Deutsche Mali-Transporthilfe: 25 Flüge, 182 Passagiere
Eine Transall der Luftwaffe vor Laboe (Foto: Bundeswehr/PIZ Luftwaffe via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Seit etwa zehn Tagen unterstützt die Bundeswehr westafrikanische Staaten bei ihrem Einsatz in Mali mit Transporthilfe, und jetzt gibt es eine erste Bilanz: Nach einer Übersicht des Einsatzführungskommandos vom (heutigen) Mittwoch haben die zwei Transall-Maschinen (eine dritte steht als technische Reserve am Stationiertungsort Dakar im Senegal bereit) bislang bei 25 Flügen 182 Passagiere und rund 50 Tonnen Fracht befördert. Dabei wurden Soldaten und Fracht aus Niger, Togo und dem Tschad in die malische Hauptstadt Bamako geflogen.
Das ist, zurückhaltend gesagt, nicht wirklich viel – was nicht an der Luftwaffe liegt, sondern vermutlich an der nach wie vor schleppenden Bereitstellung afrikanischer Truppen für den Einsatz in Mali, der nach wie vor im Wesentlichen von den französischen Streitkräften getragen wird.
Vielleicht kommt das gewünschte afrikanische Gesicht dieser Intervention ja ein wenig zügiger, nachdem am gestrigen Dienstag bei einer Geberkonferenz in Addis Abeba rund 450 Millionen US-Dollar für Mali zugesagt wurden. Deutschland alleine gibt für die geplante afrikanische Militärmission AFISMA 20 Millionen US-Dollar, davon nach Angaben der Bundesregierung 15 Millionen in einen UN Trust Fund und weitere fünf Millionen als Ausstattungshilfe.
Und die ist nicht billig: Nachdem das Auswärtige Amt am Montag von 50 Splitterschutzwesten für die malische Armee gesprochen hatte, habe ich mal nachgeforscht. Nein, damit sind nicht die mittlerweile nur noch bei Übungen verwendeten Splitterschutzwesten der Bundeswehr gemeint (das wäre wohl eher kostengünstige Sondermüllentsorgung gewesen), sondern Ausrüstung vom Feinsten: 50 ballistische Schutzwesten der Schutzklasse IV plus.
Unterdessen zeichnen sich auch ein paar Details der geplanten EU-Trainingsmission für Mali ab, an der sich auch die Bundeswehr beteiligen will: Bei dieser Ausbildung, sagte gestern der Kommandeur dieser Mission, der französische Brigadegeneral Francois Lecointre, werde es für die vorgesehenen vier Bataillone der malischen Armee nicht nur um praktische militärische Ausbildung gehen – sondern auch um Sittenlehre und Ethik. Sozusagen um politische Bildung und Innere Führung.
Besonders wichtig bei der Bereitstellung der 3. Maschine war wohl der Punkt, dass diese als Reserve dient. Einerseits Respekt dafür, dass dieser alte taktische Grundsatz endlich mal Beachtung findet, andererseit Respekt dafür, dass man sich Reserven im Umfang von 50% leisten kann.
Das es sich nicht um unsere Standard-SpliSchu handelt, überrascht mich in der Tat. Hätte hier genau das erwartet, was Sie schon vermutet haben, nämlich große Worte aber nichts dahinter, sprich große Aufräumaktion.
Mich würde aber noch interessieren, was es mit dem Feldlazarett auf sich hat, dass die Bundesregierung so großzügig spendiert hat.
Es wird sich ja wohl kaum um ein Container-Basiertes System handeln, wie es die Lazarett-Regimenter heutzutage verwenden. Vor allem würde mich mal interessieren, welches Inventar da noch mitgeliefert wird. Je nach Konfiguration kommen da doch schnell viele Millionen zusammen. Da fallen die 50 Westen gar nicht mehr ins Gewicht. Oder sind es letztlich nur ein paar leere Zelthüllen und Feldbetten?
Hat da jemand Informationen?
