufssoldat durchaus ein Hemmnis, wenn man in psychologischer Behandlung war bzw. auch z.T. die Präventivkur in Anspruch genommen hatte.
Deshalb gingen insbesondere die „Einsatzjunkies“ natürlich auch nie zum Arzt.
Man hatte seinerzeit von der Ebene A11-13 ein Pilotprojekt gestartet, bei dem alle häufigen Einsatzsoldaten der Dienststelle obligatorisch 1-3 Gespräche mit dem Psychologen am BW(Z)K Koblenz hatten (Der hatte auch eine Ü3)!
Somit wurde zum einen die hemmschwelle abgebaut (jeder muss gehen), zum anderen den Soldaten, die mit geheimen oder streng geheimen Dingen konfrontiert waren, eine Option gegeben, sich „sicher“ anzuvertrauen.
Aber der Psychologe war nach kurzer Zeit dauerhaft mit der Dienststelle ausgelastet und das Proket wurde im Rahmen irgendeiner Umstrukturierung leider wieder eingestellt.
Mir hat es sehr gut geholfen, Tipps von einem Profi zu bekommen.
Aber dafür bräuchten wir wohl mehr Psychologen, um das flächendeckend hinzubekommen.
Wenigstens wir das Thema mittlerweile Ernster genommen!
Oder deutsche Soldaten sollten einfach nicht mehr zum belastenden Schweigen gezwungen werden.
Ich bleibe dabei:
Dinge, die eine Armee im Ausland tut und geheim halten will, sollte sie gar nicht erst tun.
Ich sah eine Verletzung von Menschenrechten in Afghanistan und zählte zu den Soldaten, die darüber schweigen sollten. Wer das so wollte, ist nicht klar … Politik… Führung… wer auch immer.
Aber Soldaten, die über Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan schweigen sollen,
sollen irgendwann auch über Menschenrechtsverletzungen in Afrika schweigen.
Dann sollen sie irgendwann über Menschenrechtsverletzungen an der europäischen Südgrenze schweigen …
Aber wenn dann der Einsatz im Innern kommt, den man immer wieder so sehr will ….
Leute, macht was gegen diese Geheimpolitik – das muss ein Ende haben.
20% der repräsentativen DEU Bevoelkerung „vortraumatisiert“ LOL.
Hier muss echt mal über Begriffsdefinitionen gesprochen werden und im Bereich der EinsVorb, bei allem Respekt für wirklich hilfsbedürftige und / oder traumatisierte Soldaten, die „Kirche im Dorf gelassen“ werden. Wenn der TrpPsy nur lange genug nachbohrt, findet er mit SICHERHEIT eine Vorbelastung bei min. 20% der untersuchten Fälle.
Nimmt man jetzt noch die digitalen Loesungsmechanismen des Arbeitgebers Bw hinzu, gebe ich mal eine Prognose ab, zu dem was kommen wird [im Text ja schon als „klinisch diagnostischen Screenings VOR dem Einsatz…“ hervorgehoben]:
Jeder Kontingentangehoerige wird zu seinem persoenlichen „Einsatzvorbereitungsmarathon“ in Form von IGF, EAKK, Kontingentzusammenfuehrung, Zertifizierung, Impfstatus, PoliBi, Rechtsunterricht, CulAd, Aussen- Tropendienst- & Auslandverwendungsfahigkeit, PEBA Bogen, Belehrungsorgien und gefühlten 100 anderen „Plichtterminen“ nun auch noch ca. eine Woche „auf der Couch“ platz nehmen dürfen, damit solange nach Problemen gesucht werden kann, bis bei den nunmehr statistisch abgeteilten 20% auch etwas gefunden wird. Das muss dann ja auch noch behandelt werden [Absicherungsgedanke]., nochmal mindestens zwei Wochen plus Dokumentation in G-Akte und sonstwo = ergo 20% Kontingentteilnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit geplatzt.