PS: verschiedene Lazarett-Systeme kann man sich auch hier anschauen: http://goo.gl/dAJeJ
Gemäß augengeradeaus.de [ich hoffe ich darf das hier zitieren], muss das Lazarett nicht mehr geliefert werden. Es dürfte sich daher um Alt-Alt-Material handeln:
„An Material wurde oder wird geliefert:
• 50 Splitterschutzwesten und Handsonden für Personenkontrollen, die Außenminister Guido Westerwelle bei seinem Besuch in Bamako im vergangenen Jahr zugesagt hat
• 50 bis 70 Fahrzeuge der Bundeswehr, bereits in Mali
• ein Feldlazarett und Zelte, bereits in Mali“
(http://augengeradeaus.net/2013/01/deutsche-ausstattungshilfe-fur-mali-autos-feldlazarett-splitterschutzwesten/)
Die Hilfsorganisationen „Ärzte ohne Grenzen“ und „Ärzte der Welt“ haben sich in einem offenen Brief darüber beschwert, dass der Außenminister die Hilfseinsätze in Mali für seine politischen Motive missbrauche.
Würde man zu diesem Zweck nicht besser Gemeinschaftskundelehrer nach Mali entsenden? Hört sich jedenfalls nicht unbedingt nach einem Tätigkeitsprofil an, welches auf Soldaten zugeschnitten wäre.
:)…nicht nur bw-ler perfekt in gemeinschaftskunde und ethik, sondern die das auch noch in französisch vermitteln können:…“We will do our best to diversify the origin of the trainers [ u.a. Germany ] even though they will have to be able to speak French, which is spoken in Mali,“ he [ General Lecointre ] added… na dann sucht man schön….:)
@ chickenhawk
Wieso das denn? Wird doch an der höchsten Bildungseinrichtung der Bw schon seit langem vermittelt. Nur doof halt, wenn die ehemaligen Lehrgangsteilnehmer dann zu Hause nach erfolgreichem Putsch mit dem bordeauxroten Barett rumwedeln…
Also doch SK IV-Westen – sind daheim ja auch nicht im Überfluss vorhanden.
Gut dass man in der Bw sich zunehmend Gedanken um Hartkernmunition macht…
@mat the rat
Französich sprechende deutsche Soldaten zu finden ist kein Problem. Wenn dazu die Prinzipien der Inneren Führung vermittelt werden sollen. Auch kein Problem.
Ob die Mali’s (darf man das so sagen?) was damit anfangen können, ist was ganz anderes. Ich befürchte, an dem Punkt, verstehen sie uns nicht, egal in welcher Sprache.
@ mat the rat
Verdammt, der Haken mit dem SLP… ansonsten, was DynCorps für die SPLA kann…
@Tom:
Ja das Lazarett ist schon in Mali, das hatte ich auch schon so verstanden. Aber was steckt dahinter?
Welche Basis: Zeltstadt oder Container?
Patientenlagerung: Liegen oder Krankenbetten?
Medizinisches Equipment: Nur Verbandmaterial oder Beatmungsgeräte und OP-Sätze?
Je nachdem wie sie die Fragen beantworten, kommen da doch recht unterschiedliche Kosten zusammen. Von der notwendigen Ausbildung mal ganz abgesehen. Die Bedienung eines Defibrilators oder ein Narkosegerätes lässt sich leider nicht per Youtube lernen.
Es heißt lapidar: „1 Feldlazarett“. Und das was im Sanitätsdienst darunter verstanden wird, ist schon sehr umfangreich, teuer und komplex. Darum braucht es bei uns ja auch ein ganzes Regiment um ein „Feldlazarett“ zu betreiben. Und da sind noch keine Ärzte enthalten.
Darum meine Frage, was steckt dahinter?
Welche Schutzklasse ist denn „IV+“? Soll das die dt. Variante von SK 4 Standalone sein?
Und ganz ehrlich: 50 Westen sind nicht gerade viel … aber diejenigen, die sie bekommen, werden sie für viel Geld verkaufen können. Ein Komplettsystem in SK 4 kostet auch in Deutschland schnell vierstellige Summen.
Die ganze bisherige Fracht hätten wahrscheinlich zwei C17 mitgenommen. Gut das wir bald die A400m haben…
pi
Uh. Neue Info…
http://www.spiegel.de/politik/ausland/mali-berlin-will-mandat-fuer-bundeswehr-trainer-schnell-durchbringen-a-880560.html
@Pionier
Finde gerade die neue Info nicht?
Die EU hat – mit der Stimme des deutschen Außenministers – beschlossen, dass die EU-Trainingsmission Mali spätestens Mitte Februar einsatzbereit sein soll – da erschließt sich mir nicht, wieso ein Mandatsbeschluss am 20. Februar ein Blitzmandat ist und wieso die geplante Konzentration auf Training/Ausbildung neu ist?
„Gut das wir bald die A400m haben“
Bei der geplanten geringen Stückzahl und den nicht vorhandenen Ergänzungsmustern mit niedriger und höherer Nutzlast als der A400m, wird man solche Einsätze zusätzlich zum Grundbetrieb sowieso kaum noch leisten können.