Zusaetzlich schütteln wir das mal alles kräftig durch und überlegen, wo man die „Screening- und Behandlungszeit [für 20%] in der Einsatzvorbereitung noch „ausschwitzen“ kann, bei all den ohnehin fest etablierten und unumgänglich zu absolvierenden Pflichthuerden… Ich tippe mal stark auf den Bereich „Regenerationsphase“ vor dem Einsatz… Wieder mal „einen rauf“ für Attraktivitaet und Vereinbarkeit Familie und Dienst.
slightly OT:
1. Finde es schon wieder herrlich, wie hier von „Afghanistan / ISAF“ (hoffentlich unbewusst) auf „Die Auslandseinsätze der Bw““ abgeleitet wird. Im Zuge der allgemeinen Gleichschaltung und Zentralisierung der Aera TdM wette ich schon jetzt darauf, das ALLE Kontingente aller TSK das o.a. pauschale Allheilmittel verordnet bekommen werden, samt administrativer Erfassung, Dokumentation, Auswertung, etc.
2. Bei allem Respekt vor Herrn Prof. Wittchen: Wenn ich natürlich einen Psychologen (Einfach mal seine Veroeffentlichungen googeln) mit einer solchen Studie beauftrage [ohne zugegebenermaßen deren Details und Auswertemethoden zu kennen] ist es auch wenig verwunderlich das dieser bei „20% der DEU“ grundsätzlichen Behandlungsbedarf zu erkennnen glaubt. Jeder sichert sich seinen Job schließlich so gut er kann.
Ist so aehnlich als wenn man sein Auto in die Vertragswerkstatt zur Inspektion gibt und dann den Werkstattmeister und Zulieferer fuer Ersatzteile solange nach auf den naechsten 30.000 km theoretisch denkbaren Haarrissen, Defekten und moeglichen Materialermuedungen fragt bis dieser sich freudestrahlend bereiterklärt, alle Verschleißteile prophylaktisch auszutauschen. Das Auto bleibt dafür natuerlich min. 3 Wochen zusaetzlich in der Werkstatt und die Rechnung beläuft sich auf den Restwert des KFz.
[Ja mir ist bewusst, dass Soldaten keine Kfz sind, aber ich finde den Vergleich so schoen treffend]
Aktuelle Erfahrung aus dem Einsatz:
Die Truppenpsychologin: einmal die Woche auf Yukuhu-Trip ins HQ: Cafeteria,Treffen mit JMED, anschliessend Kaffee und Zigarette – und Abrakadabra – da war sie wieder weg.
Beim dritten Besuch mal angesprochen: Ja, sie sei die Truppenpsychologin, und wenn ich mal Probleme hätte – Abrakadabra – da war sie wieder weg! Sie fühlte sich in Unifom mit P8 am Oberschenkel wohl auch als „kleines Mädchen auf großer Tour“ (Sorry, aber das kam im Gespräch so ‚rüber und ich urteile auch nur subjektiv).
Andere Kameraden haben die Dame genauso wahr genommen. Aber es gab ja eine Telefonnummer am Schwarzen Brett der StVersKp! Da kann man ja anrufen – oder man lässt es bleiben!
Truppenpsychologen müssen sich auch mal bei der Truppe sehen lassen – sie werden sonst nicht wahr genommen!
@prometheus
zu 1.) was’n quatsch – nicht nur die afg-einsätze sondern auchn ALLE anderen einsätzensorgen/sorgten für ptbs. kommen ohne vorankündigung und sind da, wollten nie gesehen werden und sind nicht weg zu wischen. werden nachwievor kleingequatscht und ZERSTÖREN die persönlichkeit und auch familien. ein BEKANNTER ging und ein ANDERER mensch als der, kam zurück.
zu 2.) wenn Auto, dann ohne lichtmaschine also perpeduum – der rest wird vielleicht geliefert und nur seinen „JOB TUN“ macht nicht den menschen aus. auto = maschine.! MENSCH = EMPFINDUNGEN! restwert? gestrichen! muss ja irgendwo gespart werden!
@TW: „Einsatzfoto“
Sieht aus wie eine Modellgruppe vom Militärausrüster. Da sind die Taliban uniformierter. Traurig!
Da die Risikofaktoren den Forschern nach ja offenbar gut vorab identifizierbar sind, frage ich mich, warum die Bundeswehr Personen, die diese aufweisen, überhaupt als Soldaten akzeptiert. Es ist eben nicht jeder für den Dienst als Soldat geeignet, und praktizierte Fürsorgepflicht würde hier m.E. auch bedeuten, Personen von der Truppe fernzuhalten, die absehbar mit den Bedingungen im Einsatz weniger gut zurechtkommen. Bei Tauglichkeitsuntersuchungen könnte man psychische Untauglichkeitkeitskritieren dementsprechend doch einfach künftig stärker beachten.
Ach, jetzt hab ich hier auch mal wieder was zu lachen gehabt^^
1. Es wurde gesagt, aber nur weil psychisch abnorme Enwicklungen bei Menschen stattfinden, muss das noch lange nicht krankhaft sein. Solche Definitionen sind nur Daseinsberichtigungen der psychologisch arbeitenden Kaste und nicht zwangsweise schlecht oder gar zu behandeln.
2. Psychisch abnorme Menschen haben in einer genormten Gesellschaft (fast) immer Minderwertigkeitsgefühle, die sie anfälliger für eine negative Verhaltensentwicklung im Falle eines Traumas machen.
3. Hat diese Studie auch festgestellt, wovon die Soldaten traumatisiert wurden? Ich kann mich noch an die ein odere ander Begebenheit erinnern, bei denen Drinnis von vorbeifliegenden Raketen traumatisiert wurden. *zynisches Zähneknirschen*
4. Diese Armee bereitet ihre Soldaten, ihrer Gesellschaft, die sie spiegelt, entsprechend, vollkommen unzureichend auf den Einsatz in Afghanistan vor (mein Stand 2011). Unsere Gesellschaft ist friedliebend, genauso konfliktfremd findet unsere Ausbildung statt. Insbesondere die Vorbereitung auf psychischen Stress und dem Umgang mit diesem wird sträflich vernachlässigt.
Meine Schlussfolgerung: Liebe Eichenlaubträger und Sternchen, bildet die Soldaten endlich mal im Umgang mit (psychischem) Stress gescheit aus, schafft damit Verständnis für die Situation innerhalb der BW – nur weil ich selbst keine Lösungsstrategie für mein Problem finde, heißt das nicht, dass ich schlecht/dumm/krank bin – und akzeptiert die Realit und der daraus entstehenden Verantwortung. Wenn euch das zu schwer ist, dann übersetzt doch wenigstens ‚on killing‘ & ‚on combat‘ von Lt.Col. Grossman und stellt es den Soldaten zur Verfügung, damit die das mal wieder selbst in die Hand nehmen können^^
Hier gab’s ja schon ein paar Kommentare bzgl. des Fotos. Also ich finde, TW hat das sehr treffend ausgesucht…denn der in der Mitte ist wahrscheinlich der Truppenpsychologe ;-)
@Westfale
Das ist zu klein gedacht. Die Feststellung solcher psychopathologischen Zustände (rein medizinisch, das ist nicht meine Ansicht) dauert seine Zeit, weswegen sie oft auch erst im Rahmen einer Therapie zum Vorschein kommen. Ein solches Screening bei jedem potentiellen Bewerber durchzuführen übersteigt jede Kapazität der BW. Jeder hat abnorme Züge in sich – sonst wären wir alle gleich – und die Medizin definiert, in ihrem Horizont, was krankhaft, also pathologisch ist. Ob nun eine solche „geistige Erkrankung“ wirklich zur Untauglichkeit im Soldatenbruf führt, ist auch nicht pauschal zu beantworten.
Nebenbei muss man auch mal realistisch bleiben: Wenig psychologisch „gesunde“ Menschen melden sich zum Dienst an der Waffe, nochweniger zum Dienst in der kämpfenden Truppe. Alleine der Wunsch sich in Lebensgefahr mit eventueller Tötungsabsicht mit anderen in einem immer ungleichen und unfairen Wettstreit messen zu wollen ist nach deutschen Ansichten krankhaft^^
@Wurzelbert
„Wenig psychologisch “gesunde” Menschen melden sich zum Dienst an der Waffe, nochweniger zum Dienst in der kämpfenden Truppe.“
Dem Vernehmen nach sind Psychopathen (im medizinischen Sinne) sogar besonders unanfällig für PTBS. Es wurde in dem Zusammenhang die These vertreten, dass Psychopathen evolutionspsychologisch betrachtet vielleicht gar keine krankhafte Abweichung von der Norm darstellen, sondern erfolgreiche Anpassung an eine kriegerische Normalität.