Nur weil der A400m eine höhere Nutzlast hat, heisst das auch nicht, dass man diese auch zwangsläufig besser ausnutzen kann und dadurch weniger Flüge braucht. Soviel zum Sinn eine eierlegende Wollmilchsau beschaffen zu wollen.
Man hätte sich das Angebot von EADS bzgl. C295 als Kompensation für die Verspätungen der A400M vielleicht doch durch den Kopf gehen lassen sollen ;-)
Die wären gewesen?
BM Westerwelle stellt in der neuen ZEIT nochmals dar, dass das französische Eingreifen richtig gewesen sei, „sonst wäre jede Hoffnung auf eine politische Lösung vertan gewesen“.
Im gleichen Interview stellt er jedoch auch klar, dass für Deutschland weiterhin eine „Kultur der militärischen Zurückhaltung“ gelte, da diese „Deutschland gut zu Gesicht“ stünde und fügte hinzu: „Das ist eine Leitlinie meines ganzen politischen Lebens.“
Der innere Widerspruch zwischen der Notwendigkeit des Eingreifens für den selbst (!) stets eingeforderten politischen Prozess und was Deutschland „gut zu Gesicht“ stünde, wird wohl gar nicht mehr selbst von Herrn Westerwelle erkannt.
Man jedoch davon ausgehen, dass dieser Widerspruch und die damit verbundene Trittbrettfahrermentalität im Ausland durchaus registriert wird.
Dabei geht es gar nicht um die Sinnhafttigkeit eines deutschen Engagements in Mali, sondern ganz grundsätzlich um eine opportunistisch-pseudopazifistische Grundeinstellung.
Memoria | 30. Januar 2013 – 21:46
Was wollen Sie denn eigentlich? Der Aussenminister hält das Eingreiefen der französischen Streitkräfte für richtig. Deutschland unterstützt finanziel und materiel. Mit welcher Begründung (und mit welchem Mandat der Deu Bevölkerung) sollten wir uns mit „kämpfenden Einheiten“ in Afrika einbringen?
„Man jedoch davon ausgehen, dass dieser Widerspruch und die damit verbundene Trittbrettfahrermentalität im Ausland durchaus registriert wird.“ Das ist ja eine ganz gewagte hohle Phrase.
Bringen Sie doch mal so einen schlanken Satz, zum militärischen Engagement Frankreichs in AFG und KOS.
@Heiko Kamann:
Danke das sie hier die Argumentation von Herrn Westerwelle nochmals aufgreifen.
Es geht mir hierbei nicht um unser oder Frankreichs Engagement in Mali, AFG oder KOS, sondern die grundsätzlich ambivalente Haltung des Außenministers zu deutscher militärischer Zurückhaltung und den Ergebnissen eines militärischen Eingreifens.
Ich finde es ja gut, dass wir uns nicht in jeden Konflikt hinein drängen, gleichwohl ist der Dauertenor Westerwelles („keine deutschen Kampftruppen, aber ein politischer Prozess“) eben doch oftmals wohlfeil und realitätsfremd.
Da ein militärisches Eingreifen eben in bestimmten Fällen die Voraussetzung für einen politischen Prozess ist.
Memoria | 30. Januar 2013 – 22:51
Ich verstehe Sie immer noch nicht, weil Sie nur „Scheinargumente“ bringen.
„Da ein militärisches Eingreifen eben in bestimmten Fällen die Voraussetzung für einen politischen Prozess ist.“ Naja, was hat das mit DEU zu tun? FRA greift militärisch ein und setzt damit wohl den politischen Prozess in gang. Mal sehen was wir in ein paar Wochen oder in 5 Jahren davon halten.
Aber wo ist der Link zu uns? Westerwelle hat doch recht: Von uns keine „kämpfenden Truppen“ (da keine DEU-Interessen), aber Unterstützung des FRA-Engagements aus Staatsräson. Was wollen Sie denn mehr und mit welcher Begründung? Bitte kommen Sie nicht mit „die DEU Sicherheit wird auch in Mali verteidigt …!
SK IV Westen für Mali…
und unsere eigenen Soldaten tragen weiterhin Splitterschutzwesten der Marke darf eigentlich nicht mehr getragen werden und Lochkoppeln, wobei man sich in der BW vielerorts schon freuen kann wenn es überhaupt die Splitterschutzweste gibt…
Wer legt eigentlich solche Prioritäten fest?