Bitte mal vergegenwärtigen: Wir haben noch nicht so lange eine Armee im Einsatz – und in Kampfeinsätzen seit fünf/sechs Jahren. Das Problem wurde erkannt und durch unsere Bundeswehr massiv und gründlich auf- und angenommen. Ich denke mit guten Erfolgen. Und das wird sich stetig verbessern. Ich bin kein Wissenschaftler, frage mich allerdings, ob da nicht wieder ein Professor Profilierung betreibt. Also: eine Gegenuntersuchung oder zumindest die Prüfung der wissenschaftlichen Ansätze wäre doch mal angesagt – oder?
Denn wenn 25% der Menschen, die in die das Unternehmen Bundeswehr einsteigen, schon „vorgeschädigt“ sind: wie verhält es sich dann mit allen anderen Berufseinsteigern, gerade in ebenso stressigen Berufen (z. B. Feuerwehr, Polizei, Sozialberufen in Krankenhäusern/Pflege, alle Wechselschichtler Früh, Normal, Spät und Nacht), usw., usw.
Zugegeben, ich hab die Studie und ihre Methoden nicht im Original gelesen. Aber nach der Lektüre der Auszüge hier im Blog frage ich mich rein von der Logik her: Wie kommt man eigentlich im Zusammenhang mit konkreten Einsätzen zu wissenschaftlichen Aussagen über „manifeste“, aber zugleich „nicht erkannte“ psychische Störungen? Wer kann also im Nachhinein beurteilen, ob ein Soldat „unerkannt vorbelastet“ in einen Einsatz gegangen ist oder nicht? Wie misst man das ex post? (Oder hat man das etwa ex ante bei einzelnen Probanten erkannt, ohne präventiv einzugreifen, nur der späteren Studienergebnisse willen?)
Und generell auch: Was ist überhaupt eine psychische Störung? Wo ist die Grenze zwischen „belastet“ und „normal“? Oder noch stärker: Was ist denn psychisch normal? Gibt es Letzteres überhaupt, außer bei Retortenmenschen?
Ich will das Problem mit meinen Fragen keineswegs kleinreden. Ganz im Gegenteil. Vielmehr habe ich den Eindruck, wir befinden uns hier immer noch mitten im tiefsten Neuland. Die Psychologie bzw. Medizin hat hier wohl noch eine Menge Arbeit vor sich.
@ Kapt’än
Weiß nicht. Der in der Mitte schaut so extrem entspannt und glücklich. Dachte immer, Psychologen seien etwas verklemmter, ernster, tiefgründiger. Na ja, damit wieder ein Vorurteil weniger … ☺
@Wurzelbert
Danke für Ihren Hinweis zu Grossman. Nehme ich für mich mal mit auf den Lektürezettel.
Manches bei Wikipedia dazu liest sich recht krass muss ich sagen:
„Your resolve to succeed must include the possibility of losing some blood. You can lose a half-gallon of blood and your body will continue to mechanically function. Ceasing to fight before that much blood is lost is due to a lack of will, not lack of hydraulics.“
Weiß jemand, wann und wo die endgültige Studie veröffentlicht wird?
@ politisch inkorrekt :
mal kurz die Luft anhalten und dann die wissenschaftlich fundiert belegten Tatsachen zur Kenntnis nehmen:
„Im 12-Monatszeitraum vor der Untersuchung litten 33,3% der Bevölkerung unter einer oder mehren psychischen Störungen“ (Zitat aus Präsentation zur DEGS1-MH I Studie Prof. Wittchen)
Mit anderen Worten: Die Bundeswehr ist irgendwie immer noch ein Spiegel der Gesellschaft … und auch in der redet man(n) nicht gerne über psychische Probleme und daher sind gerade männliche Wesen hier häufig tatsächlich keine gesunden Leute, sondern nur schlecht untersuchte und noch schlechter thzerapierte Menschen …
@Jugendoffizier
Diese Bücher sollten Pflichlektüre für jeden Soldaten in Führungsposition oder mit bevorstehendem (Kamp-)Einsatz sein. [@T.W. sollte ich zu sehr diese Bücher bewerben, bitte löschen]
Wir haben das gesellschaftliche „Problem“, dass wir keine gewalttätigen Konflikte kennen und damit auch den Umgang mit ihnen. Das spiegelt sich auch in der Studie wieder.
Ich kann jetzt nichtmehr genau sagen, woher die Passage stammt, die sie rausgesucht haben, aber es spiegelt sich in den Prinzipien wieder, die er in ‚on combat‘ beschreibt; ich denke diese Aussage ist im Kontext desVietnam-Krieges getroffen worden, wo die Versorgung von Verwundeten noch nicht so weit fortgeschritten war, jedoch lassen sich auch heute immer wieder Beispiele von Soldaten finden, die bewusst oder unbewusst trotz Blutverlust weitergekämpft haben. Jeder Verwundete bindet eigene Kräfte, mindert also die eigene Feuerkraft, deswegen sollte man nicht sofort ‚man down‘ brüllen, sondern versuchen den Feuerkampf so lange wie möglich zu unterstützen – natürlich nicht automatisch bis zum eigenen Tod, sondern nur insoweit man wirklich noch von Nutzen sein kann und man die eigenen Kräfte durch die Versorgung nicht zu weit schwächt.
Ich bin jedoch auch dafür, Lt.Col. Grossmans Bücher reflektiert zu nutzen, denn auch wenn ich mit seinen Ansichten in vielen Fällen übereinstimme, kann man diese nur bedingt in die Bundeswehr implementieren, alleine schon weil das Wissen und der Umgang mit dem Kampf rar, diese Ansichten also fremd sind. Ihr Post zeugt davon (ist in keinster Weise negativ gemeint).
@Daniel Lücking
Das halte ich für eine sehr bedenkliche und gefährliche Ansicht.
Es hat schon gute Gründe, warum die Identitäten unserer HUMINT-Kontakte nicht am Schwarzen Brett des Bundestages aushängen. Oder die Konfiguration der elektronischen Gegenmaßnahmen, Funkverbindungspläne, Operationspläne, Lageeinschätzungen … eigentlich alles, was den Gegner so interessieren könnte, um uns zu schaden.
Ich weiß ja worauf sie hinauswollen, aber dafür ist Ihre Aussage zu platt und falsch.
@Wurzelbert
Ich verstehe Ihren Gedanken, halte das aber für ein risikoreiches Vorgehen, da es voraussetzt, dass ein Soldat unter Gefechtsbedingungen und erheblichem Adrenalin, unter Umständen auch Schock, die Schwere seiner Verletzung einschätzen könne und so geistesgegenwärtig wäre, zu kalkulieren, wann er sich denn melden müsse, um vor seiner eigenen Ohnmacht noch versorgt zu werden.
Ein besserer Ansatz wäre, die Verwundung sofort zu melden, versorgen zu lassen und falls möglich dann wieder am Feuerkaqmpf teilzunehmen. Um nämlich wieder auf das Thema des threads zurück zu kommen: Wie ginge es wohl seiner Einheit, wenn ein Soldat verwundet würde, nicht meldete und dann während des Feuerkampfes still und leise verblutete, obwohl ihm doch hätte geholfen werden könne?
@Cynic2
Mir geht es nicht um die Preisgabe von Arbeitsdetails. Festnahmen der Öffentlichkeit zu verschweigen und auch dem gesamten Parlament (wenigstens auf dem Papier) nicht zu melden, wenn die Tötung im Anschluss an afghanischen Gewahrsam stattfindet ist eine bewusste Falschinformation der Bevölkerung und des Parlaments.
Wie sollen Abgeordnete Einsätze beurteilen und Prioritäten setzen, wenn die Intensität von Angriffen verschleiert wird, nur ein Teil der Raketen gemeldet wird und man über Menschenrechtsverletzungen nicht informiert (werden will?).
Ich möchte keinen Oberstleutnant i.G. oder General Dosenkohl, der entscheidet, wie viel in den Bundestag geht. Ich möchte keinen Pofalla, keine Merkel, die festlegt „Lieber wenig erzählen, sonst nervt uns die Opposition noch mehr“.