@Heiko Kamann:
Zunächst einmal halte ich für keine gute Diskussionskultur, wenn man seinem Gegenüber „Scheinargumente“ unterstellt.
Nochmal:
Natürlich kann man auch Dinge von Verbündeten gut heißen und muss deswegen nicht jedesmal „vorne“ dabei sein. Aber grundsätzlich eine solche Beteiligung ausschließen, weil sie uns nicht „gut zu Gesicht“ steht? Sind das nicht eher Scheinargumente?
Mir geht es daher nicht um Mali, sondern die grundsätzliche Haltung von Westerwelle, der die Kultur der militärischen Zurückhaltung in einen „Keine Kampftruppen-Dogmatismus“ verwandelt hat.
Bestes Beispiel: Operation Pegasus – laut Westerwelle kein bewaffneter Einsatz, sondern eine humanitäre Aktion.
@ Heiko Kamann
Das ist ja eine ganz gewagte hohle Phrase.
Nee, das ist schlicht Realität. Sieht man nicht zuletzt an Afghanistan, wo Deutschland einerseits eine Führungsposition beansprucht (Bonner Verträge, Lead Nation Polizeiaufbau, Kommando RC Nord) und dann zum einen nicht liefert, und und zum anderen andere Nationen die gefährlichen Jobs machen läßt. Das ist schon sauer aufgestoßen, und die entsprechenden Kommentare lassen sich auch leicht finden.
Zum militärischen Engagements Frankreich in AFG: Ich bin jetzt beileibe kein Fan des überhasteten französischen Abzugs, aber an der Stelle sollte man vielleicht mal festhalten, dass die Franzosen auch seit 2001 dabei sind und schon 2008 in üble Hinterhalte geraten sind, während man sich in Bad Kunduz noch die Lage schönredete.
Hm, hätte vielleicht dazu schreiben sollen: Die Schutzwesten für Mali stammen nicht aus Bw-Beständen, sondern wurden vom AA beschafft.
@T.Wiegold: Wurde das Modell bekanntgegeben?
Flak-Westen und so Krimskrams hin und her. Wie haben’s die Franzosen denn eigentlich geschafft, ihre Logistik-Kette über mehr als 1000 km so hinzubekommen, dass der Raid bislang so gut gelaufen ist? Gerade darüber solte auch einmal ausführlich(st) diskutiert werden!
Der Einsatz der Tralls wird langsam personell und logistisch ausgeweitet:
„Die Luftwaffe hat am 30. Januar 2013 mit einem Transportflugzeug des Typs A-310 Personal für den Aufbau eines Lufttransportstützpunktes nach Dakar geflogen. Die rund 20 Soldatinnen und Soldaten aus den Lufttransportgeschwadern 61 und 63 starteten vom militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn in den Senegal. …
Insgesamt wird sich Deutschland mit bis zu 75 Soldatinnen und Soldaten an den Hilfsflügen für die Mission der African-Led International Support Mission in Mali (AFISMA) und die französische Operation Serval beteiligen.“ (http://url9.de/wAM)
Ob der letzte Halbsatz so im BMVg und AA abgenommen wurde?
Laut sueddeutsche.de möchte Thomas de Maizière ab Februar auch französische Kampfflugzeuge betanken, die Zertifizierung laufe schon und sei bald abgeschlossen. Das Ganze dann auch mit Mandat.
@Franz S.
Habe dazu einen neuen Thread aufgemacht.
:) also bitte — wieso ist herr westerwelle gegen militär? – quasi als azubi im vierten lehrjahr „si-pol“ – hat er immerhin erkannt , dass sich momentan ein krisenbogen von der türkei über ägypten /sahelzone bis nach dakar spannt. note 1.
und er hat lage-angemessen reagiert: er hat an den jeweiligen flanken deutsche soldaten stationiert. note 2.
denn er hat heute in der türkei 250 mann und in dakar 20 mann in stellung gebracht. note 3.
und er kann nun den feind in einer klassischen zangenbewegung vernichten, comme le petit caporal es immer gemacht hat . das ist doch note 1 wert, oder? … . oder sollte azubi westerwelle doch eine winzigkeit übersehen haben :) ?
mat the rat | 31. Januar 2013 – 11:11
Tja, der Aussenminister hat wohl darauf gehört, was der Generalinspekteur samt Stab, der Bundesregierung empfohlen hat. Vielleicht kritisieren Sie ja den Falschen.
Und, nein, ich bin kein FDP-Wähler.