Wenn die Realität in den Kriegen nicht wenigstens den Abgeordneten bekannt wird, dann können Ex-Soldaten auch nicht auf Verständnis, Unterstützung und Reintegration in die Gesellschaft hoffen, in die ein Großteil später wieder entlassen wird.
Das mag für einen Berufssoldaten keine Rolle spielen – sie blicken den ganzen Tag in wissende Gesichter und haben Leute um sich herum, die mindestens ahnen, was sie in Einsätzen erlebt haben.
Berufssoldaten darf das Thema weiterhin beschäftigen – ihre Leistungsfähigkeit spielt kaum eine Rolle, wenn sie im Dienst nicht groß negativ auffallen. Ehemalige Zeitsoldaten müssten das Thema längst abgeschlossen haben, wenn sie in die Gesellschaft zurückkehren, die nicht verstehen kann, was da mit dem Menschen passiert ist.
Das die Bundeswehr immer noch kein Monitoring von Einsatzteilnehmern betreibt ist ein Unding. Die BW führt keine Statistiken über Selbstmorde unter Ex-Soldaten. Andere Länder (USA) können das längst nicht mehr als relevantes Problem leugnen. Die, die die Augen davor verschließen wollten (Großbritannien) wurden durch eine KRITISCHE Veteranenbewegung dazu gezwungen, diese Zahlen zu erkennen.
Macht einfach die Augen auf, wertet die Belastungen als solche und verhindert, dass wir Zustände, wie in den USA / GB haben werden.
Menschen, die wegen ihrer Soldatenkarriere ins Sozialsystem abrutschen tun das nicht freiwillig. Sie tun das nicht aus Bequemlichkeit oder Faulheit. Sie tun es, weil sie durch ein Parlament / durch die Bundeswehr überlastet wurden und dem normalen Pensum nicht mehr standhalten.
Kriege kosten Geld – auch weit nach deren Ende.
Welcher Normwert liegt eigentlich einer psychischen Störung zu Grunde? Also wie ist der Idealsoldat gestrickt? Welche Abweichungen gelten als normal? Wann beginnt die psychologische Störung? Ist der Soldat der aus seiner Stellung, brüllend, dem Feind entgegen, springt und dabei Gewehrsalven in die feindlichen Stellungen feuert, ein Held oder hat er einen Knall? Denke es kommt auf das Ergebnis an. Das klingt provokant und soll es auch. Kann ein „Wald und Wiesen-Psychologe“ überhaupt verstehen, was möglicherweise in diesem Soldaten vorgeht? Muss eigentlich für jeden Schafsch… ein Psychologe her? Sind für die „alltäglichen“ Verletzungen an der Seele nicht Kameraden die bessere Gesprächspartner? Jeder bringt schon einen Rucksack an größeren oder kleineren „Störungen“ mit in die Streitkräfte. Muss da nicht schon vorher ausgesiebt werden? Um das nicht falsch zu verstehen, jedem traumatisierten Kameraden soll jede Hilfe zu Teil werden die es gibt und für mein Dafürhalten ein Leben lang, wenn es erforderlich ist. Es gibt Dinge die sind eben typisch für Soldaten. Das meiste davon ist zunächst mal nicht tragisch und kann im Kameradenkreis gut abgebacken werden.
Eines noch, auch traumatisierte Einsatzjunkies setzen ihr Leben immer wieder für ihr Land ein. Welche Beweggründe dahinter stehen, ist dabei zunächst nicht von Belang. Sie tun es und andere nicht. Dafür gebürt ihnen Respekt und Anerkennung. Ein „Danke für ihren Dienst“ oder „Danke für die Sicherheit“ kann ggf. ein wenig helfen, nicht noch ein Trauma der Missachtung zu erleiden.
@Daniel Lücking
Das von Ihnen angesprochene Beispiel kann ich mangels Detailkenntnis nicht bewerten. Generell sollte aber eine Unterscheidung getroffen werden zwischen „verschwiegen“ und „nicht gemeldet“. Auf der untersten taktischen Ebene werden täglich unzählige Meldungen über SIED, Exekutionen, you name it aussortiert, weil sie nicht verifizierbar und unglaubwürdig sind. Von den Meldungen auch der eigenen Truppe, die verifiziert sind, werden wieder nicht alle überhaupt an den Kdr weitergegeben, weil der wichtigeres zu tun hat, als darüber zu sinnieren, was die AUP wohl mit dem Fahrer des Autos machte, in dem die AUP an einer Straßensperre des C Zuges eine Waffe gefunden hat. Bei weitaus wichtigeren Lagemeldungen aus dem Raum, fragte das RC NORTH regelmäßig, warum wir das melden, wo es doch keine Relevanz für das übergeordnete Lagebild habe. Und jetzt setzen sie das mal von der taktischen über die operationelle zur strategischen und dann noch politischen Ebene um. Wenn tatsächlich der politischen Führung jede Hausdurchsuchung und Escalation of Force gemeldet würde, wäre unnötig Personal mit der Erstellung dieser Berichte beschäftigt und nach drei Wochen läse die im Parlament kein Mensch mehr. Dementsprechend…
…ist bei der ebenengerechten Aufbereitung des Lagebildes der Detailierungsgrad der Zielgruppe anzupassen. Ob am Tage X nun zwei oder acht Raketen auf ein Feldlager herniedergingen kann dem Parlament egal sein, weil weder das Parlament noch das EinsFüKdoBw einschätzen kann, ob dies für den Führer vor Ort gravierend ist oder nicht. Moderne Führungsmittel verleiten zu einem hohen Detailierungsgrad in Berichten und resultierendem Mikromanagement, was völlig unnötig, wenn nicht kontraproduktiv ist. Bei einer Offensivoperation wird dem Parlament ja auch nicht anschließend der detaillierte Munitionsverschuss gemeldet, sondern die Gefechtsintensität und die Auswirkungen der Operation in wenigen Sätzen mitgeteilt. Denn alles andere wäre nicht zielführend.
Recht gebe ich Ihnen, dass Detailinformationen vorgehalten werden sollten, falls denn die politische Führung explizit etwas nachfragt. Da wird dann leider häufig kein systematisches und aussagekräftiges Berichtswesen durchgehalten und Informationen werden nicht erfasst oder gehen mit der Zeit verloren.
„mehr als zwei Drittel aller Soldaten ohne klinisch bedeutsame Störungen aus dem Einsatz zurückkehren.“
Dabei haben vielleicht ein Zehntel wirklich etwas erlebt, was diese Stoerung ausloesen kann/sollte. Aber das ist wahrscheinlich wieder zu wenig emphatisch. Und natuerlich ist das Leben im Feldlager „entbehrungsreich“. Und natuerlich ist der Stress wegen der familiaeren Belastungen auch dazu zu rechnen.
Wie wird das erst alles aussehen, wenn wir wirklich regelmaessig Gefechte auszustehen haben.
Und komme mir keiner mit der Inneren Fuehrung . . .
20 % der maennlichen Bevoelkerung sind psychisch erkrankt. Ich wette, dass dieser Anteil, je mehr Studien und Psychiater es gibt, anwachsen wird.
@ Jan Hoffmann :
Es gibt mehr allergien, seit dem es Allergologen gibt, mehr Bluthochdruck, seit dem die Blutdruckmessung erfunden wurde und mehr Diabetiker seit man Zucker im Urin mittels Teststreifen und nicht mehr durch eine Geschmacksprobe im Harn feststellt … oder kurz gesagt – es gibt keine gesunden Menschen, sondern nur schlecht untersuchte Patieten … solange dies tatsächlich noch allegmeines Gedankengut ist, kann man davon ausgehen, dass ein sachlich richtiger Umgang mit psychischen Störungen nicht wirklich möglich ist.
Ich erinner in diesem Zusammenhang an die gerade jetzt wieder vielzietierten Zahlen der „Kriegszitterer“ im WK I.
@ACE
Habe vor einigen Monaten mal ein spannendes Buch über den 80jährigen Krieg zwischen den Niederlanden und Spanien gelesen (The Army of Flanders and the Spanish Road, 1567-1659: The Logistics of Spanish Victory and Defeat in the Low Countries‘ Wars, Geoffrey Parker).
Auch in diesem Krieg gab es schon psychische Störungen, die wir heute als PTBS bezeichnen würden.
Nothing new under the sun…
Vielleicht habe ich ja nur die Ironiezeichen übersehen . . . aber das, was ich hier lese, erscheint mir geradezu sträflich naiv. Immerhin lässt sich aus den öffentlich zugänglichen Statistiken der Rentenversicherungsträger ohne weiteres ablesen, dass die psychiatrisch/psychologischen Diagnosen in der ersten Hälfte der 90er Jahre die bis dahin führenden Herz-Kreislauf- und Skelett- (Rücken) Diagnosen bei den Frühverrentungen (Berufsunfähigkeit) locker überholt haben und diese Spitzenposition unangefochten halten. Das ist nicht zufällig die Zeit, in der sich die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verschärft haben. Dem Druck sind halt nicht alle gewachsen. Und ein Weg in die soziale Hängematte ist die Berufsunfähigkeit nur ganz selten, die meisten landen bei Hartz IV, lebenslänglich.
Noch gefährlicher erscheint mir die Sache allerdings innerhalb des BW-Kontextes – und da müsste es eigentlich kompetentere Diskutanten als mich geben. Sei es drum: Vielleicht erklärt mal einer von diesen Klugen, wie es sich so verhält, wenn da ein Flecktarnkrieger (m/w) nicht mehr kann, die Versorgungsansprüche durchkämpfen muss und auf die Mauer „Vorschädigung“ prallt. Ganz dunkel erinnere ich mich da an ein Buch von Andreas Timmermann, oder täusche ich mich da?
Das im Hinterkopf kann ich mich nicht so recht von dem Gedanken frei machen, dass mit den genannten Zahlen massiv vorgearbeitet wird, um Ansprüche abzuwehren nach dem Muster „ein Drittel der PTBS-Fälle müssen ja sowieso wegen Vorschäden rausfallen . . .“
Ich war selbst nach meiner aktiven Zeit in Behandlung wegen PTBS. Als ich bei der Bundeswehr anfragte wie es mit einer Anerkennung aussieht kam die folgende sinngemäße Antwort:
„Da die Erkrankung nur 2 Jahre nach dem letzten Einsatz auftrat, kann sie nicht durch den Einsatz kommen. Bei PTBS dauert es i.d.R. 10 Jahre bis zum Ausbruch der Erkrankung.“
Ich finde es gut das langsam eine „öffentliche“ Diskussion zu dem Thema stattfindet.
@ SvenS:
Weiß der Wehrbeauftragte von diesem Sachverhalt?????
> Wenn 20÷ der männlichen Bevölkerung als traumatisiert gelten, dann stimmt was nicht mit der Begriffsdefinition oder ich habe ein extrem untertraumatisiertes Umfeld.
Es gibt ein Buch mit dem Titel „Die Krankmacher: Wie Ärzte und Patienten immer neue Krankheiten erfinden“. Da steht genau drin, wie die ticken.
Dann war laut der Studie ja schon bei jedem 5.ten Soldat die Einnahme von Malaria-CP mit Lariam (Mefloquin) kontrainduziert. Man kann ausserdem nur hoffen das durch die zuständigen Ärzte eine substanzinduzierte Psychose nach Lariam-Einnahme auch von einer PTBS Erkrankung unterschieden werden kann. Die Symptome bei beiden Erkrankungen sind ja fast identisch. Nur bei der Behandlung mit Psychopharmaka bei einer vermeintlichen PTBS Erkrankung (die aber eigentlich eine Mefloquin-Vergiftung ist) würden ungeahnte Folgen auftreten können. In Veteranenverbänden und auch anderen Gruppen die sich mit PTBS Erkrankten beschäftigen, wird das Thema Lariam gerne totgeschwiegen. Die erkrankten Soldaten werden dadurch ebenfalls nicht ausreichend informiert. Als ich den PTBS-Test auf einer Veteranenseite gemacht habe, lautete das Ergebnis das ich mich auf jeden Fall an einen Arzt wenden sollte, da das Testergebnis auf eine PTBS Erkrankung hindeutet. Ich bin nur nie in einem Einsatz gewesen und habe auch keine PTBS, sondern eine subtanzindizierte Psychose nach Lariameinnahme. Da besteht dringend Aufklärung zugunsten der betroffenen Soldaten.